Protocol of the Session on April 20, 2011

Ihre zweite Frage habe ich leider vergessen. Bitte wiederholen Sie diese noch einmal.

Geben Sie mir recht, dass wir im Vergleich zum Haushaltsansatz die Mittel im Bereich des FSJ erhöht haben?

Genau, das war Ihre Frage.

Sie haben in allen anderen Bereichen – vor allem in der offenen Jugendarbeit und der Jugendverbandsarbeit – deutlich gekürzt. Sie haben nach den zahlreichen Protesten noch ein wenig Schmerzensgeld draufgelegt. Sie haben Kosmetik betrieben, weil in den entscheidenden anderen Bereichen nichts hinzugekommen ist. Es fand eine Erhöhung um 200 Stellen statt. Es ist aber nicht mehr auf dem gleichen Niveau – ursprünglich 1 100 Stellen. Das ist die Kritik. Daran halte ich fest.

(Beifall bei den LINKEN – Zurufe der Abg. Mario Pecher, SPD, und Patrick Schreiber, CDU)

Entschuldigung, ich habe hier vorn das Wort.

Ja, bitte. Wenn Sie den Bedarf nach Aufklärung haben, stellen Sie bitte weitere Fragen. Das kann ich Ihnen nur empfehlen.

Herr Kollege Schreiber, ich möchte aber auch etwas Positives sagen.

(Zuruf des Abg. Patrick Schreiber, CDU)

Doch, das kann ich, wenn man sich einmal wohlwollend anschaut, was die positiven Aspekte des Bundesfreiwilligendienstes sind. Es ist schön, dass es nicht nur Einsatzstellen im Sozial- und Pflegebereich gibt, sondern auch in der Kultur- und Denkmalpflege, im Natur- und Umweltschutz sowie im Sport. Das muss man würdigen.

Es ist außerdem positiv, dass es einen Beirat geben soll. Dieser soll zum einen aus Vertretern der Freiwilligen und zum anderen aus Vertretern der Einsatzstellen verschiedener Träger zusammengesetzt sein. Es gibt also eine fachliche Rückkopplung an die Bundesregierung. Die

pädagogische Begleitung der Freiwilligen wird durch den Bund finanziert.

Richtig, Herr Kollege Schreiber, der Bund gibt so viel Geld wie noch nie für diese Einsatzstellen aus. Bisher musste er das aber auch nicht finanzieren. Durch die Aussetzung des Zivildienstes fallen außerdem 294 Millionen Euro weg, die auf Bundesebene umgewidmet werden. Das ist keine Zusatzausgabe, sondern eine Umschreibung von Haushaltsmitteln. So viel Klarheit muss sein.

Ich möchte noch einen Kritikpunkt benennen. Ein Problem sehen wir bei der Frage des Taschengeldes. Dieses ist nach oben gedeckelt. Es sind maximal 330 Euro pro Jugendlichem pro Monat. Nach unten ist es aber nicht gedeckelt. Es wird dort je nach Verhandlungsgeschick der jungen Menschen und der Einsatzstelle zu einer Ungleichbehandlung der Freiwilligen kommen – je nachdem, wie viele Mittel der Träger für seine Einsatzstelle selbst behalten möchte. Und wir haben in diesem Bereich keine Arbeitsmarktneutralität.

Frau Klepsch, Ihre Redezeit ist vorbei.

Wir haben eine Parallelstruktur.

Leider ist meine Redezeit zu Ende.

Vielen Dank.

(Beifall bei den LINKEN, den GRÜNEN und vereinzelt bei der SPD)

Das war für die Fraktion DIE LINKE Frau Kollegin Klepsch. – Als Nächste wäre die SPD-Fraktion an der Reihe.

An Mikrofon 5 zuvor soll eine Kurzintervention stattfinden. Bitte, Herr Kollege Schreiber.

Das ist richtig, Herr Präsident! Ich möchte nur zwei Worte zu dem von Frau Klepsch in einem wirren Zusammenhang Vorgetragenen sagen. Frau Klepsch, zum einen können Sie die offene Kinder- und Jugendarbeit nicht mit dem FSJ in einen Topf werfen. Zum anderen sollten Sie lernen, uns zuzugestehen, dass auch wir eine Meinung haben. Vielleicht können wir auch eine andere Meinung vertreten als die Regierung. Genau aus diesem Grund haben wir den Mittelansatz für das FSJ um circa ein Drittel erhöht. Das sollten Sie zur Kenntnis nehmen. Sie sollten das auch akzeptieren, genauso wie Herr Pellmann heute versucht hat, die völlig konträre Meinung zu seinem Bundestagskollegen Koch hier darzustellen.

Außerdem haben Sie in Ihrer Aufzählung über die Kürzungen im Bereich der Kinder- und Jugendhilfe vergessen, dass wir für den ländlichen Raum im Bereich des flexiblen Jugendmanagements pro Jahr zusätzlich 500 000 Euro zur Verfügung gestellt haben. Wenn Sie

schon die ganze Litanei in diesem Zusammenhang aufzählen, dann sollten Sie alles benennen.

(Beifall der Abg. Kristin Schütz, FDP)

Frau Klepsch, reagieren Sie jetzt auf diese Kurzintervention?

Ja. Herr Kollege Schreiber, Sie meinen, dass ich die Dinge vermische. Ich finde, dass politisches Denken auch heißt, dass man bereichsübergreifend denkt und die Dinge in einen Zusammenhang stellt. Ich erkenne schon an, dass Sie bei Herrn Unland noch ein bisschen Geld für das Flexible Jugendmanagement und für den Freiwilligendienst heraushandeln konnten. Aus meiner Sicht ist das aber ein Pyrrhussieg, weil an anderen Stellen pädagogische Fachkräfte wegfallen. Dort konnten Sie leider nichts erreichen. Das ist bitter. Das haben Sie allein nicht zu verantworten. Das ist eine Fraktions- oder Regierungsentscheidung gewesen.

(Beifall bei den LINKEN)

Wir fahren in der Rednerreihe fort. Für die SPD-Fraktion hat nun Herr Kollege Homann erneut das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Vielleicht kann man noch einmal das Verbindende herausheben. Die SPD Sachsen begrüßt ausdrücklich die Aussetzung bzw. Abschaffung der Wehrpflicht. Es ist der richtige Schritt. Das bedeutet aber nicht, dass damit im Bereich der Freiwilligendienste alles gut ist.

Ich möchte an dieser Stelle sagen, dass ich es Herrn Schreiber hoch anrechne, dass er auf die noch vorhandenen Baustellen hingewiesen hat. Davon gibt es eine ganze Reihe. Auf diese habe ich bei Frau Schütz vergeblich gewartet. Sie können offensichtlich nicht bis zwei zählen. Man schafft den Wehrdienst ab und dann sei alles gut. Ich freue mich, dass Herr Schreiber bis zwei zählen kann.

Ich möchte an dieser Stelle den Ball sehr gern aufnehmen. Sie sagen, dass Sie eine gemeinsame Initiative und eine gemeinsame Diskussion möchten. Lassen Sie uns das machen! Wir haben schon in der Diskussion um den Bundesfreiwilligendienst das Problem der Doppelstruktur deutlich thematisiert. Wenn Sie bereit und mit uns einer Meinung sind – so habe ich Sie verstanden –, finden Sie in uns einen Partner. Sie müssen das aber auch wirklich machen und hier vorn nicht nur reden. Unsere Tür – insbesondere meine – steht offen, uns gemeinsam mit konstruktiven Vorschlägen nach Berlin zu wenden. Jetzt liegt es an Ihnen, Ihren Worten Taten folgen zu lassen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Das war Herr Homann für die SPD-Fraktion.

An Mikrofon 4 steht Frau Kollegin Schütz, die eine weitere Kurzintervention machen möchte.

Ich möchte mich deutlich gegen die Unterstellung verwahren, dass ich nur bis eins zählen könnte. Ich habe ein Mathe-Abitur, daher weise ich das zurück.

Uns sind natürlich die Schwierigkeiten bekannt. Sie werden allerdings nicht gelöst, indem wir sie doppelt und dreifach benennen, sondern nach einer Umsetzung suchen, damit wir Möglichkeiten finden. Auf die Doppelstrukturen ist hingewiesen worden sowie auf die Kindergeldregelung, die nach wie vor im Raum steht, zu der es aber die klare Position gibt, dass wir uns schnellstmöglich des Problems der Umsetzung annehmen, und natürlich auch darauf, was in der Anhörung zum Freiwilligendienst im Bundestag genannt worden ist: dass durch den Wegfall des Zivildienstes die Einrichtungen und Verbände nicht unvorbereitet getroffen werden, sondern dass dies eine lange Zeit Vorlauf hat. Sie haben vorhin selbst gesagt: Indem die Wehrdienstpflicht verkürzt worden ist, wurde die gleiche Regelung im Zivildienst getroffen. Das heißt, die Einrichtungen und Verbände sind auf diese Umstrukturierung vorbereitet.

Von unserer Seite heißt es nun, diesen Prozess zu begleiten. Es ist nun einmal eine gesellschaftliche Herausforderung, die nicht an einer einzelnen Partei festzumachen ist, sondern dazu wird es unser aller Anstrengungen bedürfen, und dabei sind natürlich auch Sie als Kollegen der SPD gefragt, in Ihren Verbänden zu agieren und mitzuarbeiten, um es auf einen guten Weg zu bringen.

Herr Homann, Sie reagieren.

Vielen Dank, Herr Präsident, und vielen Dank, Frau Schütz. Ich freue mich, dass wir eine ganze Reihe von Übereinstimmungen haben, was die ausstehenden Baustellen betrifft. Ich kann an dieser Stelle auch das Angebot an Sie machen: Wenn Sie es möchten, können wir uns gern zusammensetzen und eine parteiübergreifende Initiative im Sinne der jungen Menschen im Freiwilligendienst auf den Weg bringen. Da das ganze Problem auf Bundesratsebene diskutiert wird, macht es vielleicht sogar Sinn, das gemeinsam zu tun.

(Jürgen Gansel, NPD: Sie „haben eine offene Tür“!)

Dazu kann man auch die Kolleginnen und Kollegen der GRÜNEN herzlich einladen.

Ich möchte damit nur belegen: Das ist hier keineswegs ein unkonstruktiver Kurs, nur kann man sich nicht hinstellen und sagen, man lädt alle ein zu diskutieren, und anschließend versuchen, es hinter den Kulissen allein auszukungeln. Das funktioniert nicht. Unsere Tür ist offen, meine Tür ist offen. Es liegt an Ihnen, durch diese Tür hindurchzuschreiten.

Wir setzen in der Rednerliste fort. Für die Fraktion GRÜNE könnte noch gesprochen werden. – Ich sehe keinen Redebedarf. Die NPD-Fraktion? – In dieser Runde keine Redezeit mehr. Wir eröffnen eine dritte Runde. Gibt es bei der einbringenden Fraktion, der CDU, nochmals Regelbedarf, Herr Kollege Schreiber? – Nein. Somit blicke ich zur Staatsregierung. – Frau Staatsminister Clauß, Sie haben das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren Abgeordneten! Vielen Dank für diese Debatte. Genau das brauchen wir: einen offenen Gedankenaustausch über die Zukunft des ehrenamtlichen Engagements in unserem Freistaat. Dabei sind der neue Bundesfreiwilligendienst und das Freiwillige Soziale Jahr sowie das Freiwillige Ökologische Jahr nur ein Teil – aber sehr wohl ein sehr wichtiger.

Seit dem Beschluss zur Aussetzung der Wehrpflicht und zur Zustimmung zum Gesetz zum Bundesfreiwilligendienst gibt es sehr wohl bei vielen Trägern noch offene Fragen. Aber unabhängig von der Zuständigkeit des Bundes möchte ich die Gelegenheit nutzen, drei Punkte nochmals anzusprechen:

Geben wir doch dem Bundesfreiwilligendienst eine Chance! Bekannt ist: Als vor 50 Jahren die Einführung anstand, gab es mindestens – so wurde es mir nochmals verdeutlicht – genauso viele Bedenken, und auch nach 1990, nach unserer friedlichen Revolution, gab es hier im Osten Deutschlands Diskussionen. Festzuhalten bleibt aber, dass der Zivil- und der Ersatzdienst wesentlich dazu beigetragen haben, soziales Handeln und soziales Denken, insbesondere auch bei jungen Männern, zu stärken. An dieser Stelle noch einmal all denjenigen, die Zivildienst geleistet haben, ein herzliches Dankeschön!

(Beifall bei der CDU, der FDP und des Abg. Horst Wehner, DIE LINKE)

Warum soll der Bundesfreiwilligendienst nicht auch zu einer Kultur selbstverständlicher Freiwilligkeit beitragen? Wir sollten den Bundesfreiwilligendienst als Chance begreifen, auch für unsere Träger hier in Sachsen, und die Rahmenbedingungen sind gut. Sowohl auf Arbeitsebene als auch im Bundesrat haben wir uns mit anderen Bundesländern gemeinsam eingesetzt und dafür gekämpft, eine Zentralisierung aller Freiwilligendienste unter dem Dach der Bundesverwaltung zu verhindern. Das ist uns gelungen; denn es ist uns sehr wichtig, dass wir einen differenzierten Gestaltungsspielraum haben und diesen auch nutzen können.