Nein, was die Pflege betrifft, da haben wir ein viel umfassenderes Problem, das natürlich gleichzeitig sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze betrifft, das unsere demografische Situation betrifft und natürlich auch, wie
Wir haben die Situation, dass sich in den letzten vier Jahren die Zahl der Siebzehnjährigen zum Beispiel in Sachsen halbiert hat. Das ist einfach so. Von daher ist – und Frau Herrmann, da bin ich ganz nah bei Ihnen – weder eine Verdrängung der Jugendfreiwilligendienste mit dem Bundesfreiwilligendienst in unserem Interesse, noch können wir es uns überhaupt leisten, auch nur auf eine dieser Stellen zu verzichten. Ich kann wirklich nur jeden jungen Menschen, aber auch jeden anderen in der jeweiligen Altersgruppe motivieren, sich in unsere Gesellschaft einzubringen, sei es im Umweltschutz, sei es im Freiwilligen Sozialen Jahr; Verschiedenes ist genannt worden. Ich möchte gern noch ergänzen, dass es jetzt auch das freiwillige Jahr im Denkmalschutz gibt. Man kann sich mittlerweile hier engagieren und sagen: Ich tue etwas.
Die Aussage, dass das alles nicht durchdacht wäre, dass es keine Umsetzung gäbe, Herr Homann, halte ich schlichtweg für falsch. Der positive Aspekt dahinter wird vollkommen negiert. Sie stellen es so dar, als wäre überhaupt nichts vorbereitet und wir würden von einem Tag zum anderen plötzlich ins Leere laufen. Nein, dem ist nicht so. Ich habe Ihnen vorhin schon gesagt: Mit dem Freiwilligendienst aller Generationen, was der PARITÄTISCHE in Sachsen gemacht hat, haben wir bereits gute Erfahrungen gesammelt. Es gibt Zentralstellen, die angesprochen werden können. An sie kann sich auch jede kleine Kommune, jede Gemeinde, jeder Verein wenden und sagen: Ich möchte meine Stellen entsprechend diesem Dienst mit eingebunden wissen.
Die Unterstellung von rechts, dass wir kein Gemeinschaftsgefühl hätten, kann ich nur mit Kopfschütteln beantworten. Aber das ist wahrscheinlich in Ihrem Lebensentwurf, in Ihrem Lebensbild. Wer selbst nicht glaubt, etwas von der Gesellschaft zu bekommen, gibt natürlich auch nichts hinein. Deshalb ist es auch gut so, dass Sie unter sich bleiben, dass Sie so klein wie möglich bleiben.
Suchen Sie, sich in Ihren Gruppen zu finden. Ich weiß nur, was ich in der Gesellschaft erlebe: dass wir viele junge Menschen haben – ob es nun im Gemeinderat ist, in einzelnen Sportvereinen, im Jugendverein, wie auch immer –, die sich gemeinsam einbringen, um unsere Gesellschaft zu gestalten. Ich kann dort nur allen zurufen: Machen Sie weiter so! Geben Sie Ihr Engagement auch innerhalb der Familie weiter. Zeigen Sie, dass es Spaß macht, sich in unserer Gesellschaft zu engagieren. Wir werden den Bundesfreiwilligendienst auf allen Ebenen gemeinsam miteinander gestalten und miteinander meistern.
Das war Frau Kollegin Schütz für die miteinbringende Fraktion der FDP. – Ich sehe Bedarf für eine Kurzintervention. Bitte, Herr Gansel.
So ist es, Herr Präsident. Ich möchte, da ich auf Herrn Schreiber nicht direkt entgegnen kann, die eine oder andere Formulierung von Frau Schütz zum Anlass nehmen, noch einmal den Grundunterschied zur NPD-Position darzustellen.
Sie haben sich soeben auf die Schulter geklopft und die Abschaffung der Wehrpflicht in der bekannten Form mit allen Folgewirkungen der Ausdünnung des Zivildienstes und des Pflegenotstandes als großen Erfolg und Fortschritt gefeiert. Sie haben darüber hinaus als Ersatzperspektive für den Dienst an der Waffe so ein abstraktes Konstrukt wie den europäischen Freiwilligendienst und eine europäische Freiwilligenarmee ins Feld geführt. Genau dort verläuft in der Tat die Scheidemarke zur NPD. Wir sind nämlich auch in diesem Parlament die einzige Partei, die sich noch daran erinnert, unter welcher Motivation und welcher Vorgabe 1955 die Bundeswehr gegründet wurde, nämlich nicht als internationale Söldnertruppe vor allem für US-amerikanische Kapitalinteressen. Vielmehr ist die Bundeswehr 1955 als Defensivarmee zur Heimat- und Vaterlandsverteidigung geschaffen worden.
Sie alle hier, auch die angeblichen Friedensapostel von links, haben keine Bedenken geäußert, als vor zehn Jahren unter Rot-Grün die Bundeswehr interessenwidrig an ersten Angriffskriegen auf dem Balkan teilgenommen hat.
Sie alle heißen ja die Bundeswehreinsätze in Afghanistan gut, und Ihrerseits gibt es keine Einwände dagegen, dass deutsche Soldaten auf fremden Kriegsschauplätzen verheizt werden.
Ich erinnere an den Anspruch des früheren SPD-Verteidigungsministers Struck, der irrsinnigerweise behauptet hat, Deutschland werde am Hindukusch verteidigt. Deutschland wird nicht am Hindukusch verteidigt. Deutschland wird in Berlin-Kreuzberg gegen die Ausländermassen verteidigt,
Das alles markiert den Unterschied zwischen uns und Ihnen. Wir denken daran, dass die Bundeswehr 1955 als Armee der Heimatverteidigung gegründet wurde.
Ich versuche es einmal mit zwei Worten. Ich verwahre mich dagegen, dass die Bundeswehr hier als Söldnerarmee auch schon zu Zeiten ihrer Gründung benannt wird.
Sie zeigen in dieser Art und Weise, dass Sie europafeindlich sind, dass Sie am liebsten allein in Deutschland einen eigenen Planeten gründen würden mit sich allein auf der Welt.
Ich habe gestern schon einmal darauf hingewiesen, warum sich auch die Partnerfindung der männlichen Kollegen in Ihrer Partei so schwertut: nicht nur aus ideologischen Gründen, sondern wahrscheinlich aufgrund Ihrer Einstellung zur Gesellschaft insgesamt. Von daher kann ich eigentlich Ihren Hetztiraden, die Sie heute hier wieder losgelassen haben, nur eine klare Absage vonseiten aller demokratischen Parteien erteilen. Wir stehen zu Europa und wir stehen zu Deutschland.
Das war die Reaktion von Frau Kollegen Schütz auf diese Kurzintervention von Herrn Gansel. – Als Nächste in der Rednerreihung spricht für die Fraktion DIE LINKE Frau Klepsch.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Eigentlich ist es erfreulich, dass wir eine so lebhafte Debatte haben, wenn wir einmal die Volksverhetzung von rechts außen ausblenden.
Die Welt könnte so schön sein. Mit der Einführung des Bundesfreiwilligendienstes gibt es 35 000 Stellen für Männer und Frauen jeden Alters, die sich engagieren wollen. Vieles in dem Gesetz der Bundesregierung klingt tatsächlich gut, wenn man nicht in die Details und das Kleingedruckte schaut.
Man muss aber auch sagen: Mit der Einführung der 35 000 Stellen fallen 90 000 Zivildienstellen weg. Die Kolleginnen und Kollegen vor mir haben schon darauf hingewiesen.
Frau Schütz, lassen Sie uns noch einmal überlegen oder schauen: Warum ist denn die Wehrpflicht ausgesetzt worden? Doch nicht, weil plötzlich die CDU der Meinung war, wir brauchen keine Bundeswehr mehr, sondern weil der Finanzminister Herr Schäuble gesagt hat: Lieber Minister Guttenberg, wir müssen sparen, schau doch einmal, wo du beim Haushalt sparen kannst.
Herr Guttenberg hatte versucht, das irgendwie umzusetzen. Am Ende kommt heraus, dass es wahrscheinlich mit einer Berufsarmee und der Aussetzung der Wehrpflicht
Herr Schreiber hatte vorhin erwähnt, dass er vor einem Jahr gefordert habe, dass es für alle jungen Menschen in diesem Land einen Pflichtdienst geben sollte. Ich kann das bestätigen. Es war in einer Besuchergruppe. Wir hatten mit den jungen Menschen – einer Gruppe von Freiwilligen aus Sachsen – eine spannende Diskussion. Sie sagten überwiegend, dass sie sich einen Zwangsdienst bzw. einen Pflichtdienst für alle nicht vorstellen könnten. Sie fanden, dass ein Freiwilligendienst etwas sei, wofür man sich entscheiden möchte und nicht gezwungen fühlen muss.
Dass sich die sächsische Regierungskoalition jetzt wieder für den Freiwilligendienst interessiert, ist erfreulich. Leider – das hatte Henning Homann schon angesprochen – passiert es erst pünktlich zum Beschluss des Bundesrates. Wir dürfen uns in der heutigen Aktuellen Debatte im Nachgang damit beschäftigen.
Politik heißt aber auch, wenn man etwas gestalten möchte, dass man sich vorher damit befasst. Man hätte vorher eine Debatte anregen können. Man hätte eine sächsische Position ausloten können, die im Bundesrat zu vertreten wäre. Hinterher feiert man nur die Beschlüsse der Bundesregierung.
Ich möchte das aus meiner Sicht noch einmal kritisch anmerken: Die heute angeregte Debatte ist der Versuch, sich aus CDU- und FDP-Sicht mit dem Bundesfreiwilligendienst zu schmücken. Noch vor einem halben Jahr haben Sie mit den Kürzungen im Landeshaushalt im Sozialministerium den Freiwilligendienst in Sachsen deutlich abgesenkt. Es ist ein Ablenkungsmanöver von dem sächsischen Sparwahn Ihres Finanzministers. Das muss man einmal ganz deutlich sagen.
Für diejenigen, denen die Zahlen nicht präsent sind, liste ich diese gern noch einmal auf. Der Freiwilligendienst in Sachsen hatte im Jahr 2010 noch 2 Millionen Euro Zuschuss aus dem Landeshaushalt erhalten. Das waren 1 100 Stellen. Für dieses Jahr sprechen wir von 1,4 Millionen Euro für etwa 700 Stellen. Im nächsten Jahr geht es noch weiter herunter. Bisher war die Nachfrage nach diesen Einsatzstellen deutlich größer als die zur Verfügung stehenden Stellen.
Liebe Kollegin Klepsch! Geben Sie mir recht, dass im Jahr 2010 durch die Haushaltskonsolidierungsmaßnahmen die Stellen im FSJBereich nicht mehr 1 111 betrugen? Es waren nur noch
500 Stellen. Geben Sie mir dahin gehend recht, dass wir im Haushaltsentwurf 2011/2012 die Mittel für die FSJStellen um 500 000 Euro – im Vergleich zum Entwurf und damit auch im Vergleich zum Jahr 2010 – erhöht haben? 500 000 Euro bzw. 400 000 Euro im Jahr 2012 waren es. 500 Stellen wurden im Jahr 2011 auf 777 Stellen erhöht. Im Jahr 2012 sollen es 722 sein. Geben Sie mir recht?
Lieber Kollege Schreiber! Ich kann Ihnen leider nicht ganz recht geben. Erstens: Ich erkläre es noch einmal. Der Doppelhaushalt 2008/2009 beinhaltete noch 1 100 Stellen. Diese sind zum 31.08.2009 ausgelaufen. Das neue Einsatzjahr 2010 hat mit 500 Stellen aufgrund der Haushaltsbewirtschaftungsmaßnahmen begonnen.