Natürlich kann man selbstkritisch sagen, dass auch die SPD daran beteiligt war. Es gab auch Zeiten, in denen die SPD – ob auf kommunaler Ebene, auf Landesebene oder auf Bundesebene – geglaubt hat, ein Allheilmittel zu finden. Ich denke, spätestens nach der Finanzkrise und nach den Problemen im Bereich der Energieversorgung und nun auch der Bahn hat ein Umdenken – zumindest bei uns – eingesetzt. Wir haben Beschlüsse auf Parteiebene, die die Privatisierung ablehnen – eindeutig. Ich kenne so etwas von der CDU und der FDP nicht. Diese Beschlüsse kenne ich nicht.
Wir haben unsere Lehren daraus gezogen. Es wäre wichtig, dass man in dieser Debatte folgende Fragen beantwortet – deshalb bin ich gespannt, was der Wirtschaftsminister sagt –: Was machen wir hier in Sachsen, wenn der nächste Winter kommt? Wo bereiten wir was vor? Wo setzen wir Schwerpunkte für Investitionen? Wo setzen wir uns zusammen, damit in Sachsen in Gleise, in Bahnhöfe, in Weichen etc. investiert wird? Wo können wir zum Beispiel Task-Force einrichten, damit keine kompletten Zugausfälle passieren?
Das sind die Fragen, die die Bürgerinnen und Bürger letztlich interessieren und die hier und heute, zumindest ansatzweise, beantwortet werden sollten.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten! Wofür solch eine Akutelle Debatte gut ist, ist immer wieder faszinierend. Ich habe festgestellt, dass Frau Jähnigen seit langer Zeit das erste Mal unserem Wirtschaftsminister zustimmt und dass sie sozusagen eine gemeinsame Intentionslinie haben. Ich finde, dass das schon ein großer Erfolg in einer Aktuellen Debatte ist.
Weiterhin muss man feststellen: Bevor man Vertrauen verlieren kann – das wurde auch von Ihnen, sehr geehrte Kollegen, angesprochen –, muss man erst einmal Vertrauen haben. Gerade das ist ein Bereich, den ich bezüglich Bahnfahrt immer wieder infrage stelle.
Ich selbst bin eine recht leidenschaftliche Bahnfahrerin, und das nicht nur als Selbstversuch, um zu schauen, ob der Zug fährt oder nicht oder wie lange die Verspätungszeiten sind, sondern weil ich nach wie vor der Meinung bin, dass das ein sehr ökonomisches und komfortables Verkehrsmittel ist.
Der Winter war sehr kalt, es gab sehr viel Schnee. Ich gehörte genau zu denjenigen, die bei minus 18 Grad frierend am Bahnsteig standen, in Erwartung des Zuges. Kommt der Zug oder kommt er nicht? Fährt überhaupt einer? Der Frust war bei mir mindestens genauso groß wie bei all den anderen Bahngästen. Es gab keine Durchsagen und mit einer Selbstverständlichkeit wanderte die Anzeige: Der Zug hat eine Viertelstunde Verspätung, er hat 25 Minuten Verspätung, es wurden 60 Minuten, und am Ende kam die Mitteilung, der Zug fährt gar nicht.
Frau Dr. Runge, Sie haben völlig recht; ich sehe, auch Sie haben diese Erfahrung aus diesem Winter gemacht.
Es ist festzustellen: Die Leistungen der Bahn sind unzumutbar. Im Fernverkehr fuhr nur jeder fünfte Zug überhaupt pünktlich, manche Verbindungen sind ganz gestrichen worden. Es kam zu Verspätungen und das Schlimmste war eigentlich dieses absolute Informationsdefizit. Keiner konnte einem überhaupt sagen, ob der Zug fährt oder nicht, wann er fährt bzw. auf welchem Gleis.
Dennoch, muss ich Ihnen sagen, habe ich gerade in diesem Bereich sehr motivierte Zugbegleiter erlebt, und es ist an dieser Stelle möglich, einmal einen Dank all denjenigen auszusprechen, die sich im Zug bemüht haben, Anschlussverbindungen zu suchen, und die Menschen begleitet haben, dann die Anschlusszüge zu finden. Ein Dank von dieser Stelle ist einmal angebracht.
Die Bahn war auf diesen Winter nicht vorbereitet, obwohl das im letzten Jahr ganz klar signalisiert wurde, man wollte vieles besser machen, man hätte aus Erfahrung gelernt. Aber ich hatte auch den Eindruck, die Bahn hat eher mit dem lange vorhergesagten Klimawandel gerechnet: kein Winter, kein Schnee, keine gefrorenen Gleise, keine eingefrorenen Toilettenanlagen im Zug. Auch das, dachte ich, sind Zustände, die wir in diesem Jahrhundert nicht mehr erleben müssen.
Deutlich wurde dieser erhebliche Investitionsbedarf bei Infrastruktur und dem rollenden Material, das heißt in den Zügen. Es geht nicht darum, die Bahnfahrten komfortabler zu gestalten, sondern einfach überhaupt zu gestalten,
die Züge planmäßig und verlässlich fahren zu lassen. Wer wann warum verantwortlich ist, in welcher Legislatur und in welcher Regierungszeit, ist ja von den verschiedenen Seiten schon angesprochen worden.
Wichtig ist, dass natürlich mehr Geld benötigt wird, um zu investieren. Das Geld darf eben nicht – darin stimme ich Ihnen zu, Frau Jähnigen – aus höheren Fahrpreisen kommen, denn dort sind wir schon eindeutig an Belastungsgrenzen angekommen.
Ich sagte ja, wir haben so eine allgemeine, gleichlautende Intention. – Es gilt aber trotzdem, genau an dieser Stelle auch einmal den Dank an den Wirtschaftsminister auszusprechen, der für den Verkehr zuständig ist; denn er hat es richtig erkannt und die entsprechende Verkehrsministerkonferenz gefordert. Es ist festgestellt worden: zu wenig Transparenz, vielleicht auch zu wenig Konkurrenz. Dieses quasi alleinige Monopol der Bahn ist vielleicht der Grund, warum man immer wieder glaubt, man müsste sich nicht so kümmern und Kundenfreundlichkeit wäre nur eine Nebensache.
Lassen Sie mich zum Abschluss noch feststellen: Ich hoffe, dass die Zusagen vom Bund eingehalten werden und dass die Investitionen wirklich stattfinden. Wir werden es mit den entsprechenden Möglichkeiten kontrollieren, und ich hoffe, dass ich auch weiterhin nicht fraktionsübergreifend mit den Kollegen Schlitten fahre, sondern im Zug gemeinsam, fraktionsübergreifend Kommunikation pflegen kann; denn das ist nicht nur ein Beitrag zum Klimaschutz, sondern Kommunikationsstruktur.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die aktuellen Probleme im Bahnverkehr sind mitnichten allein auf das Winterwetter im Dezember zurückzuführen. Ich denke mir, man kann feststellen, dass die Ursachen viel tiefer liegen. Ein aktuelles Beispiel möchte ich auch hier aus dem Bereich des Verkehrsverbundes Oberlausitz-Niederschlesien nennen: Dort ist es gestern so gewesen, dass in der Zeit zwischen 6:10 und 9:20 Uhr der Verkehr zwischen Görlitz und Dresden unterbrochen worden war. Zwei Züge fielen ganz aus, vier Züge fuhren nur zwischen Dresden und Bischofswerda und 14 Züge kamen zu spät an. Grund war lediglich eine Weichenstörung in Bautzen. Das zeigt: Zu Betriebsstörungen kommt es nicht nur, wenn das Winterwetter extreme Ausmaße annimmt; auch bei relativ milden Temperaturen gibt es solche Probleme.
Man muss in der Analyse etwas tiefer gehen, als nur immer auf das Wetter zu verweisen. Es wurde noch nicht
genannt, deshalb will ich es hier tun: Zu früheren Zeiten in der alten Bundesrepublik, als die Deutsche Bundesbahn noch existierte, gab es eine Werbeaussage, die lautete: „Alle reden vom Wetter – wir nicht!“. Dahinter verbarg sich der Anspruch, der damals von der Bahn auch durchaus eingelöst worden ist, dass selbst dann, wenn auf den Straßen der Verkehr zum Erliegen kommt, die Bahn zuverlässig und pünktlich weiterfährt.
Genau diesen Anspruch kann die Bahn heute nicht mehr erfüllen und die Ursachen sind aus meiner Sicht ganz klar – wer wie ich Bahnnutzer ist, hat es in den besagten Winterwetterwochen deutlich erkennen können –, dass auf den Bahnhöfen überhaupt kein Personal mehr da ist; dass selbst die Zugbegleiter – das einzige Personal, das für den Fahrgast noch sichtbar ist – nicht über die Situation informiert sind und eigentlich vor Ort auch nur mit den Fahrgästen die Ratlosigkeit teilen. Das schafft natürlich sehr große Unzufriedenheit.
Gerade im Dezember war es so, dass man zum Beispiel auf der Strecke Görlitz–Dresden statt ein und einer Viertelstunde Fahrzeit teilweise drei oder vier Stunden Fahrzeiten hatte. Das zeigt, dass hier nicht nur einige Dinge korrigiert werden müssen, sondern viel mehr anzupacken ist.
In der Tat sieht die NPD-Fraktion hier, dass mit der geplanten Privatisierung, mit dem Börsengang der Bahn ein Irrweg beschritten worden ist; dass es einen grundsätzlichen Widerspruch gibt zwischen Renditeerwartungen, die mit einem Privatunternehmen Bahn verbunden sind, und dem öffentlichen Auftrag der Bahn, einen zuverlässigen und sicheren Zugverkehr zu schaffen. Genau das ist es, was wir hier einmal grundsätzlich in der Politik klären müssten. Die NPD-Fraktion ist der Meinung, dass es durchaus richtig ist, dass es ein staatliches Monopol für die Bahn gibt. Wir sind der Auffassung, dass ein öffentliches Monopol gerechtfertigt ist durch die öffentliche Aufgabe, die diese Bahn hat. Eine schon heute teilprivatisierte Bahn, die zumindest diesen Anspruch hat, wie ein privates Unternehmen zu agieren, zeigt, dass die Privatisierung als solche keine Lösung sein kann.
Wir müssen also darauf setzen, dass die Bahn wieder ihrem öffentlichen Auftrag nachkommen kann, und es ist die Aufgabe der Politik, die entsprechenden Rahmenbedingungen dafür zu setzen. Insofern ist es unverständlich, dass durch die Bahn jedes Jahr 500 Millionen Euro an den Bund abgeführt werden sollen. Dieses Geld muss selbstverständlich auch verwendet werden, damit die Bahn ihrem öffentlichen Auftrag nachkommen kann. Insofern ist hier die Bundesregierung gefordert, eine Korrektur anzubringen.
Wir sehen, dass die Kürzung, wie sie zusammen mit der Verabschiedung des Haushaltes jetzt auch im Nahverkehr in Sachsen vorgenommen worden ist, eine falsche Entscheidung war. Hier ist auch die Landesregierung aufgefordert, eine Lösung zu schaffen; denn solche Ereignisse, wie sich die Bahn im Dezember präsentiert hat, dürfen sich in Sachsen nicht wiederholen.
Das war für die NPDFraktion der Abg. Storr. – Wir treten jetzt in die zweite Runde zu dieser 2. Aktuellen Debatte ein. Als Antragstellerin hat erneut die Fraktion GRÜNE das Wort; bitte, Frau Kollegin Jähnigen.
Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ich finde die Hilflosigkeit unter Schwarz-Gelb zu dieser Frage erschreckend:
Keine Konzepte, persönliche Ausfälle bestenfalls, noch eine Ansage, woher das Geld nicht kommen soll: von Fahrpreiserhöhungen –, und wenn ein Vorschlag zur Finanzierung kommen müsste, dann kommt das Lob an den Minister. So können Sie die Dinge nicht verbessern.
Kollegin Hermenau hat ja richtiggestellt, was im Bundestag gelaufen ist. Ich möchte hier noch ergänzen: Die CDU regiert seit sechs Jahren wieder im Bund, Herr Kollege Heidan.
Seitdem geht es vorwärts, ruft gerade ein Kollege. Die Selbstironie ehrt Sie, Herr Kollege Bandmann.
Wenn wir uns aber einig sind über die Misere im Bund, dass es nicht funktioniert und dass das Schienennetz kaputtgespart wird, um das Geld woanders einzusetzen, dann müssen wir verhindern, dass das hier in Sachsen auch passiert. Wir haben doch gesagt, dass die Kürzungen, die Sie zum Haushalt beschlossen und die jetzt die Regierung für 2013 und 2014 in der Finanzierungsverordnung in gleichem Maße schon angeordnet hat, den ländlichen Raum treffen. Ich habe mich für ein Überdenken in der Haushaltsplanung des VVO eingesetzt. Der VVO hat durch die gute Politik des dortigen Unternehmens Kundenzugewinne in der Stadt Dresden. Er muss natürlich genau überlegen, was er mit diesen Kürzungen macht. Aber was wird in Ostsachsen, Herr Kollege Bandmann, was wird im Vogtland, Herr Kollege Heidan aus Plauen? Was wird in Leipzig, wo es keine schwach genutzten Strecken gibt, die man kürzen kann? Das müssen Sie sich fragen.
Gestern haben Sie – das war sozusagen der Gipfel der Debatte – mir vorgeworfen, dass wir vorgeschlagen hätten, investive Mittel von der Straße in den öffentlichen Verkehr umzuverteilen. Sie haben selbstkritisch gesagt, dass Neuinvestitionen in die Straße zu viel Folgekosten erzeugen. Ja, die richtigen Investitionen sparen uns Kosten bei der öffentlichen Hand.
Dann müssen aber investive Mittel da sein, und das sind sie nicht. Ziehen Sie doch einmal die Konsequenzen der