Der damalige Chef der Deutschen Bahn – sehr mit der Privatisierung der Bahn AG beschäftigt – hat dieses Geld nicht in Anspruch genommen. Es wurde nicht ins Gleisbett investiert, es wurden keine Heizungen für die Weichen installiert etc. Das Geld floss in den Bundeshaushalt zurück.
Diesbezüglich kann man natürlich einwenden: Rot-Grün hat wie andere auch mit im Aufsichtsrat gesessen, aber es ist nicht so, dass die GRÜNEN allein bestimmen, wie die Bahn führt. Es ist wichtig, dass die Parteien insgesamt zu einem Konsens kommen, wie sie mit solchen Dingen umgehen wollen.
Die Frage der Privatisierung hat bei den Investitionen in einen ordentlichen öffentlichen Nahverkehr leider Schaden angerichtet. Das ist Fakt, das kann man nachlesen und anhand von Zahlen nachvollziehen.
Soll auf diese Kurzintervention reagiert werden? – Das sehe ich nicht. Dann hat jetzt Herr Kollege Stange von den LINKEN das Wort.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Auf die Ausführungen von Herrn Heidan muss ich dank der Worte von Frau Hermenau nicht mehr eingehen. Klar ist, dass die Strukturveränderungen im Jahre 1994 massiv vorangetrieben und mit der Börsengangstrategie fortgesetzt wurden.
Im Prinzip ist es nur aus aktuellem Anlass eine Aktuelle Debatte, denn das Grundproblem ist ein dauerhaft Akutes. Die „Wirtschaftswoche“ titelt zu Recht: „BröckelRepublik Deutschland – Straße, Bahn, Luftverkehr, wie unsere Infrastruktur kaputtgespart wird“.
Es ist ein dauerhaftes Problem. Weder die Taliban noch der internationale Terrorismus haben die Bahn ruiniert und faktisch zum Erliegen gebracht, sondern einzig und allein die Wünsche zur Haushaltsaufbesserung, die Börsengangstrategie und der Wunsch, die Bahn endlich als Globalplayer zu etablieren.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Damit hat man den Verstand in Fragen der Daseinsvorsorge abgeschaltet. Das ist das Grundproblem. Das Ergebnis haben wir heute zu verzeichnen.
Fakt ist eines: Der Herr Minister stellt sich bei der Verkehrsministerkonferenz hin, assistiert bei der Feststellung des Investitionsbedarfs für die nächsten Jahre und sagt: Wir brauchen mindestens eine Milliarde zusätzlich. Das ist alles schön und gut. Wenn man dann allerdings die
Stellungnahme des Bundesrates zum Haushalt 2011 in Ruhe nachliest, dann beschäftigt man sich zu Recht mit Fragen des Städtebaus – ohne Zweifel –, zu Recht mit Fragen der Impfstoffbeschaffung und mit Kompensationsleistungen aus den Folgen der Föderalismusreform. Aber kein Wort darüber, dass man die 500 Millionen Euro jährlich an Abführungen von der Bahn an den Bundeshaushalt nicht mehr haben möchte. Kein Wort darüber, dass man dieses Geld in die Schiene investieren will. Nichts darüber!
Hinterher, als der Bundeshaushalt beschlossen worden war, stellt man sich hin, jammert laut und macht zudem noch kluge Vorschläge – und das von einem Minister, der die eigenen Regionalisierungsmittel umleitet, anstatt sie in den Regionalverkehr in Sachsen zu investieren.
Das finde ich ein starkes Stück und macht im Grunde diese Doppelbödigkeit sächsischer Verkehrspolitik offenbar.
Meine Damen und Herren! Ich habe keinerlei Interesse daran, dass dieser Irrweg hier fortgesetzt wird. Ich stimme meiner Kollegin Jähnigen vollkommen zu. Der Börsengang darf nicht nur ausgesetzt werden, sondern er muss für immer abgesetzt werden.
Es handelt sich um ein zentrales Stück öffentlicher Daseinsvorsorge und nicht um ein wettbewerbsmäßig zu organisierendes, gewinnträchtiges wirtschaftliches Objekt. Dieser Irrweg muss beendet werden. Deshalb fordert DIE LINKE, den Börsengang zu beenden und ein Umdenken in Sachsen nicht nur bei Straßenbauprojekten, Herr Staatsminister, sondern ein Umdenken für den kommenden Doppelhaushalt 2013/2014.
Eines sage ich Ihnen auch: Die Arbeitsgruppe „Revision Regionalisierungsmittel“ hat bereits ein Diskussionspapier vorgelegt, in dem genau das, was die Geschäftsführer der Nahverkehrsverbände prophezeit haben, schwarz auf weiß zu lesen ist. Sie wollten das nicht wahrhaben. Die Jahre 2011 und 2012 mit allen Streckenabbestellungen, mit allen Konsequenzen für den Nahverkehr in Sachsen werden knallhart in die Regionalisierungsrevision einbezogen und dazu führen, dass wir ab 2015 weniger Mittel aus den Regionalisierungsmitteln als bisher zur Verfügung haben.
Das ist kein Umdenken. Hier hätten Sie durchaus auf die Warnungen hören müssen. Ich kann Frau Jähnigen nur zustimmen: Verbessern Sie Ihre Kommunikation mit den Nahverkehrszweckverbänden! Tun Sie wenigstens das, wenn Sie schon beratungsresistent sind!
Das war der Abg. Stange für die Fraktion DIE LINKE. Als Nächster spricht für die SPD-Fraktion Kollege Pecher.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Auf den Beißreflex von Herrn Heidan möchte ich eingehen, weil mir das wirklich langsam auf den Kranz geht. Wissen Sie, das ist immer so, als wenn jemand hugenottische Vorfahren hat und ich sage: Sie haben hugenottische Vorfahren, die haben die Kartoffeln in Sachsen eingeführt, ich mag keine Kartoffeln und jetzt muss ich immer Kartoffeln essen.
Das ist doch albern. Was interessiert denn das den frierenden Fahrgast auf dem Bahnsteig, der im Zweifelsfall, wenn nach zwei Stunden der Zug gekommen ist, erfroren umgefallen ist? Wen interessiert denn das?
das sächsische Schienennetz – in dieser Debatte geht es um die Sachsen und um das, was in Sachsen passiert ist. Darüber sollten wir uns unterhalten. Deshalb ist diese Debatte auch gut.
dass man in solch einer Aktuellen Debatte durchaus einmal die Ursachen, die man erkannt hat und die nicht von der Hand zu weisen sind,
benennen darf? Es tut mir ja sehr leid, dass das unter RotGrün entstanden ist. Aber genau diese Dinge waren ja gestern auch im Verkehrsausschuss des Bundestages festzustellen.
Stimmen Sie mit mir überein, dass man diese Ursachen in solch einer Debatte benennen darf, um daraus die logischen Schlussfolgerungen zu ziehen?
Meine Damen und Herren! Ich möchte die Gelegenheit nutzen, bei dieser Debatte zwei Dinge aufzugreifen. Ich
finde, gerade die Diskussion um die Privatisierung der Bahn ist ein extrem warnendes Beispiel, dass die Aufgaben der Daseinsvorsorge nachweislich nicht immer besser laufen, wenn sie in privater Hand sind. Das zeigt sich im Bereich der Energieversorgung.
Das zeigt sich im Bereich des öffentlichen Nahverkehrs, auch beim Bus. Das zeigt sich bei der Ver- und Entsorgung in vielen Bereichen. Die Bahn ist das exemplarische Beispiel, dass die Pläne zur Privatisierung zur Verzerrung führen und letztlich zulasten der Kunden und der Bürger gehen. Schlussendlich bringt es keinen Mehrwert.
Natürlich kann man selbstkritisch sagen, dass auch die SPD daran beteiligt war. Es gab auch Zeiten, in denen die SPD – ob auf kommunaler Ebene, auf Landesebene oder auf Bundesebene – geglaubt hat, ein Allheilmittel zu finden. Ich denke, spätestens nach der Finanzkrise und nach den Problemen im Bereich der Energieversorgung und nun auch der Bahn hat ein Umdenken – zumindest bei uns – eingesetzt. Wir haben Beschlüsse auf Parteiebene, die die Privatisierung ablehnen – eindeutig. Ich kenne so etwas von der CDU und der FDP nicht. Diese Beschlüsse kenne ich nicht.