Protocol of the Session on June 17, 2010

Finanzierung des Ausbaus wichtiger sächsischer Bahnstrecken aus Mitteln des Konjunkturpaketes II (Frage Nr. 8)

Der Ausbau mehrerer wichtiger Bahnstrecken in Sachsen ist mit Mitteln aus dem Konjunkturpaket (KP) II vorgesehen. Mit seinem Beschluss vom 30.03.2010 beauftragte der Sächsische Landtag die Staatsregierung, sich insbesondere für die komplette Elektrifizierung der SachsenFranken-Magistrale einzusetzen. Betroffen sind weiterhin der Ausbau der Bahnstrecke Dresden–Berlin sowie der Ausbau der wichtigen Güterstrecke nach Polen über Horka–Knappenrode. Die Mittel aus dem KP II müssen bis Ende 2011 abfließen. Wegen der notwendigen Vorbereitungen war nach meiner Kenntnis hierzu eine Unterzeichnung der Finanzierungsvereinbarungen bis Ende Mai notwendig – diese ist jedoch bis Anfang Juni nicht erfolgt.

Fragen an die Staatsregierung:

1. Für welche der oben erwähnten Streckenausbauten in Sachsen ist der Mittelabfluss aus dem KP II durch Abschluss einer Finanzierungsvereinbarung zum heutigen Zeitpunkt gewährleistet?

2. Zu welchem Zeitpunkt müssen die noch nicht unterzeichneten Finanzierungsvereinbarungen für die oben genannten Strecken endgültig abgeschlossen werden, damit die KP-II-Mittel in Sachsen noch verbaut werden können?

Ihre beiden Fragen zur Finanzierung des Ausbaus wichtiger sächsischer Bahnstrecken aus Mitteln des Konjunkturpaketes II möchte ich vor dem Hintergrund des Gesamtzusammenhangs gemeinsam beantworten:

Da es sich bei den vorgenannten Bahnstrecken ausschließlich um Schienenwege des Bundes handelt, sind für Ausbau und Finanzierung ausschließlich die Infrastrukturgesellschaften der Deutschen Bahn AG sowie der Bund selbst zuständig. Diesbezüglich relevante Finanzierungsvereinbarungen werden allein zwischen dem Bund und der Deutschen Bahn AG abgeschlossen.

Den Ländern – so auch dem Freistaat Sachsen – liegen grundsätzlich keine Informationen über die Erfordernisse beziehungsweise den Stand der Verhandlungen zwischen Bund und Bahn vor.

Eine Ausnahme bildet in diesem Zusammenhang die Elektrifizierung des Abschnitts Reichenbach–Hof, der sogenannten Sachsen-Franken-Magistrale.

Nur der Initiative Bayerns und insbesondere Sachsens ist es zu verdanken, dass besagtes Projekt überhaupt angeschoben wurde. Die im Auftrag der beiden Freistaaten erstellte Vorplanung war Grundvoraussetzung dafür, dass das Projekt in die Konjunkturpakete aufgenommen werden konnte und nunmehr einer schnellen Realisierung entgegensehen darf.

Vor dem Hintergrund der großen Bedeutung des Projektes – sowohl für den Regionalverkehr als auch für den Güterverkehr und die Wiedereinbindung des südwestsächsischen Raumes in den Eisenbahnfernverkehr – hatte der Freistaat dem Bund – über die Planungsmittel hinaus –

weitere Finanzmittel für die zeitnahe Realisierung des Projektes angeboten.

Grundlage für den Abschluss einer diesbezüglichen Finanzierungsvereinbarung zwischen den Infrastrukturgesellschaften der Deutschen Bahn und dem Freistaat bildet die grundsätzliche Einigung zwischen Bund und Bahn bezüglich eines Konzeptes der Gesamtfinanzierung.

Diesbezügliche Verhandlungen, auf die der Freistaat keinen Einfluss hatte, zogen sich dem Vernehmen nach bis in den Juni 2010 hinein. Die DB AG hat dem SMWA im Juni 2010 den ersten Entwurf einer Finanzierungsvereinbarung zur Verfügung gestellt.

Nach der inhaltlichen und juristischen Prüfung des Papiers wird mein Haus unverzüglich Verhandlungen mit der DB AG aufnehmen.

Vertragsbruch der Deutschen Bahn/Ausbau S-Bahnstrecke Dresden–Meißen (Frage Nr. 9)

Am 01.06. erhielt ich als verkehrspolitische Sprecherin meiner Fraktion eine Einladung der Deutschen Bahn AG (DB) zu einer „symbolischen Gleisverlegung“, mit der der Beginn des Ausbaus der S-Bahn Dresden-Neustadt nach Meißen auf eigenem Gleiskörper gefeiert werden sollte. Angekündigt war u. a. eine Rede von Staatssekretär Roland Werner. Der Einladungstext enthielt auch die Aussage, dass die Bahn den Ausbau der Strecke bis Coswig zum Jahr 2016 beabsichtige. Diese Aussage steht in krassem Widerspruch zur Finanzierungsvereinbarung zwischen Freistaat Sachsen und DB AG vom 04.02.2009, indem der Ausbau der kompletten Strecke bis nach Meißen bis zum Jahr 2014 zugesagt ist. Auf Nachfrage von Journalisten gab die Bahn an, das SMWA bereits Mitte Mai informiert zu haben. Die Pressesprecherin des SMWA gab Auskunft, dass die Verschiebungsgründe nicht plausibel seien und derzeit fachlich geprüft werden. Auskünfte des SMWA an den Landtag dazu gibt es bis heute nicht.

Fragen an die Staatsregierung:

1. Warum hat der Staatssekretär trotz der Kenntnisse des SMWA über den offensichtlich geplanten Vertragsbruch der Deutschen Bahn eine Festrede zur oben genannten Veranstaltung zugesagt?

2. Welche konkrete zeitliche Planung für den Ausbau der kompletten Strecke bis Meißen einschließlich des neuen Bahnhofs dort liegt dem SMWA derzeit vor?

Zu Frage 1. Die Einladung der DB AG sowie die Zusage des SMWA zur „symbolischen Gleisverlegung“ in Radebeul erfolgten Mitte April 2010. Die erste Information zu einer möglichen Bauzeitverlängerung traf hingegen erst am 25. Mai 2010 im SMWA ein. Die in Frage 1 unterstellte Kausalität ist somit nicht vorhanden. Richtig ist vielmehr, dass die DB AG besagten Termin nach Intervention des SMWA unverzüglich abgesagt hat.

Zu Frage 2. DB AG, SPNV-Aufgabenträger und Freistaat haben mittlerweile auf Fachebene die Beratungen über den Gesamtablauf des Vorhabens vor dem Hintergrund geänderter Rahmenbedingungen aufgenommen. Mit belastbaren Ergebnissen – das heißt einem präzisierten Bauablauf – wird gegen Ende des Jahres gerechnet.

Leider hat es die DB AG versäumt, die Öffentlichkeit darauf hinzuweisen, dass die aktuellen Schwierigkeiten beim fristgerechten Ausbau der S-Bahn zu einem guten Teil auf eine eigentlich sehr gute Nachricht zurückgehen: Bedingt durch die Konjunkturpakete des Bundes wird es wohl möglich sein, die Baumaßnahmen auf der Fernbahnstrecke im Abschnitt Radebeul-West–Neucoswig– Weinböhla schneller als bisher geplant zu realisieren. Wenn Sie heute auf dem Streckenabschnitt unterwegs sind, werden Sie bereits eine Menge diesbezüglicher Aktivitäten beziehungsweise Vorbereitungen bemerken.

Auf jeden Fall wird es weiterhin das oberste Ziel der Staatsregierung sein, den zeitnahen Ausbau der S-BahnGleise – aber auch der parallelen Fernbahngleise – sicherzustellen.

Leitbild für eine neue Willkommenskultur (Frage Nr. 10)

Der Staatsminister des Innern, Herr Ulbig, verkündete am 19.03.2010 in einer Pressemitteilung unter dem Titel: „Sachsen braucht Zuwanderung“: „Den Ausländerbehörden in Sachsen geben wir ein Leitbild für eine neue Willkommenskultur.“ Dies bekräftigte er auch gegenüber der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“ (Ausgabe vom 06.06.2010).

Fragen an die Staatsregierung:

1. Welchen Inhalt hat das „Leitbild für eine neue Willkommenskultur“, das das Sächsische Staatsministerium des Innern den sächsischen Ausländerbehörden geben möchte?

2. Mit welchen Mitteln und Maßnahmen soll das "Leitbild für eine neue Willkommenskultur" in Sachsen in die Praxis überführt werden?

Die Erleichterung der Zuwanderung von Fachkräften mit qualifizierten Berufsabschlüssen nach Deutschland ist nicht nur eine Frage der geltenden Rechtslage. Wichtig ist auch die Verwaltungspraxis in den Behörden. Wir können nicht Forderungen an Berlin stellen und selbst die Hausaufgaben im eigenen Land nicht machen. Es ist daher wichtig, dass wir die Verwaltungspraxis und die Ermessensausübung in den Ausländerbehörden mit klaren Vorgaben steuern. Wir wollen die Zuwanderung von qualifizierten Fachkräften aus dem Ausland erleichtern und befördern. Die Mitarbeiter in den Behörden müssen bestehende Ermessensspielräume entsprechend nutzen. Gesteuerte Zuwanderung verlangt, Ermessen intelligent auszuüben.

Wir wollen bis zum Ende des Jahres ein Leitbild für die Ausländerbehörden erstellen. Von einzelnen Behörden liegen dazu bereits Anregungen und Vorschläge vor. Mein

Ministerium wird in Zusammenarbeit mit den Behörden das Leitbild ausarbeiten und gemeinsam mit den Mitarbeitern der Behörden Ermessensspielräume für eine gesteuerte Zuwanderung ausloten.

Maßnahmen zur Senkung rechtlicher Hürden für ausländische Fachkräfte interjection: (Frage Nr. 11)

Der Staatsminister des Innern, Herr Ulbig, verkündete am 19.03.2010 in einer Pressemitteilung unter dem Titel: „Sachsen braucht Zuwanderung“ er wolle sich „in Berlin... politisch dafür einsetzen, dass rechtliche Hürden für Fachkräfte weiter gesenkt werden.“

Frage an die Staatsregierung: Inwiefern sind bisher konkrete Maßnahmen – auch auf Bundesebene – seitens des sächsischen Innenministers getroffen worden, um rechtliche Hürden für Fachkräfte mit Migrationshintergrund tatsächlich zu senken, bzw. innerhalb welches Zeitraumes sollen welche Maßnahmen umgesetzt werden?

Die demografische Entwicklung stellt den Freistaat Sachsen vor große Herausforderungen. Schärfer als der Bevölkerungsverlust stellt sich die Verringerung der erwerbstätigen Personen dar. Ab 2014 werden mehr Personen aus dem Erwerbsleben ausscheiden als einsteigen. Bereits heute sind in einigen Branchen, wie Gesundheitswesen oder Ingenieurwesen, Fachkräfte von der Wirtschaft händeringend gesucht. Die Bemühungen der Staatsregierung, abgewanderte Sachsen nach Sachsen zurückzuholen, werden nicht ausreichen. Wir werden in einzelnen Branchen und Regionen auf Zuwanderung angewiesen sein. Vor diesem Hintergrund haben wir im Innenministerium das Instrumentarium des Aufenthaltsrechts unter die Lupe genommen.

In Gesprächen mit großen Unternehmen, Forschungsinstituten, Universitäten, Relocation-Services und den Kammern haben wir Bestimmungen und rechtliche Grenzwerte ausfindig gemacht, die die Zuwanderung von Fachkräften mit qualifizierten Berufsabschlüssen nach Deutschland erschweren. Viel diskutiertes Beispiel ist die Einkommensgrenze von 66 000 Euro als Voraussetzung für eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis mit Arbeitsgenehmigung. Diese und andere Zuwanderungshürden werden wir in meinem Haus zusammentragen und daraus gebotene Änderungsvorschläge zum Aufenthaltsgesetz erarbei

ten. Wir stehen noch am Anfang und werden die Abstimmung mit dem Bundesinnenministerium und den Ländern suchen.

Finanzielle Notlage im Landkreis Nordsachsen (Frage Nr. 13)

Das Haushaltsdefizit des Landkreises Nordsachsen zum 01.01.2010 beträgt 165 Millionen Euro. Mit dem aktuellen Haushaltssicherungskonzept werden nur 70 Millionen Euro (höchstens bis 114 Millionen Euro) eingespart.

Fragen an die Staatsregierung:

1. Ist das Haushaltssicherungskonzept ausreichend, wenn das Haushaltsloch über das Doppelte beträgt, bzw. welche aufsichtsrechtlichen Folgen hat das Defizit?

2. Unter welchen Voraussetzungen wird die „Zwangsverwaltung“ (Bestellen eines Beauftragten nach § 117 SächsGemO) eingeleitet und mit welchen Folgen für den Landkreis (Angabe der allgemeinen Kriterien für sächsi- sche Kommunen und speziell bezogen auf den Landkreis Nordsachsen)?

Zu Frage 1. Wesentliche Grundlage für das Haushaltssicherungskonzept ist ein Gutachten der WIBERA (Wirtschaftsbera- tungsAG), das gewisse Einsparpotenziale aufzeigt. Hinsichtlich des Gutachtens besteht jedoch seitens des Sächsischen Staatsministeriums des Innern bezüglich mehrerer Punkte noch Klärungs- bzw. Nachbesserungsbedarf. Erst wenn dies erfolgt ist, besteht Klarheit über die finanzielle Situation des Landkreises Nordsachsen, sodass erst danach über eventuell auch erforderliche aufsichtsrechtliche Folgen entschieden werden kann.

Zu Frage 2. Die Voraussetzungen für die Bestellung eines Beauftragten ergeben sich aus § 65 Abs. 2 der Sächsischen Landkreisordnung in Verbindung mit § 117 der Sächsischen Gemeindeordnung. Gegenwärtig sind keine Anhaltspunkte ersichtlich, dass die Verwaltung des Landkreises in erheblichem Umfang nicht den Erfordernissen einer gesetzmäßigen Verwaltung entspricht, sodass die Bestellung eines Beauftragten nicht in Betracht zu ziehen ist.

Damit ist der Tagesordnungspunkt beendet und ich übergebe die Tagungsleitung.

Bilanz zum abgelaufenen Plenarjahr

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Gestatten Sie mir zum Schluss unserer Tagung zu einer etwa anderthalbstündigen Rede anzusetzen.

(Beifall)

Nein, es geht ganz schnell. Aber eine kurze Bilanz sei mir gestattet. Wir sind hier gemeinsam nach unserer Konstituierung am 29. September 2009 mit 132 Abgeordneten in den 5. Sächsischen Landtag gestartet. Übrigens, verehrte Kolleginnen und Kollegen, waren davon fast die Hälfte neue Abgeordnete und über 50 % waren unter 50 Jahre alt. Man konnte also wirklich von einem Generationswechsel sprechen.