Protocol of the Session on July 13, 2005

Die Koalitionsfraktionen lehnen aus den genannten Gründen Ihren Gesetzentwurf ab. Er bringt den Kleingärtnern keine Vorteile. Gleichzeitig, das wird die Diskussion zu unserem Antrag am morgigen Tag zeigen, sehen wir jedoch Handlungsbedarf.

Gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Ich möchte jetzt beenden. – So gibt es einige Merkwürdigkeiten im täglichen Verwaltungshandeln. Ich denke an die Erhebung von Gebühren und Beiträgen für Nutzungen, welche laut Bundeskleingartengesetz in Kleingärten nicht erlaubt sind bzw. zum Verlust der Gemeinnützigkeit führen würden. Deshalb bitte ich um Ablehnung des Gesetzantrages und werde Ihnen den notwendigen Korrekturbedarf im morgigen Antrag der Koalition erläutern.

Danke schön.

(Beifall bei der CDU)

Ich rufe die SPDFraktion auf. Herr Bräunig, bitte.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte mich kurz fassen. Herr Bartl, ich kann Ihre Aufregung nicht verstehen.

Fakt ist, dass sich die Koalition zur Förderung des Kleingartenwesens bekennt. Sie hatten unseren Antrag zitiert.

(Klaus Bartl, PDS: Darum!)

Wir werden ihn morgen einbringen. Der Antrag enthält einen umfangreichen Fragenkatalog an die Staatsregierung. Er enthält konkrete Aufgabenstellungen an die Staatsregierung. Damit nehmen wir uns genau der Problemstellungen an, die Sie vorgetragen haben.

(Zuruf von der PDS – Beifall bei der Staatsregierung)

Ich lasse keine Zwischenfragen zu. – Ich möchte Ihnen klipp und klar sagen, warum wir Ihren Gesetzentwurf bemängeln. Der Stein des Anstoßes ist schlicht und einfach die Verfassungsänderung. Die Aufnahme des Schutzes und der Förderung des Kleingartenwesens als Staatsziel in die Verfassung lehnen wir ab. Wir sind der Meinung, dass in einer Verfassung nur solch grundlegende Prinzipien und Staatsziele festgelegt werden sollten, die für das Staatswesen von überragender Bedeutung sind. Im Vergleich zu jenen Staatszielen, die jetzt Verfassungsrang haben, mutet das Kleingartenwesen trotz seiner Wichtigkeit für viele Menschen, was wir anerkennen, doch eher bedeutungslos an.

Den Schutz des Kleingartenwesens gleichrangig neben die anderen Staatsziele zu stellen halten wir für systemwidrig. Es ist gute Tradition, die Verfassung nicht beliebig, quasi inflationär mit Zielbestimmungen anzureichern. Ansonsten laufen wir Gefahr, dass die Staatszielbestimmungen schon durch ihre Vielzahl zu inhaltsleeren Programmsätzen werden, indem sie sich selbst entwerten. Deshalb lehnen wir ab.

Ich bedanke mich.

(Beifall bei der SPD und der CDU)

Die NPD-Fraktion; Herr Paul, bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Vorab möchte ich einige Worte zur Vorgeschichte des Gesetzentwurfes verlieren. Ich finde es äußerst bemerkenswert, welche seltsamen Wege die sächsische CDU in der Vergangenheit ging, die Koalition von CDU und SPD weitergeht und wie parlamentarische Initiativen verschiedener Oppositionsparteien passend zurechtgebogen oder schlicht und ergreifend abgelehnt werden.

Dass die PDS-Fraktion trotz dieser widrigen Umstände versucht, die Intentionen des Gesetzentwurfes weiter zu verfolgen, begrüßen wir.

(Prof. Dr. Peter Porsch, PDS: Wir sind im Kampf gestählt!)

Allerdings, Herr Porsch, scheint es mir höchst fragwürdig, wenn die PDS nach außen hin darstellt, sie sei an einer gemeinsamen Lösung der bestehenden Probleme interessiert, was Herr Bartl vorhin wiederholte. Wären Sie, meine Damen und Herren von der PDS, nicht nur auf Stimmenfang, sondern hätten Interesse an einer

ernsthaften Politik, dann hätten Sie zu Beginn der Legislatur auch bei unserer Fraktion für die Unterstützung des Gesetzentwurfes geworben, wie Sie es bei den anderen Fraktionen getan haben. Dass Sie darauf verzichtet haben, ist entweder auf eine besondere Form eines fragwürdigen Demokratieverständnisses Ihrerseits oder einfach nur auf Ignoranz zurückzuführen.

Nun zum Gesetzentwurf. Wir schließen uns dem Anliegen der Antragstellerin an, dass es erforderlich ist, den vielfältigen gesellschaftlichen und ökologischen Leistungen der Kleingärtner die nötige Würdigung zukommen zu lassen. Man kann an dieser Stelle jedoch geteilter Meinung darüber sein, ob das Kleingartenwesen deshalb der Verankerung in der Verfassung bedarf oder ob die bisher in der Verfassung festgeschriebenen Staatsziele diesem Anspruch genügen.

Unsere Fraktion unterstützt in diesem Zusammenhang die Regelungen zur Anerkennung der Kleingartenverbände und der damit in Zusammenhang stehenden Klagebefugnis. Durch das Verbandsklagerecht und die Mitwirkung an den diese Belange berührenden Verwaltungsverfahren wird den Kleingartenverbänden ein aus unserer Sicht angemessenes Instrument gegeben, um ihre Interessen wirkungsvoll zu vertreten. Das Argument, dass ein Verbandsklagerecht für Kleingartenverbände unnötig ist, da die Möglichkeit des Klagerechts als juristische oder natürliche Person gegeben sei, kann unsere Fraktion so nicht teilen.

Angesichts der schon angeführten Bedeutung des Kleingartenwesens für die Gemeinschaft erscheint uns die Verbandsklagebefugnis als angemessen.

Die Artikel 3, 4 und 6, mit denen die Einrichtung von Orts- und Kleingartenbeiräten sowie eines Landeskleingartenbeirates ermöglicht wird, stellen eine aus unserer Sicht sinnvolle Möglichkeit dar, die Belange und Interessen der sächsischen Kleingärtner angemessen in die politische Entscheidungsfindung einzubeziehen. Ob sich aus diesen beratenden Gremien positive Effekte für die Kommunal- und Landespolitik ergeben, muss sich aber noch herausstellen. Die Erfahrungen aus Thüringen rechtfertigen jedoch die Errichtung solcher Beiräte.

Als Letztes möchte ich zum eigentlich wichtigsten Punkt des Gesetzentwurfes, der Änderung des Kommunalabgabengesetzes, sprechen. Zur Entlastung der sächsischen Kleingärtner von Kommunalabgaben aller Art sieht unsere Fraktion vor allen anderen Punkten des Gesetzentwurfes den größten Handlungsbedarf. Die derzeitig hohe Belastung von Flächen mit kleingärtnerischer Nutzung aufgrund der knappen Finanzen der Kommunen stellt eine echte Bedrohung für den dauerhaften Fortbestand des Kleingartenwesens in seiner heutigen Form dar. Aus unserer Sicht besitzt ein großer Teil der Kommunalabgaben für Kleingärten ohnehin keine Rechtfertigung, da aus der kleingärtnerischen Nutzung der Flächen für die Bewirtschafter keine oder nur untergeordnete materielle Vorteile erwachsen.

Die Eigenschaft eines Kleingartens, auch für materiell und finanziell schlechter gestellte Menschen bezahlbar zu sein, geht damit ebenso verloren wie die damit im Zusammenhang stehenden positiven sozialen und kulturellen Effekte.

Wir halten die vorgeschlagenen Änderungen im Kommunalabgabengesetz für außerordentlich weitreichend und begrüßenswert. Unsere Fraktion wird trotz der genannten Vorgehensweise Ihrer Fraktion dem Gesetzentwurf zur Förderung des Kleingartenwesens in der vorliegenden Form zustimmen.

(Beifall bei der NPD)

Die FDP bitte, Herr Dr. Martens.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich kurz die Position der FDP zum vorgelegten Gesetzentwurf darlegen. Kollege Bartl hat es erwähnt: Wir haben uns bereits im Vorfeld der Einbringung und im Gesetzgebungsverfahren kurz gegenüber der PDS geäußert und auch im Ausschuss klar gemacht, wie wir zu diesem Gesetzentwurf stehen. In der Tat sind Kleingärten ein wichtiger Teil der Lebensgestaltung für viele Menschen gerade in Sachsen. Das ist schon gesagt worden. Sie bieten Möglichkeiten zum Erholen, zum Abschalten, zu sozialen Kontakten. Sie erfüllen wichtige Ausgleichsfunktionen in sozialer, aber auch in ökologischer Hinsicht. Gerade in Großstädten und Ballungsräumen sind diese Kleingärten für viele Menschen von ganz besonderer Bedeutung.

Trotzdem – das haben wir schon mehrfach gesagt – können wir diesem Gesetzentwurf in der Form, wie er vorgelegt worden ist, nicht zustimmen. Lassen Sie mich hier einige Kritikpunkte darlegen.

Da ist zum einen die Frage der Verfassungsänderung. Wir sind nicht der Auffassung, dass wir die Aufnahme des Kleingartenwesens und dessen Förderung als Staatszielbestimmung in die Verfassung unbedingt brauchen, um die hier anstehenden Probleme zu lösen, denn es gibt vergleichbare wichtige Probleme, die nicht mit Verfassungsrang ausgestaltet werden.

Das Kleingartenwesen und die Bodenordnung sind Teil der Sozialbindung des Eigentums. Das bedarf keiner verfassungsrechtlichen Klärung. Fragen städtebaulicher Art, zur Bodenordnung und Bodennutzung lassen sich durch Arbeiten des einfachen Gesetzgebers lösen. Da bedarf es keiner Verfassungsänderung.

Gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Bitte, Herr Bartl.

Herr Kollege Dr. Martens, ich gehe davon aus, dass Sie das Protokoll der Anhörung zum 3. Sächsischen Landtag gelesen haben. Dort hat Dr. Mainczyk auf die Frage, ob es eine Möglichkeit gibt, diesen sonderrechtlichen Schutz für das Kleingartenwesen unterhalb der verfassungsmäßigen Verankerung von Verbandsklagerecht etc. bei Naturschutzverbänden zu installieren, geantwortet, dass dies verfassungsrecht

lich bedenklich wäre. Geben Sie mir darin Recht, dass unser eigener Juristischer Dienst gesagt hat, dass die Verankerung derartig großer Personengruppen aus den genannten Gründen – der besonderen Rolle, Gemeinnutzfunktion etc. – heraus in der Verfassung systemgerecht ist?

Herr Kollege Bartl, die Anhörung des Ausschusses, die dazu in der letzten Legislatur stattgefunden hat, ist mir bekannt. Es ist zweifellos so, dass es zulässig wäre, eine solche Verfassungsänderung vorzunehmen. Aber – das habe ich auch dargestellt – es erscheint nicht geboten. Das haben andere Sachverständige klar gemacht. Wir glauben auch, dass der Gesetzgeber, insbesondere der Verfassungsgesetzgeber, sich hier zurückhalten sollte, Staatszielbestimmungen unnötig auszuweiten, wenn man das von Ihnen verfolgte Ziel gesetzgeberisch auf andere Weise durch Arbeit des einfachen Gesetzgebers erreichen kann, wie etliche andere Sachverständige in der Anhörung auch zu Protokoll gegeben haben. Es geht nicht um die Frage der schlichten Zulässigkeit oder Unzulässigkeit der Verfassungsänderung, sondern um die verfassungspolitische Frage, ob es geboten ist und – jetzt komme ich wieder zu meinem Beitrag – ob es aus unserer Sicht erforderlich ist, dies zu tun. Das haben wir verneint. Ein weiterer Punkt, der uns kritisch erscheint, ist die Einführung des Verbandsklagerechts. Wir haben grundsätzlich Probleme damit, Verbandsklagerechte einzuführen. Angesichts der Prinzipien des Individualrechtsschutzes in Einzelfällen erlaubt natürlich § 42 VwGO auch Verbandsklagemöglichkeiten und Beteiligungsmöglichkeiten. Aber wir haben jetzt bereits die Möglichkeit, in den Kommunen Beiräte zu bilden. Würden wir dies mit einem weiteren Verbandsklagerecht verankern, würde das zu einer nicht mehr klar überschaubaren Weite der Verbandsklagerechte führen. Deswegen lehnen wir das ab.

Ein anderes Problem, das ich ganz kurz ansprechen möchte, sehen wir in der Änderung des Kommunalabgabengesetzes, die Sie beabsichtigen. Das erscheint uns in der Tat als ein Systembruch, der als wirklich offensichtlicher Sondervorteil isoliert für Kleingartenanlagen so nicht geboten ist.

Meine Damen und Herren! Das Kommunalabgabenrecht bietet einzelfallbezogene Stundungsmöglichkeiten, die den Kleingärtnern zugute kommen können. Eine grundsätzliche gesetzliche Stundung halten wir nicht für sachgerecht. Es gibt beispielsweise in § 127 Baugesetzbuch die vorgesehene Stundung von Erschließungsbeiträgen für landwirtschaftliche Grundstücke und andere Grundstücke. Dort mangelt es an dem laut Gesetzgeber tatsächlichen Erschließungsvorteil, weshalb die Stundung dort vorgesehen ist.

Anders im Kommunalabgabenrecht und bei den Kleingärten. Dort haben wir einen konkreten Erschließungsvorteil, der auch grundsätzlich nach unserer Ansicht beitragspflichtig bleiben sollte. Wo Einzelfallentscheidungen notwendig sind, um hiervon abzuweichen, bieten die rechtlichen Instrumentarien und die Möglichkeiten der Stundung nach Kommunalabgabengesetz auch nach unserer Auffassung sachgerechte Lösungsmöglichkeiten,

so dass auch die gesetzliche Stundung wieder nicht notwendig ist.

Ich glaube, dass der Gesetzentwurf gut gemeint ist. Er betrifft einen wichtigen Gegenstand. Aber es wird hier meines Erachtens zu viel und überreguliert. Das halten wir, wie gesagt, nicht für notwendig.

(Beifall bei der FDP)

Die Fraktion der GRÜNEN, bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Damen und Herren! In der uns verbliebenen einen Minute Redezeit möchte ich Ihnen in aller Kürze unsere Position zum Kleingartengesetz rüberbringen. Als Sachsen, die in der Heimat des bereits erwähnten Daniel Gottlob Moritz Schreber, des Namensgebers der Schrebergärten, leben und als GRÜNEN-Fraktion fühlen wir uns gleich doppelt mit den sächsischen Kleingärtnern verbunden. Ich muss allerdings sagen, dass in den vielen Diskussionen, die wir mit Kleingärtnern hatten, mit einzelnen Kleingärtnern, mit Vertretern der Vereine und denen der Verbände, in auffallender Weise niemals an uns das Anliegen herangetragen worden ist, das Kleingartenwesen in die Sächsische Verfassung aufzunehmen.