Protocol of the Session on June 23, 2005

Wir sind der Meinung, es wäre gut, wenn es das Thema der heutigen Debatte „Gleiche Rechte für alle Formen der Partnerschaft“ gar nicht geben müsste. Deshalb fordern wir in letzter Konsequenz gleiche Rechte für alle Lebensweisen. Lassen Sie uns heute gemeinsam darauf hinwirken, dass die unmittelbare Ungleichbehandlung abgeschafft wird, aber perspektivisch gleiche Rechte für alle Lebensweisen hergestellt werden, dann hätten wir keinen Anlass mehr für eine solche Debatte.

(Beifall bei der PDS, den GRÜNEN und der FDP)

Wird von den Fraktionen noch das Wort gewünscht? – Bitte, Herr Leichsenring.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich gebe zu, dass ich nach der letzten Plenarwoche etwas schlecht geschlafen hatte, weil Sie, Herr Präsident, mir in Ihrer strengen Art einen Ordnungsruf erteilt hatten. Ich versuche heute, das zu umgehen. Ich werde mich an sehr berühmte Bücher halten, so dass ich nur Zitate bringen muss. Beim Lesen des Antrages zur Aktuellen Debatte habe ich mir gedacht, diese Probleme möchte ich haben. Die GRÜNEN scheinen gar nicht zu wissen, was draußen im Land los ist. Viele Leute haben Schwierigkeiten, ihren Lebensunterhalt zu verdienen. Es herrscht allenthalben Arbeitslosigkeit, Sozialabbau, wo man hinschaut. Der Mittelstand geht wegen Ihres EU-Wahnsinns den Bach hinunter und Sie haben nichts anderes zu tun als ein Problem zu thematisieren, dass das Schließen einer unnormalen Ehe, wie die CDU-Fraktion es benennt, sanktioniert werden soll.

Sie brauchen keine Angst zu haben, meine Damen und Herren von den GRÜNEN. Die CDU-Fraktion wird zurückrudern, denn schließlich habe ich Bilder vom Christopher Street Day in Berlin gesehen, wo die CDU sogar einen eigenen Wagen hatte, als wüsste sie nicht, was in der Bibel steht. Die müsste für sie doch auch Gesetz sein. Dort steht drin: „Eine Frau soll nicht Männertracht tragen und ein Mann soll nicht Frauenkleider tragen, denn ein Gräuel ist dem Herrn, Deinem Gott, ein jeder, der solches tut.“ Fünftes Buch Moses, falls Sie noch einmal nachlesen wollen. Es wird mir erlaubt sein, nachdem Prof. Milbradt schon einmal Dr. Goebbels zitiert hat, die Bibel zu zitieren.

Erinnern wir uns, was noch in der Bibel steht: „Wenn einer bei einem Manne liegt, wie man bei einem Weibe liegt, so haben beide ein Gräuel verübt. Sie sollten getötet werden. Ihr Blut komme über sie.“ Drittes Buch Moses. Das sind die Bücher, die Sie so lesen. Ich bin kein Christ. Deswegen erlaube ich mir, das hier zu sagen.

Abschließend, weil dann meine Redezeit zu Ende ist, habe ich mir auch den Koran angeschaut. Das ist ja auch Ihre Klientel bzw. wird von den GRÜNEN so gerne vertreten. „Wollt Ihr Euch denn mit Menschen männlichen Geschlechts abgeben und darüber vernachlässigen, was Euer Herr Euch mit Euren Gattinnen geschaffen hat? Nein, Ihr seid verbrecherische Leute.“ – Das sagen also die großen Weltreligionen dazu.

Wie gesagt, was hinter den Wohnungstüren passiert, ist mir vollkommen egal, aber wenn sich der Herr Wirtschaftsminister schon in der Zeitung entschuldigen muss, dass er heterosexuell ist – so steht es im gestrigen „Pressespiegel“ des Landtages –, dann haben wir einen Zustand erreicht, den wir Nationaldemokraten so nicht haben wollen.

In diesem Sinne danke ich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der NPD)

Wird von den Fraktionen weiter das Wort gewünscht? – Frau Lay, bitte.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Redebeitrag von Herrn

Leichsenring und auch die Tatsache, dass Herr Gansel meine Zwischenfrage nicht zulassen wollte, provozieren mich, doch noch einmal das Wort zu ergreifen. Herr Leichsenring, ja, mir ist es auch egal, was hinter verschlossenen Türen passiert. Mir ist es auch egal, was in der Öffentlichkeit passiert.

(Uwe Leichsenring, NPD: Das ist nicht egal!)

Mir ist nicht egal, dass Sie in der Öffentlichkeit Ihre braune Soße darbieten können. Das ist mir tatsächlich nicht egal. Das ist mir peinlich und ich schäme mich dafür, dass Sie die Gelegenheit haben, das hier darbieten zu können.

Herr Gansel, sie sprachen vorhin von einer produktiven Lebensgemeinschaft. Der Kollege von der FDP-Fraktion hat schon sehr richtig gesagt, dass man eine Familie nicht darauf reduzieren kann, ob sie fortpflanzungsfähig ist. Ich möchte Sie ganz konkret fragen, wie ich Sie zu verstehen habe. Ihrer Logik entsprechend müssten Sie heterosexuellen unfruchtbaren Paaren das Recht auf Eheschließung absprechen. Es ist doch wirklich komplett absurd, das Recht auf Eheschließung an Fortpflanzung und Reproduktion zu binden. Familie, meine Damen und Herren, ist dort, wo Nähe ist, und sie ist nicht dort, wo die NPD eine „Produktionsgemeinschaft“ sieht.

(Beifall bei der PDS, der SPD, der FDP und den GRÜNEN)

Dass Sie, Herr Leichsenring, die Dreistigkeit und Frechheit besitzen, in einer Aktuellen Debatte, wo es um die Gleichstellung von Lesben und Schwulen geht, wo es um das Diskriminierungsverbot geht – und auch als Angehöriger einer Partei, die sich bislang vom Nationalsozialismus nicht wirklich distanziert hat –, Stellen aus der Bibel zu zitieren, in denen es um das Töten von homosexuellen Menschen geht, ist wirklich eine Ungeheuerlichkeit, und ich erwarte von Ihnen, dass Sie sich entschuldigen und das zurücknehmen!

(Beifall bei der PDS – Uwe Leichsenring, NPD: Ich brauche mich nicht für die Bibel entschuldigen! Ich habe sie nicht geschrieben.)

Ein Letztes an Ihre Adresse, Herr Gansel. Wenn diese verklemmte Position, die Sie hier vorgetragen haben, die deutsche heterosexuelle Leitkultur ist, dann bin ich froh, einer Parallelgesellschaft anzugehören. Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der PDS)

Wird weiter das Wort gewünscht? – Herr Dr. Hähle, bitte.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir haben uns bewusst an dieser Debatte nicht beteiligt. Es gibt in der CDU die gute Bindung an jahrtausendealte Traditionen. Wir sehen andererseits auch die Notwendigkeit, von Diskriminierungen Abstand zu nehmen, im Gegenteil, Diskriminierungen zu verhindern. Wir stehen auf dem Standpunkt, dass natürlich jeder nach seinen Neigungen leben und Partnerschaften eingehen kann, ohne dass das der Staat vor

schreibt. Wir wollen nicht, dass die Ergebnisse dieses Lebens auch noch vom Staat sanktioniert werden.

(Beifall bei der CDU)

Darum sind wir nach wie vor dafür, dass Ehe und Familie unter dem besonderen Schutz der staatlichen Ordnung stehen. Vielen Dank. (Beifall bei der CDU)

Gibt es weiteren Redebedarf bei den Fraktionen? – Das ist nicht der Fall. Dann bitte ich die Staatsregierung. Herr Minister Mackenroth, bitte.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Gestatten Sie mir eine Vorbemerkung zu den rückwärts gewandten braunen Tiraden, die wir eben hören mussten. Es ist gut so, dass unser Gemeinwesen nicht von dem „gesunden Volksempfinden“ bestimmt wird, nicht von dem, was Herr Leichsenring für normal hält, sondern ausschließlich von Recht und Gesetz.

(Beifall bei der CDU, der PDS, der SPD, der FDP und den GRÜNEN)

Ob es uns gefällt oder nicht: Recht und Gesetz sind im Wesentlichen Minderheitenschutz. Wir sind alle irgendwo in irgendeiner Beziehung Minderheiten und deswegen ist es gut und richtig und zeigt den Stand einer Kultur des Rechts, dass und wie weit Minderheiten bei uns geschützt werden. Das ist ein Sachverhalt, auf den ich vorab hinweisen möchte. Jetzt zur Sache: Es liegt im Wesentlichen in der Kompetenz des Bundesgesetzgebers zu entscheiden, ob und inwiefern gleichgeschlechtliche Lebenspartnerschaften der Ehe angeglichen werden können. Aufgabe der Bundesländer ist es sodann, die bundesgesetzlichen Regelungen zu vollziehen. Von dieser Kompetenz hat der Bundesgesetzgeber wiederholt Gebrauch gemacht. Mit dem Gesetz zur Beendigung der Diskriminierung gleichgeschlechtlicher Lebenspartnerschaften vom 16. Februar 2001 hat er einen eigenen Personenstand der Lebenspartnerschaft eingeführt. Dieses Gesetz ist zwischenzeitlich mehrere Male geändert worden. Mit dem Gesetz zur Sicherung des zivilrechtlichen Schutzes bei Gewalttaten und Nachstellungen sowie zur Erleichterung der Überlassung der Ehewohnung vom 11. Dezember 2001 wurden die Regelungen zur Wohnungszuweisung bei getrennt lebenden Lebenspartnern überarbeitet. Das Gesetz zur Ergänzung oder Änderung des Lebenspartnerschaftsrechtes vom 15. Dezember 2004 hat das Recht der Lebenspartnerschaft weitgehend an das Recht der Ehe angeglichen. Zuletzt wurde mit dem Gesetz zur Änderung des Ehe- und Lebenspartnerschaftsnamensrechtes vom 6. Februar 2005 bestimmt, dass etwa auch der Lebenspartner, dessen Name nicht Lebenspartnerschaftsname wird, durch Erklärung seinen Geburtsnamen dem Lebenspartnerschaftsnamen voranstellen oder anfügen kann. Auf landesgesetzlicher Ebene waren infolge des Bundesrechtes zahlreiche Vollzugsvorschriften zu erlassen. Ich

verweise hierzu auf die Antwort meines Kollegen Dr. de Maizière auf die Kleine Anfrage der Abg. Frau Höll und Frau Lay von der PDS-Fraktion vom 27. April dieses Jahres, in der die betreffenden Rechts- und Verwaltungsvorschriften des Freistaats benannt wurden.

Meine Damen und Herren, derzeit berät der Sächsische Landtag den Entwurf der FDP-Fraktion für ein Gesetz zur Ausführung des Lebenspartnerschaftsgesetzes. Dieser Entwurf sieht unter anderem vor, dass in Sachsen für die Begründung einer Lebenspartnerschaft die Standesbeamten zuständig sein sollen. Dies entspricht der Praxis in anderen Bundesländern. Der Gesetzentwurf trifft detaillierte Regelungen zum Verwaltungsverfahren, enthält eine Änderung des Kostenverzeichnisses und hebt die Verordnung des SMI zur Regelung der Zuständigkeit nach dem Lebenspartnerschaftsgesetz aus dem Jahre 2001 auf, mit der die Regierungspräsidien zur Mitwirkung bei der Begründung der Lebenspartnerschaft zuständig wurden.

Auch wenn die Regierungspräsidien ihre Aufgaben bisher reibungslos wahrnehmen, unterstützt die Staatsregierung doch das Vorhaben der FDP-Fraktion, dass sich gleichgeschlechtliche Paare künftig vor den Standesbeamten verpartnern lassen können. Dies entspricht der Vereinbarung im Koalitionsvertrag zwischen CDU und SPD.

Dessen ungeachtet hält die Staatsregierung mit den Fraktionen von CDU und SPD den Gesetzentwurf der FDPFraktion in einigen Punkten für verbesserungswürdig. Drei will ich nennen.

Der Änderungsantrag trägt insbesondere dem Gedanken der Deregulierung Rechnung. Die Verfahrensregelungen werden auf das notwendige Maß zurückgefahren und ergeben so ein schlankes und leicht handhabbares Gesetz. Ferner nutzt der Änderungsantrag die Gelegenheit, die bereits erwähnten, in den Jahren 2004 und 2005 in Kraft getretenen Gesetzesänderungen einzuarbeiten. So wird die Zuständigkeit für die Namenserteilung für ein Kind durch den sorgeberechtigten Elternteil und seinen Lebenspartner ebenso geregelt wie die Zuständigkeit nach der Übergangsvorschrift für die Erklärung zum Lebenspartnerschaftsnamen.

Zentraler Debattenpunkt – ich weiß nicht, ob das der Dimension des Problems angemessen ist – ist allerdings die Gebührenfrage. Gegen das Gebührenmodell im FDPEntwurf spricht, dass diese Gebühren nicht kostendeckend wären. Auf die Gefahr einer finanziellen Mehrbelastung der Gemeinden hat der SSGT ausdrücklich hingewiesen. Seine Befürchtung ist durchaus nicht von der Hand zu weisen. Die Erfahrungen der Regierungspräsidien mit dem bisherigen Verfahren haben gezeigt, dass die derzeit erhobenen Gebühren nicht annähernd kostendeckend sind. Für einen solchen Fall schreibt Artikel 85 Abs. 2 der Sächsischen Verfassung zwingend einen Mehrbelastungsausgleich vor. Wenn der Ausgleich, wie vorliegend beabsichtigt, über Gebühren und nicht über Zuweisungen nach dem Finanzausgleichsgesetz erfolgen soll, so müssen die Gebühren, wenn denn der Landesgesetzgeber sie festlegt, von Verfassungs wegen kostendeckend sein.

Ich halte es vor diesem Hintergrund für eine kluge Alternative, die Regelungen zu den Kosten im Gesetzent

wurf völlig zu streichen. Dann läge es nämlich in den Händen der Gemeinden, in ihren Kostensatzungen festzulegen, in welcher Höhe der Standesbeamte kassieren darf.

Gestatten Sie eine Zwischenfrage, Herr Minister?

Selbstverständlich.

Bitte, Herr Lichdi.

Vielen Dank, Herr Staatsminister! Können Sie mir und dem Hause mitteilen, ob die Gebühren für die Eheschließung kostendeckend sind?

Die Gebühren für die Eheschließung sind nach meiner Kenntnis ebenfalls nicht kostendeckend.

Vielen Dank.

Wenn also die Gemeinden in ihren Kostensatzungen festlegen, in welcher Höhe der Standesbeamte kassieren darf, dann wäre dies zulässig, weil es sich bei der auf den Standesbeamten übertragenen Aufgabe um eine weisungsfreie Pflichtaufgabe handelt, für die die Gemeinden nach dem Verwaltungskostengesetz selbstständig Gebühren festsetzen dürfen. Dieser Vorschlag stärkt zudem die kommunale Selbstverwaltung.

(Vereinzelt Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren, auf dem Gebiet gleicher Rechte für gleichgeschlechtliche Lebenspartnerschaften hat sich viel getan. Gleichgeschlechtliche Paare sind auch im Bereich der Familienförderung und der Familienhil

fen gleichberechtigt. Paare und Erziehende können Leistungen und Angebote unabhängig von ihrer sexuellen Orientierung in Anspruch nehmen. Hierfür bedarf es keiner differenzierenden Regelung für hetero- oder homosexuelle Paare und Erziehende. Gerade darin drückt sich die erreichte Gleichberechtigung aus.

Sicher lässt sich Gleichberechtigung nicht auf allen Gebieten erreichen. So stünde eine steuerrechtliche Gleichstellung von Lebenspartnerschaft und Ehe verfassungsrechtlich auf außerordentlich dünnem Eis. Die für eheliche Gemeinschaften geltenden steuerlichen Regelungen beruhen eben auf dem grundgesetzlich normierten besonderen Schutz von Ehe und Familie. Sie sind deshalb jedenfalls nicht ohne weiteres auf die Lebensgemeinschaften übertragbar.