Die Zahlen, die Sie so zitiert haben, wie sie in der Vorlage stehen, sind korrekt. Das ist die Dramatik, die wir Ihnen aufgezeigt haben. Es geht im Jahr um 250.000 Flugbewegungen mehr. Bisher waren Rheinhessen und Mainz nur bei Ostwind betroffen gewesen. Nach der jetzigen Planung der Deutschen Flugsicherung wird das künftig auch bei Westwind der Fall sein. Das gibt diese dramatischen Mehrbelastungen. Deswegen ist es wichtig, dass wir tätig werden.
Ich halte es deswegen für einen Skandal, dass man am Nachtflugverbot nicht festhält; denn die Akzeptanz des
Ausbaus, auch die vom Grunde her positive Stellungnahme des Landes, war an die Zusage geknüpft, dass das Nachtflugverbot eingehalten wird.
Ohne Nachtflugverbot ist diese Lärmbelästigung für die Menschen im Rhein-Main-Gebiet und in Rheinhessen unzumutbar und nicht akzeptabel.
Herr Minister, mit der neuen geplanten Südroute sind Gemeinden betroffen, die bislang überhaupt noch nicht von Fluglärm betroffen waren, so beispielsweise Guntersblum, Gau-Odernheim oder Wörrstadt.
Ich frage Sie: Wissen Sie, wie der Flughafen Frankfurt diese Gemeinden über das informieren will, was auf sie zukommt?
Zweite Frage: Welche Möglichkeit haben die Kommunen selbst, gegen diese geplante Flugroutenänderung und den damit folgenden Einschnitt in der Lebensqualität und auch Wertminderung der Grundstücke vorzugehen?
Wir halten die Art und Weise, wie informiert wird und wie betroffene Kommunen auch eingebunden werden, bei Weitem nicht für ausreichend, weil Kommunen nicht so aktiv darüber informiert wurden, welche dramatische Belastung zukünftig auf sie zukommen wird.
Wir haben auch die Entscheidung getroffen, ein Gutachten in Auftrag zu geben, weil ein gewisses gesundes Misstrauen angebracht ist. Wir haben zur Kenntnis nehmen müssen, dass auch die Landesregierung Rheinland-Pfalz, die gemeinsam mit Hessen in dem Projektflughafen Hahn eingestiegen ist, im Vertrauen auf die Zusage überprüfen will, ob die vorgeschlagenen Flugrouten wirklich diejenigen sind, die technisch die einzigen und nach den Vorschriften möglich sind, oder ob sie ausgewählt worden sind, um eventuell Belastungen in anderen Regionen zu vermindern. Das werden wir untersuchen, ob es also Alternativen gibt. Wir werden dann die sehr kritische Frage stellen, warum diese Alternativen nicht genutzt wurden.
Zur Frage der rechtlichen Möglichkeiten möchte ich feststellen, bisher sind die Flugrouten nicht im Planfeststellungsbeschluss geregelt. Die Festsetzung erfolgt durch das Bundesaufsichtsamt (BAF). Im Einvernehmen mit dem Bundesumweltamt werden sie dann als Rechtsverordnung festgelegt. Erst dann bestehen Möglichkeiten, rechtlich dagegen vorzugehen. Zum jetzigen Zeitpunkt gibt es solche Möglichkeiten nicht.
Herr Minister, die Landesregierung strebt die Mitarbeit in der Fluglärmkommission an. Welche Aussichten für die Mitarbeit sehen Sie? In welchem Zeitrahmen wird das noch Einfluss auf die jetzt anstehenden Entscheidungen nehmen können?
Der Vorsitzende der Fluglärmkommission war auch Teilnehmer einer Sendung des SWR. Er hat die Zusage gemacht, wenn ein Gutachten der Landesregierung Rheinland-Pfalz, das von ihm ausdrücklich begrüßt wurde, vorliegt, wird sich die Fluglärmkommission damit beschäftigen.
Wir werden als Landesregierung Rheinland-Pfalz an die hessische Landesregierung den Wunsch herantragen, in die Fluglärmkommission aufgenommen zu werden. Ich würde es schon als sehr bedenklich betrachten, wenn wir die Antwort von der hessischen Landesregierung bekämen, wir dürften nicht Mitglied der Fluglärmkommission werden. Das würde ich für sehr bemerkenswert halten und würde dann auch Worte finden, das zu kommentieren. Dann würden wir auch hier beraten, wie wir mit einer solchen Antwort umgehen würden.
Ich gehe davon aus, sie werden uns selbstverständlich in die Fluglärmkommission aufnehmen und keine Bedenken dagegen haben, dass das, was dort erarbeitet wurde, von Gutachtern überprüft wird. Wir werden das in den nächsten ein bis zwei Wochen klären.
Herr Minister, in den letzten Jahren gab es einige Bürgerinitiativen. Ganz aktuell hat sich auch eine Fluglärminitiative Rheinhessen gegründet. Wie beurteilen Sie diese Bürgerinitiativen? Gab es auch bereits Kontakte und Gespräche zur Landesregierung?
Es gibt Kontakte der Bürgerinitiativen mit der Landesregierung. Herr Staatssekretär Schweitzer hat auch kürzlich mit diesen ein Gespräch geführt. Wir werden selbstverständlich den Dialog mit den Bürgerinitiativen fortführen und die wertvolle Arbeit, die dort geleistet wird, aufnehmen. Dort ist mittlerweile ein hoher Sachverstand vorhanden.
Es gibt in den Bürgerinitiativen natürlich eine tiefe Enttäuschung und Misstrauen, weil man sich vom Flughafen und insbesondere von der hessischen Landesregierung hereingelegt fühlt und Wortbruch begangen wurde, weil das Nachtflugverbot nicht eingehalten wird. Es gibt große Ängste bei der Bevölkerung in Rheinhessen und Mainz, was an Belastungen auf sie zukommt.
Herr Minister, welche konkreten Schritte haben Sie bisher gegenüber der hessischen Landesregierung unternommen, das heißt, wie viele Gespräche haben Sie bzw. der Ministerpräsident mit dem hessischen Ministerpräsidenten geführt? Was gab es für Schreiben usw., um zu erreichen, dass es unter anderem mögliche Routenverlegungen gibt?
Es gibt verschiedene Gespräche mit der hessischen Landesregierung zu dieser Thematik. Sie wissen, dort gibt es eine klare Positionierung, und zwar der hessischen Landesregierung, des derzeitigen Ministerpräsidenten Koch – das möchte ich ausführen – und des Koalitionspartners bezüglich des Nachtflugverbotes.
Frau Schäfer, ich bin gespannt, wie die Rückäußerung von Ihrer Seite aussieht. Wir hatten im September 2009 eine Debatte im Landtag über das Nachtflugverbot gehabt. Ich habe die übereinstimmende Auffassung der Fraktionen zur Kenntnis genommen, dass wir dafür sind, dass das Nachtflugverbot eingehalten wird. Wir haben damals über gemeinsame Gespräche zwischen der Sozialdemokratischen Partei in Rheinland-Pfalz mit Hessen berichtet. Wir hatten gebeten bzw. aufgefordert, Ihrerseits Gespräche mit Ihren Kollegen in Hessen zu führen. Wir haben von Ihnen noch keine Rückäußerung bekommen, wie die Gespräche verlaufen sind. Wir hoffen, dass Sie dort in der Lage sind, Ihre Kollegen zu bewegen, zu ihren Zusagen zu kommen, um von einem Wortbruch Abstand zu nehmen. Ich hoffe, Sie werden dort mehr Erfolg haben als wir. Wir waren leider nicht erfolgreich gewesen, die CDU Hessen von ihrem Wortbruch abzubringen.
Herr Minister, hat es Initiativen und Angebote vom Flughafen Hahn an den Flughafen Frankfurt gegeben, im
Bereich des Kontingents von Nachtflügen, das am Hahn zur Verfügung steht, Flüge zu übernehmen und auf diese Art und Weise dem Flughafen Frankfurt die Möglichkeit zu bieten, auf die jetzt offensichtlich geplanten Nachtflüge, die die ganze Region terrorisieren würden, zu verzichten?
Es gibt eine Vielzahl von Angeboten des Flughafens Frankfurt-Hahn an den Flughafen Frankfurt/Main, Nachtflugkontingente zu übernehmen. Man muss berücksichtigen, dass das Land Hessen 20 Millionen Euro in den Flughafen Hahn investiert hat. Sie haben eine Flughafenkooperation mit dieser Zielsetzung vereinbart. Die damalige erklärte Absicht bzw. die Zusage des Landes Hessen war, nach dem Ausbau sollen nachts keine Flüge mehr am Flughafen Frankfurt/Main im Interesse der Menschen vorgenommen werden. Dafür wird dann zum Teil der Flughafen Frankfurt-Hahn genutzt. Das war der eigentliche Grund der Zusammenarbeit der Länder für den Flughafen Frankfurt-Hahn.
Wir haben in einem Gutachten nachgewiesen, dass der Flughafen in Auftrag gegeben hat, dass Nachtflüge ohne wirtschaftlichen Schaden von Frankfurt nach Hahn verlagert werden können. Das geht ohne finanzielle Belastung der Airlines und ohne, dass Arbeitsplätze verloren gehen. Ihre Frage kann man mit einem klaren Ja beantworten, es gibt ständig diese Angebote, dass wir bereit sind, ein gewisses Kontingent an Nachtflügen zu übernehmen. Das erbringt für den Flughafen Hahn Vorteile. Dort kann ein weiteres Wachstum stattfinden. Das ist immer in der Zukunftskonzeption des Flughafens Frankfurt-Hahn enthalten gewesen. Wir sind ein bisschen enttäuscht, weil es ein Wortbruch ist gegenüber den Zusagen für den Flughafen Frankfurt-Hahn.
Herr Minister, im Koalitionsvertrag der schwarz-gelben Bundesregierung steht, dass das Luftverkehrsgesetz, insbesondere § 29 b, zugunsten wirtschaftlicher Interessen geändert werden soll. Sie sind kurz darauf eingegangen. Heißt das, dass dieser Gesetzentwurf im Bundesrat zustimmungspflichtig ist? Wie schätzen Sie die Zustimmung im Bundesrat ein? Wie wird sich RheinlandPfalz dabei verhalten? Wäre die Konsequenz, wenn die Änderung durchgeht, dass dann generell bundesweit Nachtflugverbote gestrichen werden könnten?
Wir gehen davon aus, dass dies ein zustimmungspflichtiges Gesetz ist. Wir werden ein solches Vorhaben im Bundesrat ablehnen. Ich würde das auch für die Steige
rung des Wortbruches halten; denn die Nachtflugverbote wurden im Planfeststellungsbeschluss mit folgender Begründung der hessischen Landesregierung geregelt: Ihr sei es rechtlich nicht möglich, ein komplettes Nachtflugverbot zu regeln. – Das war die Begründung der hessischen Landesregierung.
Wir haben nunmehr die Entscheidung des höchsten hessischen Verwaltungsgerichtes mit der Aussage, ein Nachtflugverbot muss geregelt werden. Also, diese Ausrede, sie sei verpflichtet, Nachtflüge zuzulassen, ist vom Hessischen Verwaltungsgerichtshof nicht geteilt worden. Das Gegenteil ist der Fall. Sie sagen, es muss ein Nachtflugverbot kommen.
Wer jetzt hergeht und sagt, wir ändern dann das Gesetz, das dem zugrunde liegt, um wieder Nachtflüge zu erlauben, dann würde ich das als die Steigerung des Wortbruches erachten. Das Zutrauen zur Bundesregierung ist aufgrund ihres Verhaltens der ersten acht Monate nicht sehr groß. Ich hoffe jedoch, sie lässt sich nicht zum Instrument eines solchen Wortbruches machen.
Herr Minister, ist Ihnen bekannt, ob Prüfungen stattfinden, in welchem Maß auch andere Anflugtechniken, also Gleitflug oder Ähnliches, oder andere Höhen im Anflug möglich sind?
Dies wird derzeit überprüft. Ich gehe davon aus, dass die Ankündigungen des Vorstandsvorsitzenden der Fraport und des regionalen Dialogforums, Vorschläge am 29. Juni zu veröffentlichen, in diese Richtung gehen. Mit Änderung der Anflughöhen kann eine deutliche Reduzierung erreicht werden. Ein Modell hierfür ist das, was bei anderen Flughäfen, zum Beispiel in London Heathrow, ermöglicht wurde. Da hat man deutliche Reduzierungen erreicht. Dies wurde allerdings von Fraport bezüglich der Belastungen und der Einschränkung der Kapazitäten abgelehnt.
Die Regelung erfolgte in Form einer Rechtsverordnung und den dann möglichen Rechtsmitteln. Das werden wir parallel zu dem Gutachten, das wir jetzt bezüglich der Flugrouten erstellen lassen, prüfen. Das wird Gegen- stand des Abwägungsprozesses für die Rechtsverordnungen sein müssen. Wir sind derzeit dabei zu prüfen, welche rechtlichen Möglichkeiten wir bzw. Kommunen haben, um gegen eine solche Rechtsverordnung vorzugehen bzw. was ein sinnvolles Vorgehen ist. Dazu finden Gespräche in der Region statt.
Ich rufe die Mündliche Anfrage der Abgeordneten Christian Baldauf und Hans-Josef Bracht (CDU), Informationsverhalten der Landesregierung zum Bericht des Landesrechnungshofs – Nummer 6 der Drucksache 4731 – betreffend, auf.