Protocol of the Session on April 29, 2010

So weit zur Beantwortung der Anfrage.

(Beifall bei der SPD)

Gibt es Zusatzfragen? –

Herr Kollege Licht hat eine Zusatzfrage.

Herr Minister, Sie haben eben noch einmal ausgeführt, dass es zu Verstößen gekommen ist. Können Sie die Größenordnung und die Anzahl der Fälle schildern?

Das ist in einem Volumen geschehen, das sich über den Betrag von 5 Millionen Euro hinaus bewegt bezüglich dieser Einzelvergaben, die ich genannt habe, die aus Zeitgründen – so die Begründung der Nürburgring GmbH, die aber nicht nach VOB möglich ist – zur Fristverkürzung zur Fertigstellung des Bauwerkes vergeben wurden. Das ist hier in der Plenarsitzung zugestanden.

Wenn Sie eine Aufschlüsselung der einzelnen Gewerke haben wollen, sind wir gern bereit, das in einer der nächsten Sitzungen des Ausschusses für Wirtschaft und Verkehr im vertraulichen Teil entsprechend mitzuteilen.

(Licht, CDU: Dann bitte ich darum!)

Eine Zusatzfrage des Kollegen Baldauf.

Herr Wirtschaftsminister, wie hoch sind die Beträge der von Ihnen ausgeführten freihändigen Vergabe durch die Nürburgring GmbH? Welches Volumen hatten sie?

Wenn ich die zweite Frage gleich anschließend darf: Welche Maßstäbe sind an das jeweils wirtschaftlichste Angebot angesetzt worden, also was steckt hinter dem Begriff „wirtschaftlichst“?

(Pörksen, SPD: Das steht in der VOB!)

Das weiß ich auch.

Das ist entsprechend in der VOB geregelt. Aussage der Nürburgring GmbH ist, dass strikt nach den Vorgaben der VOB gehandelt worden ist. Sie wissen, das ist nicht zwingend das von dem Zahlenwerk geringste Angebot, sondern das kann auch von dem Auftragsvolumen her ein höheres sein, wenn die Gesamtabwägungen – Mängel, Gewährleistung und anderes – dafür sprechen, dass ein anderes das wirtschaftlichste Angebot ist.

Nach diesen Kriterien ist verfahren worden. Auch hierzu bin ich bereit, in einer der nächsten Sitzungen des Ausschusses für Wirtschaft und Verkehr zu berichten, wie hoch genau das Auftragsvolumen war, welche Aufträge es umfasst, in welchen Fällen Einzelvergaben vorgenommen worden sind und in welchen Fällen aus Termingründen von einer Ausschreibung Abstand genommen wurde. Wie schon erwähnt, handelt es sich dabei um Ausschreibungsfehler. Ich bin gerne bereit, Ihnen eine entsprechende Auflistung in einer Sitzung des Ausschusses für Wirtschaft und Verkehr zu geben.

Ich erteile Herrn Kollegen Licht für eine Zusatzfrage das Wort.

Herr Minister, Sie haben uns Zusagen gegeben. Deshalb will ich auf diese Dinge gar nicht mehr eingehen. Das werden wir dann im Ausschuss für Wirtschaft und Verkehr nachfragen oder nachbesprechen.

Ich habe aber noch eine andere Frage. Ist Ihnen bekannt, und wenn ja, zu welchen Fällen, ob sich Auftragnehmer an der Erarbeitung von Ausschreibungen beteiligt haben?

Aus eigener Kenntnis ist mir nicht bewusst, ob sich Auftragnehmer an der Erstellung von Ausschreibungsunterlagen beteiligt haben. Ich will aber gerne diesen Hinweis

aufgreifen und die Frage an die Nürburgring GmbH und deren Geschäftsführung stellen.

Es folgt eine Zusatzfrage des Herrn Kollegen Baldauf.

Ab wann wurden diese freihändigen Vergaben vorgenommen? Wenn ich Sie richtig verstanden habe, hatten Sie das mit Termindruck begründet. Es gab wohl einen Plan, bis wann das fertig werden sollte. Daher hätte man das auch rechtzeitig vorher ausschreiben können.

Das ist bereits vor dem Jahr 2009 geschehen. Ich habe ausgeführt, dass es hier einen Verstoß gegen die Ausschreibungsvorschriften gibt.

Der Wunsch, ein Bauwerk termingerecht fertigzustellen, ist kein akzeptabler oder vorgesehener Ausnahmegrund, von einer Ausschreibungsverpflichtung Abstand zu nehmen. Bereits in der zurückliegenden Plenarsitzung habe ich ohne Wenn und Aber zugestanden, dass hier ein Fehler vorliegt.

Weitere Zusatzfragen liegen mir nicht vor. Damit ist die Mündliche Anfrage beantwortet.

(Beifall der SPD)

Ich rufe die Mündliche Anfrage der Abgeordneten Michael Hörter und Matthias Lammert (CDU), Linksextremisten – Nummer 4 der Drucksache 15/4502 – betreffend, auf.

Wer trägt die Fragen vor? – Herr Lammert, bitte schön.

Wir fragen die Landesregierung:

1. Wie wird die Situation bezüglich Extremisten im Land eingeschätzt und sind insbesondere auch hier Aufmärsche bzw. Gegendemonstrationen angemeldet?

2. Gab es im Land linksextremistische Angriffe gegen Polizisten bzw. Polizeieinrichtungen?

3. Wie sind unsere Polizisten geschult, auch diejenigen, die zu bundesweiten Einsätzen gerufen sind?

4. Hält die Landesregierung eine Verschärfung des Strafrechts hinsichtlich Gewalt gegen Polizisten für notwendig?

Für die Landesregierung antwortet der Herr Innenminister.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Für die Landesregierung darf ich die Mündliche Anfrage der Abgeordneten Michael Hörter und Matthias Lammert wie folgt beantworten:

Sie wissen, dass die Bekämpfung der politisch motivierten Kriminalität ein Schwerpunkt der rheinlandpfälzischen Sicherheitspolitik und der Arbeit der Sicherheitsbehörden ist. Das Handlungskonzept umfasst eine konsequente Aufklärung und Strafverfolgung, aber auch eine gezielte Prävention. Verfassungsschutz und Polizei arbeiten im Rahmen des Rechts eng und vertrauensvoll zusammen. Daran gibt es überhaupt nichts zu kritisieren. Das gilt auch für die Kooperation mit den Bundesbehörden.

Im Bundesvergleich belegt Rheinland-Pfalz beim Fallzahlaufkommen politisch motivierter Kriminalität aktuell den 12. Platz. Rheinland-Pfalz liegt also ziemlich weit hinten. Das bedeutet, die Fallzahlen in Rheinland-Pfalz sind geringer als in den meisten anderen Bundesländern. Wir liegen im unteren Drittel.

Zu Frage 1: Als extremistisch werden Aktivitäten bezeichnet, die darauf abzielen, die Grundwerte der demokratischen Grundordnung zu beseitigen. Die Zahl der Linksextremisten blieb in Rheinland-Pfalz mit etwa 700 Personen im Vergleich zum Vorjahr nach unseren Erkenntnissen konstant. Wie auf Bundesebene ist allerdings das Potenzial – so ist unsere Einschätzung – an Gewaltbereiten gegenüber dem Vorjahr gestiegen. Die gewaltbereiten Extremisten sehen wir also etwas anwachsen. Der Zuwachs ist zwar nur gering, aber die Zahl ist immerhin von rund 100 Personen auf rund 120 Personen angestiegen.

Das wichtigste Aktionsfeld der militanten Linksextremisten in Rheinland-Pfalz ist der sogenannte Antifaschismus. Ziel ist vordergründig die Bekämpfung rechtsex- tremistischer Strukturen. So wie sie das anlegen, wollen sie aber auch die staatlichen Werte und die staatlichen Institutionen, die unsere demokratische Grundordnung erhalten, gefährden. Zumindest ist das unsere Einschätzung.

Die Veranstaltungslage in Bezug auf Extremisten hat sich im vergangenen Jahr wie folgt dargestellt: Im Jahr 2009 wurden der Polizei neben den meist traditionellen Maikundgebungen – Sie kennen das – etwa 20 Veranstaltungen bekannt, die dem linken Spektrum zugeordnet werden können. Zumeist handelt es sich um Gegenveranstaltungen anlässlich der Kundgebungen der rechten Szene. Sie erinnern sich vielleicht an die Veranstaltungen am 1. und 2. Mai 2009 in Mainz, Kaiserslautern und Neustadt. Wir haben darüber im Innenausschuss berichtet. Dabei kam es auch aus den Reihen der militanten Linksextremisten zu Übergriffen auf Polizeibeamte und Fahrzeuge.

Sie wissen, dass traditionsgemäß der 1. Mai missbraucht wird. Die Tradition der über 100-jährigen Arbeitergeschichte wird vom Deutschen Gewerkschaftsbund durch entsprechende Veranstaltungen dargestellt. Wir befürchten, dass auch in diesem Jahr wie im vergangenen Jahr der 1. Mai Ziel von extremistischen Ausschreitungen wird.

Ich bin aktuell dabei, einen Blick auf die Versammlungsanmeldungen für den 1. Mai 2010 zu werfen. Ich umschreibe das ein bisschen freundlich. Dem Landeskriminalamt sind bisher neun Veranstaltungen mit Bezug zum 1. Mai gemeldet worden. Dies sind die normalen Veranstaltungen, die wir am 1. Mai haben. Darüber hinaus gibt es Hinweise darauf, dass das „Bündnis freier Arbeiter/innen Union“ eine Veranstaltung in Neustadt angemeldet hat. Das geht in die rechtsextreme Szene hinein.

Die NPD hat eine Kundgebung in Pirmasens angemeldet. Mit ungefähr 200 Teilnehmerinnen und Teilnehmern ist zu rechnen. Dann haben wir aber auch linksextremistische Teilnehmerinnen und Teilnehmer, die auf ungefähr die gleiche Anzahl kommen. Darüber hinaus hat der Arbeitskreis „Mut für Miteinander – Mut gegen rechte Parolen“ – er gehört zum linksextremen Bereich – eine Gegendemonstration angemeldet. Zur Bewältigung der Veranstaltungen haben wir die Polizeipräsidien bereits mit der Einsatzvorbereitung beauftragt.

Von Verhältnissen, wie sie beispielsweise von Veranstaltungen und Aktionen in Berlin oder Hamburg bekannt sind, sind wir in Rheinland-Pfalz noch entfernt. Wie weit dies der Fall ist, wird sich zeigen. Es gibt auch bei uns Konfrontationen zwischen gegnerischen Lagern. Das ist das, was wir am 1. Mai vergangenen Jahres mit einem relativ großen Polizeiaufwand mit über 1.200 Polizeibeamtinnen und -beamten in Mainz gesichert haben. Sie werden sich daran erinnern.

Meiner Meinung nach müssen wir darauf achten, dass wir immer mit einer starken Polizei auftreten können, um klarzumachen, der Staat lässt sich nicht in eine Ecke manövrieren, in der er möglicherweise handlungsunfähig ist. Das werden wir in Rheinland-Pfalz nicht machen.

Bisher hat es keine Gewalttaten oder Anschläge auf Polizeieinrichtungen gegeben, aber Sie erinnern sich vielleicht, dass es das in Hamburg und Berlin gibt. Vonseiten der Innenminister aller Länder befürchten wir, dass sich das auch auf unseren Raum ausdehnen wird.

Die Polizei in Rheinland-Pfalz hat im Jahr 2008 – wenn Sie so wollen – nur ein linkspolitisches Widerstandsdelikt bearbeitet, während es im Jahr 2009 fünf waren. Im Jahr 2010 haben wir noch keine vergleichbaren Fälle. Es gibt also eine geringe Anzahl von Widerstandsdelikten, aber diese Widerstandsdelikte ereignen sich meistens im Zusammenhang mit demonstrativen Lagen und beim Aufeinandertreffen rivalisierender politischer Lager, also zwischen Rechtsextremen und Linksextremen.

Zu Frage 3: Die rheinland-pfälzischen Polizeibeamtinnen und -beamten werden theoretisch und praktisch umfassend auf Einsätze gegen „Extremisten“ vorbereitet. Das ist ein stehendes Ausbildungsmerkmal.

Im Rahmen der Ausbildung bei der Fachhochschule für öffentliche Verwaltung – Fachbereich Polizei – werden Kenntnisse über die Erscheinungsformen des Extremismus in Tagesveranstaltungen und im Unterricht auch durch Einbindung des Verfassungsschutzes vermittelt. Darüber hinaus werden weitere Fortbildungsmaßnahmen mit dieser Thematik in Seminaren durchgeführt.

Bei den bundesweiten Einsätzen kommen nahezu ausschließlich sogenannte geschlossene Einheiten der Bereitschaftspolizei zum Einsatz. Diese Kolleginnen und Kollegen der Polizei werden zielgerichtet auf mögliche Einsatzlagen vorbereitet. So wird beispielsweise das taktische Vorgehen in entsprechenden Einsatzlagen, insbesondere das Vorgehen gegen gewalttätige Störer, trainiert.

Auch im Rahmen der wiederkehrenden Trainingstage der Hundertschaften der Bereitschaftspolizei wird das Thema „Extremismus“ beleuchtet und das polizeiliche Vorgehen überprüft.