Protocol of the Session on June 5, 2008

Eine Frage haben Sie eben schon beantwortet. Meine zweite Frage lautet: Wann wird die Stadiongesellschaft Insolvenz anmelden müssen, wenn, wie Sie eben geschildert haben, die jährlichen Einnahmen kleiner sind als die 2,9 Millionen Euro Zinsbelastung und die Ausgaben von 1,8 Millionen Euro, wenn ich einmal von dem ausgehe, was der FCK im letzten Jahr bezahlt hat? Wann wird die Stadiongesellschaft Insolvenz anmelden müssen, wenn das so fortgesetzt wird?

Die Situation ist etwas anders, weil seit 2006 die Stadt komplett für sämtliche Schulden, die die Stadiongesellschaft hat, bürgt. Die Stadt tut gut daran, eine Insolvenz zu verhindern, weil die Stadt im Fall einer Insolvenz sofort für die Bürgschaft in Haftung genommen würde. Deswegen gehen Sie einmal davon aus, dass die Stadt die notwendigen Schritte geht, damit die Stadiongesellschaft nicht in eine Insolvenz kommt.

Im Übrigen ist eine Überschuldung nicht gegeben. Eine Illiquidität ist erst recht nicht gegeben. Die Stadiongesellschaft, so hätte ich fast gesagt, schwimmt in Geld. Das ist ein bisschen übertrieben. Wenn ich es aber richtig im Kopf habe, hat sie um die 7 Millionen Euro Liquidität. Das hängt damit zusammen, dass Gewinn und Verlust einschließlich Abschreibungen gerechnet werden. Dadurch sind auch die Verluste entstanden.

Wenn man nur eine Cash-Flow-Betrachtung macht, ist die Stadiongesellschaft bisher ordentlich über die Runden gekommen und hat einen positiven Cash-Flow erwirtschaftet. Das ändert sich erst in der laufenden Saison, weil die Stadionmiete jetzt unter die jährliche Liquiditätsbelastung gesunken ist.

Aber, wie gesagt, bis 2006 wäre die Insolvenz der Stadiongesellschaft eine ernsthafte Option gewesen, weil die Risiken bei den Banken lagen. Nach 2006 ist es keine Option mehr, weil die Stadt alle Risiken selbst tragen muss. Das war eine Entscheidung des damaligen Oberbürgermeisters.

Eine weitere Zusatzfrage des Herrn Kollegen Schreiner.

Herr Minister, was lernt die Landesregierung aus den Erfahrungen in Kaiserslautern mit der dortigen Stadiongesellschaft für andere Fußballstadien in RheinlandPfalz? Als Mainzer Abgeordneter sei mir diese Frage vor dem Hintergrund der Pläne des Vereins Mainz 05 erlaubt. Welche Konsequenzen ziehen wir daraus? Wir müssen in der Zukunft klüger als in der Vergangenheit handeln.

(Zurufe von der SPD)

Zunächst kann ich nicht feststellen, dass die Landesregierung unklug oder falsch gehandelt hat.

(Beifall der SPD – Frau Kohnle-Gros, CDU: Das Risiko liegt bei der Stadt, das ist klar! Die Weltmeisterschaft hat der Ministerpräsident gewollt!)

In der damaligen Situation gab es keine andere vernünftige Entscheidung. Insofern gibt es auch im Nachhinein unter Kenntnis aller Entwicklungen keine notwenige gedankliche Korrektur an dem, was damals entschieden worden ist.

Das Einzige, was an der Stadiongesellschaft problematisch ist, ist der Schritt des Jahres 2006 und die Übernahme der Risiken durch die Stadt. Dafür muss man aber auch ein gewisses Verständnis haben; denn die Stadt hat mit der Risikoübernahme ihre Zinsbelastung bzw. die der Stadiongesellschaft deutlich nach unten geführt. Ich glaube, die Zahlen sind öffentlich kommuniziert worden. Vorher waren es so ungefähr 5,5 % Zinsen, nach der Umschuldung 4,1 %. Die Stadt hat den richtigen Moment für eine Umschuldung erwischt. Das war der wirtschaftliche Vorteil. Damit hat die Stadt aber die Risiken, was ursprünglich nicht der Fall war.

Ihre Frage geht nach vorne, also auf das Konzept von Mainz 05 bzw. der Stadt Mainz. Hier besteht insofern gegenüber früheren Überlegungen die Veränderung, dass der Verein gar nicht mehr auf die Idee kommt, selbst ein solches Stadion zu errichten, sondern in Mainz läuft es so, wie praktisch in allen anderen Städten mit ganz wenigen Ausnahmen, dass nämlich öffentliche Infrastruktur, übrigens völlig EU-konform, öffentlich finanziert oder zumindest öffentlich garantiert wird. So ist es in Mainz beabsichtigt. Die Stadt ist am Zuge. Wir sind bereit, entsprechend dem Konzept, das vor eineinhalb oder zwei Jahren – es ist also schon eine ganze Zeit lang her – mit dem Verein und der Stadt verabredet worden ist, zu handeln und genau dies umzusetzen.

Wir denken, dass das für Rheinland-Pfalz und den Standort Mainz gut ist; denn die Dienstleistungsbranche im Bereich Freizeit und Event sollte man hinsichtlich ihrer Wertschöpfung und ihrer Bindekraft nicht unterschätzen.

Die Landesregierung täte nicht gut daran, aus lauter Vorsicht den Weg in die tiefste Provinz zu gehen.

Eine Zusatzfrage des Herrn Kollegen Baldauf.

Herr Minister, wieso war denn im Jahr 2003 der Weg über eine Weisung erforderlich? Welche einzelnen Bedenken wegen Rechtsverletzung standen denn im Raum?

(Frau Spurzem, SPD: Das hat er immer noch nicht verstanden! – Harald Schweitzer, SPD: Das hat der Minister schon zehnmal beantwortet! – Weitere Zurufe von der SPD)

Herr Baldauf, es besteht die große Gefahr von Wiederholungen.

(Beifall bei der SPD)

Der Präsident hat die Frage zugelassen. Dann gehe ich davon aus, dass sie auch beantwortet wird, Herr Minister. Ich finde, Sie sollten einfach Fragen beantworten und den Rest dem Präsidenten überlassen.

(Beifall bei der CDU)

Lieber Herr Baldauf, es ist manchmal ein bisschen schwierig, wenn man die gleiche Frage mehrfach gestellt bekommt und die gleiche Frage dann auch mehrfach beantworten soll. Aber ich mache das gerne. Noch einmal: Die Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion hat sich mit dem Konzept beschäftigt. Zu der Zeit lag noch nicht einmal ein Antrag der Stadt vor. Dieser ist erst in letzter Sekunde nachgeschoben worden. Sie hat die Baukostenrisiken abgeschätzt und ist zu dem Ergebnis gekommen, dass es erhebliche Baukostenrisiken gibt, die, wenn ich es richtig im Kopf habe, bis auf 18 Millionen Euro eingeschätzt wurden, also höhere Baukosten gegenüber den Zahlen, wie sie 2001 vereinbart worden sind. Diese Baukostenrisiken wären nach dem Vertrag von 2001 Risiken des Vereins und nach der Gründung der Stadiongesellschaft Risiken von Stadt und Land gewesen. Das war der erste Punkt.

Der zweite Punkt ist, dass die ADD wie auch jeder Beteiligte das Risiko gesehen hat, dass die Stadiongesellschaft in Schwierigkeiten kommen kann, wenn der FCK in Schwierigkeiten kommt.

Drittens war die ADD der Meinung, dass es nicht unbedingt Aufgabe einer Stadt ist, ein Stadion für einen im Wesentlichen professionellen Zweck zu betreiben. Das sind die wesentlichen Punkte gewesen.

Ich habe Ihnen eben Punkt für Punkt erläutert, wenn man dieser isolierten Sicht der kommunalen Aufsicht gefolgt wäre, dann hätten wir schweren Schaden für die Stadt und für die Region angerichtet, wenn man die Dinge wirklich zu Ende denkt.

Ich will das nicht wiederholen, sonst sagen Sie, ich würde das nicht ernst genug nehmen. Wie gesagt, es war bitterster Ernst und die Abwägung von Risiken. Das ist eine Aufgabe der Landesregierung. Diese Risiken sind abgewogen worden, und zwar aus der Sicht des Landes insgesamt. Das Ergebnis war ein anderes als die isolierte Betrachtung der ADD.

Zu einer Zusatzfrage erteile ich Herrn Kollegen Dr. Wilke das Wort.

Herr Minister, Sie haben uns vorhin eine Cash-FlowBetrachtung und die Perspektiven, die die reduzierte Pachtzahlung mit sich bringt, präsentiert. Bei der Bilanzbetrachtung spielen aber auch Abschreibungen und Wertberichtigungen eine entscheidende Rolle. Was können Sie uns zu diesem Thema sagen?

Ich könnte die Antwort zu Frage 3 noch einmal vorlesen. Bei der Frage 3 ist nach den Ergebnissen der Gewinn- und Verlustrechnung gefragt worden. In den Ergebnissen der Gewinn- und Verlustrechnung sind selbstverständlich die Kosten aus Abschreibungen enthalten.

Die Verluste der vergangenen Jahre kommen aus den Abschreibungen. Sie kommen nicht aus einer Liquiditätsbetrachtung. Das war von vornherein klar.

Im Übrigen ist es bei einer langfristigen Investition und deren Finanzierung immer so: Wir nehmen an, Sie finanzieren sie vollständig fremd. Wir nehmen an, Sie haben einen Zinssatz von 5 %. Weiter nehmen wir an, dass die Investition über 25 Jahre abgeschrieben wird. Wir nehmen an, Sie haben eine jährliche Einnahme von 7 %. Wenn das alles so ist, dann passiert in den ersten Jahren Folgendes: Sie haben Abschreibungen von 4 %. Sie haben Zinsen von 5 %. Das macht zusammen 9 %. Sie haben Einnahmen von 7 %. Das bedeutet einen Verlust von 2 %.

(Beifall der SPD – Zuruf von der SPD: So ist es!)

So einfach ist das.

Dagegen steht die Liquiditätsbetrachtung. Sie nehmen einen Kredit über 25 Jahre mit einem Zinssatz von 5 % auf. Sie haben dann eine jährliche Annuität von etwa 6,6 %. 6,6 % ist weniger als 7 %. Wenn Sie ein Annuitätendarlehen aufnehmen, dann haben Sie einen jährlichen Liquiditätsüberschuss von 0,4 %. Das geht über 25

Jahre lang. Am Ende haben Sie sogar einen Gesamtüberschuss. Nur in den ersten Jahren haben Sie Buchverluste. Das liegt daran, dass in den Gewinn- und Verlustrechnungen Annuitäten nicht auftauchen, sondern Abschreibungen und Zinsen. So einfach ist das.

(Beifall der SPD – Billen, CDU: Aber tilgen tun Sie nicht!)

Zu einer Zusatzfrage erteile ich Herrn Kollegen Licht das Wort.

Herr Minister, Ihre Ausführungen heute, neutral betrachtet, führen zu dem Schluss, dass rechtliche Bedenken bei zu befürchtenden „Sportbrachen“ außer Kraft gesetzt werden. Wie beurteilen Sie die Situation in Kaiserslautern unter Berücksichtigung, dass dies zu einem Präzedenzfall wird?

Das ist kein Präzedenzfall, sondern es gehört zu den ständigen Aufgaben des Landes. Wenn Unternehmen in Schwierigkeiten sind, wenn die Gefahr von Arbeitsplatzverlust besteht und wenn die Gefahr von Brachen mit Folgekosten für die öffentliche Hand besteht, weil keiner mehr da ist, der sich darum kümmert, dann gehört es zu den Landesaufgaben, dass wir frühzeitig eine Gesamtabwägung zwischen einer Insolvenz – anschließend darf die öffentliche Hand den Schaden reparieren – und einer frühzeitigen Einbindung und Lösungen vornehmen, die es dann ermöglichen, eine Insolvenz zu vermeiden. Das ist volkswirtschaftlich oder auch landeswirtschaftlich eine höchst vernünftige Vorgehensweise. Deswegen gehört sie zu den Kernaufgaben des Landes und ist in meinem Ministerium unter dem Thema „Bürgschaft“ angesiedelt.

Zu einer Zusatzfrage erteile ich Herrn Kollegen Bracht das Wort.

Herr Minister, ich will meine erste Frage noch einmal wiederholen,

(Heiterkeit bei der SPD)

da sie bisher noch nicht beantwortet ist.

Trifft es zu, dass Sie den Haushalts- und Finanzausschuss nicht darüber unterrichtet haben, dass Sie bzw. der Innenstaatssekretär Weisungen erteilt haben, nach der es der ADD untersagt wurde, Bedenken wegen Rechtsverletzung zu erheben?

Ich habe Ihnen das Zitat aus dem Protokoll vorgelesen.

(Bracht, CDU: Da stand das nicht drin!)

Nach diesem Zitat, in dem Herr Kollege Bruch gesagt hat, er habe angewiesen, hat sich Herr Abgeordneter Bracht in der entsprechenden Sitzung gemeldet und hat etwas ganz anderes gefragt.

(Dr. Rosenbauer, CDU: Das ist immer noch keine Antwort! – Bracht, CDU: Sie haben also den Haushaltsausschuss nicht unterrichtet! – Licht, CDU: Kein Hinweis – – – Zurufe der Abg. Keller und Frau Kohnle-Gros, CDU)

Entschuldigen Sie, ich kann Ihnen doch nur Wort für Wort das zitieren, was in der Sitzung gesagt worden ist. Das habe ich getan.