Frau Ministerin Dreyer, das heißt doch im Umkehrschluss, dass man noch effektiver und rationeller arbeiten muss. Sie kennen die Überstundenzahlen von Är zten und zum Teil vom Pflegepersonal. Das hat die Umfrage eindeutig gezeigt. Heißt das für diejenigen im Krankenhaus noch mehr unbezahlte Überstunden?
Herr Abgeordneter Dr. Rosenbauer, nein, die Landesregierung plädiert schon seit langem für die Einhaltung der Arbeitszeiten in Krankenhäusern und für eine entsprechende Umstrukturierung innerhalb der Krankenhäuser. Ich denke, die Krankenhäuser sind an diesem Punkt nach wie vor gefordert. Das hat die Umfrage der Gewerbeaufsicht deutlich gezeigt.
Darüber hinaus betone ich noch einmal, dass die Krankenhäuser neben dieser Tatsache die Möglichkeit haben, sich ins neue Optionsmodell einzuklinken, und damit von der vorgesehenen Kürzung über das Vorschaltgesetz verschont bleiben würden.
Frau Ministerin, teilt die Landesregierung meine Meinung, dass die honorarbezogene Budgetierung im Bereich der Krankenhäuser irrestriktiv, flexibler bzw. weniger restriktiv ist als im Bereich der ambulanten Praxen?
Teilt die Landesregierung die Meinung, dass eine Betrachtungsweise von nur einem Teil des Gesundheitssystems nicht zielführend für die Gesamtproblematik ist?
Frau Ministerin, sind Sie allen Ernstes der Meinung, dass vor dem Hintergrund des EuGH-Urteils und bei den von Ihnen genannten innovativen Arbeitszeitregelungen und aufgrund der zurückgehenden Verweildauer Pers onal im Krankenhaus abgebaut werden kann? Sind Sie wirklich dieser Meinung?
Herr Dr. Altherr, es wird im Land Rheinland-Pfalz sehr differenziert sein. Wir haben Krankenhäuser in Rheinland-Pfalz, die ihre Abläufe in den vergangenen Jahren im Vorgriff auf das neue Entgeltsystem effektiviert haben. Die Verweildauern wurden erheblich reduziert. Dort wird es höchstwahrscheinlich nicht zu einer Reduzierung von Personal kommen. Aber es gibt noch andere Beispiele in Rheinland-Pfalz, bei denen es den Krankenhäusern bis zum heutigen Tag nicht gelungen ist.
Frau Ministerin, die Reduzierung der Verweildauer ist die eine Seite. Fakt ist, dass die Fallzahlsteigerung das Problem darstellt. Wir können gar nicht so viel Verweildauer reduzieren, wie auf der anderen Seite auch bedingt durch den demographischen Einfluss die Fallzahlen zunehmen. Ich frage Sie wirklich ernstlich: Glauben Sie, dass vor dem Hintergrund der demographischen Entwicklung und der damit verbundenen Kommodität und der Fallzahlsteigerungen im Krankenhaus und vor dem Hintergrund der Umsetzung des EuGH-Urteils im ärztlichen Bereich Personal abgebaut werden kann und dies auch in der lang- und mittelfristigen Planung der Krankenhäuser vorgesehen ist? Das kann ich nicht nachvollziehen.
Herr Abgeordneter Dr. Altherr, wir haben bereits bei einem Teil der Krankenhäuser in Rheinland-Pfalz die Erfahrung gemacht, dass die Fallzahlsteigerung eingetreten ist. Durch die Verweildauerverkürzung ist es zu einem erheblichen Bettenabbau gekommen. Damit ist es punktuell zur Personalreduzierung gekommen. Das wird in Zukunft auch der Fall sein. Wir wissen, dass wir durch die Fallzahlsteigerung eine erheblich größere Verdichtung der Arbeitszeit in diesem Bereich haben. Nichtsdestotrotz hat die Verweildauerkürzung Effekte auf das Personal insgesamt.
Frau Ministerin, wie bewerten Sie die Tatsache, dass Krankenhausärzte die gesetzlichen Krankenkassen seit Jahren durch 50 Millionen unbezahlte Überstunden subventionieren? Das gehört zur Diskussion der Sparmaßnahmen.
Herr Dr. Enders, was soll ich auf diese Frage sagen? Sie wissen ganz genau, dass wir als Land ein großes Interesse daran haben, dass die Überstunden in den Krankenhäusern anders geregelt werden. Sie kennen die Gesamtproblematik, die mit diesem Thema verbunden ist. Es geht nicht um Geschenke von Ärzten an Krankenkassen. Ich denke, das ist eine Überspitzung bzw. eine Fehldarstellung. Es geht darum, dass in den Krankenhäusern teilweise Arbeitszeiten nicht so umgesetzt werden, wie wir es wünschen. Dadurch machen viele Ärzte überzählige Überstunden, die nicht vergütet werden. Ich hoffe darauf, dass wir in Zukunft auf ein neues Arbeitszeitsystem bauen können und es in den Krankenhäusern zu einer Umorganisation kommen wird.
Im Übrigen sage ich noch den ergänzenden Satz, dass ich viele Berufe kenne, bei denen das Ableisten von Überstunden in einem gewissen Rahmen mit zur Normalität des Arbeitsalltags gehört.
Frau Ministerin, sehen Sie Alternativen zu den Sparmaßnahmen der Bundesregierung, oder sind Ihnen Alternativen insbesondere der Opposition im Deutschen
Die Landesregierung ist sehr gut informiert, was sich auf Bundesebene abspielt, aber Vorschläge der Opposition diesbezüglich sind mir auch noch nicht zu Ohren gekommen. Ich sehe zur Zeit auch keine andere Alternative für das Vorschaltgesetz. Wir brauchen einfach eine Beitragsstabilisierung im Bereich der Krankenkassen. Ich sage aber genauso deutlich, dass es auch nur so sein kann, dass es ein Vorschaltgesetz ist und wir im Frühjahr des nächsten Jahres dringend eine Strukturreform im Gesundheitswesen brauchen.
Frau Ministerin, ich unterstelle, dass Sie nichts davon halten, Kostensteigerungen im Krankenhausbereich zum Beispiel durch Beitragssatzerhöhungen oder durch Selbstbeteiligung von Patienten zu kompensieren.
Frau Ministerin, darf ich Sie bitten, dass Sie dies bestätigen und erläutern, warum dies keine gangbaren Methoden sind?
Die Unterstellung ist korrekt, sehr geehrter Herr Abgeordneter. Die Begründung wäre allerdings ziemlich umfangreich. Ich denke aber, dass es niemandes Interesse sein kann, dass wir die Beiträge in der gesetzlichen Krankenkasse weiter zum Steigen bringen.
(Abg. Dr. Gölter, CDU, hält ein Papier hoch – Dr. Gölter, CDU: Herr Präsident, was hat das mit der Frage zu tun?)
Das hat auch damit zu tun, dass wir den Arbeitsfaktor belasten. Das wollen wir alle nicht bei dieser Situation. Wir wollen aber auch nicht die Patientinnen und Patienten über zusätzliche Beitragssteigerungen belasten.
Frau Ministerin, teilen Sie meine Auffassung, dass durch die seit einigen Jahren stattfindende Deckelung der Leistungsentgelte für die Krankenhäuser deren Sparpotenziale durch vielfältige, auch sehr kreative Maßnahmen und Anstrengungen erschöpft sind?
Nein, ich teile diese Auffassung nicht, Frau Abgeordnete Thelen. Ich teile allerdings die Auffassung, dass es aufgrund der Budgetdeckelung zu erheblichen Anstrengungen innerhalb der Krankenhäuser gekommen ist, die Arbeitsabläufe neu zu organisieren und auch effektiver zu gestalten. Ich denke, es ist deshalb auch dringend erforderlich, dass wir auf ein neues Entgeltsystem umsteigen und die Frage der Deckelung für die Zukunft damit auch erledigt ist.
Frau Ministerin, ich frage Sie: Ist die Landesregierung der Meinung, dass die bisher bekannten Vorschaltmaßnahmen und die geplanten gesetzlichen Veränderungen im nächsten Jahr ausreichen, um die Steigerungssätze bei den Krankenkassen zumindest zu stoppen oder gar zurückzuführen im Sinn günstigerer Lohnzusatzkosten, und dies unter dem Aspekt einer sich zunehmend ungünstiger entwickelnden Demographie?
Herr Abgeordneter Dr. Schmitz, ich bin der Auffassung, dass die Maßnahmen, die bis jetzt im Rahmen einer umfassenden Gesundheitsreform bekannt geworden sind, ausreichen würden, um die wirtschaftliche Stabilität unseres Gesundheitssystems auch herzustellen und gleichzeitig die Qualität im Gesundheitssystem zu sichern. Nichtsdestotrotz halte ich es auch für eine gute Idee, dass man sich auf Bundesebene beispielsweise im Rahmen der Kommission noch einmal grundsätzlich Gedanken über die Einnahmensituation der Zukunft, betreffend alle Sozialversicherungssysteme, macht. Wir können nicht daran vorbeisehen, dass wir einen dem ographischen Wandel haben, der auch massive Konsequenzen für alle Sozialversicherungssysteme haben wird. Deshalb wird es wichtig sein, jenseits der Gesundheitsreform bezogen auch auf die Ausgabenseite zu schauen, wie die Einnahmenseite in den nächsten Jahren gestaltet werden soll.
Frau Ministerin, angesichts der Tatsache, dass die Fragen mittlerweile weit über das Krankenhaus hinausgehen, frage ich Sie mit Blick auf Ihre Antwort auf die Frage des Kollegen Dr. Brinkmann:
Vertreten Sie seitens der Landesregierung wirklich die Auffassung, dass bei einer Strukturreform des Gesundheitswesens jede Form der Selbstbeteiligung grundsätzlich ausgeschlossen ist, wie Sie eben gesagt haben?
Herr Dr. Gölter, möglicherweise ist es eine Frage, wie man Selbstbeteiligung definiert. Ich bin ganz und gar dafür, dass im Rahmen einer Gesundheitsreform auch die Eigenverantwortung von Patienten und Patientinnen in Zukunft gesteigert werden muss. Ich würde diese Eigenverantwortung eher in Bereichen sehen, in denen es darum geht, wie Patientinnen und Patienten ihr Recht auf ärztliche Versorgung wahrnehmen, wie sie beispielsweise unter den unterschiedlichen Versorgungsformen wählen, wie sie sich entscheiden, zum Beispiel Ärzte-Hopping usw. Ich denke, das sind alles Potenziale, die wir im Rahmen einer Reform sehen müssen. Zu allem Weiteren verweise ich auf die Antwort an Herrn Dr. Schmitz.
Frau Ministerin, wir sind uns wohl einig in der Beurteilung der Fachkompetenz der Geschäftsführerin des Westpfalz-Klinikums Kaiserslautern. Das schicke ich voraus. Nun komme ich zu der Frage: Wie beurteilen Sie vor diesem Hintergrund die Aussage von Frau Dietrich, dass das Westpfalz-Klinikum Kaiserslautern, wenn die Gesetzesformen so umgesetzt werden, wie sie angedacht sind, sich nicht mehr in der Lage sieht, seinen Haushalt auszugleichen, aus Kostengründen Personal entlassen werden muss und demnach auch Leistungen eingespart werden müssen? Das heißt, es wird zu Lasten der Patienten in der Versorgungsregion Westpfalz gehen. Wie stehen Sie zu dieser Aussage von Frau Dietrich?
Herr Dr. Altherr, ich beurteile sie überhaupt nicht. Für mich war es überhaupt nicht nachzuvollziehen – Sie
wissen, dass ich Frau Dietrich sehr schätze und auch eine sehr positive Einstellung zum Klinikum habe –, wieso Frau Dietrich, die eigentlich die Befürworterin der DRGs ist, selbst nicht ins Optionsmodell eingetreten ist.
Ich glaube, sie hat ihre Meinung allerdings inzwischen gemeinsam mit den Ärzten und Ärztinnen ein Stück weit relativiert und signalisiert, dass sie jetzt mit einer Verlängerung der Fristen möglicherweise doch ins Optionsmodell einsteigt. Ich denke, das ist eigentlich auch ein gutes Signal. Es wäre auch zu raten, weil sich die Klinik dadurch auch ein Stück weit von diesem Vorschaltgesetz loslösen könnte.
Letzte Frage: Frau Ministerin, wie beurteilen Sie einen Antrag der FDP im Deutschen Bundestag, der dahin geht, die Arbeitgeberanteile an den GKV-Beiträgen langfristig einzufrieren? Wie beurteilt man das hier in der Koalition?