Protocol of the Session on September 15, 2005

(Manfred Kuhmichel [CDU]: Sie hat doch gar kein Ansehen!)

Was wollte Frau Bulmahn machen? Sie können es immer noch im Internet nachlesen. In diesem Wettbewerb wollte der Bund vier bis fünf einzelne Hochschulen herauspicken, ihnen das Etikett „Eliteuniversität“ anpappen und sie dann fünf Jahre mit jährlich etwa 50 Millionen € unterstützen. Das war natürlich völliger Nonsens; denn mit solchen Geldbeträgen wird man sicherlich keine Eliteuni schaffen. Vor allem kann man eine Uni bestimmt nicht plötzlich von oben herab zur Eliteuni befördern. Das ist typisch linke Denke.

(Beifall von der CDU)

Wahr ist, dass eine Universität dann eine Spitzenhochschule ist, wenn diejenigen, die fachlich etwas mit ihr zu tun haben, sie in der Mehrzahl als

solche bezeichnen. Dann kann man sich Eliteuni schimpfen.

(Beifall von Manfred Kuhmichel [CDU])

Außerdem hatten die Länder zu Recht etwas dagegen, dass der Bund über ihre Köpfe hinweg Forschungs- und Hochschulpolitik betreibt. Auch Sie, liebe Frau Kraft, hatten etwas dagegen. Ich kann mich noch gut daran erinnern, dass Sie sich unangenehm berührt geäußert haben - wie auch andere Ihrer SPD-Parteikollegen.

(Hannelore Kraft [SPD]: Ich habe mich auch durchgesetzt, Herr Dr. Brinkmeier!)

- Sehr schön. Das steht aber nicht in Ihrem heutigen Antrag drin. Warum haben Sie in diesen Antrag nicht hineingeschrieben: „Frau Kraft hatte etwas gegen Frau Bulmahn“? Die erhöhte Einflussnahme des Bundes wäre dann nämlich vorprogrammiert gewesen.

Jetzt waren die Länder am Zug - SPD und CDU, auch Frau Kraft. Sie plädierten dafür, durch gezielte Förderung von einzelnen Wissenschaftsfeldern an deutschen Universitäten ein sogenanntes Netzwerk der Exzellenz zu schaffen. Die Verhandlungen gingen hin und her und hin und her. Im Sommer des letzten Jahres hatte man dann ein Konzept erstellt, welches der Wahrheit schon ziemlich nahe kam. Aber immer wieder versuchte Frau Bulmahn, den Einfluss des Bundes auf die Forschungspolitik und die Hochschulpolitik der Länder auszudehnen. Hätte sich nicht insbesondere der hessische Ministerpräsident Koch so hartnäckig gewehrt, wäre ihr das auch fast gelungen.

Nun siegte zum Schluss aber die Vernunft. Dabei ist dann Folgendes herausgekommen: Konkret geht es bei dem bundesweiten Wettbewerb um drei projektorientierte Förderlinien.

Zum Ersten werden ab Sommer nächsten Jahres etwa 40 Graduiertenschulen mit etwa 1 Million € pro Jahr unterstützt. Hier sollen Hochschulabsolventen, die sich für eine wissenschaftliche Laufbahn entscheiden, weiter auf ihrem Fachgebiet forschen können. Ich denke, das ist auch unstrittig.

Zum Zweiten wollen Bund und Länder die Forschung von Universitäten und Wissenschaftsorganisationen durch die Förderung herausragender Zentren in bestimmten Forschungsdisziplinen stärken. Vorgesehen ist, dass die Unis auch mit außeruniversitären Einrichtungen in sogenannten Exzellenzclustern zusammenarbeiten. Für jedes dieser etwa 30 Netzwerke stehen pro Jahr durchschnittlich 6,5 Millionen € zur Verfügung.

Zum Dritten wollen die Initiatoren des Wettbewerbs Zukunftskonzepte zu universitärer Spitzenforschung fördern. Mit diesem Programmteil soll das Forschungsprofil von bis zu zehn ausgewählten Unis weiter gestärkt werden. Dabei ist Voraussetzung, dass eine Uni ein wissenschaftliches Exzellenzzentrum, eine Graduiertenschule sowie eine schlüssige Gesamtstrategie vorweisen kann. Der Umfang jedes Fördervorhabens liegt bei 21 Millionen €.

Wir freuen uns, dass die Landesregierung alle diejenigen NRW-Hochschulen, die an dem Exzellenzwettbewerb teilnehmen wollen, bei ihren Bewerbungen unterstützen will.

(Beifall von Manfred Kuhmichel [CDU] - Han- nelore Kraft [SPD]: Die alte Landesregierung auch schon!)

Vor allem wird aber jetzt ein echter Wettbewerb unter den Fachdisziplinen gefördert. Man ist weg vom Etikett der staatlich verordneten Eliteuni.

(Manfred Kuhmichel [CDU]: So ist das!)

Wir wissen aber auch, dass die Hochschulen in Nordrhein-Westfalen noch viel stärker in die Lage versetzt werden müssen, diese wettbewerblichen Strukturen auch wirklich optimal zu nutzen. Darum fordern wir in unserem Antrag die Landesregierung auf, eben diese Rahmenbedingungen entscheidend zu verbessern.

Nun zum Antrag der SPD: Wenn es schon einmal eine Einigung zwischen dem Bund, den ALändern und den B-Ländern auch über einen Regierungswechsel hinweg gibt, dann sollten wir uns gemeinsam darüber freuen und der Landesregierung auch gemeinsam als Hausaufgabe die konstruktive Begleitung mit auf den Weg geben.

Aber mit Ihrem Antrag verschrecken Sie jeden Gutwilligen auf unserer Seite. Denn dadurch, dass Sie schreiben, dass die Bundesregierung irgendwo gesiegt hätte, wird der Wahrheit auch nicht gedient. Die Wahrheit ist: Frau Bulmahn musste zurückstecken. Das sagen auch alle Fachkommentatoren. Hier hat - wie ich es eben schon sagte - die Vernunft gesiegt.

Ihre Behauptung, in den 90er-Jahren wäre in der Forschungspolitik etwas blockiert oder versäumt worden, stimmt natürlich überhaupt nicht. In den 90er-Jahren war zum großen Teil der jetzige Ministerpräsident Jürgen Rüttgers Forschungsminister,

(Hannelore Kraft [SPD]: Eben!)

und er hat die deutsche Wissenschaftslandschaft entscheidend nach vorne gebracht.

(Beifall von der CDU)

Fakt ist: Die rot-grüne Bundesregierung hat sich eben nicht durchgesetzt. Frau Kraft, da sind wir uns doch einig. Sie sind in Ihrem Herzen doch auch froh darüber. Da haben Sie Länderinteressen vertreten. Das finden wir ja auch gut. Was soll es? Das ist vergossene Milch. Nur der Versuch des Abfeierns der alten Landesregierung scheitert.

Der Antrag, den Sie jetzt stellen, noch einmal zusätzliche Mittel bereitzustellen, ist natürlich ein Griff in die Trickkiste, in die alte Wahlkampfkiste. So wird das nichts. Wir stimmen natürlich dennoch der Überweisung an die Ausschüsse zu. - Danke schön.

(Beifall von der CDU)

Vielen Dank. - Für die FDP-Fraktion erteile ich dem Abgeordneten Lindner das Wort. Bitte schön.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir müssen zur Kenntnis nehmen, dass die Innovationschancen in Nordrhein-Westfalen durch unzureichende Investitionen in Forschung und Entwicklung beeinträchtigt werden. Das betrifft insbesondere die privaten Forschungs- und Entwicklungsausgaben in diesem Land. Das haben wir im Übrigen - Frau Kraft, weil Sie sich da beömmeln - auch schon vor der Wahl gesagt.

Es ist ja auch die Frage erlaubt, wie es dazu kommt, dass Private weniger Forschungs- und Entwicklungsausgaben vornehmen. Das ist nach unserer Überzeugung und nach wissenschaftlichen Erkenntnissen, denen wir noch mehr Geltung in der öffentlichen Wahrnehmung verschaffen wollen, vor allen Dingen eine Folge des verzögerten, des verschleppten Strukturwandels in diesem Land.

Diese Investitionsschwäche in den wissenschaftlich basierten Spitzentechnologien und Dienstleistungen hängt eng zusammen mit der Struktur unserer Wirtschaft im Bereich der wachstumsstarken und beschäftigungsfördernden Spitzentechnologien - wenn man allein einmal sieht, dass wir beim Umsatz, bei der Zahl der Beschäftigten, bei der Zahl der Betriebe und bei den Investitionen zum Teil 50 % unter dem Bundesdurchschnitt in diesen Branchen liegen.

(Vorsitz: Vizepräsidentin Angela Freimuth)

Deshalb: Dass wir jetzt bei der Zahl der Patentanmeldungen, beim wirtschaftlichen Wachstum und bei all dem, was mit Innovationen zu tun hat, im unteren Mittelfeld der Bundesrepublik liegen, hängt unmittelbar mit 39 Jahren roter und rotgrüner Regierungsverantwortung zusammen.

(Beifall von FDP und CDU)

Das kann man nicht in wenigen Tagen ungeschehen machen.

Herr Kollege Lindner, gestatten Sie eine Zwischenfrage der Kollegin Kraft?

Ja. - Frau Staatsministerin a. D., bitte.

Ist Ihnen bekannt, dass die Zurechnung der Zahlen immer am Hauptsitz des Unternehmens erfolgt, was dazu führt, dass beispielsweise sämtliche Forschungsaktivitäten des Siemens-Konzerns dem Hauptstandort zugerechnet werden, sodass überhaupt nicht erkennbar ist, wie viel Anteil dieser Forschungsleistung wirklich in Nordrhein-Westfalen erbracht wird, und dass das die Statistik nachweislich sehr verfälscht? Wenn man dies bereinigen würde, beispielsweise auch bei den Automobilunternehmen, läge Nordrhein-Westfalen in einer Größenordnung mit Bayern und Baden-Württemberg. Ist Ihnen das bekannt?

Frau Kraft, ich will Ihnen mit einer Gegenfrage antworten: Ist Ihnen die Quelle bekannt, aus der ich die Angaben entnommen habe? - Das ist der Bericht des ehemaligen Wirtschaftsministers Harald Schartau,

(Hannelore Kraft [SPD]: Ja, ich kenne die Zahlen!)

der der Landesregierung angehört hat, in der auch Sie Verantwortung hatten.

(Beifall von FDP und CDU)

Sie hätten Ihre Fragen in den Kabinettsitzungen stellen müssen und nicht hier im Landtagsplenum. Das ist vergossene Milch hier. Also: Da werden Sie sich nicht rausreden können.

Ich will gerne den Blick auf die öffentlichen Forschungs- und Entwicklungsausgaben lenken. Da stellen wir in Nordrhein-Westfalen fest: Während die Grundmittel für die Wissenschaft zumindest bis 2002 leicht gestiegen sind, sind die Ausgaben für Forschung und Entwicklung im Jahresvergleich zum Teil sogar gesunken.

Wie sieht es auf der Bundesebene aus, die Sie in Ihrem Entschließungsantrag ja so gelobt haben für die Entwicklung dieses Haushaltstitels? Sie rühmen diese Forschungsausgaben, lassen aber unerwähnt, dass im Jahr 1998 die Sozialdemokraten die Verdoppelung der Ausgaben beschlossen und angekündigt hatten.

Jetzt stellen wir einen Zuwachs in Höhe von 7,7 % im Vergleich zum Haushaltsjahr 1998 fest. Bereinigt um die Inflationsrate im gleichen Zeitraum in Höhe von 8,4 % ist das sogar noch eine Kürzung, meine Damen und Herren. Sie versuchen hier, die Menschen mit statistischen Tricks zu veräppeln. In Wahrheit hat sich an der Schwerpunktsetzung für Forschung und Innovationen auch in der Bundesrepublik nichts getan.

(Beifall von der CDU - Hannelore Kraft [SPD]: Das ist falsch! Gucken Sie sich ein- mal die Zahlen an!)

- Ich habe Ihnen die Zahlen genannt: 7,7 % Zuwachs zu 8,4 % Inflationsrate. Das ist unter dem Strich weniger für Forschung, als Sie den Eindruck erwecken.

(Hannelore Kraft [SPD]: Sollen wir die Zah- len noch einmal heraussuchen? Das machen wir gerne!)