Protocol of the Session on September 15, 2005

- Es wird auch Ihnen nicht gelingen, Frau Kraft, Adam Riese zu überlisten.

Die Exzellenzinitiative ist ein Schritt in die richtige Richtung. Das sage ich ausdrücklich. Dass die Exzellenzinitiative aber tatsächlich eine Wirkung entfalten kann, ist ausdrücklich dem zähen Ringen in der Ministerpräsidentenkonferenz und auch in der Runde der Wissenschaftsminister zu verdanken.

Dadurch ist es erstens möglich geworden, dass der Sperrvermerk im Hochschulbau aufgehoben wird. Es war doch die ursprüngliche Absicht der Bundesregierung, kompensatorisch im Bereich des Hochschulbaus zu kürzen. Da gab es einen Sperrvermerk, der erst im Juni dieses Jahres aufgehoben worden ist.

Zweitens. Die dritte Förderlinie, die „Zukunftskonzepte zum projektbezogenen Ausbau der universitären Spitzenforschung“, kam erst nach den Verhandlungen in der Ministerpräsidentenkonferenz neu hinzu.

Zum Dritten ist vor allem erreicht worden, dass das unsinnige Instrument der „Eliteuniversität“ zurückgewiesen worden ist.

Innovation lässt sich nicht staatlich verordnen, politisch planen oder schlicht erkaufen. Der Staat kann die Marktkompetenz der Wirtschaft und die Forschungskompetenz der Wissenschaft nicht ersetzen. Viel zu lange hat sich die rot-grüne Koalition das Wissen angemaßt, Hochschulen, Forschungseinrichtungen und Unternehmen mit bürokratischen Vorgaben steuern zu wollen, auch im Innovationsbereich.

(Karl Schultheis [SPD]: Quatsch!)

Die wichtigste Voraussetzung für Neuerungen in Forschung und Technologie ist aber die Freiheit von Wissenschaftlern und Ingenieuren, ungehindert aus dem in der Gesellschaft vorhandenen Wissen Neues schöpfen zu können. Freiheit von Bürokratie ist damit Freiheit für Innovation. Dieser Erkenntnis wollen wir Geltung verschaffen. Um den Blick in die Zukunft zu wenden, müssen wir mehr tun, als nur zusätzliche Mittel zur Verfügung zu stellen.

(Zuruf von Hannelore Kraft [SPD])

Wir müssen insbesondere im Bereich der Hochschulbürokratie ansetzen. Das müssen die nächsten Schritte auf dem Weg zu einem innovationsfreundlichen Nordrhein-Westfalen sein.

(Karl Schultheis [SPD]: Welche Schritte mei- nen Sie denn?)

Dank Ihrer Regierung steht in NordrheinWestfalen der dichtesten Hochschullandschaft auch die dichteste Hochschulbürokratie gegenüber.

(Hannelore Kraft [SPD]: Details!)

Detailregelungen der Landesregierung fesseln das Innovations- und Wachstumspotenzial - mit den Vorgaben des Dienst- und Tarifrechts, der unzureichenden Budgethoheit, der fehlenden Bauherren- und Dienstherreneigenschaft und nicht zuletzt wegen der Zuteilung von Studenten durch die ZVS.

(Hannelore Kraft [SPD]: Genau!)

Statt eines generellen Auswahlrechts werden die NRW-Hochschulen im Wettbewerb mit privaten und öffentlichen Wettbewerbern um die besten Köpfe behindert.

Exzellente Wissenschaftler werden mit starren Besoldungsvorgaben, unklaren Karriereperspektiven und bürokratischen Gängelungen zu Lehrumfang, Präsenz- und Mittelverwaltung aus Nordrhein-Westfalen vertrieben. Die Berufungsfähigkeit der nordrhein-westfälischen Hochschulen muss verbessert werden. Sie hält den nationalen

und internationalen Wettbewerbsanforderungen nicht stand.

Meine Damen und Herren, die Exzellenzinitiative - das ist mein Schlusssatz - ist ein Schritt in die richtige Richtung. Dass es möglich geworden ist, trotz der angespannten Haushaltslage den NRWBeitrag zu leisten, ist ein Verdienst der neuen Landesregierung. Aber all das darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass es nur ein Einstieg in einen Prioritätenwechsel in diesem Land ist, der irgendwann mehr Innovation auf internationalem Niveau möglich macht, der dann auch zu neuen Arbeitsplatz- und Wachstumschancen führen kann. - Vielen Dank.

(Beifall von FDP und CDU)

Vielen Dank, Herr Kollege Lindner. - Als nächster Redner hat für die SPD-Fraktion der Kollege Schultheis das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Sowohl Kollege Brinkmeier als auch Kollege Lindner haben sich heute aufs Märchenerzählen verlegt. Das kann man besser oder schlechter machen, aber Märchen haben immer einen Kern, den man versteht. Bei Herrn Brinkmeier hatte ich große Probleme, den Kern dessen zu verstehen, was er wollte.

(Zuruf von der CDU)

Herr Lindner, ich glaube, Sie sollten einmal nach Bayern fahren und dort mit Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern, die entweder nach NRW zurückgekommen sind oder den anderen Weg gehen, über Hochschulbürokratie diskutieren.

(Hannelore Kraft [SPD]: Genau!)

Reisen bildet auch in diesem Falle. Nicht alles, was es an Fehlentwicklungen geben mag, woran man arbeiten kann, hat sich auf NordrheinWestfalen gestürzt. Sie werden feststellen, dass es in vielen Bundesländern und darüber hinaus solche Entwicklungen gibt. Ich weiß aus meiner beruflichen Tätigkeit in der Auseinandersetzung mit Kolleginnen und Kollegen aus anderen Bundesländern, dass man sehr viele Entwicklungen in Nordrhein-Westfalen sehr positiv aufgenommen hat. Beispielsweise die Einführung der KostenLeistungs-Rechnung, die Einführung der Globalhaushalte, überhaupt die Finanzautonomie sind Markenartikel, die ihren Ausgangspunkt in Nordrhein-Westfalen genommen haben. Viele Bundesländer wären froh, wenn sie in dieser Entwicklung so weit wären wie Nordrhein-Westfalen.

Es war ein ganzes Paket; Sie haben sich weniger zur Exzellenzinitiative geäußert. Wir sollten über die Frage der FuE-Ausgaben noch einmal diskutieren; da gibt es aus meiner Sicht Aufklärungsbedarf in Ihre Richtung.

(Zuruf von Christian Lindner [FDP])

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, die SPD-Landtagsfraktion begrüßt die Einigung von Bund und Ländern, die Exzellenzinitiative und den Pakt für Forschung schlussendlich auf den Weg zu bringen. Es ist ein ganz wichtiger Schritt. Hier wurde leider viel Zeit vertan. Mit der Unterschrift aller Bundesländer vom 19. Juli kann nunmehr diese Initiative, der Pakt für Forschung, in Kraft treten.

Absolut unverständlich ist, dass CDU und FDP im Landtag den Eindruck erwecken wollen, dass sie in besonderer Weise zu diesem Erfolg beigetragen haben. Wir können nicht erkennen, wo dieser Beitrag erbracht worden sein soll. Im Gegenteil muss in Erinnerung gerufen werden, dass insbesondere der hessische Ministerpräsident Roland Koch weit über ein Jahr die Initiative der Bundesministerin für Bildung und Forschung, Frau Bulmahn, zum Schaden der Hochschulen und der Forschungseinrichtungen aufgehalten hat. Das war bestimmt kein Beitrag zur Stärkung des Standorts Deutschland.

Man muss natürlich fragen, wieso unmittelbar nach den Landtagswahlen in Nordrhein-Westfalen diese Einigung möglich war. Wir sind froh, dass sie zustande gekommen ist, aber wenn man bösgläubig ist, kann man sich denken, warum diese Initiative aufgehalten worden ist, und zwar immer zum Schaden derjenigen, die wir gemeinschaftlich - so sagen zumindest alle im Hause - unterstützen wollen.

Im Gegenteil: Der jetzige Ministerpräsident unseres Landes trägt die Verantwortung dafür, dass in den 90er-Jahren - Herr Stahl ist jetzt leider nicht hier; Rüttgers/Stahl war auch solch ein Tandem -….

(Manfred Kuhmichel [CDU]: Erfolgreich!)

- Nein, das war nicht erfolgreich; es hat in den 90er-Jahren die Forschungsausgaben drastisch reduziert. Man hat ein paar elegante Schlenker gemacht, zum Beispiel im Bioregiowettbewerb, aber das ändert nichts daran,

(Zuruf von Manfred Kuhmichel [CDU])

dass die Forschungsausgaben insgesamt gekürzt worden sind. Erst die Regierung Schröder hat in den letzten sieben Jahren mit der Ministerin Bul

mahn die Forschungsausgaben insgesamt um 37 % erhöht.

(Christian Lindner [FDP]: Unsinn! 7,7 %!)

Das ist eine Zahl, die steht. Um 37 % sind die Ausgaben angewachsen. Es könnte natürlich sein, dass die CDU/FDP-Regierung die Kürzungen gegenrechnet, aber die Steigerungen in diesem Haushalt liegen bei 37 %.

(Zuruf von Christian Lindner [FDP])

Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Brinkmeier?

Herr Brinkmeier.

Herr Kollege, möchten Sie zur Kenntnis nehmen, dass diese von Ihnen gerade erwähnten 37 % zum größten Teil darauf zurückzuführen sind, dass Frau Bulmahn einen großen Ganztagsschultopf dort hineingepackt hat? Die Steigerungen sind nicht durch die Forschungsausgaben entstanden.

Sie meinen jetzt die 4 Milliarden €. Das ist allerdings auch gut angelegtes Geld. Sie müssen das Bildungssystem als Bildungskette sehen. Insofern ist dieses Geld auch eine hervorragende Investition für unsere Hochschulen. Sie müssen nicht so kurz denken, Herr Brinkmeier. Das ist nicht gut.

(Dr. Michael Brinkmeier [CDU]: Keine Sor- ge!)

Sie beklagen also in Ihrem Antrag die Versäumnisse der Regierung Kohl und damit des vergangenen Zukunftsministers Rüttgers und natürlich auch des Herrn Stahl. Dass Sie hier Kritik üben, tun Sie meines Erachtens zu Recht, aber schieben Sie das Ganze nicht auf die falsche Seite.

Mit der Exzellenzinitiative und mit dem Pakt für Forschung stehen jetzt 1,9 Milliarden € bis 2011 für drei Förderlinien zur Verfügung. Die erste Tranche von 714 Millionen € ist bereits durch die Bundesregierung bewilligt. Der Bund - das wurde bereits erwähnt - wird die Finanzierung zu 75 % übernehmen.

So ist es nur folgerichtig - und die Vorgängerregierung, das heißt sowohl der ehemalige Ministerpräsident Steinbrück als auch die Forschungs- und Wissenschaftsministerin, hat klargemacht -: Wir werden für die Kofinanzierung zusätzliche Mittel bereitstellen und sie nicht aus irgendwelchen

Zentralmitteln oder aus den Hochschulhaushalten zusammenkratzen.

Noch die SPD-geführte Landesregierung hat gemeinsam mit den Hochschulen die Vorbereitungen getroffen, dass sich nordrhein-westfälische Hochschulen und Forschungseinrichtungen mit der Aussicht auf Erfolg an diesem Wettbewerb, der jetzt anlaufen wird, beteiligen können.