Protocol of the Session on October 24, 2007

Meine Damen und Herren, unbeschadet der Versicherungsproblematik, der Zuteilungsrechte von

Emissionszertifikaten: Über vieles in dem Antrag, was Kollege Priggen aufgeschrieben hat, haben wir keine großen Meinungsverschiedenheiten. Das sind Vorstellungen, das ist eine Situationsbeschreibung – ich glaube, Kollege Weisbrich hat es dargestellt –, über die wir uns nicht nur gut unterhalten können: Da werden wir eine breite Schnittmenge von gemeinsamen Positionen finden.

Zu der Schlussfolgerung, die Sie ziehen, Energieministerin Thoben wolle die angekündigten Strompreiserhöhungen deshalb kartellrechtlich überprüfen lassen: Natürlich ist sie dabei und hat es gemacht. Sie hat auch bei den Netzentgelten schon erheblich eingegriffen. Das ist doch alles positiv. In dieser Hinsicht verstehe ich den Antrag dann nicht. Wären Sie zu anderen Schlussfolgerungen gekommen, wie wir hier konkret vorgehen sollen, hätten wir besser diskutieren können.

Und leider, Herr Kollege Priggen, ist Ihre Fraktion die falsche, dieses nach vorne zu bringen. Ich erinnere mich noch an die Forderung der Grünen, man müsse die Energie verteuern: fünf Mark für den Liter Benzin. Das sei das Richtige.

Wenn ich die Diskussion vor Ort in Krefeld, auf die wir gleich kommen, damit verbinde, dann fällt es mir schwer, eine Übereinstimmung in der Zielrichtung Ihres Antrags und dem konkreten Handeln ihrer Fraktion zu finden. – Danke schön.

(Beifall von der FDP)

Herr Ellerbrock, ich möchte Sie darauf hinweisen, dass ich die Aussage, die Sie in Ihrer Rede gegenüber Frau Schulze gemacht haben, noch einmal prüfen werde. Ich habe dieses als unparlamentarisch empfunden.

(Beifall von SPD und FDP)

Aber ich prüfe das.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Frau Kollegin Schulze, ich habe eben den Ausdruck Dummheit verwendet. Dafür möchte ich mich entschuldigen. Ich möchte es ersetzen durch „eine eingeschränkte Wahrnehmungsfähigkeit der Realität.“

(Beifall von der FDP)

Danke schön, Herr Kollege Ellerbrock. – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen spricht nun der Kollege Priggen.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Wer jemanden, der in der Debatte eine andere Meinung hat, beschimpft, verhält sich unparlamentarisch. Die Entschuldigung ändert nichts am Sachverhalt. Insofern finde ich das, ehrlich gesagt, ebenso hilflos

(Beifall von den GRÜNEN)

wie insgesamt die Antworten der Regierungsfraktionen und der Regierung.

Der Antrag auf Aktuelle Stunde lautete: „Ungerechtfertigte Strompreiserhöhungen der Energiekonzerne – Was tut die Landesregierung?“ Das ist ein Thema, welches seit Tagen in allen Zeitungen steht, das schon am Sonntagabend im ersten Programm mit Herrn Bernotat, Frau Höhn und anderen in der Diskussion war.

(Vorsitz: Vizepräsident Oliver Keymis)

Dass das ein aktuelles Thema ist, das wird keiner bestreiten.

Zu der Frage, was Sie als regierungstragende Fraktionen bzw. Regierung tun: Ich habe in meinem ersten Beitrag versucht, akribisch herzuleiten, warum einzelne Faktoren kein Grund für die Strompreiserhöhung sein können: nicht die Mehrwertsteuer – sie ist im Januar in die 10-%Erhöhung eingepreist worden –, nicht das EEG – das liefert allenfalls 0,2 % –, nicht die Kohlepreiserhöhung. Es geht um den Gesamtzusammenhang.

Ich habe Ihnen dargelegt, warum 10 % nicht legitim sind, sondern es allenfalls aus den Fakten, die ich kenne, inklusive Gehaltserhöhungen allerhöchstens aus 1 % sein könnte.

Dann ist die Frage: Was tun Sie? Denn das ist eine Sache, die viele betrifft.

Ich habe nicht gesagt, dass wir keine Steuern auf Energie mehr nehmen sollen. Das wäre völliger Unfug. Der Staat braucht, wenn er seine Aufgaben erfüllen will, wenn er alles machen will, was er machen soll, Steuern. Er erhebt sie an verschiedenen Stellen. Es ist richtig, dass er einen Teil dieser Steuern bei der Energie holt. Das ist nicht das Thema.

Der entscheidende Punkt ist, dass jemand, ohne dass er eine vernünftige Begründung dafür liefern kann, sich – auf Deutsch gesagt – die Taschen füllt,

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

eine Gesetzeslücke ausnutzt und den großen Schluck aus der Flasche nimmt, bevor möglicherweise das Kartellrecht ab 1. Januar anders greift.

Herr Kollege Lienenkämper, da sind wir nicht auseinander: Die Meinung, dass die Beweislast umgekehrt werden muss, dass die Konzerne akribisch begründen müssen, warum sie ihre Preise erhöhen, teile ich. Das ist ein Schritt.

Aber im Grundsatz – darüber müsste man reden, dazu ist von Ihnen überhaupt nichts gesagt worden – ist es so: Die Marktkonzentration nimmt zu, nicht ab. Es ist doch nicht so, dass durch erfolgreiche Politik die großen Vier Marktanteile verlieren, sondern die Konzentration geht weiter. Diese Konzentration missbraucht ihre Stärke.

Die Frage ist: Wie geht Politik jenseits irgendwelcher kleinteiliger Unterstellungen, der eine oder andere wäre nicht intelligent genug – das ist nicht der Punkt – damit um? Die Frage ist: Was machen wir, wenn ein wirtschaftliches System, das eigentlich hoch leistungsfähig ist, aus dem Ruder läuft? Mit der Konzentration verbunden sind nicht nur willkürliche Preise, sondern auch eine Innovationsfeindlichkeit und im Prinzip eine nicht umweltgerechte Energieerzeugung.

Auf all die Fragen und auch darauf, wie die Landesregierung, wie die sie tragenden Fraktionen mit den 10 % umgehen wollen, gibt es keine Antwort.

Ich werde nachher in der Diskussion zu Krefeld dazu viel sagen. Dort bleibe ich Ihnen die Antwort nicht schuldig.

Dass man heute von einer Verknappung im Kraftwerkssektor – Kollege Weisbrich und Kollege Brockes haben es erwähnt – spricht, ist doch durch Fakten nicht belegt. Im Gegenteil werden wir zunehmend zu einem Stromexportland werden. Anders als in der Vergangenheit, als wir in Deutschland in der Stromerzeugung immer plus/minus null bei Exporten und Importen waren, liefern wir jetzt nach Frankreich oder Spanien. Wer den Auftritt von Herrn Minister Gabriel in Krefeld verfolgt hat, erkennt, dass es offensichtlich das Ziel ist, die Stromerzeugung auf der Basis von Kohle noch höher zu fahren und den Strom dann zu exportieren.

Zur Trennung von Netz und Erzeugung. Herr Weisbrich war da etwas indifferent, Herr Lienenkämper war offener dafür, Herr Brockes hat es klar abgelehnt. Diese Trennung ist kein Schreckgespenst, das wir einführen wollen, sondern ist in einer Reihe von Ländern in Europa bereits Praxis, vor allen Dingen in den skandinavischen Ländern.

Dabei ist ganz klar: Derjenige, der nur das Netz hat, hat ein Interesse daran, dass sich viel durch das Netz bewegt, während derjenige, der die Erzeugung und das Netz hat, daran interessiert ist, dass kein anderer durch das Netz kommt.

Frau Ministerin hat positiv auf die Einweihung des GuD-Kraftwerks der Trianel in Hamm hingewiesen. Der norwegische König ist letzte Woche da gewesen. Sie haben damals den Grundstein gelegt, Herr Ministerpräsident.

(Ministerpräsident Dr. Jürgen Rüttgers: Ich war auch da!)

Sie waren auch da. Gut, dann habe ich die Majestäten in der Reihenfolge hierarchisch hintereinander gesetzt.

Diese Kraftwerke sind – das wissen alle, die beteiligt waren – gegen den erbitterten Widerstand der großen Energieversorgungsunternehmen sowohl auf der Gasversorgungs- als auch auf der Stromabnahmeseite gebaut worden. – So sieht die Geschichte aus.

(Beifall von den GRÜNEN)

Wie kriegen wir das in den Griff? – Wir werden – das kann ich Ihnen nicht ersparen – noch einmal qualifiziert über Gas reden müssen, denn der Missbrauch beim Gas ist viel krasser, ist noch viel stärker als im Strombereich. Sie haben einmal unseren Antrag, wir brauchten einen LNGTerminal, etwas kaltschnäuzig abgewehrt mit dem Argument: NRW hat keine Küste. Ich kann Ihnen sagen: Damit kommen wir wieder, weil das umso wichtiger wird, je weiter die Konzentration auch da voranschreitet.

Insofern rechtfertigt das Thema absolut eine Aktuelle Stunde. Ich freue mich auf die Steinkohlenkraftwerksdebatte gleich unter Tagesordnungspunkt 3. – Danke schön.

(Beifall von den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Priggen. – Für die Landesregierung hat Herr Minister Uhlenberg das Wort.

Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Es ist in der Tat eine interessante Debatte, die heute stattfindet.

Herr Abgeordneter Priggen, es ist noch nicht so lange her, dass gerade von Ihrer Fraktion hohe Strompreise als ein Ausweis einer progressiven Umweltpolitik dargestellt worden sind. Wenn sich

heute die Grünen an die Spitze der Bewegung stellen möchten, um die Energiepreiserhöhung anzuprangern, dann muss man sicherlich an die Vergangenheit erinnern, in der von Ihnen gerade im Bereich der Umweltpolitik hohe Strompreise gefordert worden sind – mit allen negativen Konsequenzen, insbesondere für die Wirtschaft und die Verbraucherinnen und Verbraucher in Nordrhein-Westfalen.

Frau Kollegin Thoben ist auf wichtige Maßnahmen der Landesregierung eingegangen. Ich möchte das noch durch zwei Dinge ergänzen:

Meine Damen und Herren, wenn wir das Problem der steigenden Strompreise in den Griff bekommen wollen, dann geht das im Strommarkt wie in allen anderen Bereichen auch nur durch mehr Wettbewerb. Das betrifft sowohl die Wirtschaft als auch besonders die Verbraucherinnen und Verbraucher.

Wenn wir in Nordrhein-Westfalen – ich bin vor zwei Tagen in Bielefeld und in Minden-Lübbecke gewesen – mit unserer EnergieEffizienzAgentur in die Betriebe hineingehen mit dem Anspruch, unter ökologischen und wirtschaftlichen Gesichtspunkten Vorteile und Fortschritte in Bezug auf die Effizienz der Betriebe im Bereich Strom, Abfall und vielen anderen Bereichen der Energieproduktion zu erzielen, um umweltpolitisch voranzukommen, aber auch um die Wettbewerbsfähigkeit dieser Betriebe zu sichern, dann sind wir auf einem guten Weg.

Ich wünsche mir, dass wir nach den ersten 900 Betrieben, die die Landesregierung über das Prinzip ÖKOPROFIT, über die EnergieEffizienzAgentur in Nordrhein-Westfalen erreicht hat, viele weitere Betriebe in den nächsten Jahren auf den Weg bringen, insbesondere mittelständische Betriebe, Kleinbetriebe, die oft mangels des entsprechenden Apparates nicht die Kraft besitzen, ihre Probleme auf den Feldern Energieversorgung, Wettbewerbsfähigkeit und Preisvergleich zu lösen. Von daher ist die Arbeit der EnergieEffizienzAgentur in Nordrhein-Westfalen sehr wichtig.

Noch einmal: Ich freue mich, dass wir inzwischen mit ÖKOPROFIT über 900 Betriebe in NordrheinWestfalen beraten haben. Das hat dazu geführt, dass der Energieverbrauch in diesen Betrieben zurückgeht, was gerade unter ökologischen Gesichtspunkten von großer Bedeutung ist.

Ich möchte einen weiteren Aspekt aufgreifen, den der Kollege Ellerbrock angesprochen hat: die Situation der Verbraucherinnen und Verbraucher in Nordrhein-Westfalen. – Auch hier tut sich viel. Die Energiepreiserhöhung ist letztlich nur über den