Protocol of the Session on October 8, 2009

In der heutigen Ausgabe der „Westdeutschen Allgemeinen Zeitung“ können wir lesen, dass der Präsident der Niederrheinischen Industrie- und Handelskammer, Thomas Hüttemann, von der Landesregierung – ich zitiere – zügige und vor allem im Ergebnis verlässliche Antrags- und Genehmigungsverfahren – Zitat Ende – fordert.

Der Bochumer IHK-Hauptgeschäftsführer Tillmann Neinhaus schreibt Ihnen, Frau Thoben, ins Stammbuch – Zitat –: Es darf nicht sein, dass Landespolitik durch Gerichtsentscheide ersetzt wird.

Frau Ministerin, Sie haben in Ihrer Amtszeit das Vertrauen der Menschen in eine solide und verlässliche Regierungspolitik in einer Art und Weise und in einer Geschwindigkeit verspielt, wie es in diesem Land ohne Beispiel ist.

(Beifall von Hans-Theodor Peschkes [SPD])

Ihr heutiger Gesetzentwurf ist doch Ihr Eingeständnis, dass Sie in dieser Legislaturperiode in diesem wichtigen Bereich nichts mehr zustande bringen.

(Thomas Eiskirch [SPD]: Absolute Arbeits- verweigerung!)

Frau Thoben, Ihre Überforderung und Ihre Amtsmüdigkeit sind inzwischen unübersehbar. Sie scha

den unserem Land in einem Ausmaß, das noch gar nicht absehbar ist.

Lassen Sie mich zum Ende dieser Feststellung festhalten: Das E.ON-Kraftwerk scheitert nicht am politischen Willen der Beteiligten hier im Hause, Frau Thoben. Es scheitert einzig und allein an Ihrem Regierungsmurks. Das werden wir in den weiteren Beratungen immer wieder feststellen. – Vielen Dank fürs Zuhören.

(Beifall von der SPD)

Vielen Dank, Herr Kollege Römer. – Als nächster Redner hat für die Fraktion der CDU der Kollege Wittke das Wort. Bitte schön, Herr Abgeordneter.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Erlauben Sie mir, dass ich zur Sache rede. Denn, Herr Kollege Römer, es geht ja nicht darum, Ihre Dauerpolemik ständig zu wiederholen und damit zu verschleiern, dass Sie als Sozialdemokratie sich von wichtigen industriepolitischen Projekten in Nordrhein-Westfalen verabschieden, sondern es geht schlicht darum, ein Gesetz auf den Weg zu bringen, das wichtige Regelungen für die Landespolitik dauerhaft verändern wird.

Wir sind froh darüber, dass sich diese Landesregierung endlich aufmacht, das aufzuarbeiten, was während rot-grüner Regierungsverantwortung liegen geblieben ist.

(Beifall von der CDU – Thomas Eiskirch [SPD]: Reden Sie doch einmal zum Tages- ordnungspunkt!)

In der Tat stimmt es, dass Landesentwicklungsprogramm und Landesentwicklungsplan schon in der letzten Legislaturperiode zusammengeführt werden sollten. Es waren Ihre Spitzenbeamten, die im Jahre 2002 angekündigt haben, dass in den Jahren 2003 und 2004 das Landesentwicklungsprogramm und der Landesentwicklungsplan zusammengeführt werden sollen.

Nichts ist bis dahin geschehen! Sie haben Versäumnisse auf sich geladen und es nicht fertiggebracht, diese beiden wichtigen Vorhaben zusammenzuführen. Angesichts dessen mutet es schon ein bisschen verwunderlich an, wenn Sie von hier aus immer wieder die alte Leier von angeblichen Versäumnissen und angeblichem Vertrauensverlust bringen.

(Frank Sichau [SPD]: Tatsächlichem!)

Wenn Anlass besteht, an jemandem Kritik zu üben, dann sicherlich an Ihnen. Denn Sie haben es bis heute nicht geschafft, Herr Römer, ein klares Ja zum Kraftwerksstandort in Datteln zu sagen.

(Beifall von CDU und FDP)

Das ist der eigentliche Skandal in der Diskussion: Sie reden über Verfahren und Fristen! Sie reden über Gesetze, aber Sie haben nicht die Traute, den Menschen vor Ort zu sagen: Jawohl, wir wollen dieses Kraftwerk! Jawohl, wir wollen diesen Standort in Datteln!

(André Stinka [SPD]: So ein Blödsinn, lenken Sie doch nicht ab! – Thomas Eiskirch [SPD]: Das ist wider besseres Wissen!)

Ich wäre gerne einmal dabei, wenn in der IG BCE genau über dieses Thema diskutiert wird. Ich wäre gerne einmal dabei, wenn die Kolleginnen und Kollegen mit dem Gewerkschaftsfunktionär Römer darüber sprechen, was er denn dazu beigetragen hat, dass dieser Kraftwerksstandort endlich abgesichert wird. Herr Kollege Römer, ich wäre auch gerne dabei, wenn Sie sich für einen Kurs, der ein Schlingerkurs ist, rechtfertigen. Denn Sie haben die gemeinsame Basis verlassen. Sie haben nicht mehr die Traute, ja zu diesem Kraftwerksstandort zu sagen. Da können Sie noch so viele Verleitfährten legen.

Sie können sich an noch so vielen Stellen im Detail verlieren, wahr bleibt: Sie haben sich von einem industriellen Großprojekt verabschiedet, das für die weitere Entwicklung des Landes wichtig ist. Sie sind nicht bereit, die Last ein Stück weit mitzutragen. Denn ein industrielles Großprojekt ist immer auch Last und nicht nur Lust.

Darum sind wir auf die weiteren Beratungen gespannt. Wir sind gespannt auf Ihre weiteren Positionierungen, und wir sind gespannt auf Ihre weiteren Eiertänze, die Sie veranstalten werden.

(Thomas Eiskirch [SPD]: Die gibt es doch gar nicht!)

Eines kann ich Ihnen versichern: Wir werden Sie als größte Oppositionspartei nicht aus der Verantwortung entlassen und an jeder Stelle deutlich machen, wo Sie in der Vergangenheit Verantwortung getragen haben und diese Verantwortung auch künftig noch werden fortsetzen müssen. Denn es waren sozialdemokratisch geführte Landesregierungen, die dieses industrielle Großprojekt auf den Weg gebracht haben. Deshalb können Sie sich jetzt nicht in die Büsche schlagen und hinter Gerichtsurteilen verstecken nach dem Motto: Wir haben mit all dem nichts mehr zu tun!

In diesem Sinne sind wir auf die weiteren Beratungen gespannt, insbesondere auf die im Fachausschuss, wo wir die Detaildebatten führen können – die gehören nämlich in der Tat nicht in dieses Plenum –,

(André Stinka [SPD]: Weil Sie sich nicht trau- en!)

als auch auf die Endabstimmung in diesem Hohen Hause. – Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von CDU und FDP)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Wittke. – Als nächster Redner hat für die Fraktion der FDP der Abgeordnetenkollege Brockes das Wort. Bitte schön.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Weil 2004 und 2005 nahezu das gesamte Landesrecht unter den grundsätzlichen Vorbehalt der Befristung und ständigen Überprüfung gestellt wurde, muss nun auch im Zuständigkeitsbereich des Wirtschaftsministeriums entschieden werden, ob bis zum Jahresende 2009 befristete Gesetze verlängert werden. Insofern geht es bei dem vorliegenden Gesetzentwurf der Landesregierung lediglich um eine technische Frage. So viel, meine Damen und Herren, zum vorliegenden Gesetzentwurf.

Die Sozialdemokraten meinen, bei diesem Gesetzentwurf heute Ihre verfehlte Diskussion von gestern in der Aktuellen Stunde und zu dem Eilantrag fortsetzen zu können. Lieber Kollege Römer, ich hätte mir nicht nur gewünscht, dass Sie mir jetzt zuhören, sondern dass Sie das nachgeholt hätten, was Sie gestern versäumt haben, nämlich ein klares Bekenntnis zum Kraftwerk in Datteln zu äußern. Das ist Ihnen wieder nicht über die Lippen gekommen.

Ich habe gut zugehört: Sie haben eben wohl gesagt, das Kraftwerk in Datteln werde nicht am Parlament scheitern. – Das waren Ihre Ausführungen. Ja, lieber Kollege Römer, das Kraftwerk in Datteln wird in diesem Hause nicht scheitern, weil – wie wir es bereits deutlich gemacht haben – CDU und FDP ein klares Bekenntnis abgeben und sagen, dass sie zu diesem Kraftwerk stehen. Das schaffen Sie heute wieder nicht, und das zeigt einmal mehr, in welch desolatem Zustand sich die Sozialdemokratie gerade hier in Nordrhein-Westfalen befindet. – Vielen Dank!

(Beifall von FDP und CDU)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Brockes. – Als nächster Redner hat für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen der Abgeordnete Remmel das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir befassen uns heute mit einem Artikelgesetz der Landesregierung betreffend das Thema Rohrleitungsanlage, das Gesetz zur Landesentwicklung – LEPro – und das Gesetz über die Vergabe von Subventionen nach Landesrecht.

Zu den drei Artikeln möchte ich einige kurze Anmerkungen machen.

Zunächst zum Rohrleitungsgesetz. Hintergrund des Gesetzes ist die im Mai 2009 in Betrieb genommene Propylen-Pipeline zur Verbindung der Chemiestandorte Duisburg und Marl. Dieses Gesetz enthält eine Berichtspflicht bis zum 31.12.2009, die nun bis zum Ablauf des Jahres 2014 verlängert worden ist und anschließend in einem fünfjährigen Turnus fortgesetzt werden soll. – Dieser Verlängerung stimmen wir zu, zumal bislang keine Enteignungsmaßnahmen erfolgt sind.

Nun zum LEPro. Der vorliegende Entwurf setzt die Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs NRW vom 26.08.2009 um und streicht die vom Gericht monierte FOC-Regelung. Überdies verlängert er das zum 31. Dezember 2009 auslaufende Gesetz bis zum 31. Dezember 2011.

Nicht nur gestern in der Aktuellen Stunde haben wir uns darüber mit der Landesregierung und den Koalitionsfraktionen kritisch ausgetauscht. Die Landesregierung bleibt mit dieser Verlängerung hinter ihrer Ankündigung, LEP und LEPro zeitnah zusammenzuführen, zurück.

Im Übrigen sehen wir diese Zusammenführung kritisch. Wir könnten uns eher eine Zusammenführung von Landesplanungsgesetz und LEPro vorstellen, weil die Beteiligung des Parlamentes und der Ausschüsse damit gesichert ist. Ich will das jetzt nicht noch einmal vertiefen, aber das ist nicht nur eine technische Veränderung des Gesetzes, sondern zeigt auch, dass die Landesregierung in dieser Legislaturperiode keine Änderung des Landesplanungsrechtes und des LEPs mehr hinbekommt.

Ich möchte für meine Fraktion noch einmal ausdrücklich betonen, dass wir in Bezug auf die Factory-Outlet-Center eine bedeutende Steuerungsfunktion des Landes nach wie vor für unumgänglich halten. Es gilt, diese Steuerungsfunktion und die Erfordernisse kommunaler Planungshoheit miteinander so in Einklang zu bringen, dass die landesplanerischen Vorgaben tatsächlich Wirkung entfalten können.

Nach unserer Einschätzung ist dies möglich, da der VGH die Steuerungsfunktion des Landes nicht grundsätzlich in Abrede stellt. Er moniert – zumindest ausweislich der mündlichen Urteilsbegründung – die ausnahmslose Festlegung der Schwellenwerte sowie die Ausgestaltung als strikte Verbotsnorm.

Für uns Grüne gilt, dass großflächiger Einzelhandel in integrierte Lagen, also in die Innenstädte, nicht auf die grüne Wiese gehört. Einzelhandelsprojekte wie großflächige Factory-Outlet-Center, deren Struktur erkennbar darauf abzielt, Kaufkraft in Verbindung mit zentrenrelevanten Sortimenten überregional auf sich zu ziehen, dürfen nicht in völliger Beliebigkeit in der Fläche wie Pilze aus dem Boden schießen.

An dieser Stelle möchte ich die Landesregierung auffordern, den Bestrebungen der EU – ich erinnere

an das Mahnschreiben der Kommission vom Juli –, die Regelungen im LEPro als Verstoß gegen die Niederlassungsfreiheit zu brandmarken, entschieden entgegenzutreten.

Mein dritter Punkt betrifft das Gesetz über die Vergabe von Subventionen nach Landesrecht. Dieses Gesetz ist die formale Voraussetzung dafür, dass der Subventionsbetrug bei Landesförderungsmaßnahmen strafrechtlich auf der Basis des § 264 Abs. 8 Strafgesetzbuch verfolgt werden kann. Insofern ist die hier vorgelegte Verlängerung bis 2016 schlichtweg unumgänglich. Diejenigen, die sich in krimineller Weise Subventionen erschleichen oder die erhaltenen Subventionen in sträflicher Weise zweckentfremden, müssen für ihr Tun zur Rechenschaft gezogen werden.

(Beifall von den GRÜNEN)

Der Überweisung des Gesetzentwurfes an die zuständigen Ausschüsse stimmen wir selbstverständlich zu, und wir erwarten eine interessante fachliche Debatte.

(Beifall von den GRÜNEN)