Wir haben die Möglichkeit, mit einer Demonstrationsanlage in Hürth den Beweis dafür zu liefern, dass das geht. Aber das dort anfallende CO2 muss irgendwo gelagert werden. Wenn wir da jetzt weder die Pipeline noch die Lagerung hinbekommen, dann wird es diese Demonstrationsanlage in Hürth nicht geben. Dies hätte gravierende Auswirkungen auf die Braunkohle; denn ich glaube schon, dass die Braunkohle als größter CO2-Emittent zwingend auf CO2-Abscheidung angewiesen ist, wenn wir die Klimaschutzziele erreichen wollen, die wir uns vorgenommen haben.
Ich weiß, dass die Grünen immer gegen den Braunkohletagebau waren und genau bei dieser Problematik einen wunderbaren Hebel sehen – so verstehe ich auch die Einlassungen von Herrn Priggen –, die weitere Förderung von Braunkohle nun doch noch auf Dauer zu blockieren. Das ist aber nicht unser Interesse. Wir wollen, dass hier in NordrheinWestfalen – wir sprechen über unser Bundesland – auch künftig Braunkohle gefördert wird und dass wir aus Braunkohle entweder durch Umwandlung elektrische Energie oder aber durch diesen Prozess, der jetzt mit CCS umschrieben wird, Ausgangsstoffe gewinnen können, die wir auch in anderen Bereichen gut brauchen können: in der chemischen Industrie, als Treibstoffe für Fahrzeuge oder möglicherweise sogar als Grundlage für die sogenannten Brennstoffzellen, nämlich Wasserstoff. Das alles können wir durch Kohlevergasung bzw. Kohleverflüssigung in diesem Prozess gewinnen. Um dies auszuprobieren und festzustellen, ob das wirtschaftlich darstellbar ist und ob man auf diesem Wege den Umweltproblemen Herr werden kann, brauchen wir eine Demonstrationsanlage. Diese will RWE in Hürth bauen, kann dies aber jetzt wahrscheinlich gar nicht, jedenfalls so lange nicht, wie wir dieses CCS-Gesetz nicht haben.
Insofern stehen wir im Hinblick auf den Industriestandort Nordrhein-Westfalen derzeit vor einem wirklich gravierenden Problem. Ich mache nicht alleine der Politik einen Vorwurf; auch sie muss manchmal gegen örtlichen Widerstand etwas
Was wir jetzt brauchen, ist eine intensive Überzeugungsarbeit auch der Bevölkerung, die demnächst auf Lagerstätten von CO2 leben wird. Das ist nun einmal in Schleswig-Holstein. Da kann man die Bevölkerung auch von den Argumenten überzeugen, die für CCS sprechen. Ich habe keine Sorge, dass man dies nicht schaffen würde. Aber das muss man intensiver tun. Wir leben nicht mehr in einer Zeit, in der ein großes Unternehmen tun und lassen kann, was es will, bloß weil es Zehntausende von Menschen beschäftigt und Milliardenumsätze hat; vielmehr muss es die Menschen – nicht nur die Politik, sondern auch die betroffenen Menschen – mitnehmen. Das hat RWE nicht hinbekommen; das muss man deutlich sagen.
Hier kann ich jetzt erstens nur an RWE appellieren, sich in dieser Frage ein bisschen mehr anzustrengen, als es bisher der Fall war.
Zweitens appelliere ich an uns alle. Dabei lasse ich die Grünen mit ihrer Feindschaft zur Braunkohle außen vor. Das habt ihr schon immer gemacht, das ist eines eurer Mantras. Braunkohle ist für euch aus vielerlei Gründen ein politisches Thema, an dem ihr euch reibt. Dies gilt aber nicht für die anderen drei Fraktionen.
Wir wollen auch zukünftig Braunkohle fördern. Und wir werden Braunkohle auch noch für lange Zeit fördern können, wenn wir diese CCS-Technologie einsetzen können. Die brauchen wir dafür. Wenn uns dies nicht gelingt, dann werden die Grünen in ihrer braunkohlefeindlichen Politik möglicherweise irgendwann einmal erfolgreich sein, weil wir dann nämlich unsere Klimaschutzziele nicht erreichen können und der Druck auf die Verbrennung von Braunkohle und damit auf die Gewinnung von elektrischer Energie so groß wird, dass man sagen wird: Das rechnet sich erstens nicht mehr und das ist zweitens umweltpolitisch nicht verantwortbar.
Deshalb brauchen wir die CCS-Technologie, deshalb brauchen wir Lagerstätten, und deshalb brauchen wir Pipelines. Es ist verdammt noch einmal die Pflicht aller politisch Verantwortlichen, hierfür die Voraussetzungen zu schaffen.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es gibt Zeit zu streiten, und es gibt Zeit zusammenzuarbeiten. Ich muss sagen, die Rede, die eben Kollege Moron
Es besteht Konsens in diesem Hause – eine Einschränkung mache ich hinsichtlich der Grünen –, dass wir diese Technologie brauchen. Es gibt Klarheit, warum es im Augenblick nicht weitergeht. Genauso besteht Klarheit, dass wir den Stillstand eigentlich überwinden wollen. Insofern war das, was der Kollege Moron eben gesagt hat, ein beachtliches Statement, das nicht so parteipolitisch geprägt war. Dem stimmen wir ausdrücklich zu.
Wir sollten gemeinsam versuchen, nun wirklich die Kuh vom Eis zu holen. Dieses wechselseitige Zuschieben von Schuld – das habe ich vorhin schon gesagt – bringt doch überhaupt nichts. Kollege Römer, weil ich mir ja vorstellen konnte, was Sie sagen werden, hatte ich den Hinweis auf die Position von Herrn Struck gebracht, damit Sie mit Schuldzuweisungen aufhören, weil diese uns nicht weiterführen.
Natürlich geht es um Schuldzuweisung. – Wir sind uns darin einig, wie wichtig – Kollege Moron hat es gesagt – diese Technologie ist.
Kollege Moron hat dann noch etwas gesagt, über das Sie, Kollege Priggen, auch einmal nachdenken sollten: Abfall oder nicht? Das ist für das Rechtsregime entscheidend, unter dem CO2 abgelagert werden kann. Er hat ja nun geschildert, dass es nicht Abfall sein muss, sondern man vielleicht alle möglichen nützlichen Dinge daraus machen kann. Es ist ein Wertstoff. Daher sollten wir dies lieber nach Bergrecht als nach Abfallrecht behandeln.
Der langen Rede kurzer Sinn: Das war ein Appell zur Gemeinsamkeit. Wir nehmen diesen Appell zur Gemeinsamkeit gerne auf und werden uns mit vereinten Kräften dafür einsetzen, dass wir dieses Demonstrationsprojekt für Nordrhein-Westfalen und für die Bundesrepublik bekommen. – Schönen Dank.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich will aufgreifen, was Edgar Moron sehr zu Recht mit Blick auf uns alle an Verantwortung angemahnt hat. Aber zur Wahrnehmung von Verantwortung gehört auch, dass jede und
Es kommt in der Politik, Herr Kollege Weisbrich, nicht auf das Gutgemeinte an. Das Gutgemachte zählt. Und deshalb will ich Ihnen noch einmal sagen, weil ich weiß, wie schwierig es ist, in den eigenen Reihen für die nötige Zustimmung zu einem unbequemen Vorgang – was sich mit dem CCSGesetz und seiner Umsetzung verbindet, ist mehr als ein unbequemer Vorgang – zu sorgen: Jeder im Rahmen seiner Verantwortung.
Meine herzliche Bitte an Sie – auch an Sie ganz persönlich, Herr Kollege Weisbrich – ist, dass Sie das, was Sie uns im Wirtschaftsausschuss gesagt haben – ich nehme Ihnen das doch ab –, nämlich Sie hätten sich mit Herrn Kollegen Wittke und anderen bemüht, in Ihren eigenen Reihen für Zustimmung zu sorgen, ernst nehmen und dieses Bemühen jetzt nicht einstellen.
Es ist noch Zeit, dass Sie vor der Sommerpause im Deutschen Bundestag diesem Gesetz, das im Übrigen auch nach den von der Bundesregierung akzeptierten Änderungen, die aus dem Bundesrat gekommen sind, wo Frau Thoben für das Land Nordrhein-Westfalen mitgewirkt hat, gut ist, zur Zustimmung verhelfen.
Dann könnten wir im Sinne dessen, was Edgar Moron gesagt hat, auch dafür sorgen, dass es die nötigen Investitionsentscheidungen gibt. Es geht nach den Erklärungen von RWE um eine Investitionsentscheidung in der rheinischen Braunkohle in Höhe von mehr als 2 Milliarden €. 2 Milliarden € und mehr sind kein Pappenstiel. Das kann dieses Unternehmen – dafür kann niemand im Aufsichtsrat, der eine solche Entscheidung treffen muss, die Hand heben – nicht ohne einen sicheren Rechtsrahmen machen. Deswegen darf das nicht verschoben werden.
Wir haben noch, Herr Weisbrich, Chancen, in den eigenen Reihen dafür zu sorgen. Ich sichere Ihnen zu: An der SPD-Bundestagsfraktion wird es nicht scheitern. Helfen Sie mit, dass die CDU/CSUBundestagsfraktion doch noch die Kurve bekommt. Das wäre im Interesse von Nordrhein-Westfalen.
Vielen Dank, Herr Kollege Römer. – Weitere Wortmeldungen sehe ich nicht. Damit schließe ich die Aktuelle Stunde.
Zur Einbringung des Gesetzentwurfs erteile ich für die antragstellende SPD-Fraktion Herrn Kollegen Dr. Rudolph das Wort. Bitte schön.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir legen dem Parlament heute ein Artikelgesetz zur Modernisierung des Sicherheitsrechts vor, weil bei den Koalitionsfraktionen und der Landesregierung über Monate keine Anstrengung zu verzeichnen, keine Ambition zu erkennen und auch keinerlei Anzeichen zu vernehmen war, Freiheit und Sicherheit in NordrheinWestfalen in Einklang zu bringen.
Sie wissen: Seit dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 27. Februar 2008 verwaltet der Innenminister in Nordrhein-Westfalen die vom Gericht bescheinigten ungehobelten Zustände in der nordrhein-westfälischen Innenpolitik. Aber auch schon vorher erweckten Sie den Eindruck – das ist eine Bestätigung in den letzten Monaten und Wochen gewesen –, dass Sie sich in der Rolle des Kostgängers der liberalen und demokratischen Ideen im Grunde genommen gefallen, und das auch noch paradoxer- und interessanterweise 60 Jahre, nachdem unser Grundgesetz verabschiedet wurde.
Schaut man auf Ihre Politik, dann sieht man: Sie zehren im Grunde genommen von den Vorräten nordrhein-westfälischer Innenpolitik, die Willi Weyer, Burkhard Hirsch, Herbert Schnoor und Fritz Behrens angelegt haben. Damit führen Sie unser Land in ein Randdasein deutscher Innenpolitik, in eine ziemlich trostlose, intellektuelle Wüste, in der beckmesserische Vorhalte und das kleine Karo schnell vergängliche Triumphe feiern.
Tatsächlich ist, wenn man auf Ihre Innenpolitik gerade beim Sicherheitsrecht schaut, Ihr Programm nichts anderes als die Entfremdung der Bürgerinnen und Bürger vom demokratischen Rechtsstaat, weil das Polizeigesetz und auch das Verfassungsschutzgesetz inzwischen in vielen, in den wesentlichen Punkten neben unserer Verfassung liegen.
Ihr Ziel in der Innenpolitik scheint vor allen Dingen das Regieren um des Amtes willen zu sein. Die Mittel, derer Sie sich bedienen, sind Ausflüchte und Unredlichkeit, beispielsweise wenn Sie die Onlinedurchsuchung zunächst in die Verfassungsschutznovelle schreiben und dann vor Gericht und hinterher vor dem Parlament behaupten, so sei es gar nicht gemeint gewesen.
Insgesamt hören wir seit Monaten Vertröstungen – meistens mit dem berühmten Wort, dass man zeitnah neue Gesetze vorlegen wolle.
„Zeitnah“ – das muss man nach Monaten, wenn nicht nach Jahren sagen – bedeutet aber offenbar nichts anderes, als den innenpolitischen Stumpfsinn, den Sie pflegen, warm zu legen. Denn wir können bis heute in der Innenpolitik keine Initiative und keine Idee, die uns nach vorne führt, erkennen. Stattdessen legt sich ein restaurativer Mehltau der 80er-Jahre über Nordrhein-Westfalen.