Protocol of the Session on September 13, 2007

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Frau Ministerin, ich möchte noch einmal darauf zurückkommen, dass wir in vielen Debatten, die wir hier geführt haben, immer einer Argumentation von Ihnen dahin gehend ausgesetzt waren, wir bräuchten 200 Betten im Maßregelvollzug. Das war eines der Argumente für die Privatisierung. Wir haben allerdings schon immer darauf hingewiesen, dass ein großer Teil dieser Betten von den Einrichtungen bereits aus eigener Kraft geschaffen worden ist. Nun haben Sie hier eben gesagt, dass nicht mehr die Ansage gilt: Wir müssen verkaufen, weil wir diese 200 Betten aus eigener Kraft nicht schaffen können. - Bisher hieß es immer, man brauche einen starken Partner. - Jetzt sollen plötzlich 70 bis 80 Betten vom Land selber geschaffen werden, wofür 18 Millionen Euro vorgesehen sind. Damit ist im Grunde all das, was uns hier immer erzählt wurde, hinfällig geworden. Ich finde, das ist tatsächlich skandalös, weil der Verkauf hier im Prinzip unter einem völlig falschen Vorzeichen durchgeführt worden ist.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Sie haben uns immer gesagt: Wir brauchen 200 Betten, aber diese können wir nicht bezahlen. - Jetzt stehen aber doch 18 Millionen Euro zur Verfügung.

Frau Kollegin, ich habe Ihnen schon eine längere Vorredezeit eingeräumt. Sie müssen jetzt bitte fragen.

Ich komme jetzt zur Frage. Ist es richtig, dass in den Verhandlungen den neuen privaten Trägern der forensischen Abteilungen eine Belegungsgarantie von 98 % gegeben worden ist? Wenn das so ist, schließt sich die zweite Frage an: Wie wird die Landesregierung in der Praxis dafür sorgen, dass diese Belegungsgarantie erfüllt wird, das heißt, werden dann Patienten sozusagen ohne Not aus den landeseigenen Häusern in die privaten Einrichtungen verlegt, damit die Belegungsgarantie erfüllt wird? - Danke schön.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Vielen Dank. - Frau Ministerin!

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir haben als Landesregierung - das gilt nicht nur für diese Landesregierung - immer gesagt, dass mehr Patienten untergebracht waren, als Planbetten vorhanden gewesen sind.

(Stefan Wenzel [GRÜNE]: Wir sind hier doch nicht im Fünfjahresplan von Herrn Honecker!)

- Lassen Sie mich doch ausreden, Herr Wenzel. Es geht hier wirklich um betroffene Menschen. - 1998 hat es 465 Planbetten und 653 untergebrachte Menschen gegeben. 1999 waren es 535 Planbetten und 735 untergebrachte Menschen, 2000 betrug das Verhältnis 646 : 810, 2002 - ich überspringe jetzt jeweils ein Jahr - betrug es 831 : 960, 2004 961 : 1 117 und 2006 1 054 : 1 224. Ich möchte damit eines sehr deutlich machen: Jede Landesregierung - das gilt auch für die Vorgängerregierungen - hat sich immer wieder bemüht, die Belegungssituation durch Investitionen in kleinerem Umfang zu entschärfen. Es ist aber niemals gelungen, ein sogenanntes Fließgewicht herzustellen und den Patienten, die aufgenommen worden sind, auch entsprechend viele Planbetten zuzuordnen.

Herr Schwarz, ich möchte in diesem Zusammenhang an einen Antrag von Ihnen erinnern, den Sie 30 Tage nach Regierungsübernahme durch uns im Jahre 2003 gestellt haben. In diesem Antrag haben Sie die neue Landesregierung aufgefordert,

den Investitionsstau, den sie selber zu Recht bemängelt haben, abzubauen. Genau das tun wir jetzt. Wir bauen den Investitionsstau ab. Eines will ich Ihnen auch noch sagen. Frau von der Leyen hat damals geantwortet, dass sie sich 30 Tage, nachdem Sie den Antrag gestellt haben, informiert hat und einen Finanzbedarf von 90 Millionen Euro ermittelt hat, von denen 43 Millionen Euro noch nicht abgedeckt waren. Das kann natürlich kein Investitionsstau sein, der innerhalb von 30 Tagen entstanden ist. Das ist vielmehr ein Investitionsstau, der sich über Jahre hinweg aufgebaut hat.

Die Landesregierung hat gesagt: Wir wollen dazu beitragen, dass dieser Investitionsstau abgebaut wird. Wir haben, auch nachdem der Beschluss gefasst worden ist, 200 Planbetten zusätzlich zu schaffen, weiterhin gehandelt und mit Investitionen im kleinen Umfang zusätzlich Betten geschaffen, beispielsweise die jetzt von mir genannten Betten in Lüneburg.

Sie haben sich hier darauf bezogen, dass von der Landesregierung 18 Millionen Euro zur Verfügung gestellt werden, um zusätzliche Betten im Hochsicherheitstrakt zu schaffen. Dazu möchte ich eines sagen. Das Feste Haus in Göttingen, in dem zurzeit 32 Patienten untergebracht sind, ist seit langer Zeit baufällig. Es ist sozusagen abgängig und muss erneuert werden. Wir haben gesagt: Da wir uns als Landesregierung der besonderen Verpflichtung auch gegenüber den Menschen bewusst sind, die im Hochsicherheitsbereich untergebracht sind, wo Grundrechtseingriffe besonders häufig und auch in starker Form vorkommen, bleibt das in Landeshand. Wenn das in Landeshand bleibt und nicht veräußert wird, hat man natürlich auch keinen neuen Bieter, der die Kosten übernehmen kann. Dann muss derjenige die Kosten tragen, der Träger ist. Das ist das Land. Ich bin sehr dankbar dafür, dass das Kabinett gesagt hat: 2008 wollen wir mit dem Bau beginnen. Insofern können wir sagen, dass wir dann mit den zusätzlichen Betten im Hochsicherheitsbereich, wofür 18 Millionen Euro, natürlich immer vorbehaltlich der Beschlussfassung des Landtages, zur Verfügung gestellt werden, gut ausgestattet sind.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Frau Kollegin Hemme hat sich zu einer Zusatzfrage gemeldet. Bitte schön, Frau Kollegin!

Frau Ministerin ich knüpfe an Ihre Ausführungen an. Sie haben vorhin sinngemäß gesagt, dass nach Abnahme der durch die privaten Träger neu errichteten Betten das Land die Investitionen im Fünfjahresrhythmus ersetzen wird. Für jeden stellt sich nun natürlich die Frage, wie es diese Investitionen ersetzen wird. Meine Frage an die Landesregierung ist, nach welchen Kriterien sich der Pflegesatz zusammensetzt.

Frau Ministerin!

Das Land wird, da es für den Maßregelvollzug verantwortlich ist, natürlich nach wie vor die Pflegesätze aushandeln und übernehmen. Die Pflegesätze setzen sich im Wesentlichen aus Personalund Sachkosten sowie zusätzlichen Elementen - es kann sich hierbei z. B. um Aufschläge aufgrund von Investitionsmaßnahmen handeln - zusammen. Wir haben diese Frage, wie ich glaube, schon recht frühzeitig zusammen mit dem Sozialhaushalt, aber auch im Haushaltsausschuss erörtert. Ich habe immer gesagt: Wenn ein neuer Träger zusätzliche Betten braucht, gibt es verschiedene Möglichkeiten der Refinanzierung. Entweder man rechnet es gleich in den Kaufpreis ein und senkt den Kaufpreis ab, oder es gibt eine Refinanzierung über die Pflegesätze. Wir haben mit den Bietern verhandelt, und die Bieter haben sich auf eine Refinanzierung über die Pflegesätze geeinigt. Dies geschah vor dem Hintergrund, dass gesagt wurde: Erst werden die Betten geschaffen und in Betrieb genommen, und danach wird mit den Bietern über einen Fünfjahreszeitraum verhandelt, wie die Investitionen refinanziert werden.

Frau Helmhold, Sie haben - das ist im Protokoll nachzulesen - vorhin schon zwei Fragen gestellt.

(Ursula Helmhold [GRÜNE]: Die bei- den Fragen sind aber nicht beant- wortet worden!)

Ich kann Ihnen jetzt nicht noch einmal das Wort erteilen.

Jetzt hat Frau Dr. Andretta das Wort. Bitte schön!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich werde die Frage meiner Kollegin Helmhold jetzt erneut stellen, und zwar in der Hoffnung, dass wir dieses Mal vielleicht eine konkrete Antwort bekommen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Frau Ministerin, hat die Landesregierung den Käufern der Landeskrankenhäuser eine Belegungsgarantie für die forensischen Abteilungen in Höhe einer Auslastung von 98 % gegeben?

(Wolfgang Jüttner [SPD]: Das war jetzt eine deutliche und klare Frage! Da kann man mit Ja oder Nein ant- worten! Da bietet sich eine ganz kurze Antwort an!)

Vielen Dank, Frau Kollegin. - Frau Ministerin!

Sie haben insofern recht: Die Landesregierung hat für ein halbes Jahr eine befristete Belegungsgarantie gegeben. Danach wird erneut verhandelt.

Vielen Dank. - Herr Kollege Wulf, bitte schön!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zu den Pflegesätzen: In Thüringen ist es nach der Privatisierung mehrerer Landeskrankenhäuser durch erhöhte Pflegesätze zu massiven Kostensteigerungen für das Land gekommen. Ich frage die Landesregierung, wie sie es garantieren oder ermöglichen will, dass hier in Niedersachsen nicht derartige Kostensteigerungen für das Land entstehen, wenn die Pflegesätze neu verhandelt werden.

Vielen Dank, Herr Kollege. - Frau Ministerin!

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Nach meinem Kenntnisstand habe ich die

Frage zu Thüringen schon sehr deutlich beantwortet. Ich müsste jetzt ganz tief kramen; ich weiß nur noch Folgendes: Gerade in Thüringen ist die Pflegesatzerhöhung auf die Kostensteigerung im Pflegepersonalbereich, auf den Tarifbereich - im Wesentlichen jedenfalls - zurückzuführen. Diese Frage ist hier im Landtag schon beantwortet worden.

Sie haben außerdem danach gefragt, wie das Land dies regeln möchte. Wir haben selbstverständlich in die Verträge Mechanismen eingebaut. Ein ganz wesentliches Kriterium ist dabei, dass wir selbst Träger von Maßregelvollzugseinrichtungen sind. Von daher haben wir Vergleichsmöglichkeiten. Vor diesem Hintergrund können wir mit den anderen Trägern ganz anders verhandeln; denn wir haben Referenzwerte und können Vergleiche ziehen.

Frau Kollegin Heiligenstadt, bitte schön!

Herr Präsident, ich möchte noch einmal auf das Thema der Überbelegung im Maßregelvollzug zurückkommen. Im Landeskrankenhaus Moringen gibt es zurzeit 360 Betten im Maßregelvollzug. Tatsächlich ist dieses Landeskrankenhaus regelmäßig mit fast 400 Patientinnen und Patienten überbelegt, d. h. immer über 10 % Überbelegung.

Ich frage daher die Landesregierung: Wie hat sich der Personalbstand im Hinblick auf diese ständige Überbelegung entwickelt, vor allem auch im Hinblick auf die vorgegeben Schlüsse nach dem PsychKG?

Vielen Dank, Frau Kollegin. - Frau Ministerin!

Frau Heiligenstadt, diese Frage gibt mir die Möglichkeit, auf einen Mechanismus hinzuweisen, auf den die Landesregierung eigentlich sehr stolz ist. Wir haben immer gesagt: Wir müssen überlegen, wie wir es erreichen können, dass die langen Verweildauern im Maßregelvollzug wieder kürzer werden. Ein gutes Instrument dafür ist die Institutsambulanz, die wir an allen Landeskrankhäusern ein

gerichtet haben. Die Institutsambulanz ist eine Maßnahme, um einen Patienten nach der Entlassung weiterhin versorgen zu können, sodass sich auch die Strafvollstreckungskammern eher dazu entschließen können.

Ein weiteres Instrument ist die Möglichkeit, einen Patienten langfristig darauf vorzubereiten, wieder alleinverantwortlich und selbstbestimmt leben zu können, nämlich das Probewohnen, d. h. der Patient befindet sich dann nicht mehr in der Einrichtung als solcher, sondern in einem Probewohnverhältnis, wird aber von der Einrichtung betreut.

Sie haben die Zahlen von Moringen angesprochen. Es ist richtig, dass es dort 360 Planbetten gibt. 396 Patienten bedeuten aber keine Überbelegung; denn von diesen 396 Patienten leben 80 im Probewohnen. Die müssen Sie zumindest zum Teil abziehen, weil sie keine Planbetten belegen, sondern sich im Probewohnen befinden. Wir haben in unseren Verträgen vereinbart, dass eine Platzkapazität von 50 % bestehen bleiben muss, damit ein Patient wieder in die Abteilung zurückgeführt werden kann, wenn das Probewohnen misslingt. Von daher haben wir in Moringen eben keine Überbelegung, sondern 396 Patientinnen und Patienten, von denen sich 80 im Probewohnen befinden.

Vielen Dank. - Frau Kollegin Elsner-Solar, bitte schön!

Herr Präsident! Ich frage die Landesregierung: Wenn schon aus der Haushaltsentlastung durch die Schaffung von zusätzlichen Maßregelvollzugsbetten nichts geworden ist, wie ist es dann zu diesem lächerlich niedrigen Entgeltsatz, der z. B. für Tiefenbrunn erlöst wurde, gekommen? Wie sind die anderen Beträge für die Landeskrankenhäuser ermittelt worden, die meines Wissens nach noch nicht einmal die Grundstückspreise abdecken?

Vielen Dank. Das waren zwei Fragen. - Frau Ministerin!

Frau Elsner-Solar, ich bin mir nicht ganz sicher, ob Sie die Kaufpreise oder die Pflegesätze meinten. Dass die Pflegesätze im Maßregelvollzug in Niedersachsen so preiswert sind, liegt an der Verschränkung mit der Psychiatrie, woraus sich Synergieeffekte erschließen, da z. B. Mitarbeiter an gemeinsamen Fortbildungsveranstaltungen teilnehmen oder sich Ärzte austauschen, sodass ein ganz anderes Bild entsteht.

Zu Tiefenbrunn und der Frage der Pflegesätze, falls Sie diesen Bereich meinen.

(Christa Elsner-Solar [SPD]: Kauf- preis!)

Dort handelt es sich allein um die Psychiatrie. Die Pflegesätze werden mit den Krankenkassen vereinbart. Das entzieht sich unserer Einflussnahme.

Wenn Sie den Kaufpreis gemeint haben: Die Kaufpreise sind angemessen; denn man muss auch die Substanz der Gebäude berücksichtigen. Weil es unheimlich schwierig ist, für Krankenhäuser den Marktwert zu errechnen, haben wir das EU-weite Vergabeverfahren gewählt, um damit objektive Kriterien zu haben und den Marktwert ermitteln zu lassen; denn es ist sehr schwierig, den Marktwert eines Krankenhauses ermitteln zu lassen. Das gilt auch für das entsprechende Grundstück, weil sich darauf ein Krankenhaus befindet und darauf auch nichts anders betrieben werden kann. Das ist immer sehr schwierig zu ermitteln. Außerdem hat der Landtag diesen Maßnahmen zugestimmt, und er kann diesen Maßnahmen auch nur dann zustimmen, wenn die Preise marktüblich sind. Ich gehe davon aus, dass der Landtag hierbei rechtens gehandelt hat.