Christa Elsner-Solar

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Herr Präsident! Meine Herren und Damen! Nach Plänen der Landesregierung sollte die Privatisierung der Landeskrankenhäuser bereits zum 31. Dezember 2006 abgeschlossen sein. Dieser Prozess war bis Ende letzter Woche nicht abgeschlossen - wir sind erst gestern von einer Pressemitteilung überrascht worden -, was bei vielen Menschen den Eindruck weiter verstärkt hat, dass die Landesregierung mit dem Privatisierungsvorhaben überfordert ist. Nunmehr mehren sich die Hinweise - sie sind auch durch die Pressemittei
lung nicht ausgeräumt worden - auf fortgesetzte gravierende Umsetzungsmängel bei der Privatisierung der Landeskrankenhäuser bzw. des Maßregelvollzugs.
Wir fragen deshalb die Landesregierung:
1. Wie ist der aktuelle Umsetzungsstand bei der Privatisierung der einzelnen Maßregelvollzugseinheiten und der Landeskrankenhäuser?
2. Welche Pläne verfolgt die Landesregierung zur Zukunft der beiden Maßregelvollzugszentren Brauel und Moringen?
3. Was ist übrig geblieben vom Hauptargument der Privatisierung, wonach durch Private zusätzlich 200 Betten im Maßregelvollzug geschaffen werden müssten, um den angeblich wachsenden Bedarf abzudecken?
Herr Präsident! Ich frage die Landesregierung: Wenn schon aus der Haushaltsentlastung durch die Schaffung von zusätzlichen Maßregelvollzugsbetten nichts geworden ist, wie ist es dann zu diesem lächerlich niedrigen Entgeltsatz, der z. B. für Tiefenbrunn erlöst wurde, gekommen? Wie sind die anderen Beträge für die Landeskrankenhäuser ermittelt worden, die meines Wissens nach noch nicht einmal die Grundstückspreise abdecken?
Herr Präsident! Meine Herren und Damen! Wir haben uns im ersten Halbjahr schon öfter mit dem Thema „Kindergesundheit“ auseinandergesetzt. Bevor wir Parlamentarier uns in die Sommerpause verabschieden, möchte ich der Landesregierung und den sie tragenden Fraktionen den Hinweis auf das Thema „Psychisch kranke Kinder in Niedersachsen“ nicht ersparen und ans Herz legen, damit hier nachgearbeitet wird.
Der Sozialwissenschaftler Hurrelmann geht in seinem jüngsten Artikel in der Frankfurter Rundschau von einem gestiegenen Druck aus der Arbeitswoche in Schule und Ausbildung für junge Menschen aus. Diesen Druck hält er dafür verantwortlich, dass es zunehmend zu exzessivem Missbrauch von Nikotin, Alkohol und anderen Drogen kommt. Wir wissen, dass Kinder aus armutsbelasteten Familien in besonderer Weise gefährdet sind und einen erheblichen Teil der Klientel stellen. Was wir aus anderen Studien wissen, ist: Sie landen auch mit einer psychisch behandlungsbedürftigen Diagnose in den Einrichtungen der Jugendhilfe, der andere, kleinere Teil in den Einrichtungen der Gesundheitspflege, so diese überhaupt in erreichbarer Nähe von ihren Eltern aufzufinden sind. Kinderland Niedersachsen - Fehlanzeige!
Aus WHO-Studien wissen wir, dass es bei psychosomatischen Krankheitsbildern unter Umständen sieben Jahre dauern kann, bis ein Patient die seinem Krankheitsbild angemessene Behandlung erfährt. Internationale andere Studien aus dem Jahre 2005 machen deutlich, dass die Wahrscheinlichkeit für Kinder bis zu zwölf Jahren, innerhalb eines Jahres z. B. nach Auftreten einer depressiven Störung eine Behandlung zu erhalten, um den Faktor 15 geringer ist als bei Erwachsenen. Die Vernachlässigung derartiger Krankheitsanzeichen führt zu sogenannten Patientenkarrieren, die für den Einzelnen nicht nur individuelles und familiäres Leid bedeuten, sondern durch wiederholte und unangemessene Diagnostik und Therapie auch einen erheblichen Kostenfaktor darstellen. Diese Feststellung gilt in Niedersachsen gleichermaßen, insbesondere aber für die behandlungsbedürftigen Kinder und Jugendlichen.
Schon lange fordern Fachleute in Verbänden und Einrichtungen die Erstellung eines Gesamtkonzepts zur Versorgung psychisch kranker Kinder und Jugendlicher im Rahmen eines Psychiatrieplans Niedersachsen. Das unverbundene Neben
einander von Planung und Entwicklung für stationäre Krankenhausversorgung in den Bereichen Psychosomatik und Psychotherapie sowie Kinderund Jugendpsychiatrie und Kinder- und Jugendpsychotherapie nach dem Krankenhausplan neben der Vergabe von Kassensitzen durch die KVN führte in der Vergangenheit zur Entwicklung einer kinder- und jugendpsychiatrischen Lückenversorgung, meine Herren und Damen. Kinderland Niedersachsen - Fehlanzeige!
In den kinder- und jugendpsychiatrischen Daten der Landesregierung für 2005 aus dem letzten Jahr ist eine überdurchschnittliche Bereithaltung von stationären Plätzen dokumentiert - im Bundesvergleich: 3,6 % zu 3,2 % - und eine unterdurchschnittliche Anzahl von teilstationären Betten, nämlich 577 zu 94 Betten oder - im Bundesvergleich - 0,5 zu 1,1.
Diese Angebote, meine Herren und Damen, sind dann auch noch regional ungünstig verteilt. Die Landkreise Gifhorn, Wolfenbüttel, Braunschweig, Salzgitter, Wolfsburg, Peine, Celle, Uelzen, Dannenberg, Soltau-Fallingbostel, Winsen an der Luhe weisen gar keine teilstationären Betten auf. Im Landkreis Helmstedt beträgt das Verhältnis 40 zu 5 und im Landkreis Lüneburg 40 zu 12. 26 Landkreise in Niedersachsen sind ohne Kinder- und Jugendpsychiater und ohne entsprechende teilstationäre Einrichtungen, die unter Umständen eine Ambulanz anbieten könnten. Das sind die Landkreise Verden, Uelzen, Stade, Soltau-Fallingbostel, Nienburg, Diepholz, Holzminden, Peine, Gifhorn, Salzgitter, Osterode/Harz, Cloppenburg, Aurich, Leer, Friesland und Cuxhaven. - Ich hoffe, Sie alle haben sich wiedergefunden, meine Herren und Damen.
Es ist zu erwarten, dass die Entwicklung im Krankenhausbereich nicht koordinierter abläuft, wenn jetzt noch zusätzlich neue, private Erwerber in der ehemals öffentlich-rechtlichen bzw. landeseigenen Krankenhauslandschaft mitmischen. Kinderland Niedersachsen - Fehlanzeige!
Verehrte Herren und Damen, das ist jedoch noch nicht alles. Um die Verwirrung ein bisschen zu komplettieren, sei noch kurz die Situation im Bereich der niedergelassenen Ärzte und Psychotherapeuten beleuchtet. Neben den psychologischen Psychotherapeuten sind in Niedersachsen 211 Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten zugelassen. Sie sollten sich über die Kassensitze der Kassenärztlichen Vereinigung Niedersachsen an
der Versorgung mit Leistungen für psychisch kranke Kinder und Jugendliche beteiligen. Wenn Sie nun aber meinen, damit hätte sich das leidige Problem von Wartelisten, Fehl- und Unterversorgung erledigt - Fehlanzeige!
Unter dem Stichwort „Mangelwirtschaft“ finden wir im niedersächsischen ärzteblatt vom April dieses Jahres den Hinweis: „Die Versorgung im Bereich Kinder- und Jugendlichen-Psychotherapie ist flächendeckend unzureichend.“ Dazu gibt es interessante Ausführungen. Ausgehend von einer Prävalenz von 22 % Kindern mit behandlungsbedürftigen psychischen Problemen bei Kindern und Jugendlichen bis 18 Jahre mit einem Risiko für 5 %, tatsächlich zu erkranken, ergebe sich - ich zitiere „eine ‚katastrophale‘ Situation: Von den 44 Planungsbereichen in Niedersachsen sind lediglich zehn Planungsbereiche mit Psychologischen Psychotherapeuten und Kinder- und JugendlichenPsychotherapeuten so versorgt, dass auf einen Therapeuten weniger als 45 zurzeit erkrankte behandlungsbedürftige Kinder kommen.“
Es wird weiter ausgeführt, dass sämtliche Planungsbereiche in Niedersachsen wegen Überversorgung gesperrt sind; denn es werden in dieser Bedarfsgruppe zwei unterschiedliche Therapeutengruppen zusammengefasst. 12 % der niedergelassenen Kinder- und Jugendlichen-Psychotherapeuten sind zugelassen. Dagegen haben Kinder und Jugendliche einen Anteil von 20 % an der Gesamtbevölkerung. Erschwerend kommt hinzu, dass sich in Niedersachsen nur ein Drittel der Kinder- und Jugendlichen-Psychotherapeuten an der konkreten Versorgung von Kindern und Jugendlichen beteiligt. Die Leute mit der Doppelapprobation gehen lieber in die Erwachsenenklientel. Das ist einfacher und bringt schneller Geld. Kinderland Niedersachsen - Fehlanzeige für psychisch behandlungsbedürftige Kinder!
34 Planungsbereiche seien auch bei vorsichtiger Schätzung massiv unterversorgt. Ich kann Ihnen das noch seitenlang weiter so vortragen, empfehle Ihnen aber, den Artikel selbst zu lesen. Ich möchte nur noch darauf hinweisen, dass es auch hier wieder zu einer regionalen Verzerrung kommt. 124 von den zugelassenen Kinder- und JugendlichenPsychotherapeuten arbeiten nämlich in den großen Städten, und der Rest des Landes schaut wieder einmal in die Röhre. Kinderland Niedersachsen - Fehlanzeige!
Meine Herren und Damen, die kinder- und jugendpsychiatrische Versorgung hat sich in den letzten Jahren neu orientiert. Endlich wird im Diagnoseverfahren ein der kindlichen Entwicklung angemessener Krankheits- und Störungsbegriff zugrunde gelegt. Entsprechend hat der Bundesgesetzgeber vor drei Jahren die Möglichkeit geschaffen, zu den bestehenden Angeboten mit sozialpsychiatrischen Vereinbarungen oder sozialpädiatrischen Vereinbarungen zu einer sogenannten integrierten Versorgung zu kommen. Es bestand unsererseits dann wenigstens die Hoffnung, die oben beschriebene ungleichgewichtige regionale Ausstattung mit psychotherapeutischen und psychiatrischen Hilfen für betroffene Kinder und ihre Familien in Niedersachsen endlich durch zusätzliche Vertragsabschlüsse mit Facharztpraxen auszugleichen. In einem Fachgespräch im letzten Jahr jedoch konstatierte die AOK: Vor dem Hintergrund des gegenwärtigen Versorgungsstandes ist festzustellen, dass beide Vereinbarungspraktiken nicht zu einer flächendeckenden landesweiten optimalen Versorgung psychisch kranker Kinder und Jugendlicher geführt haben.
Verehrte Herren und Damen auch von der Landesregierung, wir von der SPD meinen, dass bei einer derart unübersichtlichen Gemengelage bei einer verantwortungsvollen Landesregierung die Alarmglocken klingeln sollten und dass schon längst ein Handlungskonzept hätte erarbeitet werden sollen, das stationäre und teilstationäre Krankenhausplanung in der Kinder- und Jugendpsychiatrie ebenso umfasst wie die ambulante Versorgungslandschaft. Doch die Vermutung liegt nahe, dass der CDUgeführten Landesregierung bei so viel Planwirtschaft der Koalitionspartner abhanden kommen könnte; denn bekanntlich gibt es hier ideologische Vorbehalte, weil alles, was das Wort „Plan“ auch nur streift, den Koalitionspartner verängstigen könnte.
Da überlässt man auch die existenzielle Versorgung mit medizinisch-therapeutischen Angeboten lieber dem freien Spiel der Marktkräfte und nimmt nicht nur in Kauf, dass lange Wartezeiten, lange Anreisewege betroffene Familien und Kinder belasten, sondern auch, dass das Gebot „Ambulant vor stationär“ unterlaufen wird und eine grandiose Kostenverschiebung zulasten der Versichertengemeinschaft stattfindet, vermutlich in Abwandlung des alten Spruchs „Trifft ja keine Armen“: Macht nichts, trifft ja nur die Armen.
Verehrte Herren und Damen, wir brauchen ein Gesamtkonzept, das eine ausreichende Versorgungskapazität nicht einer Verwaltungsanweisung überlässt, um sicherzustellen, dass schutzbedürftige Kinder nicht auf Erwachsenen-Psychotherapiestationen versorgt werden müssen. Wir brauchen ein Handlungskonzept, das auch die Lernbedürfnisse der in stationärer psychotherapeutischen Behandlung befindlichen Kinder und Jugendlichen berücksichtigt. Auch hier beklagt der Fachausschuss im dritten Jahr in Folge eine unzureichende schulische Versorgung. Zwar hat der Kultusminister durch einen Besuch in der Ammerland-Klinik seinerzeit für diese Einrichtung etwas dazugelernt. Aber bei allen anderen ist die Umsetzung des entsprechenden schulischen Erlasses nicht angekommen. Auf die schriftliche Intervention des Facharbeitskreises - darauf wird seit 2004 aufmerksam gemacht - ist bis zum Juni dieses Jahres nicht einmal eine Antwort eingegangen.
Meine Herren und Damen, dem ist nur noch hinzuzufügen: Wenn Sie das nicht können, überlassen Sie es uns. Wir werden es machen.
Frau Präsidentin! Meine Herren und Damen! Ich zitiere aus einem Artikel der HAZ vom 31. Mai 2007 mit dem Titel „Schon acht Drogentote“ -, der im Hannoverteil erschienen ist. Der Polizeipräsident der Stadt Hannover hatte schon anlässlich der Vorstellung der Kriminalstatistik auf die hohe Bedeutung der hannoverschen Drogenprojekte für die Betroffenen und für die städtische Gesellschaft hingewiesen:
„Unter anderem machte er sich dafür stark, das Heroinprojekt des Drogenhilfenetzwerk Step und der Medizinischen Hochschule Hannover über den Modellversuch hinaus fortzusetzen. Nicht zuletzt habe die kontrollierte Vergabe von Heroin zu einem Rückgang der Beschaffungskrimina
lität geführt. Das Projekt läuft im Juni aus, eine Fortsetzung scheitert bisher an der Haltung der CDU-Bundestagsfraktion.“
Meine Herren und Damen, das ist Anlass, hier erneut einen Antrag einzubringen, damit das erfolgreiche Modellprojekt zur heroingestützten Behandlung Opiatabhängiger fortgesetzt und die kontrollierte Heroinabgabe an Schwerstabhängige dauerhaft rechtlich und finanziell abgesichert wird. Sicherlich ist das für die Gesundheitspolitikerinnen und -politiker unter uns kein neues Thema. Im Gegenteil: Alle Jahre wieder kommt es unter dem Eindruck der Verelendungsszene im Suchtkrankenbereich zu diesen dringenden Appellen seitens der verantwortlichen Fachpolitiker - und zwar aus Kommunen und Ländern.
Ich kann wohl darauf verzichten, das allseits bekannte Projekt wieder in allen Einzelheiten vorzustellen. Nur kurz zur Erinnerung: Die segensreiche Wirkung dieser ärztlich angewandten Behandlungsmethode, der Heroinabgabe an wenige Schwerstkranke, ist in Europa seit mehr als zehn Jahren erwiesen. Sie hat nichts mit einer Liberalisierung des Drogenkonsums zu tun, sondern richtet sich an eine ganz kleine Gruppe Schwerstabhängiger. Die Durchführung der Abgabe von Heroin im Rahmen einer klinischen Studie ist geltendem Recht geschuldet, welches dringend der Weiterentwicklung bedarf - national wie international. Darüber bestand weitgehend Einigkeit - zumindest bei den Sozialpolitikerinnen.
Die durch die 79. Gesundheitsministerkonferenz im Juni 2006 eingesetzte Arbeitsgruppe zur Klärung seinerzeit noch offener Fragen hinsichtlich der Umsetzung gesetzlicher Neuausrichtungen empfahl, die sehr eng reglementierte diamorphingestützte Behandlung Schwerstabhängiger in die Regelversorgung zu übernehmen. Das hat auch der Niedersächsische Landtag in seinem Beschluss vom 12. Juli letzten Jahres so gesehen, dem mit Rücksicht auf irrationale Vorstellungen einiger Fraktionsangehöriger - ebenso wie auf Bundesebene - die einstimmige Verabschiedung versagt blieb. Daher blieb er - wie ich vermute - in Berlin ohne Wirkung. Die Wackelei der CDU-Landtagsfraktion in dieser Frage hat sicherlich nicht unerheblich dazu beigetragen, dass die Blockade in Berlin so leicht fiel.
Der Verweis auf die Methadonsubstitution ist gegenüber den Suchtkranken der untaugliche Versuch, sein Gewissen zu beschwichtigen. Methadon hat andere Wirkungen und kann eigentlich nur bei schon Ausstiegsentschlossenen oder zur Überbrückung eher kurzfristiger Zeiträume angewendet werden. Es lindert Entzugsschmerzen durch die Dämpfung der allgemeinen Wahrnehmung. Das ist auch ein Problem.
Die Krankenkosten, die vorgeblich entstehen, dürfen meiner Ansicht nach ebenso wenig als Hinderungsgrund angeführt werden. Wir wenden auch bei anderen Erkrankungen nicht das sogenannte Verschuldensprinzip zur Ermittlung einer Behandlungsberechtigung an. Viele der heutigen Kosten sind eindeutig der Modellsituation geschuldet. Würden wir diese überwinden, wäre auch mit geringeren Kosten zu rechnen.
Wir als SPD-Fraktion bringen diesen Antrag heute ein, weil wir davon überzeugt sind, dass das laufende Projekt für die Betroffenen nicht abrupt enden darf. Das wäre staatlich verordneter Totschlag.
Meine Herren und Damen, wir fordern daher die Landesregierung auf, sich auf Bundesebene erneut - und dieses Mal kraftvoll, vielleicht sogar mit Unterstützung des stellvertretenden Bundesvorsitzenden der CDU, Herrn Wulff - für die Veränderungen im Arzneimittel- und im Betäubungsmittelgesetz einzusetzen. Wir fordern die Landesregierung auf, bis dahin für ausreichende Finanzmittel zur Weiterführung des Modellprojektes zu sorgen und die Landeshauptstadt Hannover nicht allein für die Zentralitätskosten in dieser Angelegenheit aufkommen zu lassen.
Wir fordern Sie des Weiteren auf, die Beschränkung der Arzneimittelvergabe auf die schon im Projekt befindlichen 33 Suchterkrankten in Niedersachsen zu überprüfen. Es gibt begründete Zweifel an der vorgenommenen Restriktion, gerade weil sich diese Methode als einzig wirksame zur gesundheitlichen Stabilisierung der Erkrankten erwiesen hat.
Wir haben die Bundestagsfraktion auf Kurs gebracht und fordern Sie nun auf, mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln auch Ihre Parteifreundinnen und -freunde auf den Weg zu bringen, notfalls mithilfe des CDA-Vorschlags aus Baden-Württemberg, den Fraktionszwang in dieser Frage aufzuheben. Vielleicht hilft Ihnen ja das Schlusswort aus
der jüngsten Ausgabe eines Heftes des Niedersächsischen Städte- und Gemeindebundes: Wer immer nur der Herde folgt, sieht nichts als deren Hintern. - Ich danke für die Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin! Verehrte Frau Kollegin Meißner, ich hätte heute gerne einen Antrag eingebracht, mit dem ich die Aktivitäten, die wir schon im letzten Jahr angestrebt haben, begrüße. Ich habe in meinen Ausführungen aber schon deutlich gemacht, dass ich hier nicht aus Jux und Tollerei stehe, sondern deshalb, weil wir mit dem Modellprojekt, hauptsächlich aber mit den Menschen noch immer in der Luft hängen.
Sie haben darauf hingewiesen, dass in Hannover die Vermutung umgeht, dass sich das Land weiterhin beteiligen werde. Wir haben in der letzten Woche mit Vertretern von Drogenprojekten gesprochen. Die haben noch keinen weiterführenden Zuwendungsbescheid bekommen. Offizielles weiß man nicht.
Zurzeit hängen diese Themen auf der Bundesebene, und zwar ausschließlich bei CDU und CSU. Ich kann Ihnen den Briefwechsel, den ich dazu geführt habe, gern vorlegen. Er ist aber nicht rühmlich, muss ich Ihnen sagen. Deshalb verzichte ich lieber darauf.
Eigentlich würde es reichen, in diesem Zusammenhang den Sozialdezernenten der Stadt Hannover, der ebenfalls CDU-Mitglied ist, zu zitieren. Unter der Überschrift „Ein erfolgreicher Versuch, eine ungewisse Zukunft“ führte er aus: Eigentlich neige er nicht zu Verbalradikalismus. Was aber an Begründungen zur Ablehnung des Heroinprojektes aus der CDU-Bundestagsfraktion komme, sei doch schlicht Unfug.
Da wir uns hier im Hause doch einig sind, haben wir jetzt eine bessere Chance als noch im letzten Jahr, auf Bundesebene die letzten noch Unentschlossenen zu überzeugen.
In Anbetracht der Dringlichkeit der Entscheidungsfindung bitte ich Sie um sofortige Abstimmung.
Frau Präsidentin! Meine Herren und Damen! Ehe ich in die Antragsberatung einsteige, möchte ich mich dem Kollegen Böhlke zuwenden. Ich halte es prinzipiell für unzulässig, die Rentner gegen die Situation von Kindern auszuspielen. Aufgrund der vorliegenden Daten wissen Sie ganz genau, dass wir heute stark mit Kinderarmut zu kämpfen haben und dass es demgegenüber älteren Menschen grundsätzlich besser geht. Das sollten auch Sie gelesen haben.
Ich bin in meinen Ausführungen seinerzeit mit Absicht nicht auf diese nickeligen 0,654 % über oder unter dem Bundesdurchschnitt eingegangen. Aber wenn Sie die hier schon zitieren, dann müssen Sie auch sagen, dass Niedersachsen mit der Zahl seiner verarmten Kindern 0,6 % über dem Bundesdurchschnitt liegt.
Meine verehrten Herren und Damen, dass sich die CDU-geführte Landesregierung seit Amtsübernahme weigert, die Armutsentwicklung im Lande und deren verheerende Auswirkungen auf Bildungs- und Entwicklungschancen von Kindern und Jugendlichen wahrzunehmen, wissen wir spätestens seit der Beantwortung unserer Großen Anfragen aus dem Frühjahr dieses Jahres. Hätte das Bundestagswahlergebnis 2005 nicht die Umsetzung des neoliberalen Parteiprogramms von Leipzig, das Sie in der CDU verabschiedet hatten, verhindert, sähe die Situation mit Sicherheit noch viel schlimmer aus.
Die Armutsbevölkerung wächst mit dem Verlust von Arbeitsplätzen seit Jahren. Die Verabschiedung der rot-grünen Agenda 2010 war schmerzhaft und notwendig, ging aber auch in Niedersachsen zulasten der sogenannten kleinen Leute, also der Menschen mit geringem oder mittlerem Einkommen, was die SPD wegen der seinerzeitigen CDU-Bundesratsdominanz nur unzulänglich abmildern konnte. Sie waren die Scharfmacher.
Fakt ist: Der Aufschwung, den sich diese Landesregierung an den Hut zu stecken versucht, ist der Aufschwung dieser Menschen, ist mit ihrem Einkommen bezahlt, mit jahrelanger Lohnzurückhaltung erkauft worden. Zunehmende Unsicherheit und Abstiegsängste bis in bessere Einkommensgruppen hinein müssen inzwischen aufgefangen werden.
Der eigentliche Skandal aber zeichnet sich in einem besonderen Bereich ab. CDU und FDP lassen Menschen allein, die zu einer ganz neuen Gruppe gehören, die immer größer wird: Menschen, die Tag für Tag hart arbeiten, aber dennoch nicht über die Runden kommen - Frau Helmhold hat dies ausgeführt -, weil sie für Hungerlöhne arbeiten müssen und ohne staatliche Hilfe nicht überleben würden. Gleichzeitig nehmen wir wahr, dass die Reichen immer reicher werden. Obgleich die Steuer- und Abgabenquote in der Bundesrepublik, wie wir jüngst in einem OECD-Bericht lesen konnten, im unteren Bereich liegt, versuchen wirtschaftsliberale Kräfte, eine weitere Steuerreform zulasten staatlicher Ausgabemöglichkeiten durchzusetzen. Das ist keine Freude für mich.
Verehrte Herren und Damen, die SPD wird diese gesellschaftliche Spaltung nicht hinnehmen. Deshalb unterstützen wir den Antrag der Grünen in weiten Teilen. Eine Debatte über diese Problematik in und für Niedersachsen tut dringend not.
Zu den einzelnen Forderungen: In der Sozialberichterstattung sind wir deckungsgleich. Wir haben hier mehrfach erwähnt und beklagt, dass wir von einer landesregentschaftlichen Schweigemauer ausgehen müssen. Auch wenn Sie, meine Herren und Damen auf der rechten Seite des Hauses, das Erstellen einer qualifizierten Sozialberichterstattung mit dem Anlegen von Datenfriedhöfen verwechseln, kommen Sie an der objektiven Notwendigkeit auf Dauer nicht vorbei, wenn Sie dem Land keinen Schaden zufügen wollen. Ich nenne als Stichworte nur den demografischen Wandel und das Auseinanderfallen ganzer Regionen und Bevölkerungsgruppen. Wir wissen, dass Sie hoffen, dass niemand das Auseinanderfallen Ihrer schönen Prospektwelt „Kinderland Niedersachsen“ und der „Abgebrannt-Realität“ bemerkt. Es ist wohl nicht von der Hand zu weisen, dass diese Landesregierung damit ihren Gestaltungsanspruch im
Bereich Armutsbekämpfung längst aufgegeben oder auf wer weiß welchem Altar geopfert hat.
Zum Thema Mindestlohn und ArbeitnehmerEntsendegesetz dürfte die Position der SPD mehr als bekannt sein. Zuletzt hat unser Kollege Lenz jüngst bei einer Antragsberatung dies ausführlich deutlich gemacht. Ich empfehle der Niedersachsen-CDU dringend, sich ein Beispiel an der NRWCDU zu nehmen. Arbeitsminister Laumann hat wohl vorgestern deutlich gemacht, dass er auf die der Landesregierung gegebenen Möglichkeiten zurückgreifen wolle, um Tarifverträge auch für die Bereiche in Geltung zu setzen, für die versäumt wurde, zu einem entsprechenden Abschluss zu kommen.
Die Forderung zur Einrichtung eines Sozialfonds weist in meinen Augen zumindest ein Stückchen Beratungsbedürfnis auf. Die SPD-Fraktion steht dem aber offen gegenüber. Mir persönlich gefällt daran nicht, dass wir damit ein weiteres Instrument bekämen, das die Menschen zu Antragstellern machte. Ich würde gern eine bessere Regelung erzielen. Dazu gehört sicherlich auch, dass wir auf Bundesebene darüber reden müssen, mit einem Teil der jetzt eingehenden Steuereinnahmen auch die Leistungen der sozialen Absicherung für Familien im Armutsbereich an die Lebensrealitäten anzupassen. Dass Kinder und Jugendliche in diesen Fällen am ehesten auf der Strecke bleiben, kann und darf doch wohl niemand wollen; wir wissen von ihrer Betroffenheit.
Ich fordere Sie noch einmal auf, diesen GrünenAntrag ernsthaft mit uns zu beraten. Da er relativ umfangreich ist, gehe ich nicht davon aus, dass er heute verabschiedet wird. Ich halte eine Sozialberichterstattung für wesentlich, die uns Daten und Hinweise auf die Entwicklung von Problemlagen in ganz bestimmten Bereichen und Gruppen gibt. Ich bedauere außerordentlich, dass Sie mit der Verabschiedung des ÖDG im letzten Jahr die Chance ein weiteres Mal versäumt haben. Es gibt bestenfalls eine unterschiedlich entwickelte Schuleingangsuntersuchung. Aber auf diesem Gebiet ist sicherlich noch viel mehr herauszufinden und festzuhalten. - Ich danke für die Aufmerksamkeit.
Danke schön, Frau Präsidentin. - Ich habe mich nur gemeldet, weil ich von Frau Meißner auf die Themen „Sozialberichterstattung“ und „in Niedersachsen vorliegende Daten“ direkt angesprochen worden bin. Ich meine, dass ich Ihnen als Sozialwissenschaftlerin nicht erklären muss, was der Unterschied zwischen Sozialberichterstattung und einfacher Datenerfassung ist. Sozialberichterstat
tung erfasst Lebenslagen und ermöglicht Interpretationen und Ableitungen von Interventionen und Handlungsansätzen. Sie ermöglicht überdies eine kontinuierliche Erfassung der Lebenslagen. Das ist das, was die SPD immer wieder kritisiert hat. Ich weiß, wovon ich rede. Auch wir haben seinerzeit mit unserer Landesregierung um die Sozialberichterstattung hart gerungen. Wir haben sie aber durchgesetzt. Ich halte es für notwendig, sie mindestens im Abstand von fünf Jahren durchzuführen; das muss nicht in jedem Jahr sein. Dieser Berichterstattung hat sich diese Landesregierung bisher standhaft verweigert. Wenn wir uns fragen, woran das liegt, dann kann das nicht daran liegen, dass die Daten nicht vorliegen. Die Landesregierung scheut sich davor, sie zusammenzuführen, um dann daraus Erkenntnisse für alle, die diese Sozialberichterstattung in die Hand bekommen, ablesbar zu machen. Wie gesagt: Das steht ein wenig gegen die Prospektwirklichkeit, die hier immer vertreten wird. - Danke.
Frau Präsidentin! Meine Herren und Damen! Es ist wunderbar, wenn ein Kind durch aufmerksame Nachbarn vor Missbrauch, gesundheitlicher Bedrohung und Vernachlässigung oder Schlimmerem bewahrt wird. Aber, meine Herren und Damen, das ist aus politischer Sicht weder genug noch gerecht.
Gesundheitspolitik ist zu großen Teilen Landespolitik. Die Verantwortung dafür aber nehmen Sie, meine Herren und Damen von der CDU, nur unzureichend wahr.
Ihre Weigerung, durch eine regelmäßige Sozialberichterstattung zu einer gesicherten Datenerhebung von Lebenslagen unserer Kinder in Niedersachsen und deren Bedrohung durch Armut und Krankheit zu kommen, ergibt bestenfalls eine Politik nach Gutsherrenart. Die Menschen in Niedersachsen können sich nicht darauf verlassen, dass diese Landesregierung ihre Probleme kennt und sie - vor allem außerhalb von Wahlkampfzeiten ernst nimmt.
Das machen nicht zuletzt Ihre Antworten auf unsere Große Anfrage zum Thema „Kinderarmut und Kindergesundheit in Niedersachsen“ wieder einmal mehr als deutlich. Für Niedersachsen liegen keine gesonderten Daten vor. Die Abhängigkeit vom Sozialstatus wurde nicht erhoben. Die Zuordnung familiärer Migration ist nicht erfasst usw. Wir kennen das schon.
Da freut es uns doch, wenn die Landesregierung selbst zu der Erkenntnis kommt, dass die Datenlage zur Gesundheitssituation von Kindern und Jugendlichen weiter verbessert werden muss, und zwar nicht nur in Bezug auf Krankheiten und Unfälle, sondern insbesondere im Hinblick auf Lebensweise und gesundheitsrelevante Faktoren im Alltag. Das ist auch nicht neu. Aber Sie sind dabei völlig unglaubwürdig. Denn bei der Verabschiedung des Gesetzes über Änderungen im öffentlichen Gesundheitsdienst haben Sie jede Sozialberichterstattung abgelehnt - und Sie tun es immer noch. Doch damit und mit der Hoffnung, dass es die Kommunen mit ihren knappen Finanzmitteln schon richten, kommen Sie hier nicht weiter und erst recht nicht aus dem Schneider.
Gäbe es nicht Shell, Selbsthilfegruppen, Krankenkassen und am öffentlichen Gesundheitsdienst
interessierte Städte- und Gemeindeverbände, hätten wir wohl über weite Strecken nur weißes Papier vorliegen.
Vielen Dank den Mitarbeitenden des Sozialministeriums für ihr fleißiges Zusammentragen von Informationen! Ich bin mir nur nicht sicher, ob die dargelegten Erkenntnisse die eigene Landesregierung zum notwendigen Handeln veranlassen. Meistens beschränken Sie sich doch auf ungenaue Erklärungen und das Verkaufen von fremden Leistungen.
Meine Herren und Damen, auf dem Weg zur Volkskrankheit Nr. 1 im Kindes- und Jugendalter ist der Diabetes. Wir müssen von geschätzten 2 500 Betroffenen unter 19 Jahren in Niedersachsen ausgehen. Die Tendenz ist steigend - jährlich zwischen 3 und 4 % -, insbesondere bei jüngeren Kindern. Im Bereich der Erkrankung Diabetes Typ II, früher zu Recht „Altersdiabetes“ genannt, sehen wir durch weit verbreitete Zunahme von Übergewicht und Fehlernährung im Kindes- und Jugendalter nicht selten eine krankhafte Fettleibigkeit entstehen. Jährlich gibt es allein in Niedersachsen 20 Neuerkrankungen von Jugendlichen. Adipositas ist die häufigste chronische Erkrankung im Kindes- und Jugendalter.
Signifikant höhere Belastungen weisen hierbei Kinder türkischer Herkunft auf. Außerdem: Je bildungsferner der Familienhintergrund, desto höher der Anteil von entsprechenden Erkrankungen. Leider muss auch hier auf die Datenlage der Vorgängerregierung zurückgegriffen werden. Eine Aktualisierung wäre mehr als sinnvoll.
Wie sinnvoll genauere Kenntnisse des familiären Hintergrundes in Verbindung mit Gesundheitsberichterstattung und darauf fußender Prävention sind, machen die abgefragten Daten zur Zahngesundheit deutlich. Bei der hohen Relation bildungsnahes Elternhaus gleich gute Zahngesundheit gelang es hier schon in den 90er-Jahren, eine gute Gruppenprophylaxe aufzubauen. Die Maßnahmen der Jugendzahnpflege aus dem ÖGD erwiesen sich allen propagierten freiwilligen Vorsorge- und Untersuchungsmaßnahmen überlegen.
Meine Herren und Damen, im Übrigen finden Sie hier zur Zahngesundheit beste Datenlagen über gezielte Maßnahmen, deren Einleitung und Dokumentation, wie man sich das für den Einsatz von Finanzmitteln eigentlich nur wünschen kann. Es ist auch kein Geheimnis, warum das so gut klappt.
Der öffentliche Gesundheitsdienst ist hier nämlich verbindlich eingebunden. Sie haben dem öffentlichen Gesundheitsdienst bei der Neufassung des Gesetzes im letzten Jahr Ihr vollendetes Misstrauen ausgesprochen. Daraus sollten Sie endlich lernen, meine Herren und Damen von den Regierungsfraktionen.
Ich möchte noch ein weiteres Kapitel zum Thema Kinderland Niedersachsen ansprechen, in dem es allerdings stockschwarz aussieht. Es ist ein trauriges Zeichen der Uninteressiertheit dieser Landesregierung an den Lebenslagen von Kindern und steht im Gegensatz zu den Hochglanzbroschüren, die verteilt werden, und zu den Sonntagsreden und Showveranstaltungen, die durchgeführt werden. Das ist das Kapitel der Schulanfänger. Sie führen eine Anhörung nach der anderen durch. Die nächstliegenden Themen aber werden nicht angefasst. So nimmt es die Landesregierung immer noch hin, dass zwei unterschiedliche Systeme zur Erfassung der Schulreife angewandt werden, deren Daten dann erhebliche Lücken aufweisen.
Die Antwort der Landesregierung beginnt mit dem Hinweis auf die nach Landesschulgesetz mögliche Zurückstellung von der Einschulung mit: „Hierzu gibt es keine Erhebungen über Häufigkeit und Gründe.“ Meine Herren und Damen, wie wollen Sie auf solcher Datenlage Schulerfolg organisieren? Die vorliegenden Zahlen gingen zuletzt von 5 312 Kindern aus. Davon sollen 972 einen Migrationshintergrund haben. Sozialstatus oder Kindergartenbesuch wurden aber nicht erhoben. Dadurch werden Entscheidungen zur Förderung von Kindern in Kindergärten und Krabbelstuben im 21. Jahrhundert zu Glaubensfragen.
Psychische Gesundheit bei Kindern ist wohl unbestritten Grundlage einer guten Schullaufbahnentwicklung. Doch auch hier: Fehlanzeige. Nimmt man die Shell-Studie zu Hilfe, muss davon ausgegangen werden, dass 18 % der Kinder und Jugendlichen in Deutschland psychische Auffälligkeiten aufweisen. Bei 10 % soll Beratungs- und Therapiebedarf bestehen. Legt man jedoch Elternangaben zugrunde, sollen sich diese Zahlen im Bereich zwischen 18 und 30 % bewegen. Wenn das kein ausreichender Grund ist, um dort einmal etwas differenzierter nachzusehen, dann weiß ich nicht, was Sie sonst noch mit Statistik wollen.
So ließe sich diese Aussprache stundenlang fortsetzen. Die Bereiche Essstörungen, Sprachentwicklungsstörungen und Impfreport seien Ihrer
Aufmerksamkeit empfohlen. Gleiches gilt für den Bereich der versäumten Prävention.
Festzuhalten bleibt: Überall dort, wo der öffentliche Gesundheitsdienst und verbindliche Dokumentation einbezogen sind, gibt es annähernd vernünftige Entscheidungsgrundlagen und abgesicherte Handlungsanleitungen. Hier und auf Ministeriumsebene sind allerdings nicht die Mitarbeitenden verantwortlich zu machen. Das hohe Interesse an einer besseren Datenlage scheint überall durch. Es bleibt daher nach den vielen Hinweisen unverständlich, unverzeihlich und skandalös, dass die CDU-geführte Landesregierung solide Sozialberichterstattung nur als Datenfriedhof begreift.
Ich stelle fest: Niedersachsens Kinder sind bei CDU und FDP nicht in guten Händen. Darum werden wir mit aller Kraft an Ihrer Ablösung arbeiten.
Herr Minister, ich möchte auf die Finanzierung zurückkommen. Meine erste Frage: Wir wissen, dass Herr Kauder gesagt hat, für die Finanzierung der zusätzlichen Krippenplätze gebe es vom Bund kein Geld. - Können Sie sicherstellen, dass dann
das Geld vom Land Niedersachsen bereitgestellt wird?
Die zweite Frage: Können Sie sicherstellen, dass die Personalkostenzuschüsse vonseiten des Landes in Höhe von 20 % weitergezahlt werden, wenn Sie ein Kindergartenjahr elternbeitragsfrei stellen?
Parlamentarierinnen und Parlamentarier waren bei der von Ihnen so hoch gelobten Kinderschutzkonferenz wohl nicht erwünscht. Ich frage Sie daher, Frau Ministerin: Mit welchen konkreten Ergebnissen konnten Sie diese Kinderschutzkonferenz abschließen? Mit welchen konkreten Arbeitsaufträgen haben Sie Ihr Haus nach dieser Kinderschutzkonferenz beglückt?
Frau Präsidentin! Verehrte Kollegin Siebert, Sie haben eben blumenreich beschrieben, in welcher Weise die CDU-geführte Landesregierung die Einheit der Jugendhilfe zerschlagen hat. Als Erläuterung dazu haben wir herausgehört, dass diese Aufteilung so erfolgt ist, dass ein Teil dieser Jugendhilfe im Bereich des niedersächsischen Landessozialamtes angesiedelt ist und die Kindergartenförderung, weil diese - so erinnere ich mich immer mehr an Bedeutung gewinnt, in das Kultusministerium gewandert ist. Würden Sie so weit gehen, dass das so erfolgt ist, weil dieser Bereich der frühkindlichen Förderung im Sozialministerium unter dieser Führung nicht ganz richtig angesiedelt sein kann?
Herr Präsident! Meine Herren und Damen! Die Motivation der SPD-Landtagsfraktion, eine Große Anfrage zur Kinderarmut im Familienland Niedersachsen zu stellen, finden wir in einer Pressemitteilung der Landesbischöfin Margot Käßmann aus
dem Dezember letzten Jahres gut begründet. Ich zitiere:
„Es ist ein Skandal, dass jedes siebte Kind von der Sozialhilfe abhängig ist.“
Und weiter:
„Es ist unfassbar für mich, dass es in unserer Konsumgesellschaft Kinderarmut in diesem Ausmaß gibt.“
Meine Herren und Damen, so ging es auch uns. Wir kennen aktuelle Studien, die den Zusammenhang zwischen Armut und Kindesmisshandlung belegen. Kinder- und Jugendärzte schätzen, dass in Deutschland jährlich 100 Kinder durch Misshandlung und Verwahrlosung ums Leben kommen. Doch jenseits dieser spektakulären Fälle gibt es als Auswirkung materieller Benachteiligung häufig psychische Folgen wie Entwicklungsstörungen, Lernschwierigkeiten und erhöhte Gewaltbereitschaft. Wir in der SPD wollten deshalb wissen, in welchem Ausmaß sich Kinderarmut in Niedersachsen ausbreitet, und haben in Ermangelung eines entsprechenden, mehrfach angeforderten Berichtes der Landesregierung diese Anfrage einbringen müssen.
Armut heute bedeutet anders als in meiner Kinderzeit in erster Linie Teilhabearmut. Anders als damals trifft es nicht alle, sondern nur einen Teil der Gesellschaft, der in Ausstattung und Konsum nicht mithalten kann. Und das ist ein großes Problem insbesondere für die betroffenen Kinder. Diesen Kindern ist nicht damit geholfen, dass sich die Landesregierung dafür feiert, dass der Anteil der armen Familien mit 13,4 % in Niedersachsen um 0,6 % niedriger als in Gesamtdeutschland liegt, zumal die Zahl der Familien mit Kindern unter 18 Jahren, die Hilfe zum Lebensunterhalt bekommen, mit 7 % in Niedersachsen höher als im Bundesdurchschnitt liegt.
Für die Bearbeitung der Großen Anfrage möchte ich im Namen der SPD-Fraktion den Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen der Landesregierung für die schwierige Arbeit danken, zumal sie mangels nicht erhobener oder vorliegender Daten oft Näherungswerte zu erstellen oder Schätzwerte aus anderen Erhebungen entsprechend zu bearbeiten hatten. Trotzdem bleiben wirklich Wissenslücken, und Daten sind nicht vorhanden. Sozialberichter
stattung, meine Herren und Damen, findet in Niedersachsen nicht mehr statt und wurde trotz nachdrücklicher Forderung der Opposition zuletzt bei der Beratung des ÖGD-Gesetzes von den Mehrheitsfraktionen abgelehnt. Unserer Meinung nach ist aber eine solche Berichterstattung für zielgerichtete politische Entscheidungen und Initiativen nun einmal unabdingbar.
Nehmen wir das Beispiel Mehrkindfamilien: Mangels eigener Erhebung führt die Landesregierung auf der ihrerseits immer reichlich kritisierten Basis des Zweiten Reichtums- und Armutsberichtes der Bundesregierung ganz allgemein aus, dass die Erziehung mehrerer Kinder und/oder mangelnde Sprachkenntnisse in den Familien diese einem zunehmenden Armutsrisiko unterwerfen. Gezielte Unterstützungsleistungen erfordern doch wohl zuallererst gesicherte Daten für alle Ebenen staatlichen oder kommunalen Handelns. Aber: Fehlanzeige. Verfügbare Statistiken beinhalten nicht das Merkmal „vier und mehr Kinder“.
Betrachtet man die Antworten zum nicht ganz unwichtigen Thema Wohnraumversorgung und Bedarfsentwicklung von Familien mit Kindern, heißt es:
„Statistische Angaben zur Versorgung speziell von Familien bzw. großer Familien im Sinn der Fragestellung liegen nicht vor.“
Sehr geehrter Herr Ministerpräsident - er ist gerade nicht da; vielleicht richtet man es ihm aus -, wir in der SPD gehen nicht davon aus, dass mit der Abgabe der Wohnungsbauförderung an die LTS auch die Verantwortung für die entsprechende Bedarfsplanung und Entwicklung abgegeben werden darf.
Nehmen wir weiter das Thema wohnungslose Personen in Mehrpersonenhaushalten oder, verständlicher ausgedrückt, Familien ohne Wohnraum: Auch hierzu gibt es keine eigene Datenbasis der Niedersächsischen Landesregierung. Ich finde die Tatsache, dass wir neben der Obdachlosigkeit von alleinstehenden Frauen und Männern davon ausgehen müssen, dass es in Niedersachsen offiziell 670 Familien mit Kindern und eine erhebliche Dunkelziffer von Familien gibt, die als wohnungslos gelten, mehr als erschreckend.
Da tröstet es nicht, wenn ich lese, dass die Zahlen seit 2000 rückläufig seien. Das sind die Familien, die Sie mit der Haushaltsentscheidung 2006 durch die komplette Streichung der Obdachlosenhilfe geradezu bestraft haben. Oder nennen Sie das „christlich orientierte Sozialpolitik“?
Es sind die Schätzzahlen der Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe, auf die wir uns beziehen müssen. Genaueres weiß man nicht, und man gibt sich damit seit Jahren augenscheinlich zufrieden.
Meine Herren und Damen, zur finanziellen und sozialen Lage von Familien in Niedersachsen finden wir auf unsere Frage zur Zahl der überschuldeten Familien in Niedersachsen ebenfalls keine spezifischen Daten, durch die Landesregierung vorgelegt. Die Quersumme aus diversen Indikatoren, die wenigstens eine Annäherungszahl für überschuldete Haushalte in Niedersachsen ermöglicht, nämlich 7 %, reicht nicht hin, weil die Gefährdungslage der Kinder ausgeblendet bleibt. Will man aber gezielte Stützungsprogramme entwickeln, ist auch hier eine genaue Datenlage unerlässlich. Die Entwicklung der Aufwendungen für das Wohnen oder des Mietanteils für Familien kann ebenfalls nicht beziffert werden, und das, obgleich davon auszugehen ist, dass es sich um einen relevanten Anteil des Familienbudgets handelt.
Zur Armutsentwicklung der Familien seit 2000 kann die Landesregierung angeblich nur die Betroffenheit von Haushalten beziffern. Daten über die Betroffenheit von Kindern seien nicht verfügbar.
Geht man in der Beantwortung der Großen Anfrage weiter, stößt man jedoch auf bittere Zahlen zur wirtschaftlichen Situation der Familien im Kinderland Niedersachsen. Die alarmierendsten Antworten der Großen Anfrage sind wohl unter III 8 und 9 zu finden. Es geht um die Entwicklung und Verteilung der Betroffenheit von materieller Armut in unterschiedlichen Familiengrößen und Elternkonstellationen. Auch hier bleibt die Datenlage dünn. Wieder wird auf fehlende Datenerhebungen verwiesen. Die Näherungsaussagen allerdings weisen auf stetig steigende Bedürftigenzahlen von Kindern in niedersächsischen Familien hin; denn die materielle Armut steigt ungebrochen von 2000 bis 2005 in allen Altersgruppen bis zum 18. Le
bensjahr - und das trotz sinkender Geburtenzahlen und höherer Transferleistungen -, in Abhängigkeit von Elternpersonen am stärksten unter den weiblichen Haushaltsvorständen. Die Annahme, dass es sich hier um Alleinerziehende handelt, liegt nahe, ist aber mangels Datenlage leider nicht belegbar.
Dann gibt es das Thema „Eltern stärken“ - ein Thema, das angeblich der Landesregierung am Herzen liegt. Wir stellen fest: mehr Medienwirksamkeit als Substanz.
Erziehungsberatungsstellen sind sowieso als kommunale Leistungen definiert und kosten den Landeshaushalt keinen Cent. Aber am Beispiel der Familienbildungsstätten weist die Zusammenstellung in der Anlage 3 eindeutig aus, dass die finanziellen Zuschüsse durch die CDU-geführte Landesregierung nahezu eingefroren sind. Es hat Umverteilungen innerhalb der Beratungslandschaft gegeben, aber keineswegs eine Anpassung an den gestiegenen Bedarf.
Die Verbände können aus diesem Verhalten der Landesregierung geradezu eine Regel ableiten: Achtung! Je mehr die Landesregierung über bestimmte Förderungen redet, desto weniger Geld stellt sie hinterher zur Verfügung.
Und das geht so weiter. Die Hilfen für überschuldete Familien sind praktischerweise, wie die Erziehungsberatungsstellen, Angelegenheiten der Kommunen und ihrer Sparkassen. Es ist natürlich zu begrüßen, dass in steigenden Verschuldungssituationen von Einzelpersonen und Familien ein ausgeweitetes Angebot an Schuldnerberatung zur Verfügung steht. Doch versuchen Sie einmal, umgehend einen Termin zu bekommen. Die nicht privatisierten und sozialen Schuldnerberatungsstellen sind in einer Weise überlaufen, dass mit Wartezeiten um sechs Monate herum zu rechnen ist. Was das für eine Familie bedeutet, bei der der Gerichtsvollzieher vor der Tür steht, können Sie sich wohl ausmalen. Seit dem Regierungswechsel zur CDU sind wir in dieser Angelegenheit - geplante Beteiligung der Verbraucherkreditbanken und des Versandhandels auf freiwilliger Basis keinen einzigen Schritt weitergekommen.
Meine Herren und Damen, Kinderland ist abgebrannt. Die Beantwortung der Großen Anfrage zeigt mehr als deutlich: Es gibt viel zu tun, damit
wir es in Niedersachsen gerechter zugehen lassen können. Und wenn Sie es nicht können - wir übernehmen gern, spätestens 2008.
Ich möchte auf die Beleihung im Maßregelvollzug zurückkommen. Den Personaleinsatz in der nächsten Zeit stelle ich mir ziemlich spannend vor. Wie genau wollen Sie bei Beleihung die Kontrolle über rechtmäßig oder unrechtmäßig durchgeführte Anordnungen im Maßregelvollzug ausüben, vorausgesetzt, es klappt mit der Anordnung überhaupt so, wie Sie sich das vorstellen?
Frau Ministerin, uns ist die Frage nach Kontrolle und Abstimmungsprozessen deshalb so wichtig, weil wir - anders als Sie vermutlich - nicht übersehen, dass sich die Kontrolle der Vollzugsleitung gegebenenfalls auf Leute bezieht, die nicht mehr im Landesdienst stehen. Von daher wiederhole ich meine Frage und bitte um differenzierte Angaben, wie Sie sich die Abstimmungsprozesse und Kontrollvorgänge konkret vorstellen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich stelle der Landesregierung dieses Mal eine ganz einfache Frage: Wann können die Kommunen für ihre Haushaltsaufstellungen mit dem ausgearbeiteten Verteilungsschlüssel rechnen?
Herr Präsident! Meine Herren und Damen! Verehrte Frau Kolleginnen Meißner und Kohlenberg, Ihre Verteidigungsanstrengungen waren in meinen Augen unnütz, weil diese Anfrage, so wie sie beantwortet worden ist, dünn beantwortet worden ist.
Sie wird als die Hasenanfrage in die Analen eingehen: Mein Name ist Hase. Ich weiß von nichts.
Sie haben auf wesentliche Fragestellungen keine Antworten gegeben. Wenn Sie meinen, Sie haben den Landespflegebericht gelesen, dann sage ich: Sie haben ihn nicht verstanden. Sonst würden Sie mit dieser zur Verfügung stehenden Quote von Bewerberinnen und Bewerbern nicht so umgehen, wie Sie damit umgegangen sind. Sie vergessen, dass Sie die 1 500 Krankenschwestern, die ihren Job in den Krankenhäusern verloren haben, jetzt in den Altenheimen wiederfinden. Damit können Sie in Zukunft nicht mehr rechnen. Angesichts des steigenden Bedarfs werden wir spätestens in sechs Jahren eine Mangelsituation haben. Sie müssen handeln! Vorhin habe ich gesagt: Sie können die Verantwortung nicht delegieren.
Sie haben im Landespflegebericht selbst darauf hingewiesen, dass allein bei den Dementen ein beträchtlicher Zuwachs der Fälle zu verzeichnen sein wird. Diese Menschen können in der Regel nicht zu Hause und nicht von Laien gepflegt werden; für sie brauchen wir eine gute Ausstattung der Heime.
Ich fordere Sie auf, ernsthaft über den Ausruf einer Mangelsituation nachzudenken und mit der Umlagefinanzierung eine Wettbewerbsverzerrung zu vermeiden, die viele Leute daran hindert, die dringend benötigten Ausbildungsplätze bereitzustellen.
Danke, Herr Präsident. - Herr Minister, wenn Ihnen tatsächlich die Zahlen bekannt sind, dann ist Ihr Handeln fahrlässig.
Ihre so berühmten „stabilen“ Zahlen, die Sie zitieren, decken noch nicht einmal die ausscheidenden Altenpflegekräfte, die in Rente gehen. Wenn Sie den Bericht gelesen hätten, wüssten Sie das.
Wenn die Landesregierung diesem Thema genügend Aufmerksamkeit widmete, dann müsste sie mehr tun, als nur Appelle an alle möglichen Beteiligten zu richten.
Sie müsste nämlich wirklich Vorgaben machen und Werbungen nicht nur über die Presse und über Arbeitskreise laufen lassen, sondern tatsächlich etwas tun.
Des Weiteren ist festzustellen, dass die Schülerzahlen sinken. Wenn Sie den Landespflegebericht und die Antwort auf die Große Anfrage selbst gelesen hätten, dann würden Sie das nachvollziehen können. Das scheint aber die Schwachstelle zu sein, wenn zwei Ministerien für eine Sache zuständig sind.
Frau Präsidentin! Meine Herren und Damen! Liebe Kollegen! Wir erleben hier eigentlich nur eine Neuauflage dessen, was wir in den letzten Monaten schon öfter erleben durften: Die Sozialpolitiker in der CDU-Fraktion haben schlichtweg nichts zu sagen.
Zu unserem Antrag haben meine Vorrednerinnen schon Etliches ausgeführt. Über das Auslaufen der Medikamentenstudie, die auch vor dem Start nicht unumstritten war, wurde heiß debattiert, wobei wieder einmal nicht Sachargumente im Vordergrund standen, sondern ideologische Glaubenskämpfe abliefen, aus denen Sie sich heute - so scheint es - immer noch nicht befreit haben.
Die an dieser Medikamentenstudie beteiligten Städte Bonn, Hamburg, Hannover, Frankfurt, Karlsruhe, Köln und München haben sich in einer Lenkungsgruppe zusammengefunden und diese Studie ausgewertet. Das Ergebnis der Studie - es war eindeutig positiv - kann die Fachleute nicht überraschen; denn - Frau Meißner hat darauf hingewiesen - die Vorläuferstudien in der Schweiz und in den Niederlanden kamen zu keinen anderen Ergebnissen. Den Fachleuten ist schon lange klar, dass - abgesehen von der Abstinenz - die heroingestützte Behandlung allen anderen Substitutionsbehandlungen überlegen ist. Zu diesen Fachleuten dürfen wir glücklicherweise ja auch Ihren Parteifreund, den Sozialdezernenten der Landeshauptstadt Hannover, zählen.
Die heroingestützte Behandlung schwerstdrogenabhängiger Menschen ist ein Baustein in der Therapie Suchtkranker, entwickelt zur Sicherung des Überlebens. Ich weiß nicht, ob Ihnen das eigentlich klar ist.
Verehrte Herren und Damen, in Deutschland leben etwa 150 000 Opiatabhängige. Für diese heroingestützte Behandlung kommen insgesamt aber nur 1 500 infrage.
Wie aus der Antwort auf die Kleine Anfrage der SPD-Fraktion vom April dieses Jahres hervorgeht,
war die Landesregierung mit ihrer Fachverwaltung an dem positiven Votum beteiligt und hält ein weitergehendes Engagement für die Verankerung im Hilfeangebot für Suchtkranke für nützlich und sinnvoll. Begründung: wesentlich verringerter Beikonsum, bessere körperliche Verfassung, weniger Kriminalitätsbelastung, Möglichkeit zur Wiederaufnahme einer Tätigkeit und verbesserte Therapiezugänglichkeiten - das haben wir schon gehört -, im Ganzen sogar finanziell günstiger als Methadonsubstitution.
Meine Herren und Damen, was Sucht bedeutet, konnten wir selbst vor kurzem hautnah erleben. Ich erinnere an den Kampf der Raucherinnen und Raucher um einen Platz zum Rauchen im Landtag. Suchtkrankheit ist rationalen Erwägungen und Appellen nun einmal wenig zugänglich.
Der Antrag der Fraktion der Grünen war und ist sachgerecht. Er ist unpolemisch und verdient unsere Unterstützung. Er beschreibt die einzuleitenden Schritte.
Die Beratungen im Fachausschuss haben zu einer gemeinsam getragenen Beschlussempfehlung geführt. Allerdings scheint die Unwissenheit in der CDU-Fraktion auch hier wieder unüberwindbar zu sein. Und wenn es nicht Unwissenheit ist, ist es Gleichgültigkeit. Ich will nicht entscheiden, was schlimmer ist.
Die Ablehnung der gemeinsam getragenen Beschlussempfehlung des Fachausschusses bedeutet die Ablehnung eines weiteren Konsenses in diesem Haus, eines Konsenses, der bisher von einem gemeinsam vertretenen Konzept in der Drogenpolitik ausgeht. Bisher hieß es: Prävention, Therapie und Schadensbegrenzung. In unrühmlicher Weise nehmen Sie von diesem gemeinsamen Konzept Abschied.
Ich meine, dieses grenzt an Unbarmherzigkeit.
Meine Herren und Damen, Gutes tun zu können, erfordert Wissen um die Not, Wissen um die Linderung von Not. Es nicht zu tun, ist fahrlässig. Ich
wiederhole: Die bewusste Vernachlässigung von vielen suchtkranken Menschen, die nicht wissen, wie es weitergehen soll, finde ich unbarmherzig. Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.
In den Gesprächen klagen Beschäftigte immer wieder darüber, dass sie sich nicht ausreichend informiert fühlen. Ich habe beim letzten Mal schon danach gefragt und eine sehr vage Antwort bekommen. Ich wiederhole also meine Frage: Wann und in welcher Weise wurden die örtlichen Personalräte und der Hauptpersonalrat über die Verkaufsabsichten, den Verkaufsstand und das Verfahren unterrichtet?
Frau Ministerin, Sie haben mehrfach davon gesprochen, dass die Klinikleitungen in die Bewertung dieser geheimen medizinischen Konzepte einbezogen sind. Haben die Klinikleitungen auch die Option, zu diesen medizinischen Konzepten Nein zu sagen?
Herr Präsident! Meine Herren und Damen! Älter werdende Menschen wollen auch im hohen Alter möglichst in ihrer vertrauten Umgebung bleiben und möglichst selbstbestimmt leben. Neun von zehn pflegebedürftigen Menschen werden heute noch in ihren Familien betreut. Der Anteil älterer Menschen an unserer Bevölkerung wächst jedoch, und damit wächst der Bedarf an unterstützenden Leistungen entsprechend. Das Angebot an unterstützenden Leistungen ist hoch ausdifferenziert, damit aber auch hoch unübersichtlich, zudem ungleich verteilt in Niedersachsen.
Die Nachlässigkeit der Landesregierung, durch entsprechende Nachbesserung für eine verfassungsfeste Landespflegeplanung zu sorgen, die Weigerung der Regierungsfraktionen, ein einheitliches Beurteilungssystem für Angebote in der Altenpflege auf den Weg zu bringen, verschärft die Not der Entscheidungsfindung im Falle eines Falles.
Meine Herren und Damen, berufliche Mobilität erfordert oft räumliche Trennungen zwischen erwachsenen Kindern und ihren Eltern. Normale Unterstützungsleistungen wie Einkauf, Wohnungsreinigung und Pflege können nicht mehr geleistet werden und hinterlassen bei den Kindern nicht selten Schuldgefühle. Kommt dann eine Krise dazu - Unfall, Krankheit, Krankenhausaufenthalt -, befinden sich alle Beteiligten unter enormem Entscheidungsdruck, der mögliche Perspektiven keineswegs selten verstellt. Der Verweis auf die derzeitigen Rechtsgrundlagen hilft den Betroffenen in dieser Situation keineswegs weiter. Die von der Landesregierung in der Antwort auf unsere Kleine Anfrage zur Pflegesituation in Niedersachsen gerühmte Wahlfreiheit zwischen Einrichtungen und Diensten verschiedener Träger ist eine illusorische Seifenblase.
Sowohl die laut Gesetz zur Beratung verpflichteten Pflegekassen wie auch die örtlichen Sozialhilfeträger sind in höchstem Maße interessengebundene Partei. Die Pflegekassen sind unter dem Druck steigender Leistungsnachfrage als Beratende genauso Partei wie die örtlichen Sozialhilfeträger in ihrer Rolle als Ausfallgaranten für die die finanzielle Leistungskraft Einzelner übersteigenden Pflegesätze.
Der von den Regierungsfraktionen beschlossene Wegfall der Investitionskostenförderung für stationäre Einrichtungen der Altenpflege als ein Beitrag zur Sanierung des Landeshaushalts verschärft die Finanznot für Anbietende und Nutzende. Es kann also nicht ausgeschlossen werden, dass so nicht am Einzelfall orientiert beraten wird, sondern Kostengesichtspunkte im Vordergrund stehen.
Meine Herren und Damen, wie wir alle wissen, hat sich die Altenpflege zu einem riesigen Markt entwickelt, in dem der Wettbewerb sein hartes Regiment führt. Betroffene wie Angehörige stehen öffentlichen, freigemeinnützigen und privaten Trägern mit ambulanten, teilstationären und stationären Hilfen gegenüber und sind über bestehende Angebote nicht hinreichend informiert. Das belegt in klaren Worten sogar der von den Mitarbeitenden des Ministeriums exzellent zusammengestellte Landespflegebericht.
Allein in Niedersachsen gibt es ca. 1 200 Häuser mit vollstationärem Angebot und ca. 1 000 Einrichtungen der ambulanten Altenpflege mit oder ohne Kurzzeitpflege, mit oder ohne teilstationäre Hilfen. Aber schon über die Anzahl von Möglich
keiten des betreuten Wohnens in ihren kommunalen Grenzen wissen die meisten Kommunen laut Pflegebericht gar nichts. Zumindest - so konnte man dort nachlesen - beginnen sie jetzt nach der Abfrage in Anfängen mit dem Aufbau einer entsprechenden Statistik.
Ich stelle fest: Außerhalb der unmittelbaren pflegerischen Versorgung ist die Datenlage dünn, und - ich zitiere aus dem Bericht - „nur wenige Kommunen ermöglichen Hilfe- und Ratsuchenden eine Orientierung und die gezielte Auswahl durch Herausgabe von Informationsmaterial“.
Da kann man sich vorstellen, wie eine Beratung ablaufen wird. Wie soll sich da ein unbedarft Suchender zurechtfinden?
Bedauerlicherweise hat die CDU-geführte Landesregierung ebenso wie in anderen sozialpolitischen Bereichen auch hier wieder kein Konzept.
Nach der Ablehnung unseres Antrages auf Einführung eines landeseinheitlichen Prüfsiegels, das die Orientierung wenigstens im stationären Bereich ermöglicht hätte, fehlt jeglicher Anhaltspunkt zur Orientierung. Wir fordern daher von dieser Landesregierung dringend die Einrichtung von trägerunabhängigen Beratungsstellen zur Unterstützung von Betroffenen und zur Orientierung der Angehörigen. Diese hätten dann den Vorteil - solange wir auf ein professionelles Hilfemanagement in diesem unserem Lande noch warten müssen -, wenigstens die Entscheidungsfindung für den Einzelfall aus der Interessenbezogenheit von Trägern und Kostenträgern zu lösen und dem einzelnen Menschen eine am Bedarf orientierte Hilfe zu vermitteln. Neben der Vermeidung von Irritationen und Desintegration des bedürftigen Menschen käme man zu sinnvoller Kosteneinsparung im Bereich Fehlplatzierung.
Wir fordern Sie auf, umgehend tätig zu werden und nicht nach dem Motto „Eigenmittel sparen - mit Bundesmitteln fahren“, das wir aus den anderen Politikfeldern dieser Landesregierung gut kennen, zu verfahren und auf eine Finanzentscheidung durch das Bundesministerium für Gesundheit zu warten. Wenn Sie schon keine eigenen Konzepte haben, dann greifen Sie wenigstens auf die vorliegenden Konzepte, z. B. auf das des Sozialverbandes Deutschland, zurück, und handeln Sie! Versuchen Sie, das Vertrauen der Verbände für diese
Fragen zurückzugewinnen, auch wenn Sie diese bei dem jüngsten gemeinsamen Modellvorhaben - ich meine das Pflegenotruftelefon - schmählich im Finanzierungsloch alleine sitzen ließen. - Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Soweit ich übersehe, habe ich zwei Zusatzfragen. Meine erste Zusatzfrage lautet: Ist der Verkauf der Landeskrankenhäuser für die Landesregierung so unwichtig, dass sie diesen Punkt in einer Kabinettssitzung unter dem Tagesordnungspunkt „Verschiedenes“ abhandelt?
Meine zweite Zusatzfrage beschäftigt sich mit der Information der Beschäftigten über die getroffene Entscheidung: Wann und in welcher Form wurden die örtlichen Personalräte und die Beschäftigten sowie der Hauptpersonalrat über diese Entscheidung informiert?
Frau Präsidentin! Meine Herren und Damen! Im Zuge der Psychiatriereform haben sich die nieder
sächsischen Landeskrankenhäuser mit ihren Beschäftigten unter aktiver Förderung der SPDgeführten Landesregierung zu hochwertigen Dienstleistern in der psychiatrischen Versorgung des Landes entwickelt. Sie sind Teil eines gewachsenen Angebotes in einer ganzen Reihe von Krankenhäusern und Abteilungen zur Akut- und Langzeitbehandlung von Menschen mit psychischen Erkrankungen.
Sie zeigen sich leistungsfähig und innovativ bei der Entwicklung von neuen Konzepten und Hilfeformen auch in der Gemeindepsychiatrie. Die Anbindung der forensischen Psychiatrie ist beispielhaft für die Bundesrepublik. Gute personelle Ausstattung, bauliche Investitionen und Verankerung in der Gesellschaft durch die Einbindung von ehrenamtlichen Beiräten sorgten für eine hohe Akzeptanz in der umliegenden Bevölkerung.
Diese Arbeit ist nun in allerhöchstem Maße gefährdet. Denn wie wir alle wissen: Diese Landesregierung hat sich entschlossen, die Einrichtungen zu privatisieren und damit bewährte Strukturen zu zerschlagen.
Unsere Überzeugung ist, dass psychisch kranke Menschen von der Wahlfreiheit Arzt/Krankenhaus selten Gebrauch machen können. Sie sind oft mittellos. Vor dem Hintergrund unvermeidbarer Zwangseinweisungen und Zwangsbehandlungen ist die demokratisch legitimierte, öffentlich verantwortete Behandlung ihnen bisher sehr gut bekommen.
Die erheblichen Proteste in Parlament, Fachöffentlichkeit und Mitarbeiterschaft gegen diese Privatisierungsabsichten führten zum Einsatz von diversen Steuerungs-, Lenkungs- und Projektgruppen, deren Ergebnisse jetzt vorliegen. Aber nach dem bekannten Behandlungsmuster dieser CDU-geführten Landesregierung - tarnen, tricksen, täuschen
haben die Betroffenen den Eindruck, einem gigantischen Beschäftigungsprojekt aufgesessen zu
sein. Denn ihre Arbeit blieb schlichtweg unberücksichtigt.
Die Ergebnisse der Untergruppen „Verfassungsrecht“ und „Veräußerung“ verweisen ebenso auf eine Fülle ungeklärter Fragen wie die der Untergruppen „Erhalt der Versorgungsqualität“ und „Rechte der Beschäftigten im Falle einer Veräußerung“. Ich nenne diese folgenlose Beschäftigung von Expertenteams Tarnung.
Ich nenne es Tricksen gegenüber allen Beteiligten, wenn unklar ist, ob bei dem beabsichtigten Verkauf eine Paketlösung zum Tragen kommt, wenn unklar ist, wie kommunale Interessenten oder die freie Wohlfahrtspflege in einem europaweiten Ausschreibungsverfahren Berücksichtigung finden würden, wenn des Weiteren unklar ist, wie die Besitzverhältnisse z. B. am Landeskrankenhaus Wehnen überhaupt sind, und wenn unklar ist, wie geschichtliche Erfahrung und Erinnerung an die Verfolgungsgeschichte bewahrt werden sollen. Da hilft uns auch die Orientierung an den von Ihnen so gern zitierten Privatisierungen in den Ländern Thüringen und Brandenburg nicht weiter. Diese Länder haben nie die Qualität unserer Arbeit zu verlieren gehabt. An ihnen ist die Psychiatriereform glatt vorbeigegangen.
Ich nenne es Täuschen, wenn die CDU-geführte Landesregierung mit Unterstützung der Koalitionsfraktionen, statt innezuhalten und die bisherigen Ergebnisse zu überprüfen, munter die europaweite Ausschreibung durch Verpflichtung einer teuren Beratungsfirma weiterführt.
Das ver.di-Gutachten des Instituts für betriebswirtschaftliche und arbeitsorientierte Beratung hat mit ziemlicher Eindeutigkeit belegt, dass alle Kriterien, die zu der vorgeblichen Verkaufsabsicht der Landesregierung geführt haben, landesseitig zu regeln sind. Hebung von Wirtschaftlichkeitspotenzialen, Finanzierung von notwendigen Investitionen und Erhalt bisherigen Leistungs- und Arbeitsqualität sind sozialverträglich machbar.
Die Lösung liegt in der strategischen Ausrichtung des psychiatrischen Leistungsgeschehens, der Entwicklung und dem Erhalt der regionalen und lokalen Behandlungszentren mit den LKHs als Basis, der Bildung einer Managementholding mit regionaler Autonomie. Sie, Frau Sozialministerin, müssen hier einmal sagen, wer bei Ihnen eigent
lich in dieser Frage das Sagen hat: der Finanzminister oder die Fachabteilung.
Wir von der SPD-Fraktion fordern Sie auf, das Bieterverfahren auszusetzen und einem befristeten Moratorium zuzustimmen, das es ermöglichen würde, die Ergebnisse des ver.di-Gutachtens aufzunehmen, welches Ihnen empfiehlt, die künftigen Strukturen vor Änderung der Rechtsform zu klären.
Nehmen Sie Abschied von Ihrer ideologisch motivierten Position, und nehmen Sie Ihre Verantwortung für die psychisch Kranken in diesem Land wahr!
Erarbeiten Sie eine Gesamtkonzeption für die psychiatrische Versorgung in Niedersachsen vor einer möglichen Zerschlagung des bisherigen Versorgungsverbundes, und vermeiden Sie die Verschleuderung von Landesvermögen an Meistbietende!
Diese Intervention hat eigentlich schon Ihre mangelhafte Kenntnis der Situation bewiesen. Ich habe schon für die Psychiatriepolitik in diesem Land gearbeitet, als Sie, liebe Frau Meißner, noch nicht an das Landesparlament gedacht haben.
Ich frage die Landesregierung: Ist es richtig, dass die Zahl der Sozialhilfeanträge von Blinden seit Einführung des berühmten Blindenhilfefonds von 10 auf 25 % gestiegen ist?
Meine zweite Frage möchte ich gleich anschließen. Ich habe mir dieses Pamphlet einmal herausgezogen. Wie verträgt sich die Bedürftigkeitsprüfung eigentlich mit dem von Ihnen so gerühmten Ziel des Bürokratieabbaus?
Ich wollte Sie nur daran erinnern, dass Frau Merk nachgefragt hatte, ob auch die begünstigt Eingebürgerten - Sportlerinnen, Künstler und solche Leute - dieses gesamte Programm ableisten sollen. Darauf haben Sie noch nicht geantwortet.
Meine eigene Frage geht in eine andere Richtung. Ich möchte wissen, mit wie viel Seiten Durchführungsverordnung wir für diesen Fall rechnen dürfen und wer dieses ganze Programm überwachen und begleiten soll.
Meine eigene Frage war die nach dem Bürokratieabbau.
Ich beziehe meine Frage auf die letzte Bemerkung der Sozial- und Gesundheitsministerin, weil ich in Bezug auf die Aussage, dass die Länder von ihren gehorteten Medikamenten bereitwillig abgeben würden, wenn uns die Pandemie erwischte, eine andere Einschätzung habe. Wie hoch schätzen Sie das Risiko für die niedersächsische Bevölkerung ein, das dadurch entsteht, dass wir nicht die von der WHO empfohlene 20-prozentige Bevorratung von Medikamenten haben?
Frau Präsidentin! Meine Herren und Damen! Mit dem Regierungswechsel 2003 haben die alten pflegebedürftigen Menschen in unserem Land ihre Lobby verloren. Das wird einmal mehr am Umgang der Fraktionen von CDU und FDP mit dem vorliegenden Antrag deutlich. Fast zwei Jahre haben Sie gebraucht, um diesen Antrag nicht etwa zu verbessern, sondern um ihn glatt abzulehnen. Dabei ist das Ansinnen die Förderung der häuslichen Pflege und die Verbesserung der Kurzzeitpflege gewesen. Dabei gibt es hier im Land viel zu verbessern.
Die seinerzeitige SPD-geführte Landesregierung hat nach Einführung der solidarischen Pflegeversicherung mit Unterstützung der SPD-Landtagsfraktion über Jahre hinweg für eine kontinuierliche Umsetzung der Pflegeversicherung auf Landesebene gesorgt. Das Landespflegegesetz, das Altenpflegeberufegesetz und die Landespflegeplanung seien hier nur als Beispiele genannt, die für den effektiven Einsatz, zur Schaffung von Grundlagen und zur Weiterentwicklung einer qualitätsorientierten Pflege oder der pflegerischen Unterstützung von Angehörigen stehen.
Ich kann damit umgehen. Danke. - Doch seit dem Wechsel zu einer CDU-geführten Landesregierung herrscht im Land in dieser Beziehung Stillstand Stillstand auf der ganzen Linie. Ich werfe der früheren Ministerin nicht vor, dass sie ihren Schwerpunkt auf das alte SPD-Thema „Bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie“ gesetzt hat. Nein, meine Herren und Damen, hier gilt: Man muss das eine tun, darf das andere aber nicht lassen.
Die Grünen fordern die Landesregierung mit ihrem Antrag auf, die häusliche Pflege zu fördern. Angesichts der erwarteten Zunahme der Zahl der Hochbetagten, über die hier schon gesprochen worden ist, und der damit verbundenen Zunahme der Zahl der pflegebedürftigen Menschen in unserer Gesellschaft ist das nicht nur unter humanitären Gesichtspunkten eine unterstützenswerte Forderung, sondern das ist unter fiskalischen Gesichtspunkten eine geradezu notwendige Überlebensstrategie für uns alle. Es sei denn, verehrte Kollegen und Kolleginnen, Sie hielten einen Zuwachs um weitere 8 000 vollstationäre Altenpflegebetten in Niedersachsen für das Jahr 2010 für erstrebenswert.
Wir wollen die häusliche Pflege stützen. Dazu gehört aber auch ein Unterstützungsnetz. Neben den ambulanten Diensten zur Pflege, der Weiterführung des Haushalts usw. nimmt in diesem Zusammenhang die Möglichkeit zur Kurzzeitpflege eine wichtige Funktion ein. Das Gesetz unterscheidet Kurzzeitpflege in die Bereiche Verhinderungspflege und Übergangspflege. Während die Modalitäten zur Verhinderungspflege gesetzlich relativ gut gefasst sind, gibt es leider von Beginn an Probleme bei der Auslegung und Anwendung des Themas Übergangspflege. Sie landete im Bermudadreieck zwischen Kranken- und Pflegeversicherung.
Die Übergangspflege ist aber angesichts kürzer werdender Liegezeiten in den Krankenhäusern - insbesondere nach Einführung der Fallpauschalenregelung - für die Pflegebedürftigen und ihre Angehörigen ein wichtiger Baustein im Gesamtkonzept. Sie soll z. B. nach Krankenhausaufenthalten einsetzen und eigentlich in die häusliche Pflege zurückführen. Dass die Inanspruchnahme nicht so funktioniert, wie ursprünglich geplant, und auch durch die Richtlinien zur Ausgestaltung und Finanzierung von Kurzzeitpflege nur unzureichende Unterstützung zur Etablierung erfährt, liegt unserer Meinung nach an mindestens zwei beobachtbaren Phänomenen.
Zum einen - so wird vermutet - gibt es wegen der Auslastungsrisiken dieser speziellen nur auf Rehabilitation ausgerichteten Häuser nur etwa 25 Einrichtungen mit ca. 250 Plätzen. Es stehen also nur wenige Angebote dieser Art und keinesfalls flächendeckend zur Verfügung, obgleich sie nach Auswertung erster Erfahrungen hervorragende Überleitungsquoten zurück in die häusliche Pflege liefern.
Im Bedarfsfall stehen bestenfalls noch so genannte eingestreute Kurzzeitpflegeplätze in Dauereinrichtungen zur Verfügung. Diese sind aber sowohl vom refinanzierten Verwaltungs- als auch vom Personaleinsatz her sowie auch konzeptionell nur schwer auf rehabilitative Pflege auszurichten.
Als ein weiterer Hinderungsgrund hat sich zum, anderen erwiesen, dass die Inanspruchnahme von Übergangspflege für Interessierte deswegen nicht möglich ist, weil die Prognose zur Dauer einer Pflegebedürftigkeit so schwierig ist. Damit ist auch die leistungsauslösende Voraussetzung des SGB XI nicht erfüllt, sodass die Betroffenen solche Aufenthalte selbst bezahlen müssen.
Fazit: Die derzeitige Übergangspflege führt oft zum Übergang in eine vollstationäre Altenpflege und entspricht weder den Wünschen der Betroffenen noch unserer Intention als verantwortungsvolle Sozialpolitiker und Sozialpolitikerinnen. Wir sehen hier genau wie die Grünen die Landesregierung in der Pflicht zu handeln.
Sie ist für das Vorhalten und Funktionieren einer ausreichenden Versorgungsstruktur verantwortlich, zu der aus mehr als guten Gründen die Kurzzeitpflege gehört und gehören soll. Das heißt, hier muss möglichst umgehend nachgebessert werden,
um den Grundsatz „Rehabilitation vor Pflege“ mehr Geltung zu verschaffen.
Verehrte Herren und Damen, die Landesregierung ist aber für die Vorhaltung einer angemessenen pflegerischen Infrastruktur nicht nur verantwortlich, sondern mit ihrer Weigerung - mit Ihrer aller Weigerung, möchte ich hier sagen - verlässt sie den bisherigen Konsens, die Altenpflege gemeinsam weiterzuentwickeln und offensichtlichem Regelungsbedarf gerecht zu werden. Hier besteht ein deutlicher Regelungsbedarf.
Wir halten es für fahrlässig, über den demografischen Wandel nur zu reden und sich nicht darauf einzustellen. Sie werden damit zum Sieger in der außerolympischen Qualifikation „Sonntagsredner des Jahres“.