dass das neue Ministerium vielleicht, sagen wir einmal, eine Version ausspuckt, die unter dem ist, was Karlsruhe sich vorgestellt hat. Wenn unsere Sorgen nicht berechtigt sind, freuen wir uns hier alle im Hause, jedenfalls die meisten. Wir werden das beobachten, wir werden es begleiten, deswegen haben wir es als Option festgehalten. Aber es ist auch richtig: In Hamburg waren wir immer diejenigen, die in der Bundesrepublik gern gesagt haben, das ist ein wichtiges Thema. Da bleiben wir auch dran, da fühlen wir eine Mitverantwortung in der bundesgesetzlichen Ausgestaltung. Und das sollte dieser Antrag hier auch sehr deutlich machen.
Wir haben natürlich auch eine Verantwortung hier. Die Kollegin hat es eben gesagt: Wir haben einen Aktionsplan einstimmig verabschiedet in diesem Haus. Auch unsere Verantwortung in dieser Stadt müssen wir wahrnehmen und wir werden auf verschiedenste Weise auch im Alltag immer wieder darauf hingewiesen. Sei es, dass jetzt auch unsere Toiletten unisex sind, die die Stadtreinigung sozusagen auf den Weg bringt, weniger wegen des Urteils in Karlsruhe – die waren auch schon vorher konzipiert –, sondern weil man einfach auch vor diesem Hintergrund sich sehr bewusst dazu entschieden hat.
Ja, meine Damen und Herren: ein wichtiges Urteil, insbesondere für die Betroffenen. Wir werden noch eine Anhörung haben im Ausschuss für Wissenschaft und Gleichstellung zu diesem Thema vor der Sommerpause. Damit sind viele in dieser Stadt arbeitenden Menschen, auch im UKE, beschäftigt. Der Alltag der betroffenen intersexuellen Menschen ist oft ein sehr schwieriger. Wir wollen dieser menschlichen Verantwortung, die oft in den Familien bleibt, hier auch durch diese Anhörung gerecht werden, uns diese Problematik anhören und schauen, was wir auf Hamburger Ebene schon leisten können dafür. Umso wichtiger ist, dass der Bundesgesetzgeber hier seine Aufgaben erfüllt, damit wir in den Ländern in Zukunft mit dem Thema gut umgehen können. Und, Herr Seelmaecker, ich würde mich sehr freuen, wenn Ihre Fraktion in der Fraktionsgemeinschaft mit der CSU darauf achtet, dass hier nicht mit Blick auf die Bayernwahlen ein Gesetzentwurf aus dem Bundesinnenministerium kommt, sondern dass man sagt, wir haben Respekt vor dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts, wir setzen es 1:1 um. Das wäre der Wunsch der GRÜNEN Fraktion. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Wir begrüßen auch den Antrag der rot-grünen Koalition. Wir haben hier noch einen Zusatzantrag gestellt und finden es schade, dass Sie diesem Zusatzantrag nicht zustimmen möchten. Wir werden Ihrem Antrag zustimmen. Ich möchte Ihnen aber einmal kurz erläutern, welche Punkte uns einfach noch einmal wichtig waren, die wir hier mit diesem Zusatzantrag eingebracht haben. Es geht zum einen um das Verfahren der Gesetzesneuregelung, dass dieses Verfahren auch transparent vollzogen wird und eben nicht wieder in Fremdbestimmung mündet. Und es ist uns einfach auch sehr, sehr wichtig, dass die Menschen in diesen laufenden Prozess der Beratung einbezogen werden, intensiv einbezogen werden. Wir sehen da einfach eine Leerstelle in Ihrem Antrag und haben deshalb in diesem Zusatzantrag auch die sogenannte dritte Option unter Mitwirkung von Interessenvertretungen von intergeschlechtlichen Menschen und Menschen mit Transhintergrund oder transgeschlechtlichen Menschen gefordert. Dementsprechend denken wir, dass eben auch mit dieser Maßnahme 4 im Aktionsplan für Akzeptanz geschlechtlicher und sexueller Vielfalt auch diese verbunden werden muss und keine Beschlüsse gefasst werden sollten ohne die Einbeziehung der Menschen, die betroffen sind. Wir würden uns auch einen Zwischenbericht wünschen, in dem ein Zwischenstand berichtet wird, der berichtet über den Prozess vor der Einführung, während der Einführung und den Prozess danach, damit zeitnah von uns interveniert werden kann, wenn es denn sein muss. Des Weiteren sind wir der Auffassung, dass auch die transgeschlechtlichen Menschen hier berücksichtigt werden müssen und auch die Möglichkeit haben müssen, ihr Geschlecht eintragen zu lassen, und dieser Weg führt dann eben auch über eine Bundesratsinitiative. Da sind also noch Möglichkeiten, die ausgeschöpft werden können, und deshalb bitten wir Sie auch, unserem Antrag zuzustimmen.
Verehrtes Präsidium, meine sehr verehrten Damen und Herren! Nach der Aufhebung des Paragrafen 175 Strafgesetzbuch im Jahre 1994, der Gleichstellung von eingetragenen Lebenspartnerschaften mit der Ehe für alle im letzten Jahr, folgt nun die Änderung des Personenstandsrechts. Damit erweist sich das Bundesverfassungsgericht ein weiteres Mal als Politikbeschleuniger, und das ist, um den ehemaligen Regierenden Bürgermeister Berlins, Klaus Wowereit, zu zitieren, auch gut so.
Was die meisten von uns niemals im Leben betrifft, ist für wenige Menschen eine fundamental wichtige
Frage, nämlich diejenige, welchem Geschlecht sie angehören – für Eltern, die ein Kind mit uneindeutigen Geschlechtsmerkmalen zur Welt bringen, vermutlich genauso schwer zu beantworten wie für junge heranwachsende Menschen, die sich auch während oder nach ihrer pubertären Entwicklung als junge Erwachsene weder dem einen noch dem anderen Geschlecht zugehörig fühlen. Und auch wenn es prozentual nur wenige betrifft, so sind in absoluten Zahlen gemessen in Deutschland über 100 000 intersexuelle Menschen betroffen. Manche davon neigen zum männlichen, andere zum weiblichen Geschlecht und können eine Zuordnung treffen. Andere aber möchten oder können diese Klassifizierung eben nicht vollziehen. Die Einführung eines dritten Geschlechtseintrags ist daher eine Chance, keine Festlegung treffen zu müssen.
Den Skeptikern, die sich womöglich noch nach mir zu Wort melden, sage ich schon jetzt: Haben Sie keine Angst, die Änderungen im Personenstandsrecht schaden niemandem, nützen Betroffenen aber erheblich und tragen zu Toleranz und Selbstbestimmung bei, die unsere Gesellschaft heute nötiger hat denn je.
Eine freie demokratische Gesellschaft zeichnet sich schließlich dadurch aus, wie sie mit Minderheiten umgeht. Es erfüllt mich daher mit Freude, dass das Bundesverfassungsgericht mit seinem Urteil einer Stigmatisierung intergeschlechtlicher Menschen entgegentritt und einen Paradigmenwechsel einleitet. Bei allem Verständnis für Eltern, die sich für rosa oder hellblau entscheiden möchten: Geschlechtsanpassende Operationen, die nicht medizinisch indiziert sind, sollten niemals ohne Einwilligung der betroffenen Person durchgeführt werden.
Das gilt im Übrigen auch für religiös motivierte Beschneidungen, die in unserem Land unverständlicherweise leider immer noch durchgeführt werden dürfen. Ich bin gespannt, ob Frau Merkel und Herr Scholz in ihrer GroKo dieses Unrecht beenden oder weiterhin der Körperverletzung von wehrlosen Kindern tatenlos zusehen, aber das ist ein anderes Thema, ein leidiges Thema.
Wir Liberale begrüßen das Urteil des Bundesverfassungsgerichts und stimmen in diesem Falle dem Antrag der Regierungsfraktionen zu. Im Hinblick auf eine bundeseinheitliche Eintragungspraxis muss Hamburg allerdings in Abstimmung mit den anderen Bundesländern entscheiden, ob die Neuregelung durch Streichung oder Ergänzung des
dritten Geschlechts in standesamtlichen Urkunden vollzogen wird. Der Antrag der LINKEN trifft hierzu, wie so oft, schon wieder Vorfestlegungen, denen wir ohne einen fachlichen Diskurs zum jetzigen Zeitpunkt nicht zustimmen werden. – Vielen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Der Antrag aus der Drucksache 21/12339 betrifft sehr, sehr wenige Menschen, aber diese wenigen möglicherweise individuell ganz beträchtlich. Schon bei einem solchen Satz muss ich vorsichtig formulieren, weil ich mir überhaupt nicht sicher bin, ob ich das tatsächliche Problem einzelner Menschen, die davon betroffen sind, und das Problem, was hinter dem juristischen Problem liegt, wirklich verstanden habe und in seiner Relevanz beurteilen kann. Aber die AfD-Fraktion und ich persönlich haben hohen Respekt vor dem Bundesverfassungsgericht, und wenn das sagt, so sollte es sein, dann verweigern wir uns nicht und stimmen nicht gegen die Vorlage, die hier heute zur Diskussion steht. – Vielen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr verehrte Volksvertreter! In der gemeinsamen Sitzung des Familien- und Sozialausschusses am 22. Februar ist deutlich geworden, dass im Senat nicht bekannt ist, was der Unterschied ist zwischen Intersexuellen und Transsexuellen. Das geht aus der Drucksache 21/11431, Seite 31 hervor. Und aus dem Grunde möchte ich einmal kurz einfach eine Definitionsbestimmung geben: Intersexuelle, das sind alle, die sich nicht als Männer oder Frauen definieren lassen. Das heißt, Männer sind solche, die einen männlichen Chromosomensatz, einen männlichen Hormonstatus, ein männliches Genitale und ab der Pubertät dann auch männliche sekundäre Geschlechtsmerkmale haben. Die Intersexuellen sind eben nicht irgendwie ein diffuses Spektrum, sondern es sind definierte Syndrome. Eins davon, das ich beispielhaft nennen möchte, sind die Personen mit Turner-Syndrom. Die sehen zunächst einmal aus wie Mädchen, entwickeln dann aber während der Pubertät keine sekundären Geschlechtsmerkmale und bei der Untersuchung mit Ultraschall fällt dann auf, dass nur rudimentäre Ovarien vorhanden sind. Diese Personen werden dann fast alle auf eigenen Wunsch mit Hormonen behandelt, sodass sie äußerlich nicht von Frauen zu unterscheiden sind,
und die sind eigentlich dann ein ganz großes Ärgernis für Genderisten, weil sie biologisch ganz klar intersexuell sind, aber sich nicht instrumentalisieren lassen. Sie bezeichnen sich auch ausweislich der Website ihrer Selbsthilfegruppe als Frauen. Sie sagen, dieses Syndrom kommt nur bei Frauen vor.
Und jetzt könnte ich noch über die anderen Syndrome sprechen. Es ist eben bei ganz vielen Intersexuellen so, dass sie überhaupt nicht als intersexuell erkannt werden wollen und zumeist relativ milde Behandlungsformen vorliegen, um auch die äußere Form dem Männlichen oder Weiblichen anzugleichen, und das wollen diese Menschen so und sie wollen nicht instrumentalisiert werden. – Vielen, vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Selten haben wir so viel Einmütigkeit in diesem Haus wie bei diesem Thema und das finde ich richtig und gut. Denn es geht nicht um eine Laune oder aktuellen Zeitgeist, sondern, und das haben alle Rednerinnen und Redner aus dem Parlament gesagt, es ist ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts, und es ist ein historisches Urteil, eine wegweisende Entscheidung und natürlich ein Meilenstein für intergeschlechtliche Menschen, weil es hier um das Recht geht, Persönlichkeit frei zu entfalten und Individualität selbstbestimmt entwickeln zu können. Und wir haben ja …
Deshalb muss ich es auch gar nicht lang machen, das wäre ein bisschen Eulen nach Athen tragen. Ich glaube, wir sind uns hier tatsächlich alle einig, dass wir zum einen jetzt die Gesetzesausgestaltung uns genau angucken. Das wird auch unsere Aufgabe hier aus Hamburg sein, weil wir in vielen Fragen der Gleichstellung, die LSBTI-Fragestellungen betreffen, aber auch andere, immer einen Schritt vorangegangen sind und immer einen Schritt weiter waren, sodass ich hier auch eine besondere Aufgabe für uns – für das Parlament, aber auch für den Senat – sehe, die Entwicklung im Bund ganz genau zu begleiten und gegebenenfalls auch hier noch einmal aktiv zu werden. Und in der Tat werden sich dann einige Fragen der praktischen Ausgestaltung stellen. Da sind wir schon im engen Austausch hier in Hamburg mit den Behörden. Da ist die Frage Personenstand, aber es wird natürlich auch bei Behördengängen, bei Formularen und Dokumenten dann Antworten zu geben haben, im Bereich der Krankenkassen et cetera. Wir haben jetzt schon, auch durch den Aktionsplan, viele Fragen aufgegriffen, einige Fragen anti
zipiert. Wir haben ein gutes Unterstützungs- und auch Hilfesystem. Sicherlich werden wir da an der einen oder anderen Stelle noch einmal nachsteuern müssen. Ich will nur sagen, wir sind hier schon recht weit, und das hat auch immer dem Geist der Stadt und auch dem Geist dieses Hauses entsprochen.
Auch ich muss sagen, ich finde es bedauerlich, dass das Bundesverfassungsgericht uns, dem politischen Raum, hier wieder einen Schubs geben musste. Ich glaube, wir zumindest sind hier alle schon sehr viel weiter gewesen. Gerade diesem Thema, das ja ein sehr privates auf der einen Seite ist, kommt aber andererseits auch eine enorme politische Bedeutung zu: eben die Chance, Geschlecht neu zu denken und auch Lebensbedingungen von Menschen jenseits der Geschlechterkategorie Frauen und Männer zu verbessern. Das ist in der Tat historisch. Ich habe mir einmal die Mühe gemacht und geguckt, wann es das letzte Mal überhaupt eine gesetzliche Regelung gegeben hat zu Personen, deren Geschlecht nicht eindeutig weiblich oder männlich ist. Das ist seit 1875 das Allgemeine Landrecht für die Preußischen Staaten von 1794. Es war also damals seiner Zeit weit voraus, denn es hatte Regelungen zur geschlechtlichen Einordnung von intergeschlechtlichen Menschen, und wenn Sie gestatten, zitiere ich einmal daraus:
"Wenn Zwitter geboren werden, so bestimmen die Aeltern, zu welchem Geschlechte sie erzogen werden sollen. Jedoch steht einem solchen Menschen, nach zurückgelegtem achtzehnten Jahre, die Wahl frey, zu welchem Geschlecht er sich halten wolle."
Hier steht zwar jetzt er, aber es ist wohl auch sie oder eben die Kategorie, über die wir dann sprechen, gemeint.
Das heißt also, dass mit dieser Entscheidung der Mensch wieder in den Mittelpunkt gestellt wird und ihm genau die Chancen geboten werden, die sich viele Intergeschlechtliche schon lange erhofft haben, nämlich die Anerkennung des dritten Geschlechts. Wir hoffen nun, dass die Bundesgesetzgebung bis Ende 2018 alles regeln wird. Die Bereiche habe ich eben schon kurz angerissen: Ausweise, Krankenkassen, offizielle Bescheide. Ich freue mich weiterhin auf die Auseinandersetzung und die aktive Begleitung dieses gesamten Prozesses, denn wir sind mit unserem Aktionsplan weit vorangegangen. Wir sind mit vielen anderen Fragen weit vorangegangen. Wir haben schon eine gute Struktur, die begleitet und unterstützt, und das wird sich hoffentlich auch im Arbeitsleben, im Bildungssektor, in allen Einrichtungen, auch in der Altenpflege, überall dort, wo Menschen sind, fortsetzen. Dann bin ich sehr optimistisch, dass wir dieses wichtige Thema in Hamburg auch gut weiterbewegt bekom
Wer diesem Antrag zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Die Gegenprobe. – Enthaltungen? – Damit ist der Antrag mit Mehrheit abgelehnt.
Wer diesen annehmen möchte, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. – Die Gegenprobe. – Enthaltungen? – Das ist einstimmig bei einigen Enthaltungen angenommen.
Dann bin ich Ihnen noch ein Wahlergebnis schuldig, das Ergebnis der Wahl eines Mitglieds für den Beirat für politische Bildung. Auf Herrn Philipp Heißner entfielen 77 Ja-Stimmen, 20 Nein-Stimmen, 12 Enthaltungen und eine ungültige Stimme, insgesamt 110 abgegebene Stimmen und damit ist Herr Philipp Heißner zum Beiratsmitglied gewählt worden. – Herzlichen Glückwunsch.
Hier ist auch beschlossen worden, diese Debatte zu streichen. Wir kommen dann gleich zu den Abstimmungen.