Jörn Kruse
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Last Statements
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Der Antrag fordert, einen Lehramtsstudiengang für das Schulfach Theater einzuführen. Das kann man machen – man kann es aber auch lassen. Es handelt sich um ein klassisches Luxusfach, das vielleicht nice to have ist, aber zur Sicherung von Qualifikationen der Schüler für ihr späteres Berufsleben kaum etwas beiträgt.
Hören Sie mir doch einfach zu.
Wenn schon eine Neuerung, dann doch eher eine starke Ausweitung oder vielleicht manchmal auch erst Einführung von Lehramtsstudiengängen für Schulfächer wie IT, Software und zugehörige Dinge. Das bringt einen echten Qualifikationsschub für die Schüler für ihr späteres Leben, wo diese Qualifikationen immer wichtig sein werden.
Viele Politiker reden von Digitalisierung und sehen darin zu Recht einen zentralen Faktor für die künftige Standortqualität und die Arbeitsplätze. Aber die wenigsten machen sich klar, was das für ihre Politik konkret bedeutet, außer der schön klingenden Vokabel im Programm vieler Parteien. Für Landespolitiker heißt das konkret: IT-Ausbildung in der Schule, IT-Ausbildung in der Schule, IT-Ausbildung in der Schule.
Wenn das nicht schneller vorangeht, liegt das vor allem stark am Mangel einschlägig ausgebildeter Lehrer mit neuestem IT-Wissen, auch deshalb, weil IT-Kompetenz in der sogenannten freien Wirtschaft deutlich besser bezahlt wird als in der Schule für einen Lehrer. Eine IT-Lehrerausbildung mit der Perspektive einer späteren Lebenszeitverbeamtung als Lehrer in Stadtteilschulen und Gymnasien wäre vermutlich eher wettbewerbsfähig.
Also in Kürze zusammengefasst: Theater kann man machen, IT muss man machen. Richten wir unsere Lehrerausbildung darauf aus. – Vielen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Das Parlament soll die Regierung kontrollieren, also die Hamburgische Bürgerschaft den Senat. Allerdings sind die fachlichen Voraussetzungen extrem unterschiedlich. Der Senat gebietet über spezialisierte und hochkompetente Beamte, und wenn einmal Know-how fehlen sollte, sind in der Regel genügend Budgetmittel vorhanden, um das durch externe Berater auszugleichen. Das ist auch gut so.
Die Abgeordneten der Bürgerschaft sind notwendigerweise breit aufgestellt und müssen zu fast allen Gebieten argumentationsfähig sein, wenn sie in ihrer Partei Karriere machen wollen. Für eine echte fachliche Vertiefung analog zu derjenigen anderer Berufe, um mit den Profis aus den Behörden mithalten zu können, fehlen sowohl die Zeit als auch die Anreize. Das gilt für die Oppositionsfraktionen in noch deutlich höherem Maße, weil sie zahlenmäßig kleiner sind, keine Anleihen bei Behörden machen können und keine ausreichenden Mittel für externe Berater haben. Natürlich hat jede Fraktion einen Fachsprecher für alle Gebiete, was eine relative Spezialisierung impliziert. Das sagt aber noch nichts über das fachliche Niveau aus, schon gar nicht im Vergleich zu den Experten des Senats.
Ich habe an dieser Stelle schon oft Reden über Themen gehalten, von denen ich eigentlich gar nichts verstehe,
und ich vermute, ich bin da bei Weitem nicht der Einzige. Ein Glücksfall ist es, wenn jemand im Zivilberuf das Gleiche macht, womit er auch in der Bürgerschaft befasst ist.
Dafür gibt es aber keine systematische Funktionalität für die verschiedenen Themen. Dass Abgeordnete im Regelfall, also von einzelnen Ausnahmen abgesehen, keine Experten sind, ist kein bedauerlicher Mangel, sondern ein bewusstes Konstruktionsmerkmal einer parlamentarischen Demokratie.
Ein Parlament soll nämlich im Wesentlichen in normativer Hinsicht die Gesamtheit der Bevölkerung abbilden. Der entscheidende Punkt und nahezu die einzige Möglichkeit, das Problem systematisch zu lösen, ist eine gute Beratung des Parlaments, der einzelnen Fraktionen und der einzelnen Abgeordneten. Welche Experten soll man wählen? Für die Auswahl von Politikberatern sind zwei Kriterien von besonderer Relevanz.
Erstens: Sie sollen ausgewiesene Experten auf dem betreffenden Gebiet sein, und sie sollen in der Lage sein, ihre Expertise gegenüber Nichtfachleuten adäquat, transparent und entscheidungsorientiert zu präsentieren.
Zweitens, sehr wichtig: Sie sollen inhaltlich unabhängig sein. Das heißt, sie sollen von dem Inhalt der Argumente und des Ergebnisses nicht positiv oder negativ betroffen sein; ihr primäres Ziel soll es sein, eine erstklassige Analyse abzuliefern. Beides macht in der heutigen Praxis Probleme.
Erstens: Die Abgeordneten haben in der Regel, von besonderen Fällen abgesehen, keinen hinreichenden fachlichen Zugang zu den Experten der jeweiligen Fächer im großen Umfang – am ehesten vielleicht noch zu Juristen, weil eben ziemlich viele Abgeordnete Juristen sind und sie kennen andere Juristen und können auch beurteilen, wie gut die sind.
Der zweite Punkt ist: Unabhängigkeit ist in der Politik ein besonderes Problem, weil Interessenvertreter, also Lobbyisten, fast immer zugegen sind und einen guten Zugang zu Abgeordneten haben, häufig als Parteifreund. Sie sind aber nicht gemeinwohlorientiert, sondern vertreten Partialinteressen. Das ist für Beratung nicht positiv. Man sollte eine Expertenanhörung niemals mit einem Stakeholder Meeting vergleichen. Das kann man auch machen, ist aber etwas anderes.
Wie findet man einen Berater, der beide Kriterien erfüllt? Antwort: durch Fachverbände, sofern diese nicht gleichzeitig Interessenvertreter sind. Darauf muss man achten. Die Eignung nach den beiden Kriterien gilt fast immer für wissenschaftliche Organisationen, aber auch für etliche andere Fachorganisationen, und das sollte man nutzen. – Danke für die Aufmerksamkeit.
Ich fange einmal mit Frau Schneider an. Frau Schneider, vielleicht ist ja genau das, was Sie kritisiert haben bei Frau von Storch, das Ergebnis der Tatsache, dass wir wenig unabhängige echte Expertenberatung haben.
Ja. Ich sage das deshalb so bewusst – vielleicht hören Sie mir einfach einmal zu –, ich sage das bewusst, weil das ein Thema ist, bei dem sehr häufig vorgefasste Meinungen und politische Orientierungen die Auswahl von Wissenschaftlern, die man zitiert, prägt. Besser wäre es in meinem Sinne, man würde die Experten, die es gibt zu dem Thema, darüber befragen. Und dann könnte es ja sein, dass möglicherweise Frau von Storch einen Lerneffekt hätte. Wäre ja möglich.
Was ich beabsichtige oder was meine Fraktion beabsichtigt, ist eigentlich nur, das Niveau der Beratung zu steigern überall dort, wo das Parlament keine eigene oder nicht genügend Expertise hat. Das bisherige Verfahren ist immer: Jede Fraktion sucht sich Leute, die das sagen, was sie selbst auch sagen wollten. Das ist aber keine echte Beratung.
Beratung ist, wenn es von Leuten kommt, die ohne Rücksicht auf bestimmte politische Positionen die Leute hier beraten. Das ist der Anlass unseres Antrags. Und das bezieht sich sowohl auf die Fachkompetenz
wie auf die Unabhängigkeit.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Der Antisemitismus ist eine Geißel der gesamten europäischen Geschichte seit Jahrhunderten. Die Ursachen sind nicht leicht zu analysieren, weil sich religiöse, ethnische, soziale und rassistische Motive in fataler Weise mischen. Der dramatische negative Höhepunkt des Antisemitismus fand ausgerechnet in Deutschland statt, in der finstersten Epoche der deutschen Geschichte.
Seit einiger Zeit erhebt nun der Antisemitismus wieder sein Haupt. In Frankreich findet gerade ein Exodus von Juden nach Israel statt. Grund ist der wachsende Antisemitismus in Frankreich, der terroristische Anschläge auf jüdische Einheiten ein
schließt, wie wir vor einiger Zeit alle erleben mussten. Die Täter dort haben fast ausschließlich einen muslimischen Hintergrund und islamistische Motivation.
In Deutschland gibt es den aktuellen Antisemitismus im Wesentlichen aus drei Motivationslagen, nämlich von links, von rechts und von Muslimen. Inzwischen hat sich vermutlich herumgesprochen, dass die plumpe Zuordnung, antijüdische Aktionen als rechtsmotiviert einzuordnen, zu einer gravierenden Verfälschung der Statistik geführt hat, die unakzeptabel und peinlich ist.
Schön finde ich, dass die CDU sich an den AfDAntrag angehängt hat und in ihrem Zusatzantrag im Petitum fast das Gleiche fordert wie wir.
Auch im Text kann ich einigem zustimmen, auch der Bezugnahme auf den Anschlag auf das Restaurant "Shalom" in Chemnitz und auf einen Politiker, dessen Name mir nur mit Schmerzen über die Lippen kommt, und seiner Äußerung über das Holocaust-Mahnmal in Berlin. Allerdings unterschlagen Sie vollständig, Herr Kollege Ovens, dass Ihre Parteifreundin Angela Merkel Hunderttausende von Antisemiten und Israelfeinden im Herbst 2015 und danach nicht nur illegal ins Land gelassen, sondern sogar angelockt hat.
Diese sind in ihren Heimatländern systematisch zu Judenhassern erzogen worden.
Die Folgen sind eine extreme Bedrohung für alle in Deutschland lebenden Juden und Israeli. Wenn Sie das genauer nachlesen wollen, empfehle ich Ihnen den Aufsatz von Christoph Ernst in der Septemberausgabe des "Cicero", Seite 104. Oder ich empfehle Ihnen das Buch von Arye Shalicar mit dem Titel "Der neu-deutsche Antisemit";
auch dazu können Sie Informationen im "Cicero" in der Dezember-Ausgabe lesen. Dies zu verdrängen macht Sie beim Thema Antisemitismus völlig unglaubwürdig, liebe CDU-Fraktion.
Dennoch sind wir mit Ihnen, also der CDU-Fraktion, wie Sie mit uns – worüber ich sehr froh bin – der Auffassung, dass Hamburg sich systematisch und kontinuierlich um das Thema jüdisches Leben und Antisemitismus kümmern sollte.
Dafür ist ein staatlicher Beauftragter in Hamburg samt beratendem … ein wichtiger Schritt. Das bereits bestehende Institut für die Geschichte der deutschen Juden in Hamburg kann wertvolle wissenschaftliche Beiträge leisten. Ich bin froh, dass ich mit Ihnen einer Meinung bin. – Danke schön.
Ich nehme es mal nicht als Vorsatz, Frau Präsidentin.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren!
Zu den Dingen, die hier neu sind, gehört …
Dann bitte ich Sie dafür um Entschuldigung.
Zu den Neuerungen gehört auch, dass das Wasser, das wir jetzt immer sehr stilvoll serviert bekommen, um das mal einzuwerfen, das will ich jetzt mal machen an dieser Stelle …
Der Hamburger Hafen ist in einer schlechten Verfassung und verliert Marktanteile. Der Containerumschlag in Hamburg ist mengenmäßig rückläufig. Das bedroht natürlich Arbeitsplätze. Aber das allein könnte grundsätzlich auch kurzfristiger Natur sein und/oder an globalen Faktoren liegen, wie zum Beispiel Wachstumsdelle in China, Sanktionen gegen Russland oder Trumps tumbe Ausfälle gegen den freien Welthandel. Aber die Konkurrenz auf der Nordrange hat bei Containern einen Zuwachs, zum Teil ganz beträchtlich. Das gilt für Rotterdam und für Antwerpen und sogar für Bremen. Ich könnte Ihnen die Zahlen vorlesen, aber ich glaube, Sie kennen Sie alle selbst, und ich glaube, uns allen ist es peinlich, dass das so ist.
Das heißt also, Hamburg hat nicht nur ein Mengenproblem, sondern ein Wettbewerbsproblem, und das lässt für die Zukunft nichts Gutes erwarten. Vor allem aber liegt es in der Verantwortung der Hamburger Politik, und die Probleme sind auch nicht neu. Das bekannteste ist die nach 17 Jahren immer noch fehlende Fahrrinnenanpassung, vulgo Elbvertiefung. Wenn ein Containerschiff beim Anlauf Hamburgs 1 000 bis 2 000 Container weniger
laden kann, weil der Tiefgang fehlt, dann fehlt natürlich Umschlag und einige Reedereien routen ihre Linien lieber gleich nach Rotterdam, und das alles, weil von 100 Elbkilometern 10 Elbkilometer vertieft werden müssen. Die Arbeitsplatzrisiken nehmen wir auf uns wegen eines Unkrauts, des Schierlingswasserfenchels, das außer ein paar Biologen vorher niemand kannte und die meisten auch nicht interessiert. Und der Umweltsenator stellt sich hin und sagt öffentlich, dass er als GRÜNER gegen die Elbvertiefung sei. So eine Person ist als Hamburger Senator untragbar, Herr Bürgermeister.
Das zweite große Problem kennen zwar die meisten Hamburger aus eigenem Erleben, denken da aber wohl nicht an den Hafen. Das ist die katastrophale Straßenverkehrssituation in der Stauhauptstadt Hamburg. Eine große Hamburger Spedition hat ausgerechnet, dass die Ladungsmenge, die sie vor zehn Jahren mit 100 Lkws erledigen konnte, heute 120 Lkws benötigt; das ist eine Senkung der Produktivität um 20 Prozent roughly. Und das ist eine Folge des Straßenstaus und damit einer verfehlten Verkehrspolitik in Hamburg, auch in Berlin, gebe ich zu.
Es gibt Spediteure, die mittlerweile nicht mehr gern bereit sind, Waren über Hamburg zu transportieren, da die Kosten durch Staus so hoch sind, dass sie kein Geld mehr verdienen.
Auch die Hamburger Straßensperrungen an zwei Stellen in Altona, die ganz Hamburg in Deutschland zur Lachnummer gemacht haben, Herr Senator Kerstan, gehören hierher, und zwar deshalb, weil sie ein Symbol sind – und so war es wohl auch gedacht –, ein Symbol generell gegen den Autoverkehr in Hamburg, aber es ist auch ein Symbol für eine wohlstandsverwahrloste grüne Politik. Stattdessen suhlt man sich in der grünen Radfahrpolitik. Ich warte darauf, bis die GRÜNEN die Container per Fahrrad durch Hamburg ziehen, weil Lkws von ihnen verboten worden sind.
Dann kann man auch gleich den ganzen Hafen zuschütten und dort Wohnungen bauen. Das eignet sich ohnehin viel besser für den Wahlkampf.
Ein Hafenproblem ganz anderer Art ist die Einfuhrumsatzsteuer. Wenn ein Spediteur Waren über den Hamburger Hafen importiert, muss er die Einfuhrumsatzsteuer sofort zahlen und hoffen, dass er sie vom Empfänger der Ware später, nach Wochen oder Monaten, erstattet bekommt – eine ganz unnötige Bindung von Kapital und Liquidität und überflüssige Transaktionskosten und Bürokratie. Bei einem Import über Rotterdam oder Antwerpen zahlt das direkt der Empfänger. Kein Wunder, dass
ein Spediteur seine Importe lieber über Rotterdam oder Antwerpen routet.
Wieso ein deutscher Bundesfinanzminister – wer war das noch gleich? – bei Zinsen von fast null und vollen Steuerkassen den deutschen Häfen einen derartigen Wettbewerbsnachteil zumutet, ist mir unverständlich. Das Problem ist zwar bekannt, aber es ist noch nichts passiert in dieser Richtung. Und ich denke mal, Herr Scholz, es sollte das Interesse sein, in Hamburg zu signalisieren, dass das bald angepackt wird. Treten Sie Ihrem Vorgänger doch mal auf die Füße, Herr Bürgermeister Tschentscher.
Der Hamburger Hafen hat seine Wettbewerbsvorteile. Ich nenne mal drei: als Zielhafen wegen der hohen Industriedichte, bei der Eisenbahnanbindung und aufgrund der guten Arbeitsverhältnisse – ich könnte auch sagen, wegen vernünftiger Betriebsräte und Gewerkschaften in Hamburg, speziell im Hafen. Aber diese Vorteile kann man durch andere Politik leicht wieder verspielen, insbesondere in der Umwelt- und Verkehrspolitik; wir sind gerade dabei. Die Nachteile hätten der Standort Hamburg und die Hamburger Arbeitsplätze. – Danke für die Aufmerksamkeit.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Das Thema, das Gegenstand unseres Antrags ist, kann man auch als ein Lehrstück dafür betrachten, wie unfähig oder unwillig Politiker sein können, frühere Fehler zu korrigieren oder auch nur einzusehen, wenn die Fakten anders sind, als gedacht. Der Staatvertrag zwischen der Freien und Hansestadt Hamburg und den Islamverbänden war zweifellos gut gemeint. Das galt für Bürgermeister Scholz ebenso wie für die CDU-Akteure, die ebenfalls dafür waren; auch das will ich ausdrücklich konzedieren, Herr Wersich. Aber klar ist heute: Der Staatsvertrag ist vollständig gescheitert. Das liegt einerseits an den zahlreichen Verstößen der Islamverbände gegen die Wertegrundlage in Artikel 2; ich muss ihn, glaube ich, hier nicht noch einmal vorlesen. Andererseits liegt es an der fehlenden Bereitschaft oder Fähigkeit der Hamburger Seite, die Verfehlungen aufzuzeigen, zu sanktionieren und in einen kritischen Dialog einzutreten, der Besserung schafft und die Integration der Muslime in Hamburg fördert. So hat der Staat sich erneut als Waschlappen präsentiert, den die Gegenseite nicht wirklich ernst nimmt, sondern nur die Vorteile einsammelt.
Das IZH, also konkret der Träger der schiitischen Blauen Moschee an der Alster, ist ein direktes Werkzeug der Expansionsstrategie der Mullah-Diktatur in Teheran. Die greisen Ayatollahs im Iran unterdrücken ihr Volk auf übelste Weise, vor allem die Frauen und alle Menschen, die sich ihr Leben etwas anders vorstellen oder die etwas anders sind, als theokratische Machthaber sich das wünschen. Dabei werden große wirtschaftliche und personelle Ressourcen statt für das eigene Volk für die militärische Expansion verwendet, sei es im Irak, in Syrien, Libanon oder Jemen. Die Empörung im Iran ist riesengroß, das weiß ich aus der
Reihe von Freunden, die von dort stammen und das sehr gut beurteilen können.
Das islamistisch-theokratische Unterdrückungsregime im Iran ist nur mit faschistischen oder kommunistischen Regimen vergleichbar, die wir leider noch gut in Erinnerung haben. Einer aus dem obersten religiösen Führungszirkel in Teheran, Ayatollah Reza Ramezani, war bis vor Kurzem der Chef des IZH in Hamburg. Für ihn sind Säkularismus und Islam nicht vereinbar, ebenso wenig Demokratie und Islam. Das bestätigt auch der Hamburger Verfassungsschutz von 2016, der schreibt, dass – Zitat –
"das Staats- und Gesellschaftsverständnis des IZH vom Primat der Religion gegenüber Demokratie und Rechtsstaat geprägt"
ist. Das nächste Zitat spare ich mir, weil ich es das letzte Mal schon einmal zitiert habe und Sie das, glaube ich, alle ohnehin schon kennen.
Einer der Knackpunkte und ein Prüfstein für das IZH sind die jährlichen Al-Quds-Kundgebungen in Berlin, die nicht nur antiisraelisch sind, sondern auch antisemitisch, und an denen führende Personen des IZH nicht nur teilgenommen haben, sondern sie mit organisiert haben. Nach dem Al-QudsTag 2017 hat die IZH-Führung quasi versprochen, dass das IZH künftig nicht mehr für den Al-QudsTag werbe und keine Anreisen mehr organisiere. Selbst der SCHURA-Vorstand in Hamburg, wozu das IZH gehört, verlangte von Ayatollah Ramezani, sich in Zukunft nicht mehr an israelfeindlichen Kundgebungen zu beteiligen. Dennoch haben führende Vertreter des IZH am 9. Juni 2018 erneut den Al-Quds-Tag in Berlin besucht, darunter Scheich Mohammad Mohssen, Seyed Mousavi, stellvertretender Landesvorsitzender, und Hamidreza Torabi.
Dem Landesamt für Verfassungsschutz zufolge – das sind nicht meine Zahlen, sondern vom Verfassungsschutz – sollen diesmal nicht nur 150 Personen aus der Metropolregion Hamburg nach Berlin gereist sein, sondern das IZH die Veranstaltung sogar mit organisiert haben. Dazu passte auch, dass Torabi den Al-Quds-Marsch in der ersten Reihe anführte.
Wenn der Senat jetzt nicht reagiert, macht er sich komplett unglaubwürdig. Den neuen Besen, der bekanntlich gut kehrt, sollte jetzt der neue Bürgermeister bei diesem Thema in die Hand nehmen. Dabei sollte klar sein, dass ein Ausschluss des IZH oder eine Kündigung des Staatsvertrags durchaus kein Ende des Dialogs mit Muslimen bedeutet. Im Gegenteil, wenn die Verbände den Senat erst wieder ernst nehmen können, können Gespräche auch konkrete Fortschritte auf dem Weg der Integration von Muslimen in Hamburg bringen.
Ernsthafte Gespräche sind wichtig. Beim Staatsvertrag hat der Senat nur den falschen Partner ge
wählt, nämlich Funktionäre radikaler Verbände, die aus dem Ausland gesteuert werden, zum Beispiel aus Teheran oder aus Ankara, statt normaler Muslims, die in Hamburg leben und arbeiten.
Mein Vorschlag: Alle Muslime können sich in eine Liste eintragen und sind damit wahlberechtigt zu einer Hamburger Vertretung der Muslime.
Mit deren Vorsitzenden kann man in einen Dialog treten.
Das ist bedauerlich.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Lieber Herr Kollege Ovens, Ihrem Antrag kann ich zustimmen. Das liegt aber auch daran, dass kaum etwas darinsteht. Lieber würde ich ein bisschen rummäkeln, aber da fehlt leider die Substanz – jedenfalls im Petitum, nicht im Vortext, darin steht manches, was gut und richtig ist. Aber im Petitum fordern Sie eigentlich den Senat in drei Punkten auf, zu prüfen. Das kann nicht falsch sein. Aber auch, wenn die Prüfungen in Ihrem Sinne positiv ausgehen, kommen Forderungen heraus, die, glaube ich, jeder unterschreiben kann. Sie sind für Entbürokratisierung der Antragstellung. Wer wäre das nicht? Sie sind für Kommunikation und Information über BAföG. Gute Idee. Sie sind für Vereinfachung des Antragsverfahrens. Einverstanden. Aber das führt alles noch nicht sehr viel weiter.
Was das betrifft, gefällt mir der Zusatzantrag der FDP-Fraktion. Vielleicht deshalb, weil ich als Student auch in das Mittelstandsloch gefallen bin, wie die FDP das so schön bezeichnet: Mein Vater verdiente als Beamter nicht viel, aber doch zu viel, als dass ich BAföG hätte bekommen können. Und ich glaube, so geht es ganz vielen. Die FDP fordert auch etwas Substanzielles, nämlich eine Ausweitung der Förderberechtigten. Da bin ich auch dafür, und ich glaube, Herr Ovens, Sie sind auch dafür. – Danke für die Aufmerksamkeit.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Wir haben schon verschiedene Male hier darüber diskutiert und es gibt, wie wir eben noch einmal gehört haben, sehr unterschiedliche Meinungen, auch in der AfD-Fraktion. Einige in der Fraktion betrachten die City-Höfe als Denkmal und insofern schon als etwas Besonderes, oder sie sagen, der Neuentwurf sei enttäuschend uninspiriert. Und es gibt andere, die sagen, das seien Nachkriegszweckbauten und so sähen sie auch aus; sie hätten viele Quadratmeter geschaffen zu einer Zeit, als es wichtig war, viele Quadratmeter herzustellen, aber es sei eben potthässlich und ein Schandfleck für die ganze Stadt.
Als ich vor fast 50 Jahren nach Hamburg kam, habe ich mich selbst immer gewundert, warum diese schöne Stadt sich einen solchen Schandfleck in der Mitte der Stadt, nahe am Hauptbahnhof und sichtbar für alle, leistet. Warum war das so? Ich
habe dann gesagt: Na ja, wahrscheinlich hat es wirtschaftliche Gründe. Dass das falsch war, habe ich erst nachher gemerkt. Wirtschaftlich war es schon damals, abzureißen und neu zu bauen. Neueren Datums ist die hier schon mehrmals zitierte Äußerung des jetzt abwesenden früheren Finanzsenators Tschentscher, der von einer asbestverseuchten Schrottimmobilie gesprochen hat. Das ist häufig hier und im Kulturausschuss und überall als polemische Bemerkung gebrandmarkt worden, aber trotzdem hat er wohl recht. Wenn das so ist, dann kann man daraus nur die Schlussfolgerung ziehen: Abriss möglichst schnell
und, das ist der entscheidende Punkt, etwas tolles Neues bauen, was unten kompatibel ist mit dem Kontorhausviertel und oben, also im Zentrum der Stadt, ein Ausrufezeichen einer prosperierenden modernen Großstadt setzt. Das erfüllt der Entwurf, den wir jetzt haben, leider nicht. Den finde ich enttäuschend und ich glaube, es geht vielen so; den könnte man auch überall sonst hinstellen. Auch ist es wohl offensichtlich so, dass es eine ganze Reihe von Ungereimtheiten gibt und gab beim Ausschluss eines Entwurfs, der Erhaltung vorsah. Das ist etwas, was ich nicht im Detail durchschaue, aber was man natürlich nachprüfen muss.
Jetzt komme ich zum LINKEN-Antrag. Also die LINKEN fordern in 21/13090, in Petitum 1 weitere Informationen. Dem kann ich zustimmen. Der Rest des Antrages dient im Wesentlichen dazu, das Ganze zu verhindern, aufzuschieben und zu blockieren. Und dem kann ich nicht zustimmen.
Zum Antrag 21/13072 der LINKEN, Akteneinsicht, bis zur vorletzten Fassung hätte ich sagen können: Ja, Akteneinsicht ist gut, wir alle wollen mehr wissen. Aber in der letzten Fassung, die ich selbst erst heute Mittag bekommen habe, steht: Akteneinsicht, bevor man überhaupt loslegt – also ein offensichtlicher Versuch, das Ganze zu blockieren. Dem kann ich nicht zustimmen.
Ich möchte noch einmal eines klarstellen: Egal, was die UNESCO oder ICOMOS oder irgendeine andere einseitig motivierte Organisation sagt: Denkmalschutz ist immer eine Abwägungsfrage. Man muss immer zwischen den berechtigten Interessen des Denkmalschutzes und den wirtschaftlichen Interessen der Eigentümer und den Interessen der Stadt bei der Gestaltung der Stadt abwägen. Solche Organisationen wie die UNESO und ICOMOS können beraten, aber eben nur beraten. Letztlich müssen die das entscheiden, die dafür gewählt sind, also die Vertretung in dieser Stadt, diese Bürgerschaft und dieser Senat. Deshalb sage ich: Ich habe den Eindruck, dass die Mehrheit in diesem Haus das auch verstanden hat. Und so sehe ich auch den Zusatzantrag, den die rot-grü
nen Fraktionen heute gestellt haben. Deshalb werde ich persönlich dem zustimmen, aber ich weiß, es gibt in meiner Fraktion auch andere, die das nicht tun. Also wir geben bei uns die Abstimmung frei, weil das eine Frage ist, die man nicht mit Fraktionszwang lösen sollte. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Es gibt eine Menge Leute, gerade aus dem Bereich der Ökonomie, die die sogenannte Energiewende für eine politisch opportunistische Spontanidee von Frau Merkel halten, nachdem diese die Fernsehbilder der Tsunamifolgen von Fukushima gesehen hatte.
Dieser Meinung will ich mich hier und heute nicht anschließen, obwohl sie viel für sich hat. Aber was ist mit dem goldenen Kalb, mit den Klimazielen? Wenn man aus der kostengünstigen und CO2-neutralen Kernenergie aussteigt, muss man sich nicht wundern, wenn es mit den Klimazielen schwieriger wird. Einige betrachten die Energiewende, übrigens ein typisch deutscher Alleingang von Frau Merkel, im Wesentlichen als ein weltpädagogisches Vorzeigeprojekt. Auf jeden Fall dürfte klar sein, dass die Umsetzung der Energiewende überstürzt erfolgte, statt die erforderlichen Investitionsplanungen und Bauzeiträume, vor allen Dingen die Nord-Süd-Trassen, einzukalkulieren. Die Implikationen für die Netzstrukturen und eine Menge anderer Sekundärwirkungen auf Verbraucherpreise und so weiter wurden nicht hinreichend und vor allen Dingen nicht früh genug und nicht rechtzeitig analysiert. Das Gleiche gilt für die Inkongruenz von Lastkurve und Angebotsschwankungen.
Im Ergebnis wurde die Energiewende extrem teuer. Allein durch die hohe Subventionierung erneuerbarer Energien auf Kosten der Kunden werden bei den Endverbrauchern bis 2030 Kosten in Höhe von rund 650 Milliarden Euro anfallen. Zahlreiche weitere Folgen und negative Wirkungen sind da noch gar nicht eingerechnet. Nicht selten wird die Energiewende wegen der explodierenden Kosten, mangelnder Effizienz und verfehlter Ziele auch in Kreisen der Wissenschaft, zum Beispiel von HansWerner Sinn, als gescheitert bezeichnet.
Vor allem aber war und ist die Energiewende extrem staatsinterventionistisch. Man könnte auch sagen, die Elektrizitätswirtschaft wurde von einer Marktwirtschaft in eine Fast-Planwirtschaft überführt. Die DDR lässt grüßen.
Dass das von der CDU, das heißt, von einer Partei, die früher einmal die Partei Ludwig Erhards war und wirtschaftspolitische Kompetenz hatte, betrieben wurde und vorangetrieben wird, macht heute mindestens einen Ökonomen sprachlos. Aber Frau Merkel wusste, was sie tat. Sie hat sich an die grünen Wähler gewandt und das war der Sinn der Sache.
Ökonomiestudenten lernen, dass politische Markteingriffe immer neue Markteingriffe nach sich ziehen, weil Probleme aufploppen, die von früheren Markteingriffen verursacht worden sind, also Sekundärfolgen sind. Auch davon gibt es hier eine ganze, ganze Menge und so weiter und so weiter. Die Energiewende ist in vieler Hinsicht hierfür ein Beispiel; wenn ich mehr Redezeit hätte, könnte ich dazu noch ein paar Beispiele nennen.
Das SINTEG-Programm ist in dieser fatalen Entwicklung interventionistischer Eingriffe, die immer weitere Eingriffe erfordern, auch nach Meinung derjenigen, die das eigentlich wollen, ein Element. Das Petitum der Antragsdrucksache 21/12662 enthält etliche Punkte – man könnte sagen, fast nur solche –, mit denen Mehrkosten, projektrelevante Kosten, Befreiung von Steuern, Nachteilsausgleiche und so weiter erstattet werden sollen. Man schreibt, es solle auf die Übertragungsnetzbetreiber abgewälzt werden. Abgewälzt klingt so, als wären sie dann weg. Ehrlicher wäre es gewesen, wenn man gleich gesagt hätte: Die Stromkunden sollen das zahlen.
Besonders frech finde ich, dass die zu erwartenden zusätzlichen Kosten aus dem Antragspaket nirgends genau aufgeschlüsselt oder präzisiert sind. Das könnten also sehr, sehr hohe Kosten sein. Und das ist nichts anderes als eine Aufforderung an die Firmen zum tiefen Griff in die Portokasse oder in das Portemonnaie der Kunden. Das sind aber eben nicht nur Portobeträge, sondern riesig hohe Beträge. Um zu verschleiern, dass man sich so die Zukunft vorstellt, ist das Ganze als Experiment deklariert worden. Das dürfte nichts anderes sein als ein politischer Taschenspielertrick,
um die Brisanz herunterzuspielen. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Bürgermeister Tschentscher, zunächst einmal gratuliere ich Ihnen sehr herzlich zu Ihrem neuen, sehr herausgehobenen Amt. Ich wünsche Ihnen zum Wohle Hamburgs und aller Hamburger Bürger eine glückliche Hand bei Ihren Entscheidungen. Aber kaum haben Sie Ihr bisheriges Amt als Fi
nanzsenator verlassen, zieht Ihr Nachfolger Dressel als Erstes einmal die Spendierhosen an: Es müsse in Zukunft viel mehr Geld ausgegeben werden und 20 Euro Mindestlohn seien nur eine Frage der Zeit.
Fast jeder in der Stadt geht davon aus, dass die lockeren Sprüche zur Hamburger Kasse mit den nächsten Bürgerschaftswahlen zusammenhängen, die in weniger als zwei Jahren sind, und mit den schlechten Umfragewerten, die die SPD zuletzt hatte. 28 Prozent sind für die SPD in Hamburg wahrlich ziemlich wenig.
Da muss man wohl ein paar Wahlgeschenke machen, haben Sie sich gedacht. Ich empfehle einmal, sich gelegentlich Herrn Trepoll anzugucken. Der reibt sich nämlich immer die Hände, wenn er an die Umfrageergebnisse denkt. Wir werden sehen, was rauskommt, denn er denkt ja auch schon permanent an 2020, wie wir heute an vielen Stellen aus seiner Rede gehört haben.
Verräterisch ist die Herangehensweise des neuen Senats. Wenn Sie gesagt hätten, wir brauchen bis zum Jahr X soundso viel Hundert neue Polizisten und bilden die jetzt aus, dann hätten wir gesagt, einverstanden – oder soundso viele neue Lehrer, Professoren, Mittelbauleute, Richter, Staatsanwälte, dann hätten wir gesagt, ebenfalls einverstanden. Oder wir brauchen zusätzlich diese Investitionen in die Verkehrsinfrastruktur der Stadt, damit wir den peinlichen Titel der Stauhauptstadt endlich irgendwo anders hingeben können. Dann hätte Herr Ehlebracht aus meiner Fraktion und die ganze Fraktion gesagt: Super, da sind wir auch dabei. Und wenn Sie dann für die Haushaltsberatungen im Dezember vorgerechnet hätten, wie viel Geld Sie dafür brauchen, dann hätten wir gesagt: Na ja, muss wohl sein, denn Geld ist im Prinzip ja da. Man kann es natürlich auch für Schuldentilgung verwenden. Aber Dinge, die sein müssen, müssen halt sein, aber mit konkreten Belegen. Stattdessen machen Sie, kaum dass Sie am Schreibtisch Platz genommen haben – damit meine ich jetzt Herrn Dressel –, mit großer Geste die Kasse auf. Dann weiß jeder sofort: Jetzt sollen Stimmen gekauft werden. Aber es ist nicht Ihre Kasse, Herr Dressel. Es ist die Kasse der Hamburger Steuerzahlerinnen und Steuerzahler. Sie verwalten sie nur. So etwas vergessen mächtige Politiker gern einmal.
Noch einmal zu den Umfrageergebnissen der SPD in Stadt und Land. Klar ist, dass man in Hamburg nicht alles auf die Pleite der SPD auf Bundesebene und die jämmerliche Performance von Herrn Schulz aus Würselen schieben kann. Aber wenn die Bundes-SPD sich für die Zukunft interessiert, empfehle ich, sollte sie einmal nach Frankreich oder Italien, in die Niederlande oder anderswohin
blicken. Das ist für Sozialdemokraten wie eine Geisterbahnfahrt, nur sehr real. Und die jetzigen 20 Prozent sind da nur eine Zwischenstation auf dem Weg nach unten, wenn Sie Ihre Wählerinnen und Wähler ganz links suchen sollten, statt dort, wo ihre Probleme sind. Hamburg liegt auch in Deutschland und der neue Senat ist weitgehend der alte. Der einzige Neue ist der vorherige Mehrheitsführer. Und der einzige Weggang ist sicher einer der besten Politiker, die die SPD in Deutschland überhaupt vorweisen kann. Da müssen Sie eine sehr große Lücke füllen.
Und jetzt komme ich zu einem Thema, wo Herr Scholz Ihnen eine gewaltige Hypothek hinterlassen hat: die Islam-Staatsverträge. Die waren damals sicher gut gemeint, aber leider völlig naiv. Was man da so liest über gemeinsame Wertegrundlagen, zu denen sich die islamischen Religionsgemeinschaften per Unterschrift bekannt haben, über eine Toleranz gegenüber anderen Kulturen, Religionen und Weltanschauungen, über eine gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Mädchen, über eine Ächtung von Diskriminierung aufgrund von Herkunft, Geschlecht, sexueller Orientierung, das ist alles nicht glaubwürdig. Da könnte man ja laut loslachen, wenn es nicht so furchtbar deprimierend wäre. Wenn man das mit der muslimischen Praxis vergleicht, muss schon die Unterschrift der Islamverbände als Lüge angesehen werden.
Vizepräsidentin Christiane Schneider (unterbre- chend): Herr Professor Kruse, ich weise Sie auf den parlamentarischen Sprachgebrauch hin.
Ich habe zwar nicht verstanden, wofür, aber ich nehme natürlich gern Ihre Rüge entgegen, Frau Präsidentin.
Ja, gern.
Also ich war bei der Stelle, wo ich sagen wollte: Der Bürgermeister, der das so glaubt, hat den Titel Realpolitiker nicht verdient, aber er hätte den Vertrag beidseitig zum Leben erwecken können. Die Islamverbände haben ja nicht nur Rechte, sondern auch Pflichten. Leider sind die Islamverbände keine Hilfe bei der Integration muslimischer Mitbürger in unsere Gesellschaft. Sie wirken de facto integrationsfeindlich, sie erschweren insbesondere Kindern und Jugendlichen die Integration, die nötig ist, um hier selbstbestimmt leben zu können und nicht dauerhaft am unteren Rand leben zu müssen. Das ist natürlich auch kein Wunder, wenn man sich die
Muslime betrachtet, die aus dem Ausland kommen, von dort bezahlt werden, kein Deutsch können und das Leben hier nicht kennen und entsprechend natürlich auch keine integrationsfördernden Predigten halten und andere Ratschläge geben können. Der Bürgermeister hätte konkrete Sanktionen androhen und vollziehen müssen. Davon haben wir nichts gemerkt. Und das Schlimme dabei ist: So macht man den deutschen Staat zum Waschlappen und zur Lachnummer. Und genau das glauben die muslimischen Politiker von den deutschen Politikern und das ist ein Unding.
Wir haben ebenso wie die FDP und die CDU von diesem Pult aus mehrfach darauf hingewiesen. Und was machte der Bürgermeister Scholz? An der Stelle ist er genau wie Angela Merkel. Sie macht keine Fehler und er macht keine Fehler und wenn, dann geben sie sie nicht zu. Aber ein neuer Bürgermeister, Herr Tschentscher, sollte auch die Probleme neu analysieren oder sie überhaupt einmal analysieren und dann auch handeln.
Ein gewaltiges Problem, zu dem auch einige Personen des neuen Senats gewaltig beigetragen haben, ist die zunehmende Einschränkung der Meinungsfreiheit, die immer schlimmere Züge annimmt. Das noch Sicherung einer Political Correctness nennen zu wollen, wäre eine Verharmlosung. Ich rede von unzähligen Einschüchterungsversuchen durch einen linken Meinungsmob und der opportunistischen Haltung der Hamburger Politiker dazu. Mein erstes Beispiel bezieht sich auf die Montagsdemonstration am Dammtorbahnhof. Da demonstrierte eine kleine Schar – eine ganz kleine Schar, 200 Leute – von Bürgern unter dem Titel "Merkel muss weg". Und es gab eine größere Gruppe, vielleicht tausend Leute, die sich für links halten. Gut, das wäre jetzt nichts Besonderes, außer vielleicht, dass es vieler Polizisten bedurfte, um zu verhindern, dass pseudolinke Gewalttäter auf die Demonstranten einprügelten und durch die Polizei wahrscheinlich Verletzte verhindert worden sind. Ich sage Danke an die Hamburger Polizei.
Eine andere Qualität bekam das Ganze, als Innensenator Grote die normalen Bürger davor warnte, dort zu demonstrieren. Jeder, der dort mitlaufe, müsse wissen, dass er mit Rechtsextremen gemeinsame Sache mache.
Ja, hören Sie mir zu.
Oberlehrer Grote gibt also erwachsenen Menschen Ratschläge.
Auf Nachfrage sind dann mehrere Personen benannt worden, die von Sicherheitsbehörden rechten Organisationen zugeordnet werden. Die bekamen dann Stempel auf die Stirn, wo zum Beispiel Identitäre, Reichsbürger, NPD, Pegida und andere grausliche Begriffe draufstanden. Ob das wirklich stimmte, wird man im Zweifel belegen müssen. Und nun sage ich Ihnen einmal etwas, Herr Grote, was für Sie, glaube ich, neu ist: Auch solche Leute haben ein Demonstrationsrecht. Auch für solche Leute gilt die Meinungsfreiheit unseres Grundgesetzes. Da sind Sie jetzt baff, Herr Grote. Habe ich mir gedacht. Darauf wären Sie von selbst nicht gekommen.
Vizepräsidentin Christiane Schneider (unterbre- chend): Das Wort hat Professor Kruse.
Ich möchte darauf hinweisen, dass das Wort Herr Professor Kruse hat, und was eine Rede ist, das entscheidet der Redner selbst.
Ja, bei der Meinungsfreiheit gilt auch: Freiheit ist immer die Freiheit der Andersdenkenden. Das sage ich zu einigen Zwischenrufern, die ich eben gehört habe.
Ich mache also da weiter, wo Sie mich durch Lautstärke unterbrochen haben.
Wenn es noch ein paar mehr wären, die Herr Grote als igitt brandmarkt, dann bleiben immer noch über 200 normale Bürger, die friedlich gegen Frau Merkel demonstrieren wollten. Sollen die sich jetzt ihr Demonstrationsrecht stehlen lassen von einem Dutzend Leute, deren Meinung sie nicht teilen? Ich meine damit die Rechten, von denen Herr Grote glaubt, es seien Rechte. Vielleicht hat er sogar recht. Das können Sie doch nicht im Ernst meinen, Herr Senator. Und ebenso wichtig: Sollen die sich ihr Demonstrationsrecht stehlen lassen von einem Haufen linker Gewalttäter aus der Gegendemonstration?
Vizepräsidentin Christiane Schneider (unterbre- chend): Herr Professor Kruse, würden Sie bitte zum Thema Regierungserklärung und Antwort darauf kommen?
Also was ich für das Thema halte, müssen Sie schon mir überlassen, Frau Präsidentin.
Ich bin der Auffassung, dass das genau eines der wichtigsten Themen unserer Stadt ist, über Demonstrationsfreiheit und Meinungsfreiheit hier zu reden, die leider nicht adäquat geschützt werden.
Und wenn es stimmen würde, dass einige Organisatoren der rechten Szene zugerechnet werden können, tangiert das das Demonstrationsrecht der Mehrheit der Teilnehmer und macht das die Meinung der anderen, die der Meinung sind, dass Merkel nach den vielen dramatischen und folgenreichen Fehleinschätzungen gehen sollte, weniger relevant? Ganz bestimmt nicht. Ihr Oberlehrerverhalten war ein Griff daneben, Herr Grote.
Dann habe ich mich gefragt, ob der gleiche Innensenator vor G20 eigentlich genauso gehandelt hat. Haben Sie, Herr Grote, in den Tagen vor G20 die vielen bürgerlichen Kritiker des Gipfeltreffens davor gewarnt, zur Demo zu gehen beziehungsweise nach Hamburg zu kommen,
weil sie sonst mit linksradikalen Kommunisten, Gewalttätern, Kriminellen gemeinsame Sache machen? Haben Sie das, Herr Grote? Ich kann mich daran nicht erinnern. Dabei hätte das in dem Fall sogar Sinn gemacht, da es um Gewalt und Kriminalität ging.
Die Gewalttäter von G20, zum Beispiel Antifa – wobei die Vorsilbe Anti nur den wahren Charakter dieser Bande verschleiert –, also die Gewalttäter von Antifa sind grundsätzlich die gleichen, die den Kern der Gegendemonstranten am Dammtor bilden. Und warum haben Sie nicht die anderen Gegendemonstranten davor gewarnt, mit linksradikalen Gewalttätern gemeinsame Sache zu machen? Warum nicht? Ich sage Ihnen, warum nicht: weil Sie auf einem Auge politisch blind sind. Für Sie sind linke Demonstranten okay, konservative nicht.
Letztere stellt man gleich unter üblichen Verdacht, auch ohne Belege. Und die Antworten sind nicht Argumente, sondern Staatspädagogik nach Gutsherrenart.
Gutsherr Grote sagt einem, wogegen man demonstrieren kann und wo man wegbleiben soll. Das ist ein Beispiel für eine politisch einseitige faktische Einschränkung der Meinungsfreiheit und es ist parteipolitischer Opportunismus der üblen Sorte.
Die Polizei schützt die Demonstranten. Danke dafür.
Nein, das habe ich nicht bestritten, mit keinem Satz.
Wir sind immer für die Polizei und bedanken uns für ihren Einsatz. Die Hamburger Polizei hält den Kopf hin für viele Dinge, die in Hamburg total schieflaufen. Also noch einmal: Die Polizei schützt die Demonstranten. Ich sage noch einmal danke dafür. Aber für die kleine Gruppe von "Merkel muss weg"-Demonstranten hätten zwei Streifenwagen zum Regeln des Verkehrs genügt. Alle anderen Polizisten, Herr Grote, brauchten Sie ausschließlich für die Gegendemonstranten, die gewalttätig sind. Das sollten Sie bedenken, wenn Sie sich öffentlich äußern. Aber es kam noch viel schlimmer. Eine Reihe von Hamburger Gruppen, Organisationen, Parteien, Gewerkschaften und so weiter und so weiter haben dazu aufgerufen, gegen die "Merkel muss weg"-Demonstration zu demonstrieren.
Sind das alles linksradikale Gewalttäter? Nein, wohl nicht. Die meisten wissen vermutlich nicht einmal, was sie da tun, weil sie keine einzige Rede gehört oder gelesen haben.
Aber wozu braucht man Fakten, wenn man Vorurteile hat? Und jeder, der dahin geht, wird in der Grote-Diktion, Sie ahnen es, gemeinsame Sache mit Antifa machen. Ist das denen eigentlich klar? Ich vermute nicht.
Und dann gab es noch eine Äußerung aus dem Senat, die mich total verstört hat. Frau Fegebank, die für zwei Wochen die total wichtige Position eines Bürgermeisterplatzhalters eingenommen und auch genossen hat, wie man sehen konnte, sagte zu den Montagsdemos, das seien keine Rechtspopulisten, das seien echte Nazis.
Das ist natürlich dümmlicher linkspopulistischer Unsinn und eine üble Diffamierung von Hamburger Bürgern.
Vizepräsidentin Christiane Schneider (unterbre- chend): Herr Professor Kruse, ich möchte Sie auf
den parlamentarischen Sprachgebrauch hinweisen.
Vielleicht sollten Sie einmal die Zwischenrufer dazu ermahnen. Das wäre, glaube ich, hilfreicher für die Diskussion.
Ich frage mich also, wie kommt sie darauf? Hat Frau Fegebank einen Geheimdienst, der ihr Fake News aufgetischt hat? Oder haut sie einfach mit großer Keule auf alles, was einer grünen Seele nicht verdächtig ist, weil es parteipolitisch opportun ist?
Vizepräsidentin Christiane Schneider (unterbre- chend): Augenblick, Herr Professor Kruse. – Ich möchte die Zwischenrufer bitten, ein bisschen zurückzufahren.
Deshalb frage ich noch einmal: Bringt das so viel Applaus bei Ihresgleichen, Frau Fegebank, dass sich ein solcher Fehltritt lohnt? Gerade für eine Wissenschaftssenatorin finde ich das unerträglich. In Ihrem Beritt, also in Universitäten und Forschungsinstituten, ist eigentlich differenziertes Denken die Praxis. Davon können und sollten Sie sich einmal eine große Scheibe abschneiden.
Was machen Sie eigentlich, wenn 200 Hamburger Bürger Sie wegen des Nazi-Vergleichs auf Schadenersatz verklagen? Reicht Ihre Haftpflichtversicherung dafür aus?
Ich muss noch einen weiteren Fall ansprechen.
Es ist der letzte, aber er ist wichtig, und gerade Sie sollten das beachten.
Unter Federführung der Kulturbehörde gibt es einen runden Tisch zum kolonialen Erbe, der auf Basis historischer Expertise das Thema in die Zivilgesellschaft vermitteln und diskutieren soll.
Vizepräsidentin Christiane Schneider (unterbre- chend): Kolleginnen und Kollegen, ich bitte die Zwischenrufer, leise zu sein. Was der Redner für ein Thema der Regierungserklärung hält, das macht er hier deutlich und das steht bis zu einem gewissen Grad – und ich meine, der ist noch nicht überschritten – in seiner Verfügung. Also lassen Sie den Redner bitte fortfahren.
Einige haben eben ein Problem mit der Meinungsfreiheit.
Die Veranstaltung fand am 23. März statt und wurde von gut 100 Teilnehmern besucht, darunter Professor Zimmerer von der Uni Hamburg und die Bürgerschaftsabgeordneten Norbert Hackbusch von den LINKEN und Alexander Wolf von der AfD. Vor Beginn der eigentlichen Diskussion wurde Herr Wolf von mehreren Teilnehmern lautstark und ultimativ aufgefordert, den runden Tisch zu verlassen.
Vizepräsidentin Christiane Schneider (unterbre- chend): Herr Professor Kruse. – Ich bitte die Zwischenrufer, ruhig zu sein. Wir wollen jetzt ein bisschen Ruhe bewahren. Ich weise aber den Redner darauf hin, dass es einen Antrag zu genau diesem Thema gibt, der heute noch diskutiert wird.
Das schließt doch nicht aus, dass ich, wenn ich hier das Wort habe, das rede, was ich für richtig halte.
Dann mache ich es jetzt einmal kurz. Also er wurde gleich rausgeschmissen, was völlig unakzeptabel ist. Wurde nun von Herrn Dr. Overdick als Vertreter der Kulturbehörde das Anwesenheits- und Rederecht von Alexander Wolf durchgesetzt? Nein, wurde es nicht. Wurde von Professor Zimmerer, der eigentlich die Regeln eines intellektuellen Diskurses kennen sollte, darauf bestanden, dass Herr Wolf nicht diskriminiert teilnehmen kann, zum Beispiel durch die Drohung mit dem eigenen Auszug, was das Problem sicher sofort gelöst hätte? Nein, wurde es nicht. Peinlich, Herr Zimmerer. Wurde von Herrn Hackbusch, den ich eigentlich als engagierten und kenntnisreichen Kulturpolitiker kennengelernt habe, darauf hingewiesen, dass eine Diskussion, bei der man Leute, von denen man annimmt, dass sie abweichende Meinungen äußern, schon vorher ausschließt, nur deklamatorischer Firlefanz ist? Nein, ist mir nicht zu Ohren gekommen. Solche Beispiele sind für mich Belege einer fatalen Entwicklung, die mich ernsthaft umtreibt.
Ich muss jetzt häufig an den Satz von Voltaire denken, über den wir schon in der Schule diskutiert haben. Er hat gesagt:
"Mein Herr, ich teile Ihre Meinung nicht, aber ich würde mein Leben dafür einsetzen, dass Sie sie äußern dürfen."
Die Formulierung ist sicher sehr pathetisch, dem Jahrhundert angemessen, in dem er sie geäußert hat, aber es hat eine klare und wichtige Botschaft, nämlich die Trennung von Form und Inhalt. Heute könnte man sagen, die Trennung von Politik und Rechtsstaat. Der Rechtsstaat sorgt dafür, dass auch die mächtigen Politiker, also Sie auf der Senatsbank, die Gesetze und die Minderheitenrechte achten müssen. Die Minderheitenrechte müssen beachtet werden.
Ich hätte es mir in den letzten Jahren und Jahrzehnten nicht albträumen lassen, dass ich darauf hier noch einmal hinweisen muss, was eigentlich selbstverständlich sein sollte, nämlich die Meinungsfreiheit für alle. Und das gilt draußen in der Gesellschaft, auf der Straße und auch in der Bürgerschaft.
Ich werde das ein bisschen abkürzen, weil Sie ungeduldig sind.
Wenigstens jetzt könnte ich doch einmal Applaus von Ihnen bekommen, oder?
Es ist eben nicht so, dass die Demokratie in Gefahr ist, wenn es abweichende Meinungen gibt. Es ist ein Zeichen für Demokratie.
Am Ende komme ich jetzt noch einmal auf Olaf Scholz zurück. Ich habe ihn oft in seinen Reden sagen hören …
Nein, Olaf Scholz.
Den habe ich nämlich oft ungefähr wörtlich in seinen Reden sagen hören, es gebe jetzt Globalisierung und Digitalisierung, das verunsichere die Menschen. Damit wollte er sagen, die ticken jetzt nicht mehr richtig.
Ich halte diese Analyse für völlig falsch. Exogene Faktoren und Entwicklungen wie jetzt zum Beispiel Globalisierung und Digitalisierung, die zu Strukturbrüchen führen können – nicht müssen, aber führen können –, hat es immer gegeben und häufig gravierender als im Deutschland des 21. Jahrhunderts. Das Problem heute sind nicht die exogenen Faktoren, sondern die Unfähigkeit und Unwilligkeit der Politiker, rationale und pragmatische Lösungen für die Menschen zu finden. Die etablierte politische Klasse hängt in ihrer Moralwolke fest, und wenn diese Politiker dann nach unten sehen auf die reale Erdoberfläche, erkennen sie häufig frühere SPD-Wähler und reden verächtlich über Populismus. Das wärmt zwar die Seele im eigenen Ortsverein, löst aber keines der Probleme und be
schleunigt die Reise der SPD in Richtung 10 Prozent.
Herr Bürgermeister Tschentscher, ich hoffe, dass Ihr Senat von anderer Qualität sein wird, und wünsche Ihnen dabei viel Erfolg. – Vielen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Sie alle sind bereits informiert, wenngleich ich glaube, dass der hohe Lärmpegel, der geherrscht hat, den Informationsfluss insgesamt vielleicht ein bisschen gemindert hat; aber den Sachverhalt kennen Sie alle. Eigentlich ist es peinlich, dass ein solcher Antrag überhaupt gestellt werden muss.
Der Sachverhalt, dass bei einer öffentlichen Veranstaltung der Kulturbehörde weder der Veranstalter der Kulturbehörde noch der Hauptredner aus dem Wissenschaftsbereich, Herr Zimmerer, noch einer, der es eigentlich wissen müsste, wie Herr Hackbusch aus der Bürgerschaft, darauf hingewiesen hat, dass man nicht einfach jemanden willkürlich ausschließen kann, weil einem die Meinung möglicherweise nicht passen wird, denn die kannte man ja noch gar nicht, ist eine solche Ungeheuerlichkeit, dass wir es eben leider doch hier heute tun müssen. Ich dachte eigentlich, das wäre komplett überflüssig. Ich lese Ihnen einmal den entscheidenden Teil des Petitums vor, nämlich:
"Der Senat wird aufgefordert, zukünftig sicherzustellen, dass Abgeordneten der Hamburgischen Bürgerschaft …"
also allen Abgeordneten –
"… ein ungehinderter Zugang und eine ungehinderte Teilnahme an Veranstaltungen möglich ist, die von öffentlichen Stellen und Behörden der Freien und Hansestadt Hamburg ausgerichtet oder mit ausgerichtet werden, in den Räumlichkeiten der Freien und Hansestadt Hamburg stattfinden oder die ganz oder teilweise mit öffentlichen Geldern finanziert werden."
Also wenn Sie hier jetzt nicht zustimmen, dann möchte ich gern einmal wissen, welcher Meinung Sie in solchen Fragen überhaupt sein können.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Der Antrag aus der Drucksache 21/12339 betrifft sehr, sehr wenige Menschen, aber diese wenigen möglicherweise individuell ganz beträchtlich. Schon bei einem solchen Satz muss ich vorsichtig formulieren, weil ich mir überhaupt nicht sicher bin, ob ich das tatsächliche Problem einzelner Menschen, die davon betroffen sind, und das Problem, was hinter dem juristischen Problem liegt, wirklich verstanden habe und in seiner Relevanz beurteilen kann. Aber die AfD-Fraktion und ich persönlich haben hohen Respekt vor dem Bundesverfassungsgericht, und wenn das sagt, so sollte es sein, dann verweigern wir uns nicht und stimmen nicht gegen die Vorlage, die hier heute zur Diskussion steht. – Vielen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Die CDU fordert ein modernes Naturkundemuseum für Hamburg und dem stimmen wir natürlich gern zu. Gut präsentierte Naturkundemuseen sind ein Genuss im Erleben und ein Quell von Informationen und Verständnis für viele Menschen und gerade auch für viele junge Menschen, für Schüler und auch für Kinder, wenn man das entsprechend präsentiert. Darüber ist heute schon einiges gesagt worden. Aber man sollte bewusst in Betracht ziehen, dass ein Naturkundemuseum beides sein kann, sowohl ein Ort der Forschung und der Präsentation von Forschungsergebnissen als auch eine Attraktion für jedermann, also gewissermaßen eine Attraktion auch für Touristen in Hamburg. Das sollte man immer in Betracht ziehen; das ist aber eine Frage der Qualität der Präsentation. Ich bin sehr zuversichtlich, dass Hamburg, wenn es ein neues Museum bekommt, in dieser Hinsicht auch Gutes leisten wird.
Ich finde, dass die CDU einen guten Antrag vorgelegt hat, wenn natürlich auch bei der Finanzierung noch die eine oder andere Frage offen ist – Herr Ovens, das ist sicher so –, aber im Prinzip geht er in die richtige Richtung. Ich denke, dass eigentlich auch die Regierungsfraktionen von SPD und GRÜNEN dem zustimmen können/müssen. Aber das Typische an dieser Debatte ist wieder einmal, dass genau das nicht passiert. Für die Mächtigen in Hamburg, also SPD und GRÜNE, kommt es offenbar nicht in Betracht, einem Oppositionsantrag zuzustimmen. Stattdessen stellen Sie einen eigenen Zusatzantrag – na ja, ich will den jetzt nicht inhaltlich groß bewerten, darin steht nicht furchtbar viel, aber egal – und stimmen dann vermutlich den CDU-Antrag nieder. Man soll sich anschließend
nur nicht über die mangelnde Akzeptanz von Parteien und Politikern in der Öffentlichkeit wundern. – Vielen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Einige norddeutsche Politiker reden seit einiger Zeit über einen neuen Feiertag. Ich habe mich gefragt, ob wir keine wichtigeren Probleme haben. Im konkreten Fall ist zunächst festzuhalten, dass jeder zusätzliche gesetzliche Feiertag ein Nachteil für alle Bürger ist, da an diesem Tag alle Behörden, Läden und so weiter geschlossen sind. Das heißt, die entsprechenden Dienstleistungen werden für die Bevölkerung verschlechtert, übrigens zum Nachteil auch für viele Läden und zum Vorteil für Amazon und Co. Viele Menschen, die abhängig beschäftigt sind, reagieren auf die Möglichkeit eines zusätzlichen Feiertags zunächst einmal positiv, da sie dann nicht in die Firma gehen müssen. Dabei vergessen sie allerdings, dass sich die durch den Feiertag sinkende Jahresproduktivität über die künftigen Tarifverhandlungen in geringeren Steigerungen der Löhne, der betrieblichen Sozialleistungen und/oder der Urlaubstage niederschlagen wird. Es ist klar, dass sich mittelfristig die Tarifverhandlungsergebnisse immer an den Produktivitätsentwicklungen orientieren werden. Und diese werden eben durch den Feiertag beeinflusst. Ein zusätzlicher Feiertag ist insofern wie Freibier, bei dem anschließend per Zwangsumlage alle arbeitenden Menschen zur Kasse gebeten werden.
Die meisten Menschen würden bei der Wahl zwischen a) einem zusätzlichen Feiertag und b) einem
Tag mehr Urlaub sicher Letzteres wählen. Das hätte den Vorteil einer freien Wahl für die Arbeitnehmer, und die genannten Behörden, Läden und so weiter würden offen bleiben wie bisher. Aber dies können nicht Politiker umsetzen, sondern allenfalls die Gewerkschaften. Und die Gewerkschaften hätten das längst gefordert, wenn sie wirklich glauben würden, dass die Arbeitnehmer lieber einen Tag mehr hätten als mehr Lohn. Die wissen das, glaube ich, besser, was ihre Mitglieder wollen.
Ein zusätzlicher Feiertag sollte sich grundsätzlich aufdrängen, weil alle Menschen davon bewegt sind. Das konnte man früher bezüglich des 17. Juni annehmen, heute vielleicht nicht mehr. Aber in der Zeit, in der ich Schüler war, war das ein Tag, der alle bewegt hat, und später auch bezüglich des 3. Oktober, dessen epochale Bedeutung Menschen in Ost und West vereint hat. Dies gilt für die meisten konkreten Vorschläge nicht und schon gar nicht für den Reformationstag.
Wenn eine politische Mehrheit, auch ohne die betroffenen Menschen zu fragen, unbedingt einen zusätzlichen Feiertag einrichten will, dann sollte es jedenfalls kein religiöser Feiertag sein, und zwar aus zwei wichtigen Gründen. Erstens sind wir nach einer jahrhundertelangen positiven Entwicklung eine säkulare Gesellschaft und wollen das auch bleiben. Einen religiösen Feiertag zu einem gesetzlichen Feiertag zu machen würde in dieser Hinsicht ein gänzlich falsches Signal geben. Zweitens ist es ein Grundverständnis unserer Gesellschaft, dass Religion Privatsache ist und der Staat sich diesbezüglich immer neutral verhalten sollte. Jeder religiöse Feiertag diskriminiert immer zwangsläufig zwischen verschiedenen Konfessionen. Wenn die Protestanten in Deutschland den Reformationstag als Basis ihrer religiösen Existenz feiern wollen, ist das ein negativer Hinweis auf alle anderen Konfessionen, die ich hier einmal als Minderheiten in Deutschland betrachten möchte. Das werden die Katholiken, wohlgemerkt auch die Katholiken, die Juden, die Muslime, Buddhisten als Diskriminierung verstehen, nicht zu vergessen all diejenigen, die gar nicht religiös sind, und/oder diejenigen, die sich als Atheisten oder Agnostiker beschreiben würden.
Wenn wir von der Prämisse ausgehen, dass ein zusätzlicher gesetzlicher Feiertag von der politischen Mehrheit gewollt wird, dann schlägt die AfDFraktion den Tag der Verkündung des Grundgesetzes am 23. Mai vor. Das zugrunde liegende Ereignis von 1949 ist von fundamentaler Bedeutung für unser Gemeinwesen; meine Vorredner haben dazu ja auch schon etwas gesagt. Es enthält vor allem die Grundrechte als unveräußerlichen Kernbestand unseres Staates und unserer Gesellschaft. Die Verkündung des Grundgesetzes am 23. Mai 1949 schlägt nach Jahren der Finsternis ein neues Kapitel der deutschen Geschichte auf, ein Kapitel von Freiheit, Rechtsstaat und Demokra
tie. Das Grundgesetz hat sich bewährt und ist uneingeschränkt positiv besetzt. Es ist verbindlich und vereint alle Menschen, die in Deutschland leben. Dazu gehören auch die, die das bisher noch nicht wussten, aber wissen sollen. Der 70. Jahrestag des Grundgesetzes am 23. Mai 2019, also im nächsten Jahr, wäre eine ideale Gelegenheit, diesen bedeutsamen Tag als neuen Feiertag zum ersten Mal groß zu begehen. – Vielen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Die politische Mehrheit will unbedingt den Reformationstag zu einem zusätzlichen Feiertag machen. Diesbezüglich will ich zunächst einmal zwei Bemerkungen zur Diskussionskultur machen.
Erstens finde ich es sehr positiv, dass wir heute einmal nicht im Fraktionskorsett abstimmen oder argumentieren. Das empfinde ich immer als eine Deformation der Demokratie. Wir diskutieren hier heute viel freier und so stelle ich mir eigentlich Parlamentarismus vor.
Die zweite Bemerkung bezieht sich auf das, was schon einige Vorredner gesagt haben, nämlich dass die heutige Diskussion eine Farce ist, weil
längst feststeht, was herauskommt. Das ist auch schon vorher mit anderen Ländern abgestimmt worden. Insofern, kann man sagen, führen wir hier eine Phantomdebatte. Das finde ich negativ für die heutige Debatte.
Ich habe die Gründe genannt, warum ich glaube, man sollte keinen religiösen Feiertag machen. Aber ich bin noch aus einem anderen Grund überrascht über die Präferenz für den Reformationstag. Wenn im Antrag davon die Rede ist, dass der Reformationstag etwas Verbindendes sein soll, ein Zeichen für den Dialog der Religionen geben soll, kann ich darüber wirklich nur staunen. Die Reformation vor 500 Jahren hat das Abendland nicht nur religiös gespalten, sondern war der Ausgangspunkt für grauenhafte Kriege und Gewalttaten. Ich erinnere nur an den Dreißigjährigen Krieg und viele andere brutale religiös motivierte Tätigkeiten. Der Dreißigjährige Krieg allein hat aus einer fatalen Mischung aus Religion, Machtansprüchen und Habgier Mitteleuropa fast menschenleer gemacht. So viele Menschen sind hier umgebracht worden. Das kann man natürlich nicht Luther als Person anlasten, aber es ist eine Folge der Reformation gewesen. Deshalb sollte man davon auch nicht als verbindend sprechen.
Dass der Reformator Luther ein übler Antisemit war, haben einige meiner Vorredner schon gesagt, muss aber auch ich an dieser Stelle noch einmal betonen. Dass der Reformationstag ein religiöser Feiertag ist, wird sich nun wirklich nicht bestreiten lassen, auch wenn einige meiner Vorredner das versucht haben.
Auch die Positionierung, es würde kein religiöses, sondern ein historisches Ereignis gefeiert, kann überhaupt nicht überzeugen. Es bleibt in jedem Fall ein religiös motiviertes Ereignis, das sich auch heute noch durch die fortdauernde Trennung von katholischen und evangelischen Glaubensüberzeugungen und von katholischer und evangelischer Kirche im Bewusstsein der Menschen in Deutschland und anderswo fest verankert hat.
Wenn man die Menschen befragen würde, was sie beim Begriff Reformationstag denken, würden wahrscheinlich 90 Prozent sagen, das sei der Tag, an dem Luther Katholiken und Evangelische gespalten hat. Dies ist der Kontext, in dem das stattfindet. Das muss man bedenken, wenn man den Tag zu einem Feiertag macht. Was denken die meisten Menschen über diesen Tag? Das ist genau ein religiöses Ereignis.
Das ist schade.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Wir alle wissen, dass die Fehler der HSH Nordbank uns alle, das heißt die Steuerzahler, sehr teuer zu stehen kommen. Ich denke, wir sind alle froh, dass es endlich zu einem Schlussstrich, dem sprichwörtlichen Ende mit Schrecken, kommen wird. Warum ist es so weit gekommen? Wir alle haben sehr viele Details in Papieren und Zeitungen gelesen und viele meiner Vorredner haben dazu heute schon viel Richtiges gesagt. Besonders gut gefallen hat mir die Rede von Herrn Tjarks, und zwar nicht nur wegen des hohen Unterhaltungswerts, sondern auch wegen der Inhalte. Herr Trepoll, es würde sich lohnen, diese Rede noch einmal nachzulesen; ich glaube, dass Sie daraus einiges entnehmen können. Ich werde jetzt einmal versuchen, die Probleme aus ökonomischer Sicht in drei Punkten zusammenzufassen.
Erstens: Politiker können nicht mit Geld umgehen, Politiker sind schlechte Unternehmer und noch schlechtere Banker. Das ist leicht zu erklären, denn Politiker sind gänzlich anders sozialisiert als gute Banker und ticken völlig anders; insofern ist es überhaupt nicht verwunderlich. Die Reihe staatlicher Banken, das heißt im Wesentlichen Landesbanken, die von Politikern an die Wand gefahren wurden, ist lang. Ich nenne nur Helaba, WestLB, Sächsische Landesbank und jetzt eben auch HSH Nordbank, und jedes Mal blutet der Steuerzahler. Ob man überhaupt Staatsbanken braucht, ist sehr fraglich – allenfalls vielleicht zur Förderung bestimmter mittelständischer Unternehmen möglicherweise, vielleicht auch nicht, aber wenn, dann zu marktgerechten Konditionen. Aber das könnte natürlich im Prinzip auch eine private Bank leisten. Der eigentliche Grund, weshalb es Staatsbanken,
speziell Landesbanken, gibt, ist die Tatsache, dass sie ein schönes und wirksames Instrument für die betreffenden Landespolitiker sind. Es macht diese nämlich unabhängig sowohl von den Märkten als auch von den Parlamenten. Ich könnte auch sagen, es ist ein schönes und wirksames Spielzeug für Landespolitiker, solange es gut geht. Dass Staatsbanken pleitegehen, ist eigentlich insofern überraschend, als Staatsbanken erhebliche Wettbewerbsvorteile gegenüber ihren privaten Konkurrenten haben, was ökonomisch keineswegs legitimiert ist, sondern eine ineffiziente und unfaire Wettbewerbsverzerrung darstellt. Staatsbanken können sich wegen der Staatsgarantien deutlich kostengünstiger refinanzieren, die Ausfallrisiken mindern und ausschließen. Wegen der unfairen und ineffizienten Wettbewerbsvorteile von Staatsbanken hätte die Wettbewerbsbehörde, ursprünglich das Bundeskartellamt, schon früh eingreifen müssen. Das haben jedoch die deutschen Politiker immer wieder zu verhindern gewusst. Das Kartellamt ist eben doch nicht so unabhängig, wie es eigentlich sein sollte. Auf EU-Ebene hat die GD, also die Generaldirektion Wettbewerb, schon sehr früh versucht, das deutsche Modell der Landesbanken zu kritisieren. Auch das haben die deutschen Politiker in Brüssel mit Interventionen immer zu verhindern gewusst. Wenn die GD frühzeitig konsequent gewesen wäre oder die deutschen Politiker in Brüssel die Schnauze gehalten hätten, dann hätte es den Problemfall HSH Nordbank gar nicht geben können. Was lernen wir daraus für die Zukunft? Alle Landesbanken sollten privatisiert werden. Punkt.
Zweiter Punkt: Wenn ein normaler Hamburger Bürger zur Anlageberatung oder zu einem einschlägigen Volkshochschulkurs geht, sagt man ihm zuerst und immer wieder: Verteile deine Anlagen auf verschiedene Objekte und möglichst auch auf verschiedene Anlageklassen, kaufe nicht nur Siemens-Aktien, sondern, wenn schon, am besten gleich ETFs. Diese universelle Anlegerregel der Risikostreuung, die für Kreditportfolios ebenso gilt wie für Anlageportfolios, hat die HSH Nordbank gröblich vernachlässigt; Herr Tjarks hat das vorhin richtigerweise Klumpenrisiko genannt. Das ist nicht nur leichtfertig, sondern unprofessionell und in Anbetracht der dramatischen Folgen nahezu kriminell. Die HSH Nordbank hat, statt das auftragsgemäße langweilige Geschäft mit norddeutschen Mittelständlern zu betreiben, lieber das große Rad drehen wollen und sich dabei auf zwei Märkte konzentriert: erstens die US-Immobilienfinanzierung beziehungsweise deren Derivate und zweitens Schiffsfinanzierung.
Wie wir alle wissen, ging das Geschäft mit US-Immobilienfinanzierungen im Zuge der amerikanischen Subprime-Krise den Bach runter. Das Geschäft mit Schiffsfinanzierungen wurde im Zuge
der Nachfrageabschwächung insbesondere im Ostasienverkehr zur Katastrophe. Aber beides war nicht nur Pech, sondern auch professionelles Unvermögen, was mir in dieser Form unerklärlich ist. Beide sind nämlich in ihrer Wirkung auf die Eigentümer und die finanzierenden Banken relativ einfach zu erklären. Wohlgemerkt, ich behaupte nicht, dass man die Schifffahrtskrise von der Nachfrageseite her hätte vorhersehen können, aber die Folgen hätte man vorhersehen können. Ich erkläre Ihnen das. Bei der Immobilienfinanzierung waren es die viel zu geringen Eigenkapitalanteile der Kreditnehmer. Das war durchaus ein politisch induziertes Problem in Amerika. Aber das hätte man natürlich wissen können, wenn man die Derivate kauft. Zu geringes Eigenkapital ist im Übrigen bei fast allen Bankenpleiten ein Hauptfaktor, wenn nicht meistens der entscheidende Faktor. Bei der Finanzierung von Containerschiffen kann man die Vermögensfolgen sinkender Nachfrage relativ leicht antizipieren, wenn man die Marktstruktur- und die Kostenstrukturfaktoren kennt, was kein Problem ist, und sie industrieökonomisch richtig analysiert. Da ich jetzt nicht genügend Zeit und auch meine Folien nicht mitgebracht habe, will ich Ihnen das ersparen. Aber ich will Ihnen wenigstens die Faktoren nennen, die alle kennen. Das sind insbesondere sehr hohe Markthomogenität, sehr geringe kurzfristige Angebotselastizität, sehr geringe kurzfristige Nachfrageelastizität, hoher Fixkostenanteil und fast vollständig marktirreversible Investitionen, was zu hohen Sunk Costs und zu hohen Marktaustrittsbarrieren führt. Jeder Industrieökonom, der diese Faktoren sieht, kann Ihnen sofort sagen, wie hoch das Risiko ist. Und ich frage mich und bin darüber geradezu entsetzt, warum das die Leute in der HSH Nordbank oder zumindest deren Aufseher nicht gemacht haben. Das macht mich fassungslos. Ich frage mich also, was für eine industrieökonomische Kompetenz eigentlich in der HSH Nordbank vorhanden war – offenbar eine viel zu kleine.
Der dritte Punkt betrifft die Corporate Governance der HSH Nordbank, ich könnte auch sagen, die Struktur der Aufsicht, insbesondere im Aufsichtsrat. Wenn man das Ergebnis betrachtet, ist wohl völlig klar, dass die Aufsichtsräte in den Jahren, seit es die HSH Nordbank gibt, versagt haben – das wird wahrscheinlich niemand hier bestreiten wollen –, sonst hätten die Milliardenverluste in dieser Form niemals entstehen können. Die Aufsichtsräte haben entweder die falschen Leute als Vorstände berufen oder ihnen falsche Ziele vorgegeben, zum Beispiel völlig überzogene Gewinnziele, oder sie mangelhaft kontrolliert oder alles zusammen.
Die vorher genannte Konzentration auf Teilmärkte, die ich genannt habe, und damit der fatale Verstoß gegen elementare Regeln der Finanzwirtschaft – ich könnte auch sagen, einer adäquaten Portfoliostruktur – hätte natürlich auch den Aufsichtsrä
ten auffallen müssen, ebenso andere Schieflagen in der Bilanz, die man hätte sehen können, wenn man eine Bilanz lesen kann. Warum war das nicht der Fall? Es gibt mehrere Erklärungselemente, die auf einzelne der vielen Aufsichtsräte, die es da gegeben hat, mehr oder weniger zutreffen. Punkt eins – vier Punkte nenne ich Ihnen –: Erstens typische Kollektiv-Pool-Probleme von Mehrpersonengremien, das heißt im Wesentlichen, wenn mehrere kollektiv Verantwortung tragen, trägt keiner Verantwortung. Mit anderen Worten: Man verlässt sich auf die anderen – ein klassisches ökonomisches Phänomen von Kollektivgütern, was hier fatale Konsequenzen gehabt hat. Das ist übrigens ein Problem bei vielen Aufsichtsräten. Der Hauptpunkt ist nur: Wenn es einen Haupteigentümer gibt, dann muss er den Job machen, und zwar für alle. Und das sind in unserem Falle die Vertreter der Steuerzahler, also die Finanzminister oder Finanzsenatoren in den Jahren, wo sie in den Aufsichtsräten an führender Stelle beteiligt waren.
Zweiter Punkt: Mangelnde Sachkenntnis gilt sicher für manche der Aufsichtsräte, wenn man sich die lange Liste der Aufsichtsräte der ersten 20 Jahre ansieht. Ich habe das gemacht und ich kenne sie zwar nicht alle, aber ich habe gesehen, was sie sonst tun. Und da ist völlig klar, dass sie nicht die fachliche Kompetenz haben können, um eine Bank zu beaufsichtigen; das ist schlicht unmöglich. Sie können nicht alle gelernte Banker oder Wirtschaftsprüfer sein; das geht schlicht nicht. Aber wenn man das schon nicht selbst beherrscht, dann sollte man wenigstens über so viel unabhängige Expertise von externer Seite verfügen und darauf Zugriff haben, dass man sich auf diese verlassen kann. Das ist aber offenbar nicht geschehen, sonst wären diese katastrophalen Fehler sicher nicht passiert.
Dritter Punkt: zu wenig Zeit, um sich voll reinzuknien.
Nein, eben war Punkt zwei, jetzt kommt Punkt drei. Vier habe ich insgesamt. Ist gleich zu Ende, Frau von Treuenfels.
Zu wenig Zeit, sich voll reinzuknien. Und das gilt jetzt gerade für Politiker. Ich sage das einmal als generelle Problematik. Wir belasten unsere führenden Politiker auf diversen Feldern mit derartig vielen heterogenen Verantwortlichkeiten, dass sie gar nicht alles im Griff haben können. Und das gilt auch für die Verantwortlichen der HSH Nordbank in den letzten 15 Jahren. Dann kann man einfach nur hoffen, dass deren Mitarbeiter fachkompetent und vor allem mutig sind, das heißt, auch ihren
Chefs zu widersprechen, wenn diese eigentlich etwas anderes wollen.
Vierter und letzter Punkt, Frau von Treuenfels: Häufig sind Politiker in Aufsichtsräten zu gutmütig. Misstrauen aber ist eine unverzichtbare Aufsichtsratstugend, ebenso wie ein Sachbearbeiter beim Finanzamt immer vom Worst Case ausgehen sollte, nämlich, dass der Staat betrogen werden soll. Nette Menschen, die Politiker meistens sind, haben damit immer ein Problem.
Warum stelle ich den Aufsichtsrat und die Corporate-Governance-Struktur so in den Vordergrund? Antwort: Oft wurden die Vorstände der HSH Nordbank von den Medien in den letzten Jahren in ein schlechtes Licht gerückt, vermutlich häufig auch zu Recht. Wir alle kennen wahrscheinlich einige unappetitliche Details, die in den Zeitungen gestanden haben. Aber hätte man sich ein Verhalten wie das von Herrn Nonnenmacher und anderen auch bei Berenberg, Warburg und anderen privaten Banken vorstellen können? Vermutlich nicht. Der Hauptunterschied liegt in der Corporate-Governance-Struktur einer Privatbank mit persönlich haftenden Gesellschaftern im Unternehmen. Dies ist deshalb hochgradig relevant, weil bei einer Staatsbank im Pleitefall der Steuerzahler der Dumme ist, der offenbar im Aufsichtsrat keine effektiven Interessenvertreter hat.
Damit komme ich zum Anfang zurück. Die generelle Forderung ist, alle Landesbanken privatisieren. – Vielen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Wir haben hier zwei elendig lange Papiere zum Diskutieren bekommen, also nicht zur Entscheidung, sondern nur, dass wir einmal darüber gesprochen haben. Ich habe mich da durchgequält und musste dauernd aufpassen, dass ich beim Lesen nicht einschlafe.
Klar ist, dass die Gleichstellung in Hamburg, weil sie offenbar sehr erfolgreich ist, in der Phase der Bürokratisierung angekommen ist. Meine Vorrednerinnen haben dazu schon einiges gesagt. Was mich aber immer wieder wundert, ist die Tatsache, dass gleichstellungspolitische Protagonistinnen hier in der Bürgerschaft sich mit allen möglichen Luxusproblemen befassen, aber die gravierendsten Probleme völlig übersehen oder wohl eher bewusst wegsehen. Damit meine ich die katastrophale Lage vieler muslimischer Frauen in unserer Gesellschaft. Diese werden unterdrückt, verachtet und müssen nicht selten in der Familie und in der Gesellschaft, in ihrer Community Gewalt erleiden. Absolut jede und jeder weiß das auch, natürlich auch hier in der Bürgerschaft. Solche Frauen bräuchten wirklich die Hilfe des Staates und der Zivilgesellschaft hier in Hamburg und anderswo. Die Muslima können sich nämlich nicht selbst helfen.
Dazu fehlen ihnen in jeder Hinsicht alle Mittel im Gegensatz zu den Frauen der deutschen Mehrheitsgesellschaft, die das selbst können und eigentlich den Kampf auch längst gewonnen haben. Individuelle Frauenrechte sind Menschenrechte,
sie sind universelle Rechte, sie gelten unabhängig von Ethnie und Religion. Frauenrechte nur für deutsche Frauen durchzusetzen und die vielen Muslima, die hier leben, zu vernachlässigen, ich könnte auch sagen, bewusst zu ignorieren, ist eine Form von Rassismus.
Vizepräsidentin Christiane Schneider (unterbre- chend): Herr Professor Kruse, bitte beachten Sie den parlamentarischen Sprachgebrauch.
Ich werde mir Mühe geben.