Cansu Özdemir
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Last Statements
Herr Trepoll, es ist doch Konsens in Ihrer Partei bundesweit, dass Sie mit der Linkspartei nicht zusammenarbeiten möchten. Aber können Sie auch hier deutlich sagen, dass es Konsens ist in der CDU, und zwar bundesweit, dass Sie mit der AfD nicht kooperieren möchten?
Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Meine Damen und Herren! Ja, schön, dass Sie jetzt ein Maßnahmenpaket vorgelegt haben nach etlichen Jahren, Diskussionen und vielen verschiedenen Vorschlägen, die auch aus den Oppositionsfraktionen gekommen sind. Das sind natürlich auch die Forderungen der Wohnungslosenhilfe und der Wohlfahrtsverbände, die sie seit Jahren an Sie herangetragen haben. Sie haben uns in der Aktuellen Stunde Wahlkampfgetöse vorgeworfen. Jetzt einmal im Ernst: Wir diskutieren seit Jahren über dieselben Forderungen, die an Sie herangetragen werden, aber Sie kommen drei Wochen vor der Wahl mit einem Maßnahmenpaket, wo wir noch nicht einmal richtig Zeit haben, darüber ausführlich zu diskutieren. Das finde ich echt schon ein bisschen schäbig.
Die Mehrheit der obdachlosen Menschen, die aus den osteuropäischen und südosteuropäischen Ländern kommen, hat in der Obdachlosenbefragung angegeben, dass sie auch nach Hamburg
gekommen sind, um zu arbeiten. Und deshalb ist es meines Erachtens positiv, dass Sie es jetzt endlich geschafft haben, einmal diejenigen in den Fokus zu nehmen. Wir haben immer wieder betont, dass diese Menschen davon betroffen sind, auf der Straße zu verelenden, dass sie keinen Zugang zum Gesundheitssystem haben. Das Konzept für eine Arbeitnehmerinnen-/Arbeitnehmerpension ist ein richtiger Schritt, auch die Ausweitung des Gewährleistungspakets auf die Kleinvermieterinnen/ Kleinvermieter. Und dass das Modellprojekt Housing First, auch eine langjährige Forderung, nun umgesetzt werden soll, befürworten wir. Aber wir stellen fest, dass in diesem Antrag Forderungen gestellt werden, die weit hinter dem Machbaren sind, und dass es sich sehr oft nur um Prüfaufträge handelt, sodass wir uns natürlich die Frage stellen, was denn eigentlich nach den Wahlen passiert.
Ich habe eben eine große Baustelle genannt, das ist die Gesundheitsversorgung. Es ist nicht nur so, dass EU-Obdachlose vom Gesundheitssystem ausgeschlossen sind, sondern mehr als 50 Prozent der Obdachlosen in Hamburg verfügen über keinen Krankenversicherungsschutz und haben somit keinen Zugang, sodass hier das Recht auf Gesundheit durchgesetzt werden muss, und zwar ohne dabei zu hinterfragen, wie ihr rechtlicher Status ist, weil das für die obdachlosen Menschen eine enorm große Hemmschwelle ist.
Herr Giffei, ja, die Erhöhung der Platzanzahl von Haushalten der sogenannten Stufe 3 ist durchaus positiv. Allerdings hätten Sie einmal die Antwort des Senats auf unsere Anfrage lesen sollen. Sie hat nämlich gezeigt, dass eine große Anzahl der obdach- und wohnungslosen Menschen in keine der drei Stufen eingruppiert wurde. In 2019 sind es nur 48 Haushalte, die in Stufe 3 eingruppiert wurden, aber mehr als 300 Haushalte sind in keine der drei Stufen eingestuft worden. Das ist eine große Gruppe von wohnungslosen Menschen, die nicht in Wohnraum vermittelt werden können. Diese Menschen leben seit Jahren in der öffentlich-rechtlichen Unterkunft. Und hier benötigt man eben nicht nur eine Aufstockung der Plätze, hier benötigt man auch eine Evaluation des Stufensystems und spezifische Angebote.
Sie haben gesehen, wir haben einen Zusatzantrag eingereicht und nehmen konkret auch die Forderung nach einem Clearing-Mobil für obdachlose Frauen auf. Wir sind der Auffassung, diese Forderung muss umgesetzt werden, weil es sich bei den weiblichen Obdachlosen um eine Gruppe handelt, die es wirklich noch einmal schwerer hat, auch mit den Zugängen, die eine große Scham empfindet und dadurch eben weniger Kontakt hat zum bestehenden Hilfesystem. Und wir sind der Auffassung, dass ein Clearing-Mobil die Betroffenen dort aufsu
chen würde, wo sie sich aufhalten, und sie bis zur stabilen Vermittlung in geeignete Hilfen begleiten könnte.
Da muss man wirklich kritisch sagen, Sie haben hier den Aspekt obdachlose Frauen nur aufgenommen, indem Sie überprüfen möchten, inwieweit die Zuständigkeit der Fachstellen für Wohnungsnotfälle auch künftig auf diese Gruppe ausgeweitet werden kann. Ein Prüfauftrag hinsichtlich der Situation der obdachlosen Frauen – das kann doch nicht Ihr Ernst sein. Es ist eine Maßnahme, die auch seit Jahren im Arbeitskreis Wohnraum der Behörde mit den Akteuren der Wohnungslosenhilfe diskutiert wird. 2018 hat die AGFW sogar ein Konzept für ein Clearing-Mobil vorgelegt, das seither bei der BASFI versauert. Das ist doch echt ein Problem.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Was wäre die Stadt ohne all die Menschen, die sich ehrenamtlich engagieren, zum Beispiel gerade aktuell im Winternotprogramm? Diese Menschen bereiten obdachlosen Menschen wahrscheinlich die erste Mahlzeit des Tages und sorgen zudem dafür, dass
den Hauptamtlichen eine große Last genommen wird.
Es macht Hamburg aus, dass sich so viele Menschen in die Strukturen einbringen möchten. Dazu muss man allerdings sagen, dass es leider schon viele Beispiele in der Vergangenheit gab, wo Ehrenamtliche wie Hauptamtliche eingesetzt wurden. Ehrenamt soll aber nicht das Hauptamt ersetzen, sondern Ehrenamtliche sollen dort einspringen, wo das Hauptamt an die Grenzen kommt.
Das gilt vor allen Dingen für den Bereich der Pflege – hier finde ich es besonders wichtig, das noch einmal zu betonen – und gerade auch bei der Betreuung von Menschen mit Behinderung.
Positiv bewerte ich – und das ist mir eine Herzensangelegenheit –, dass die Förderrichtlinien für die Migrantinnen- und Migrantenselbstorganisationen vereinheitlicht werden, die Zugangsbarrieren abgebaut werden und bei der Finanzierung Unterstützung geleistet werden soll. Warum ist das eigentlich so wichtig? Ich möchte Ihnen ein Beispiel nennen. Meine Großeltern kamen als Gastarbeiter nach Altona. Sie haben unter der Woche drei oder vier Jobs gehabt, knallhart gearbeitet. An den Wochenenden waren sie dann in ihrem Verein aktiv, haben den neu Angekommenen Unterstützung geleistet, haben dabei geholfen, Behördendeutsch zu übersetzen, haben Frauen beim Gang zum Frauenarzt, zur Gynäkologin unterstützt. Das ist eine wichtige Arbeit, die seit Jahrzehnten in den Migrantinnen- und Migrantenselbstorganisationen geleistet wird und meiner Auffassung nach bis heute viel zu wenig Wertschätzung bekommen hat.
Es ist immer noch so, dass gerade die Migrantinnen- und Migrantenselbstorganisationen nicht ausreichend finanziert sind, sehr oft von kurzfristigen Projekten, aber auch von Mitgliedsbeiträgen leben müssen. Deshalb freut mich dieser Schritt.
Ein weiterer Punkt: Weil es Unterschiede von Bezirk zu Bezirk gibt, ist immer noch nicht nachvollziehbar, wie die Antragsabläufe sein werden. Es bleibt immer noch die Frage offen, wann eine Antragstellung digital erfolgen kann.
Für uns als Fraktion ein sehr wichtiger Punkt: Es gibt Geringverdienerinnen und -verdiener, Grundsicherungsbezieherinnen und -bezieher, die auch gern ehrenamtlich tätig wären. Aber da stellt sich immer die Problematik der Anrechnung von Aufwandsentschädigungen. Diese Frage ist leider auch noch unbeantwortet. Wir müssen also davon ausgehen, dass den Menschen, die ein Erfrischungsgeld bekommen, dieses angerechnet wird.
Ich glaube, es wäre ein wirklich sehr sinnvoller und sehr solidarischer Schritt, zu sagen, dass der
ÖPNV kostenlos wird für die freiwillig Engagierten, die ja auch unterwegs sein müssen.
Das ist meiner Auffassung nach auch eine Würdigung der ehrenamtlich tätigen Menschen in dieser Stadt. Wir würden ihnen damit etwas zurückgeben. In der letzten Legislaturperiode haben wir die Diskussion darüber schon einmal geführt, weil Schleswig-Holstein eine ähnliche Maßnahme ergriffen hat; ich denke, diese Diskussion sollten wir weiterhin führen.
Grundsätzlich kann man zu diesem Prozess sagen – das habe ich im Gespräch mit ehrenamtlich Tätigen herausgehört –, dass es gut war, dass sie angehört und wichtige Forderungen aufgenommen wurden. Das finde ich total gut. Ich denke aber auch, dass konkretere Maßnahmen der Ehrenamtstrategie gutgetan hätten. Aber wir sind schon mal auf dem richtigen Weg.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Eine Reform des Hamburger Gleichstellungsgesetzes für Menschen mit Behinderung war schon lange überfällig. Ja, in der Tat, es gibt hier einige Fortschritte, es hat einige Verbesserungen gegeben in dem vorliegenden Gesetzentwurf. Das haben wir allerdings den Menschen zu verdanken, die unermüdlich dafür gekämpft haben, dass einige ihrer Forderungen hier ihren Platz finden, und deshalb auch von unserer Seite ein herzliches Dankeschön.
Allerdings muss man deutlich sagen, und unsere Kritik haben wir auch im Sozialausschuss deutlich geäußert, dass der vorliegende Gesetzentwurf weit hinter den Anforderungen der UN-Behindertenrechtskonvention zurückbleibt. Und hier hat der Senat leider seine Hausaufgaben nicht gemacht. Das war schon beim Erstellungsprozess so. Da gab es oder gibt es große Kritik von den Verbänden, von den Einzelpersonen, die hier aktiv sind, deren Forderungen wurden angehört.
Die schriftlichen Stellungnahmen wurden auch diskutiert, man hat sie sich angeschaut, aber leider sind die Forderungen größtenteils eben nicht in den Gesetzentwurf eingeflossen, Frau Jäck. Hier lief das eben nicht so richtig mit "Nichts über uns, nur mit uns", das wurde leider nicht umgesetzt. Ich kann Ihnen das auch sehr konkret an bestimmten Punkten sagen. Von den schriftlichen Stellungnahmen der Verbände und Einzelpersonen wurden weniger als 20 Prozent der Forderungen, also 15 von 82 Punkten eingebaut, und davon sind einige Punkte so verändert worden, dass sie nicht mehr die eigentlichen Forderungen umsetzen. Bei
den partizipativen Workshops sieht es noch trauriger aus. Da flossen lediglich 4 von 93 Forderungen in das Gesetz, und das ist für uns keine echte Partizipation, das sagen auch die Verbände sehr deutlich in ihrer Kritik, das ist Pseudopartizipation.
Das Problem ist doch, Herr Schwieger, Sie haben pauschal alles abgelehnt, was Geld kostet. Sie haben alles abgelehnt, was für die Menschen wirklich im Alltag sehr wichtig ist.
Und wenn Sie sich dann darauf beziehen, dass Sie jetzt dafür arbeiten möchten, dass die UN-Behindertenrechtskonvention umgesetzt wird, mein Gott, wie lange sollen die Menschen denn eigentlich noch warten?
In Ihrem Zusatzantrag, und das finde ich skandalös, haben Sie die Forderung nach dem Partizipationsfonds eingetragen, der Punkt ist doch aber eigentlich nur, dass dieser Partizipationsfonds kostenneutral sein soll. Es sollen keine zusätzlichen Mittel eingestellt werden, und wenn Sie es sich dann doch überlegen, dann ist die Frage, wann überhaupt Geld eingestellt werden soll. Also diese Frage müssen Sie einmal beantworten. Ist das wirklich nur ein Begriff, der in diesem Zusatzantrag jetzt plötzlich auftaucht, den die Verbände dann wirklich erkämpfen mussten, oder werden Sie diesen Fonds wirklich auch mit zusätzlichen Mitteln füllen?
Zweitens: Im ursprünglichen Antrag wurden auch Private, an denen die FHH direkte oder indirekte Mehrheitsbeteiligungen besitzt, verpflichtet, Neubauten barrierefrei zu gestalten. In dem uns nun vorliegenden Entwurf taucht dieser Halbsatz nicht mehr auf. Also mögen Sie das denen nicht mehr zumuten? Das müssen Sie hier einfach noch einmal erklären.
Drittens: Zwar ist die Ausgestaltung des Schiedsverfahrens im Gesetz zu begrüßen, allerdings ist sie sowohl für Einzelpersonen als auch für die Verbände in der uns vorliegenden Form ein zahnloser Tiger. Dieser Prozess, den wir hier erlebt haben, erinnert mich an den Prozess, den wir auf Bundesebene zum Bundesteilhabegesetz erlebt haben, nämlich die Menschen werden eingeladen, man spricht mit ihnen, sie äußern ihre wirklich wichtigen Forderungen, die auch Geld kosten, denn Inklusion kostet eben Geld und ist eben nicht so günstig, und am Ende, nachdem man ihnen zugehört hat, hat man sie wieder weggeschickt und eigentlich nur das eingebaut, was so günstig wie möglich ist. Das ist keine echte Partizipation, das ist auch keine echte Inklusion, und die Frage müssen Sie sich einmal jetzt stellen. Ich würde es auch richtig finden, noch einmal ins Gespräch mit den Verbänden zu gehen, Herr Rose, denn Sie können sich gar nicht vorstellen, was für ein Unmut da ist.
Und einen Punkt möchte ich noch einmal deutlich sagen. Wir haben heute hier keine Gebärdensprachdolmetscherinnen zur Verfügung stellen können mit der Argumentation, es sei alles zu kurzfristig. Hätten Sie doch unserem Antrag damals zugestimmt, einen Gebärdensprachdolmetscherinnen-Pool in der Bürgerschaft einzurichten, damit alle Menschen, egal ob mit Behinderung oder nicht, sich auch wirklich immer an jeder Debatte beteiligen können. Das ist echt ein Armutszeugnis.
Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Es wurde eben noch einmal angesprochen, "Fridays for Future" versucht seit circa einem Jahr, darauf aufmerksam zu machen, dass sie möchten, dass der Klimawandel gestoppt wird, dass ernsthafte Maßnahmen von der Politik ergriffen werden. Sie versuchen, darauf aufmerksam zu machen, wie verheerend die Folgen für die Welt sein werden, wie verheerend die Situation jetzt auch auf der Welt ist für Mensch, für Tier und auch andere Lebewesen wie Pflanzen.
Vor einigen Monaten waren die Aktivistinnen und Aktivisten zu Besuch im Rathaus. Es waren die Fraktionsvorsitzenden eingeladen, es waren die umweltpolitischen Sprecherinnen und Sprecher eingeladen, und die Präsidentin hatte eingeladen, nicht zu vergessen. Die Aktivistinnen und Aktivisten haben dort ihre Forderungen dargestellt, und sie haben ihre Forderungen faktenbasiert dargestellt. Wenn einige immer wieder davon sprechen, dass sie Panikmache betreiben, so entspricht das nicht der Wahrheit. Sie haben faktenbasiert dort von ihren Forderungen gesprochen. Und das Interessante war, dass Herr Tjarks den Jugendlichen geraten hat zu mehr Optimismus, und die Jugendlichen darauf geantwortet haben, dass Optimismus eben den Klimawandel nicht stoppt. Sie haben dort ernsthafte Maßnahmen gegen den Klimawandel von der Hamburger Politik gefordert, und sie haben damit auch recht, weil Hamburg eine große Verantwortung hat.
Und Herr Tjarks hat gerade einen wichtigen Hamburger
Klimaforscher erwähnt. Er hat gesprochen von Dirk Notz, der ein Interview am 12. November in der Zeitung "Die Zeit" gegeben und gesagt hat – Zitat –:
"Zurzeit lassen die Treibhausgase, die Hamburg ausstößt, jedes Jahr in der Arktis eine Packeisfläche abschmelzen, die so groß ist wie der Bezirk Eimsbüttel."
Er hat aber auch hinzugefügt, dass das seit 30 Jahren schon bekannt ist, aber dass sich seit 30 Jahren wenig verändert hat.
Herr Kienscherf, Sie haben eben eine sehr arrogante Rede gehalten, Sie haben eigentlich in Ihrer Rede nur die Opposition gebasht, und da würde ich mich an Ihrer Stelle einmal etwas zurückhalten, denn ich finde, Herr Trepoll hat recht,
es ist immer dasselbe Verfahren mit Rot-Grün seit 2015. Sie haben einen Plan, legen ihn 24 Stunden vorher vor, geben uns, der Opposition, wenig Zeit. Ich finde das undemokratisch, Herr Kienscherf, und das müssen Sie einmal einsehen.
Und dann rufen Sie dazu auf – das finde ich noch zynischer –, dass die Opposition sich doch bitte an diesen Prozessen beteiligen solle. Nein, jetzt einmal im Ernst, Sie müssen einsehen, dass das undemokratisch ist und dass die Opposition in diesem Parlament mehr Rechte hat, als Ihnen lieb ist.
Ja, genau, wir sind alle Mitglieder der Ausschüsse, und das ist unsere Aufgabe, aber die Opposition hat hier auch eine bestimmte Funktion, die sie zu erfüllen hat, und das dürfen Sie nicht einfach ignorieren.
Ich hätte mir von Ihnen auch mehr Inhaltliches gewünscht. Ich fand es gut, dass Herr Tjarks selbstkritisch war und noch einmal daran erinnert hat, dass Sie Ihre Ziele nicht erreicht haben, und deshalb möchte ich Sie trotzdem noch einmal an ein Kapitel der rot-grünen Klimageschichte erinnern. Das ist ein Kapitel, das Sie offensichtlich gern verdrängen. Sie haben im Koalitionsvertrag 2015 festgehalten, dass Sie bis 2020 den Beitrag zum nationalen Klimaziel von 40 Prozent CO2-Reduktion leisten und diese Anstrengungen verstärken möchten. Dieses Ziel haben Sie leider schnell aufgegeben, das hat Herr Tjarks auch selbstkritisch erwähnt. Dieses Ziel haben Sie dann vergessen. Und ich weiß, warum Sie es schnell aufgegeben haben. Weil Sie nämlich gemerkt haben, dass mit Ihrer schwachen und ambitionslosen Klimapolitik dieses Ziel überhaupt nicht zu erreichen ist.
Deshalb finde ich es wirklich verwunderlich, dass gestern Bürgermeister Tschentscher in seiner
Pressemitteilung gesagt hat, Hamburg habe viel erreicht. Herr Tschentscher, ein Blick auf die Klimaziele in Ihrem Koalitionsvertrag und in Ihrem Klimaplan von 2015 zeigt, dass eine selbstkritische Haltung angemessen wäre. Dass Sie sich heute vor dem Hintergrund Ihrer schwachen Klimapolitik noch auf die Schulter klopfen, ist wirklich selbstgefällig.
Schauen wir uns doch, Herr Rose, schauen Sie sich einmal die CO2-Bilanz an.
Daraus wird doch Folgendes deutlich: Fangen wir einmal an beim Sektor Verkehr. Der Sektor Verkehr hat seine Einsparverpflichtungen nicht erbracht. Das müssen Sie jetzt einmal akzeptieren. Die CO2-Emission nahm hier zwischen 2016 und 2017 um circa 2 Prozent zu, beim Flugverkehr sogar um mehr als 6 Prozent. Der Flugverkehr emittiert im Vergleich zum Basisjahr 1990 sogar fast 40 Prozent mehr CO2. Ich sehe nicht, warum Sie sich hier stolz auf die eigene Schulter klopfen.
Statt der erforderlichen 7 Millionen Tonnen CO2 hat Hamburg bis zum Jahr 2017 erst 4,3 Millionen Tonnen im Vergleich zum Basisjahr 1990 eingespart.
Also, vor dem Hintergrund dieser Zahlen müsste doch der erste Schritt dieser Regierung sein, ihre eigene Bilanz kritisch aufzuarbeiten und auf Grundlage dieser selbstkritischen Aufarbeitung Maßnahmen zu entwickeln. Wie sollen denn die Bürgerinnen und Bürger dieser Regulierung glauben, die ihre eigene mangelhafte Bilanz doch noch nicht einmal selbstkritisch aufarbeitet, wie sollen sie einer Regierung glauben, die kurz vor Ende der Legislaturperiode einen Plan vorlegt, der Maßnahmen beinhaltet, die vage oder unkonkret sind?
Warum kann diese Regierung nicht erklären, woran ihre Klimaziele von 2015 eigentlich gescheitert sind? Und jetzt einfach neue, kräftige Ziele für 2030 zu definieren ohne selbstkritische Fehleranalyse, überzeugt uns nicht und die Menschen da draußen auch nicht.
Das Interessante ist doch, Herr Bürgermeister, dass Sie gestern auf der Landespressekonferenz noch nicht einmal die Frage beantworten konnten – vielleicht kann Herr Rose sie beantworten –, warum der Anteil des Sektors Industrie im Vergleich zu den anderen Sektoren so gering ausfällt. Ich kann Ihnen die Frage beantworten. Sie verschonen nämlich die Industrie. Die wesentlichen
Einsparmaßnahmen werden in diesem Bereich durch die Bundesmaßnahmen erreicht, das können Sie auch an dieser Tabelle sehen, und diese sind in der Hoffnung auf einen besseren Energiemix aufgestellt und mit keinen konkreten Maßnahmen unterlegt. Die wirklich komplizierten und mit Anstrengungen zu schaffenden Hamburger Maßnahmen treffen private Haushalte, treffen auch den Sektor Gewerbe, Handel, Dienstleistung und den Sektor Verkehr, aber nur zu 13,7 Prozent die Industrie, obwohl die Industrie größter Emittent von CO2 unter den vier Sektoren ist. Wem machen Sie denn eigentlich hier etwas vor?
Die anderen Zahlen machen es doch auch noch einmal deutlich. Unter der Spalte anteilige Einsparung durch Hamburger Maßnahmen der Emission 2017/2030 können wir das auch noch einmal deutlich sehen. Sektor private Haushalte: minus 30,5 Prozent. Sektor Gewerbe, Dienstleistung und Handel: minus 35,6 Prozent. Sektor Verkehr: minus 25,9 Prozent. Sektor Industrie: minus 12,4 Prozent.
Wir kommen nicht weiter, wenn weiterhin die Industrie verschont wird, wir kommen nicht weiter, wenn Sie weiterhin vor der Industrie kuschen.
Gerade der Sektor Industrie hat bis jetzt am wenigsten zur CO2-Einsparung beigetragen, und Grund dafür ist unter anderem, und das ist eine berechtigte Kritik auch des BUND, dass die Freiwilligkeitsvereinbarungen zwischen Stadt und 15 großen Industrieunternehmen nicht ambitioniert genug waren. Es braucht hier klare Vorgaben, es braucht hier auch klare Bestimmungen, das zeigt die Bilanz der kleinen ökologischen Veränderungen wie das FCKW-Verbot oder das Beispiel Katalysator in der Vergangenheit.
Man muss dazu sagen, verbal ist Rot-Grün das Thema Klima wichtig, aber real nur unzureichend. Das hat Herr Kienscherf mit seiner Rede eben deutlich gemacht. Real ist nämlich der CO2-Ausstoß im Verkehrsbereich weiter angestiegen, von knapp 4,3 Millionen Tonnen im Jahr 2011 auf gut 4,6 Millionen Tonnen im Jahr 2017.
Herr Tschentscher, meinten Sie das, als Sie gestern sagten, Sie hätten viel erreicht? Ein solcher Anstieg des CO2-Ausstoßes ist wirklich das Letzte, was diese Stadt noch braucht.
Die ernst zu nehmenden Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sagen immer wieder, dass der motorisierte Autoverkehr sofort reduziert werden muss, dass wir da keine Zeit zu verlieren haben, aber Sie setzen treuherzig weiterhin darauf, dass die Autofahrenden von selbst auf Bus und Bahn, auf Fuß und Rad umsteigen,
wenn in ein paar Jahren beziehungsweise einem Jahrzehnt das Angebot dann endlich ausgebaut ist. Wir haben diese Zeit nicht. Und wer jetzt nicht bereit ist, den Autoverkehr einzuschränken, wird keine Verkehrswende geschweige denn eine Klimawende für Hamburg hinbekommen.
Ich erkläre Ihnen das noch einmal am Beispiel Busverkehr, wie eine Verkehrswende geht. Sie wollen den Busverkehr ausbauen, das unterstützen wir doch, denn das geht natürlich schneller als der Neubau von U-Bahnen und S-Bahnen. Damit aber der Busverkehr fließen kann und nicht im Stau der vielen, vielen Privat-Pkws steht, braucht er eben eigene Busspuren. Und diese Spuren müssen Sie dem Autoverkehr wegnehmen. Wo sollen die denn sonst herkommen? Doch genau davor schrecken Sie zurück. Sie schrecken genau vor diesem Schritt zurück, und deshalb wird das eben nichts mit der Verkehrswende. Und da Sie zu Recht betonen, dass der Klimaplan sozial ausgewogen sein soll, haben Sie beim ÖPNV doch jetzt die Chance, das Portemonnaie der Hamburgerinnen und Hamburger deutlich zu entlasten, und zwar mit einem 350-Euro-Ticket für alle Hamburgerinnen und Hamburger.
2015 haben Sie im Klimaplan viel versprochen, so sollten zum Beispiel jährlich 3 600 Wohnungen modernisiert und damit ein relevanter Beitrag für das Klima erreicht werden. Doch statt der versprochenen über 14 000 Wohnungen innerhalb von vier Jahren sind es gerade einmal 8 000 Wohnungen geworden, wie Sie auf eine Kleine Anfrage meines Kollegen Stephan Jersch zugeben mussten. Wie sollen wir Ihnen denn jetzt glauben, dass Sie die Ziele des Klimaplans 2019 erreichen wollen oder diese Ziele überhaupt erreichen werden?
Und noch etwas zum Thema Wohnungen. Erst einmal ein Lob. Wir, DIE LINKE, fordern doch seit Jahren im Bund und in Hamburg, dass die Modernisierung von Wohnungen nicht zu Mieterhöhungen bei Mieterinnen und Mietern führen darf, das haben Sie nun im Klimaplan aufgenommen und auch hier erwähnt, und das finden wir gut und richtig. Aber erklären Sie uns doch einmal, weshalb Sie acht Jahre nach der Gründung des von Ihnen so hoch gelobten Bündnisses mit der Wohnungswirtschaft erst jetzt auf die Idee kommen, den Klimaschutz weiter zu konkretisieren und das Ziel bezahlbarer Wohnungen nicht zu gefährden? Sie schreiben nämlich wörtlich im Klimaplan auf Seite 23:
"Auch deshalb ist als Auftakt eine umsetzungsorientierte Machbarkeitsstudie mit der Wohnungswirtschaft vereinbart."
Umsetzungsorientierte Machbarkeitsstudie. Das hört sich für mich an wie ein weißer Schimmel, eine Machbarkeitsstudie soll doch gerade die Machbarkeit klären oder, wie der Duden sagt, sie soll die Realisierbarkeit ermitteln. Und diese Wortklauberei zeigt einmal wieder krass auf, was Ihre Maßnahmen sind. Zu viele Versprechungen, zu wenig reale Maßnahmen, zu wenig reale Ziele.
Wir haben mit Wohlwollen gelesen, dass die soziale Ausgewogenheit dem Klimaplan vorangestellt ist. Seit Jahren kämpfen wir für die Menschen, die eben wenig Einkommen haben, wenig Geld in der Tasche haben. Was uns aber ziemlich irritiert und sich auch als ein seltsamer Punkt herausgestellt hat in diesem Klimaplan, ist, dass in der Drucksache insgesamt 68-mal das Wort Unternehmen vorkommt, dass die Unternehmerinnen und Unternehmer Beratung, Zuschüsse und was noch alles erhalten, die Worte Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer oder Gewerkschaft in der Drucksache aber gar nicht vorkommen. Selbst den harmlosen Begriff Sozialpartner sucht man wirklich völlig vergeblich in dieser Drucksache, denn diese Menschen, diese Gruppen werden aus der Gestaltung des industriellen Umbaus quasi ausgesperrt.
Sie und ihre Stimmen und die Gewerkschaften – Herr Rose ist jetzt gerade weg – haben unter diesem Senat eben nichts zu melden. Die Industrie …
Das tut ganz schön weh, oder? Die Wahrheit tut ganz schön weh.
Es muss gerade sehr schmerzhaft sein für die Herren der SPD, oder?
Ja, liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD, bei Ihnen haben schon lange die Gewerkschaften keinen exklusiven Platz mehr an Ihrem Tisch. Es ist nur noch die Industrie.
Und da zeigt sich auch …
Ich verstehe gar nicht, was Sie da hinten brüllen.
Erster Vizepräsident Dietrich Wersich (unterbre- chend): Also ich bitte doch, der Rednerin zuzuhören, auch wenn sie bei Ihnen vielleicht einen wunden Punkt getroffen hat.
Aber wir tauschen uns hier nacheinander in der Debatte aus.
Ja, und das ist gerade der Punkt, nämlich der Bürgermeister hat von dieser Mitmachaktion gesprochen. Mich würde noch einmal interessieren, was eigentlich hinter dieser Mitmachaktion steckt. Ich glaube, alle werden es noch einmal anders interpretieren. Aber ich denke, bei Ihrer Mitmachaktion haben eben bestimmte Kräfte eine komfortable Rolle, und andere, die wir einem anderen Sektor zuordnen würden, haben dort eben keine komfortable Rolle. So wie zum Beispiel die Opposition, da geben Sie den Takt vor und möchten, dass alle Ihnen folgen. So geht das aber nicht.
Hamburg kann sich sicher sein, dass wir gerade unter dem sozialpolitischen Aspekt als LINKE genau ein Auge darauf haben werden. Wir werden kontrollieren, ob Sie die Versprechen auch wirklich einhalten werden. Die Klimaziele müssen erreicht werden, ich denke, das ist unstrittig, sie müssen aber auch sozial erreicht werden. Gerade vor dem Hintergrund, dass so viele Jugendliche auf die Straße gehen, sich in dieser Phase politisiert haben bei dieser Thematik, müssen wir ziemlich stolz darauf sein und müssen sie ernst nehmen. Für mich heißt Mitmachaktion, diese Jugendlichen auch wirklich in einen Prozess einzubeziehen und nicht einen Tag einmal ihnen zuzuhören und dann ihre Forderung gar nicht einfließen zu lassen. Die Jugend, dieses Hamburg, hat eine bessere Klimapolitik verdient.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich möchte hier als Vorsitzende des Sozialausschusses die Aussagen von Dr. Wolf klarstellen. empower hat bei der Anhörung im Sozialausschuss nicht gesagt, dass die größte Gefahr von muslimischer Seite kommt, sondern hat sehr klar und deutlich gesagt, dass die meisten Fälle aus dem rechtsextremen Spektrum kommen und die Gefahr von der Seite am größten ist. Deshalb hören Sie bitte auf, hier etwas zu behaupten, was überhaupt nicht stimmt. Denn die AfD hat sich bei dieser Diskussion, so wie bei vielen anderen Diskussionen im Sozialausschuss, wirklich kaum beteiligt.
Sie haben auch immer noch nicht die Antwort darauf gegeben, warum Sie die Kommentare auf Ihrer Seite nicht gelöscht haben. Auf Ihrer Seite waren Kommentare, in denen Mordfantasien dargestellt wurden; es wurde die Fantasie dargestellt, wie ein Afghane durch fünf geteilt wird, eine unfassbare Verrohung, die Sie mit zu verantworten haben. Da standen auch antisemitische Kommentare. Frau Schneider hat Sie darauf aufmerksam gemacht, und Sie haben diese Kommentare trotzdem nicht gelöscht. Damit haben Sie auch gezeigt, was Sie hier eigentlich bezwecken.
Da Sie bei zwei Erwähnungen versucht haben, antifaschistisches Engagement zu denunzieren, möchte ich deutlich sagen, dass ich es gut finde, dass wir in einer Stadt leben, in der junge Menschen auf die Straße gehen und sich gegen Antisemitismus, gegen Faschismus stellen. Ich finde es gut, dass wir Schülerinnen und Schüler haben, die hier klar Position beziehen.
Deshalb müssen Sie auch viel lernen. Wenn Sie einmal auf einer Gedenkveranstaltung waren, zum Beispiel im KZ Neuengamme, dann können Sie an den kulturellen Beiträgen dieser Veranstaltungen sehen, dass da Schülerinnen und Schüler mit oder ohne Migrationshintergrund gemeinsam an die Taten des Nationalsozialismus erinnern und versuchen, eine Erinnerungskultur aufrechtzuerhalten. Und sie machen etwas, das sehr wichtig und ein großer Schatz in dieser Gesellschaft ist: Sie versuchen, auch wenn sie wissen, dass sie für diese Geschichte nicht verantwortlich sind, sich gemeinsam dafür zu engagieren, dass so etwas nie wieder passiert. Und das ist gut so.
Sie stellen etwas infrage, das in den letzten 50, 60 Jahren in dieser Gesellschaft so zusam
mengewachsen ist. Und sie attackieren auch dieses Konzept. In den letzten 50, 60 Jahren, in denen Einwanderung stattgefunden hat, haben wir gesehen, dass es für Jugendliche, für Schülerinnen und Schüler Normalität geworden ist, mit anderen Schülerinnen und Schülern, die einen anderen kulturellen und religiösen Hintergrund haben, gemeinsam zur Schule zu gehen, gemeinsam Projekte zu machen, gemeinsam politische Diskussionen zu führen. Das ist doch ein wichtiger Teil dieser Demokratie, ein wichtiger Schatz, den man schätzen muss, zu dem man doch klar und deutlich sagen muss, dass man das nicht in allen Ländern dieser Welt hat und weiterhin fördern muss. Da muss man doch als Politik klar Position beziehen.
Aber vor diesem Hintergrund Ihrer Positionierung und der Zitate, die aus Ihrer Partei kommen: Dazu haben Sie auch keine Position bezogen.
Das zeigt doch sehr deutlich, dass Ihre Distanzierungen nur leere Worthülsen sind.
Ihre Distanzierungen haben vor dem Hintergrund der Zitate für mich überhaupt keinen Wert, denn Sie stellen die Demokratie in diesem Land, die demokratische Teilhabe aller Menschen in diesem Land infrage. Und das ist beschämend. Dafür müssen Sie auch die Verantwortung tragen.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Gute Politik muss evidenzbasiert sein, und der lang erwartete Datenreport liefert wirklich gebündelt und hamburgspezifisch eine wichtige Grundlage, auf der man gut arbeiten kann. Die Zahlen und Daten sind gut verständlich und übersichtlich aufbereitet, die einzelnen Indikatoren sind klug ausgewählt. Der Datenreport belegt einmal sehr deutlich, wie die strukturelle Diskriminierung von Frauen auf zahlreichen Ebenen und zu allen darin erfassten Zeiträumen eigentlich in Hamburg aussieht. Ich würde jetzt nicht sagen, dass da etwas zusammengeschustert wurde aus verschiedenen Statistiken,
ich denke schon, dass darin eine wichtige Arbeit steckt.
Ich finde aber auch wichtig, dass die Daten nicht nur der Hamburger Politik zugänglich sind, sondern dass die Seite online der Öffentlichkeit zur Verfügung steht, damit sich alle interessierten Bür
gerinnen und Bürger informieren können und für das Thema Gleichstellung sensibilisieren können.
Wir haben aber auch kritische Punkte zu erwähnen. Natürlich sind die großen Problemfelder in Sachen geschlechtsspezifischer Diskriminierung alte Bekannte und werden schon längst immer wieder durch unsere Fraktion, aber auch durch RotGrün hier erwähnt, benannt und bearbeitet. Das sind dann der Gender Pay Gap, das ist die Altersarmut von Frauen, die ungleiche Verteilung von Sorgearbeit, das sind Gewalterfahrungen, die Frauen täglich erleben müssen, dann aber auch die körperliche Selbstbestimmung, für die wir am Samstag in Hamburg auf die Straße gehen werden.
Im August wurde dieser Datenreport veröffentlicht, und er kann neuen Anstoß geben, um das politische Bewusstsein für die Problematik neu zu schärfen, um auch Druck zu machen und um zu schauen, wo geplante Maßnahmen endlich umgesetzt werden müssen, können, wo bestehende Konzepte Nachbesserungsbedarfe haben, wo Leerstellen sind, die angegangen werden müssen, und zwar gesamtgesellschaftlich. Es kommt jetzt auch darauf an, nicht nur die Daten zur Kenntnis zu nehmen und eine lange Zeit darauf zu warten, bis endlich etwas passiert, sondern sie wirklich in konkrete und nachhaltige Gleichstellungspolitik zu übersetzen. Und wenn wir sagen, übersetzen, dann in eine aktive Gleichstellungspolitik für alle Geschlechter. Das ist ein Punkt, den wir kritisieren, Inter- und Transpersonen finden hier keine Berücksichtigung, weder in der abgebildeten Datenlage, die uns vorliegt, noch in der sprachlichen Ausgestaltung des Berichts werden sie trotz des Beschlusses dritte Option hier leider nicht sichtbar. Und das ist aus unserer Sicht ein Problem, welches gelöst werden muss. Ich hoffe, dass man das in Zukunft schafft.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Thering, Sie waren fünf Jahre alt, ich war gerade einmal ein Jahr alt. Es ist nicht einfach, wenn man einen historischen Moment nicht miterlebt hat, darüber zu sprechen, aber natürlich hat man Gedanken dazu, weil man sich mit der Geschichte auseinandergesetzt hat. Meine Generation, vielleicht auch Ihre Generation, symbolisiert das neue Deutschland: das Deutschland nach der Wiedervereinigung, aber auch das Deutschland, das so ist, wie es heute ist, nämlich anders, eben auch mit vielen Menschen, die zugewandert sind. Und uns beschäftigen dann auch die Fragen: Was ist eigentlich nach der Wiedervereinigung passiert? Welche Fragen sind offengeblieben? Welche Perspektiven gab es denn wirklich für die Menschen? Welche Hoffnungen und Wünsche wurden erfüllt, für die Menschen im Osten, aber auch für die Menschen im Westen? Ist wirklich in den letzten 30 Jahren eine deutsche Einheit gewachsen oder erleben wir momentan eine Gesellschaft, die immer weiter auseinanderdriftet, weil sie bestimmte Enttäuschungen erlebt hat? Das sind Fragen, die meine Generation beschäftigen, aber eigentlich vor dem Hintergrund des Erstarkens der AfD auch die gesamte Bundesrepublik beschäftigen sollten.
Meine Vorredner haben es gesagt, es gibt eine Kommission, die momentan die Feierlichkeiten vorbereitet. In Leipzig soll groß gefeiert werden im Herbst, auch in Berlin. Ein weiterer pompöser Festakt in Hamburg nützt wirklich niemandem etwas. Wir sind der Auffassung, dass das Geld und die Energie in eine Zukunft und in Perspektiven in Hamburg investiert werden sollten, die so viele Menschen in Hamburg brauchen, die eben auch aus Ostdeutschland zu uns nach Hamburg eingewandert sind.
Deshalb lehnen wir diesen rückwärtsgewandten Antrag ab.
Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ja, wir bleiben dabei: Das ist einfach nur eine sozialpolitische Fassade. Unser Kritikpunkt sind die repressiven Maßnahmen. Einige sozialpolitische Maßnahmen aufzulisten macht die Situation doch jetzt auch nicht besser. Es gibt die Situation mit der Videoüberwachung, mit der verstärkten Polizeipräsenz, mit dem Glasflaschenverbot, und all das wird nicht weniger repressiv, Herr Schreiber, und da sehe ich Sie direkt an, weil Sie eine bestimmte Position haben, die Sie immer wieder versuchen voranzutreiben. Das macht die Situation nicht besser und es löst auch die Problematik vor Ort nicht.
Was wir hier brauchen, ist ein sozialpolitisches Konzept, denn – Sie haben es eben auch gesagt, Herr Müller – es geht darum, dass am Hansaplatz verschiedene Gruppen aufeinandertreffen, es geht darum, dass es dort verschiedene Nutzerinnenund Nutzergruppen gibt. Und deshalb braucht es ein sozialpolitisches Konzept, das diese Gruppen vor Augen hat, im Fokus hat und eben nicht auf Verdrängung setzt. Denn wir haben in HamburgMitte an vielen Beispielen sehen können, dass Verdrängung eben nicht die Lösung ist.
Wir sind natürlich auch der Auffassung, dass es richtig ist, die Straßensozialarbeit zu stärken, aber in Ihrem Antrag finden wir das noch zu unkonkret. Wir sehen, dass es der richtige Ansatz ist, aber Sie haben einen Antrag vorgelegt, und diesen Vorwurf, Herr Müller, müssen Sie sich gefallen lassen, nämlich dass die Forderungen, die Sie dort aufgelistet haben, in keiner Weise mit den vor Ort aktiven Initiativen rückgekoppelt sind. Seit 2014 haben wir den Runden BürgerInnen-Tisch Hansaplatz, der dort aktiv ist. Daran beteiligt sind auch soziale Initiativen und Einrichtungen. Wieso haben Sie diese nicht in Ihre Überlegungen einbezogen?
Das hört sich für mich wirklich eher nach einem Schnellschuss an, weil es Kritik gab und weil allein auf diese repressiven Maßnahmen gesetzt wurde, die aber die Problematik vor Ort nicht gelöst haben.
Fakt ist: Der Hansaplatz ist kein einfacher Ort. Verschiedene Gruppen treffen dort aufeinander, und zwar meines Wissens eben nicht nur Alkohol konsumierende Menschen mit besonderen sozialen Schwierigkeiten, sondern auch viele unterschiedliche andere Gruppen. Es sollte also auch nicht darum gehen, diese Menschen vom Hansaplatz …
Sehr gern, Frau Engels.
Ich habe jetzt keine Frage herausgehört, aber das ist natürlich auch in Ordnung. – Ja, das ist ein anderer Politikansatz. Aber die Problematik ist nicht neu und dieser Prozess hätte doch schon viel eher beginnen können, dann hätten wir heute über ganz konkrete Maßnahmen diskutieren können.
Eine weitere Problematik ist eben auch: Beratungsstellen aufzustocken ist richtig und wichtig, aber wir haben die Situation, dass die Beratungsstellen wirklich wenig Möglichkeiten haben, Menschen, die keinen Sozialleistungsanspruch haben, in das Hilfesystem vermitteln zu können. Diese Menschen haben in der Regel keine Krankenversicherung und keinerlei Ansprüche auf Grundsicherung. Das ist aber Voraussetzung, um einen Platz in der öffentlichen Unterbringung oder im Krankenhaus zu bekommen oder aber eine Entgiftung machen zu können. Das haben wir im Sozialausschuss hoch und runter diskutiert und auch in Ihrem Antrag beschreiben Sie diese Problematik recht gut und fordern dort sogar konkrete praktische Hilfen ohne weitere Voraussetzungen für diese Menschen. Sie werden aber nicht konkret. Und unser Punkt, das, was wir mit unserem Zusatzantrag versucht haben, ist, das noch einmal zu konkretisieren und deutlich zu machen, auch durch un
sere Gespräche vor Ort, was wirklich jetzt dringend notwendig ist.
Der Hansaplatz ist ein belebter Ort und er wird von unterschiedlichen Menschen genutzt. Der Platz verdient ein nachhaltiges, ein benutzerfreundliches Konzept und keine Brennpunktkeule mit etwas Sozialpolitik.
Ach ja, Frau Rath: Wir werden auch der Überweisung an den Sozialausschuss zustimmen; wir sehen darin keine Problematik und werden dort auch mit Ihnen diskutieren – sofern Rot-Grün der Überweisung zustimmt.
Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wir sind im letzten Jahr im Rahmen unserer Veranstaltungsrei
he "Mut gegen Armut" durch viele Stadtteile gegangen. Wir haben mit vielen Bürgerinnen und Bürgern über die Themen Armutsbekämpfung und wie die soziale Spaltung in der Stadt bekämpft werden kann diskutiert. Wir haben diskutiert über die Themen explodierende Mieten, Altersarmut, Grundsicherung im Alter, darüber, dass Menschen, die Rentnerinnen und Rentner sind, nach jahrzehntelanger harter Arbeit von ihrer Rente nicht mehr leben können. Wir haben in dem Zusammenhang über die prekären Beschäftigungsverhältnisse in dieser Stadt und natürlich auch über die Kinderarmut diskutiert, die in einigen Stadtteilen sogar bei fast 50 Prozent liegt.
All die Eckpunkte in unserem Antrag, der Ihnen vorliegt, sind Ergebnisse der wichtigen Diskussionen, die wir geführt haben. Dazu muss man sagen: Es waren bei Weitem nicht alle Wählerinnen und Wähler der LINKEN, sondern auch Wählerinnen und Wähler anderer Parteien, die ein großes Bedürfnis hatten, über das Thema zu diskutieren.
Ich möchte einige Fakten nennen, um deutlich zu machen, warum es so wichtig ist, eine ressortübergreifende Antiarmutsstrategie zustande zu bekommen. Wir sprechen immer noch von einer reichen Stadt, müssen gleichzeitig aber feststellen, dass 285 000 Menschen in Hamburg von Armut bedroht sind. Wenn wir dann noch die hohen Lebenshaltungskosten einberechnen, sprechen wir von 360 000 Menschen. Wir haben die Situation, dass jedes vierte Kind in der Stadt in Armut lebt. Wir haben 7 Prozent der Hamburgerinnen und Hamburger, die im Rentenalter Grundsicherung beziehen; das ist viel mehr als in jedem anderen Bundesland. Auch gerade vor dem Hintergrund des Sozialabbaus, der steigenden Mietkosten und HVV-Preise geraten noch immer mehr Menschen in diese Armutsspirale.
Wir stellen aber auch fest – und das ist wirklich sehr bitter –, dass die soziale Spaltung sich immer deutlicher zeigt. Das möchte ich an drei Beispielen deutlich machen. Die Einwohnerinnen und Einwohner auf der Veddel verdienen durchschnittlich 14 600 Euro im Jahr; das sind fast 90 Prozent weniger als in Nienstedten, wo das Jahresdurchschnittseinkommen bei fast 140 000 Euro liegt. Zweites Beispiel: In Nienstedten leben etwa 0,5 Prozent der Kinder von Mindestsicherung, in Billbrook und Steilshoop ist es jedes zweite. Und ein weiteres Beispiel: In Hammerbrook leben mehr als 4 000 Menschen, doch im gesamten Stadtteil gibt es keine Hausärztin, keinen Hausarzt. Aber die kinderärztliche Versorgung zum Beispiel in Blankenese, Othmarschen und Rotherbaum ist gut bis sehr gut. Das zeigt uns doch, dass in Bezug auf die soziale Spaltung noch viel zu tun ist.
Wir behaupten auch nicht, dass hier nichts getan wurde. Es gibt die Konzeption von RISE, und es gab den Einsatz öffentlicher Mittel, um der sozialen Spaltung in der Stadt entgegenzutreten. Aber vor allem das Sozialmonitoring aus dem Jahr 2018 zeigt deutlich, dass in diesen sieben Jahren die soziale Benachteiligung in den Stadtteilen sich nicht verändert hat, ja sogar stagniert, und dass das RISE-Programm für eine Verbesserung der Situation leider nicht ausreichend ist.
Deshalb haben wir heute einen Maßnahmenkatalog vorgelegt, in dem wir konkrete Vorschläge machen und zeigen, dass wir bereit sind, mit Ihnen gemeinsam etwas gegen die soziale Spaltung in der Stadt zu tun. Wir wollen, dass die betreffenden Behörden, die Sozialverbände und die zivilgesellschaftlichen Akteure, die tagtäglich mit dieser Problematik beschäftigt sind, gemeinsam überlegen, wie es gelingt, dass es den Menschen in der Stadt besser geht.
Wir standen 2015 hier bei unserer ersten Diskussion und wollten dieser Entwicklung entgegensteuern. Sie haben ein Versprechen gegeben. Damals war es noch der Fraktionsvorsitzende der SPD, Herr Dressel, der gesagt hat, wir müssten jetzt etwas dagegen tun. Aber diese Landespolitik hat in den letzten Jahren mit ihrer Kürzungspolitik die Situation der Menschen in den strukturell benachteiligten Stadtteilen leider nicht verbessert,
sondern verschlechtert. Die Menschen fühlen eine Resignation, sie fühlen sich abgehängt. Wir sind jetzt im Wahlkampf, und im Wahlkampf entdeckt die SPD immer wieder ihre soziale Ader und fordert dazu auf, die Gesellschaft zusammenzuhalten. Aber wer den gesellschaftlichen Zusammenhalt stärken möchte, muss erst einmal die soziale Spaltung bekämpfen. Wer die Demokratie in diesem Land stärken möchte, muss Sorge dafür tragen, dass alle Bürgerinnen und Bürger soziale und kulturelle Teilhabe ermöglicht und gesichert bekommen.
Demokratie stärken bedeutet auch das Recht auf Wohnen, das Recht auf Gesundheit, das Recht auf gut bezahltes Arbeiten und das Recht, in Würde zu altern. Wir in Hamburg können damit anfangen. Aber lassen Sie uns heute bitte eine reflektierte, ehrliche und selbstkritische Debatte führen.
Vielen Dank. – Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Wir würden heute eigentlich gern mit Ihnen einmal über ein
Hamburger Bündnis gegen Armut sprechen und nicht nur über eine Konferenz. Wir glauben, dass das ein Schaufensterantrag ist. In jeder Bürgerschaftssitzung versuchen wir, mit Ihnen über Maßnahmen gegen die soziale Spaltung in der Stadt, für die Armutsbekämpfung in der Stadt zu sprechen.
Schon an Ihrer jetzigen Reaktion merkt man, dass einfach keine Bereitschaft da ist. Dass man darüber spricht, ist die eine Sache, aber in Hamburg gibt es einen Lebenslagenbericht, wir haben in Hamburg ein Sozialmonitoring. Es ist klar, wie die Bedarfslagen in den Bezirken, in den Stadtteilen sind. Von daher verstehe ich auch nicht, warum Hamburg unbedingt prädestiniert sein soll für die Durchführung einer solchen Konferenz.
Wir haben seit Jahren Menschen, die in Armut leben.
Herr Abaci, es geht darum, konkrete Maßnahmen zu ergreifen und die Armut zu bekämpfen und nicht Schaufensteranträge zu stellen,
weil der Europawahlkampf vor der Tür steht.
Doch. Es hat auch etwas mit Europa zu tun. Dann lesen Sie den Antrag erst einmal.
Wir haben konkret vor allem von den sozialen Akteurinnen und Akteuren vorgelegte Maßnahmen und Konzepte gegen eine zunehmende soziale Spaltung und auch für mehr Teilhabe von allen Hamburgerinnen und Hamburgern, vor allem die Thematik Armut während der Rente, vor allem die Menschen, die in der Rente sind, die nicht damit auskommen, sondern einen Großteil für die Miete zahlen müssen. Das sind alles Themen, über die wir in einem Hamburger Bündnis doch gern sprechen können.
Wir haben die Situation, dass für die Menschen vor Ort erfahrbar ist, zum Beispiel in der offenen Kinder- und Jugendarbeit oder der Jugendsozialarbeit, die geschlossen werden,
dass eine wachsende Nachfrage da ist und natürlich auch die Menschen darüber sprechen möchten und Maßnahmen ergreifen möchten. Wenn Sie es
wirklich so ernst meinen, dann können Sie in der nächsten Bürgerschaftssitzung konstruktiv mit uns über unseren Antrag und unsere Vorschläge und Maßnahmen diskutieren, um die soziale Spaltung in der Stadt zu bekämpfen. Wir werden uns hier enthalten.
Sehr geehrte Damen und Herren, sehr geehrte Frau Präsidentin! Es gab in den letzten Monaten sehr viele Aktionen von Frauen, zum Beispiel anlässlich des 8. März, des Equal Pay Day, des One Billion Rising und des Girls' Day, an denen auch viele Männer teilgenommen haben, was ich als positiv empfinde.
Wir haben vor ungefähr vier Wochen in der Bürgerschaft über das Gleichstellungspolitische Rahmenprogramm diskutiert. Wir haben auch über ein mögliches Paritätsgesetz, das eben erwähnt wurde, diskutiert, zu dem wir natürlich eine positive Position haben. Ich bin ehrlich gesagt erfreut darüber, dass wir auch heute wieder darüber diskutieren, weil das Thema aktuell ist und auch in der nächsten Zeit aktuell bleiben wird, denn es ist klar, dass hier einfach noch viel zu tun ist.
Ich möchte an dieser Stelle aber nicht nur die üblichen Schlagworte in den Raum werfen – Schlagworte, die natürlich wichtig sind und immer wieder benannt und problematisiert werden müssen –, sondern ich möchte auch den Raum nutzen, um auf eine gesellschaftliche Diskursverschiebung hinzuweisen, die die Errungenschaften momentan infrage stellt. Wir stellen aktuell fest, dass emanzipatorische Errungenschaften der Vergangenheit leider keine Garantie bieten, auch in der Zukunft unangefochten fortzubestehen. Das ist ein Bestandteil der aktuellen Diskussion, aber auch der Diskussion, seitdem die AfD in den Parlamenten sitzt. Wir haben immer noch die Situation, dass die Gleichberechtigung von Frau und Mann, auch von Personen, die sich als inter- oder transgeschlechtlich definieren, infrage gestellt wird. Das sind Rechte, die nicht selbstverständlich sind. Sehr geschätzte Frau Rath, bei einem Frauenanteil von 38 Prozent in diesem Parlament kann man nicht von einer Selbstverständlichkeit sprechen. Sie ha
ben eben erwähnt, welche schwierigen gesellschaftlichen Bedingungen Frauen haben. Das sind eben auch die Bedingungen, die sie daran hindern, gleichberechtigte Chancen zu haben, um überhaupt in dieses Parlament hineingewählt zu werden. Das ist ein Punkt, den wir anpacken müssen und wo wir nicht sagen dürfen, das sei doch jetzt eine Selbstverständlichkeit.
Ja, es wurde sehr viel erreicht in den letzten Jahrzehnten, aber vieles muss in diesen Tagen erneut verteidigt werden, so zum Beispiel das Recht auf körperliche Selbstbestimmung von Frauen. Sie, geschätzte Kolleginnen von der SPD, haben sich heute verkleidet, um, denke ich mal, mit dieser Geste an die Vorkämpferinnen zu erinnern. Aber ich finde, Sie sollten Ihre Kraft und Ihre Zeit dafür nutzen, Druck auf Ihre Koalition auf Bundesebene auszuüben, damit der Paragraf 219a endlich gestrichen wird.
Ihre Rolle in dieser Debatte ist leider wenig rühmlich, ganz zu schweigen von der unerträglichen Rolle der CDU.
Wir beobachten global eine reaktionäre Wende, deren Kräfte sich antifeministisch gegen die emanzipatorischen Errungenschaften positionieren, die die Geschlechter-, Familien- und Lebensentwürfe, die wir heute als normal bezeichnen und für die Kämpfe geführt wurden, infrage stellen und sich ihnen auf eine aggressive Art und Weise entgegenstellen. Wir haben Staatsmänner wie Trump, Erdogan, Putin, Sebastian Kurz,
deren Haltung frauenverachtend und ein Bestandteil ihrer Politik ist.
Auch Ihre Politik, Herr Nockemann, ist frauenverachtend.
Zu den Kernthemen dieser Kräfte gehören neben Nationalismus, Rassismus, antisemitischen und antimuslimischen Positionen auch immer wieder frauenverachtende und antifeministische Ideologien. Das ist eine Diskussion, die wir die ganze Zeit zu Recht in der Öffentlichkeit führen, und es freut mich wirklich sehr, dass so viele junge Feministinnen und Feministen auf die Straße gehen,
um dagegen anzukämpfen, um die Errungenschaften zu verteidigen.
Ich habe bei meiner Vorbereitung lesen können, wie schwer es die Frauen in Ihrer Partei haben. Auch der Frauenanteil in Ihrer Fraktion zeigt, welches Frauenbild Sie haben, nämlich das aus dem letzten Jahrhundert.
Wir dürfen uns nicht auf den Errungenschaften ausruhen, wir müssen diese Errungenschaften auch verteidigen. Ich bin froh, dass wir dafür zum Glück eine Mehrheit in diesem Haus haben.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Rund 2 000 Menschen in Hamburg leben auf der Straße. Die Dunkelziffer ist höchstwahrscheinlich viel höher, gerade weil nicht alle Obdachlosen erreicht wurden und weil es vor der Befragung, die jetzt stattgefunden hat, viele Polizeikontrollen gegeben hat, Freizügigkeitsüberprüfungen, aber auch Platten geräumt wurden. Manche der Personen haben die Befragung abgelehnt, weil sie Angst vor ausländerrechtlichen Konsequenzen hatten. Dass diese Menschen in einer solchen Notsituation sind und nicht mehr erreichbar sind, ist das Ergebnis einer repressiven Sozialpolitik, die wir hier seit Jahren erleben.
Dieser Senat bekämpft nicht die Obdachlosigkeit, sondern leider, wirklich leider, die obdachlosen Menschen in dieser Stadt. Fast zwei Drittel der betroffenen Menschen sind nicht deutscher Herkunft. Sie kommen aus Polen, aus Bulgarien, aus Rumänien und mehr als die Hälfte von ihnen hat in der Befragung angegeben, seit ihrer Ankunft in Hamburg ununterbrochen auf der Straße gelebt zu haben. Davon haben 71 Prozent angegeben, zur Arbeitssuche oder weil sie ein konkretes Jobangebot hatten, nach Hamburg gezogen zu sein. Nur ein marginaler Teil der Menschen erhoffte sich staatliche Unterstützung. Der Anreiz für viele dieser Menschen, nach Deutschland zuzuwandern, ist also nicht, wie häufig populistisch behauptet, die soziale Hängematte, sondern die Aussicht auf einen Job.
Immer wieder sprach die Behörde von dem Sogeffekt als Folge von Unterstützungsmaßnahmen. Aber der sogenannte Sogeffekt wird von der Studie hier überhaupt nicht bestätigt. Diese Argumentation können Sie jetzt also auch sein lassen.
Mit solchen Argumentationen, aber auch mit einer Vertreibungspolitik, wie wir sie in Hamburg-Mitte sehr scharf erleben, lösen Sie die Problematik nicht. Das zeigt auch die Entwicklung der letzten Jahre. Sie verschärfen damit die ohnehin schon schwierige Situation der betroffenen Menschen auf der Straße, aber Sie erschweren damit auch die Arbeit der Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeiter. Jetzt einmal im Ernst: Wenn die Verelendung der Menschen auf der Straße sich immer weiter verschlimmert und Menschen sogar auf der Straße sterben, dann kann man sich doch nicht auf die Schulter klopfen, sich die Angebote anschauen und sagen, es sei alles gut so, man mache jetzt weiter so. Hier ist Handlungsbedarf; das ist doch klar.
Um der Obdachlosigkeit und der Verelendung vorzubeugen, benötigen diese Menschen frühzeitig gut finanzierte Unterstützungsangebote und Zugang zu bedarfsgerechten Hilfen. Hierzu gehören neben inklusionsfördernden Beratungsangeboten der Ämter auch Sprachkurse und Qualifizierungsangebote für nicht beziehungsweise für gering qualifizierte Unionsbürgerinnen und Unionsbürger. Nur so können die Integration und der Zugang zu regulärer und sozialversicherungspflichtiger Beschäftigung gelingen. Aber Sie setzen leider nicht auf Integration, sondern auf verschärftes Vorgehen in Form systematischer Überprüfungen und sogar Abschiebungen. Menschen, die davon betroffen sind, sind mittlerweile schon so krank, dass ihre Reisefähigkeit eingeschränkt ist und sie gar nicht abgeschoben werden können. Gleichzeitig haben die meisten Obdachlosen keinen Krankenversicherungsschutz und somit auch keinen Zugang zu regulärer Gesundheitsversorgung. Ja, es gibt niedrigschwellige Angebote wie die Krankenstube, das Krankenmobil oder die Schwerpunktpraxen. Aber der Versorgungsbedarf dieser zum Teil chronisch kranken Menschen übersteigt die Möglichkeiten der niedrigschwelligen Versorgung, sodass diese Menschen nur zum Teil oder nicht behandelt werden können. Das Recht auf Gesundheit muss hier bei den Menschen durchgesetzt werden.
Es gibt viele Ideen und Lösungsvorschläge. Seit 2012 liegt auf unseren Tischen das Gesamtkonzept Wohnungslosenhilfe, das viele Maßnahmen enthält. Aber anstatt Worten, die wir seit Jahren hier in der Bürgerschaft und im Sozialausschuss hören, Taten folgen zu lassen und eine behördenübergreifende Strategie zu implementieren, etablieren Sie zum Beispiel die sogenannte Wärmestube und erklären diese als Teil des Winternotprogramms. Die Menschen, die kein Recht darauf haben, im Winternotprogramm zu übernachten, soll
ten dann in die Wärmestube; sie kommen da aber häufig nicht an und landen dann auf der Straße.
Der Verelendung auf der Straße können wir vorbeugen. Die Vertreibungsmaßnahmen wirken, wie sich gezeigt hat, nicht. Auch wenn die Menschen in ihr Heimatland zurückreisen, kommen sie wieder zurück nach Hamburg und leben dann in der Anonymität. Ich denke, dass die Menschen, die im vergangenen Jahr auf der Straße gestorben sind, ein Alarmsignal dafür sein sollten, um zu überlegen, wie man hier Hilfe schaffen kann.
Vielen Dank, Frau Präsidentin. Meine Damen und Herren! Frau Nicolaysen, ich würde Ihnen wirklich erst einmal raten, die Studie gründlich durchzulesen. Ich glaube, Sie haben hier einige Punkte einfach durcheinandergebracht. Sie haben all die Positionen der FDP in Bezug auf den Fachkräftemangel noch einmal vorgetragen, aber Sie haben sich anscheinend nicht über die Situation auf der Straße, über die Situation der Betroffenen informiert. Hätten Sie die Studie gelesen, dann wären Sie vielleicht noch einmal anders an die Thematik herangegangen.
Es ist wirklich sehr frustrierend; ich stehe hier seit ungefähr acht Jahren und thematisiere diese Problematik wirklich schon seit acht Jahren. Wir diskutieren das unglaublich lange. Wir sagen doch auch nicht, dass sich nichts bewegt hat. Wir sagen auch nicht, dass nichts passiert ist, aber wir machen aufmerksam auf eine Situation, die sich seit Jahren wirklich verschärft. Die Situation hat sich eben dementsprechend so verschärft, dass Menschen auf der Straße verelenden und sterben. Das, worauf wir aufmerksam machen möchten, ist erst einmal diese Situation.
Frau Bekeris, ich finde es wirklich ziemlich krass, dass Sie auf diese Situation gar nicht eingehen, sondern jedes Mal hier vorn stehen und einmal Ihre Erfolgsgeschichte darstellen, immer wieder darstellen, welche Projekte diese Behörde hat. Aber Sie verschweigen sehr oft und erwähnen auch nie, dass in diesen Projekten eben die Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeiter viel ehrenamtliche Arbeit leisten und dass diese Projekte ziemlich unterfinanziert sind.
Zu dem Punkt Vertreibung: Natürlich findet eine Vertreibung statt. Wir beobachten das im Bezirk Hamburg-Mitte sehr deutlich. Es gibt doch so viele Menschen, die vor Ort sind, Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeiter, die davon berichten. Hinz&Kunzt beobachtet das doch auch ständig und berichtet darüber.
Und die Punkte, die Sie als unrealistisch erwähnt haben in unserem Antrag, Petitum 1, 2 und 5, liebe Frau Bekeris, habe ich aus dem Antrag der Berliner Koalition übernommen, und in dieser Koalition sitzt die SPD, soweit ich weiß.
Ja, DIE LINKE und die GRÜNEN sitzen auch in dieser Koalition, aber die haben einen anderen Ansatz und Berlin ist mit Hamburg nicht vergleichbar. Die verzichten nämlich im Gegensatz zu Hamburg auf Freizügigkeitsüberprüfungen und Abschiebungen und setzen stattdessen auf die inklusionsfördernde Beratungsarbeit und unterstützende Strukturen; davon können wir uns doch eine Scheibe abschneiden.
Natürlich werden wir im Sozialausschuss auch noch einmal intensiv darüber beraten. Wir werden im Mai noch das Winternotprogramm auswerten. Aber wir wollten mit diesem Antrag einfach noch einmal deutlich machen, dass der Ansatz Integration lauten muss. Wir haben alle festgestellt, dass die Menschen nicht zurückgehen, dass die Menschen, wenn sie zurückgehen, auch wiederkommen, weil sie in Deutschland beziehungsweise in Hamburg eher eine Perspektive sehen als in ihrem Herkunftsland, weil sie eben auch Geschädigte sind der Finanzkrise 2007/2008 und es keine Perspektive in diesem Land gibt. Dann müssen wir doch darauf setzen, die Menschen auch zu integrieren, zu integrieren in den Arbeitsmarkt. Erst einmal die ersten Schritte zu bedenken, dass sie die Sprache lernen müssen, dass sie in den Arbeitsmarkt integriert werden müssen, weil wir doch die Situation haben, dass die Menschen unter schlimmen Bedingungen arbeiten müssen, leben müssen und dass sie auch sehr oft um ihren Lohn geprellt werden.
Ich wünsche mir einfach, dass wir uns im Ausschuss Gedanken darüber machen, um wirklich jetzt einmal eine ehrliche Debatte zu führen. Auch dass Sie dazu einen ehrlichen Beitrag leisten und einmal sagen, was wirklich schiefläuft und nicht immer nur …
Herr Abaci, Sie brauchen sich jetzt nicht daran zu beteiligen, das ist auch gar nicht Ihr Fachbereich, glaube ich.
Das ist der Fachbereich von Frau Bekeris, soweit ich weiß, denn die Auseinandersetzungen habe ich immer mit ihr und nicht mit Herrn Abaci.
Aber wir müssen uns im Ausschuss, vor allem Sie, Gedanken darüber machen, wie wir den Ansatz ändern können. Sie müssen uns auch sehr ehrlich sagen, welche Maßnahmen aus dem Gesamtkonzept demnächst eigentlich wirklich umsetzbar sind und welche nicht, denn diese Hinhaltetaktik ist wirklich sehr frustrierend. Wir reden von einem Zeitraum von 2012 bis heute.
Vielen Dank, Herr Präsident. – Meine Damen und Herren! Die Luft ist jetzt leider ein bisschen raus. Trotzdem muss man sagen, dass dies eine sehr wichtige Debatte ist, gerade vor dem Hintergrund, dass die UN-Behindertenrechtskonvention nicht Empfehlungen beinhaltet, sondern wirklich Pflicht ist. Deutschland hat unterzeichnet und muss die Maßnahmen, die dort aufgelistet sind, auch umsetzen.
Wir haben aber in den letzten Jahren leider deutlich sehen können, dass viele, viele der Maßnahmen eben nicht umgesetzt wurden – weil es am Geld scheiterte, weil die Ressourcen nicht zur Verfügung gestellt wurden.
Es gibt für mich zwei relevante Punkte in diesem gesamten Prozess, die auch in den nächsten Jahren sehr wichtig sein werden. Zum einen ist das der Beteiligungsprozess. Wir haben auf Bundeseben beim Bundesteilhabegesetz gesehen, dass der Beteiligungsprozess leider, leider nicht so positiv war, wie es sich die Menschen, die mit am Tisch saßen, vorgestellt hatten. So lief es ab: Die Menschen wurden eingeladen, die Verbände wurden eingeladen, ihre Ideen wurden gesammelt, und am Ende flossen sie dann größtenteils nicht in das Bundesteilhabegesetz ein, denn die Maßnahmen kosteten Geld und daran ist es dann leider gescheitert. Das finde ich wirklich sehr, sehr bitter. Wenn wir von Demokratie und von gleichberechtigter Teilhabe in dieser Gesellschaft sprechen, dann darf das nicht am Geld scheitern.
Wir haben leider auch in Hamburg … Ich sage nicht, dass hier alles schlecht gelaufen ist, und ich sage auch nicht, dass wir hier keine Errungenschaften vorzuweisen haben. Was bei uns erreicht wurde, das finde ich im Vergleich zu anderen Bundesländern auf jeden Fall fortschrittlich. Aber die Debatte zeigt doch auch … Ich sitze seit 2011 in der Bürgerschaft und wir haben wirklich sehr lange gestritten und gerungen, um den barrierefreien Umbau des Rathauses, des Redepultes durchsetzen zu können. Wir hatten außerhalb des Sozialausschusses noch eine Runde der Obleute, die sich zusammengesetzt haben, um zu gucken, wo jetzt was gemacht werden muss. Und dann kam uns als Barriere der Denkmalschutz in die Quere. Und das ist eben das Problem bei der Inklusion: dass es immer ein Aber gibt, dass es immer an etwas scheitern könnte und sich dieser Prozess dann immer leider sehr lang hinzieht und das frustrierend ist für die Menschen, die wirklich angewiesen sind auf eine inklusive Gesellschaft in allen Bereichen.
Ein Punkt wurde schon angesprochen, und ich weiß, dass Frau Leonhard hier Bemühungen unternimmt. Es geht um die Ausgleichsabgabe. Das ist ein Punkt, der wirklich sehr kritikwürdig ist. Vor einigen Tagen gab es die Berichterstattung darüber, wie viele Unternehmen lieber die Ausgleichsabgabe zahlen, als Menschen mit Behinderung in ihren Betrieb zu integrieren. Ich finde, das ist einfach undemokratisch.
Um das Ziel zu erreichen, Menschen mit Behinderung in den Ersten Arbeitsmarkt zu integrieren, muss die Ausgleichsabgabe wirklich deutlich erhöht werden, damit sie richtig wehtut und die Unternehmen Bereitschaft zeigen, die Menschen in ihr Unternehmen zu integrieren. Ich glaube, dass wir nur dadurch einen Fortschritt erreichen würden. Gerade vor dem Hintergrund der Zahl der schwerstbehinderten Menschen, die nicht in den Ersten Arbeitsmarkt integriert werden können und als arbeitslos eingetragen sind, ist das wirklich eine sehr dringende Maßnahme, die schleunigst umgesetzt werden muss.
Ich habe einen positiven Punkt, den ich sehr erfreulich finde, nämlich dass das Kompetenzzentrum für ein barrierefreies Hamburg jetzt in Gang gekommen ist. Ich glaube, das ist ein sehr wichtiger und sehr guter Ansatz für diese Stadt, und hoffe aber natürlich – und das bleibt abzuwarten –, dass die Menschen mit Behinderung aktiv einbezogen werden und mitbestimmen dürfen. Das ist ja eigentlich der Ansatz. Ich hoffe, dass das auch so umgesetzt wird und dass die Maßnahmen dann
nicht weiterhin wieder am Geld scheitern. Wir werden jedenfalls dranbleiben, im Sozialausschuss haben wir da eigentlich auch immer eine konstruktive Diskussion. – Ihre Zwischenbemerkung können Sie sich wirklich sparen.
Herr Präsident, meine Damen und Herren, liebe Gäste! Die Woche begann mit sozialdemokratischer Realsatire, als Bundesaußenminister Heiko Maaß twitterte – ich zitiere –:
"Baghus ist befreit! […] IS beherrscht kein Gebiet mehr. Möglich war das nur durch eine beispiellose internationale Zusammenarbeit, zu der Deutschland beigetragen hat."
Dass Ihr Außenminister sich jetzt auf die Schulter klopft und kein Wort über die 11 000 Menschen verliert, die ihr Leben eingesetzt haben, um diesen historischen Sieg zu erreichen, ist wirklich anmaßend, das ist beleidigend und das ist selbstverliebt.
Er hat kein Wort verloren über das demokratische Militärbündnis in Syrien, angeführt von den kurdischen Volksverteidigungsund Frauenverteidigungseinheiten YPG und YPJ. Kein Dank, obwohl es so viele europäische Staaten getan haben, und deshalb: Unser Dank und Respekt gilt den Menschen, die den mutigen und entschlossenen Kampf geführt haben. Wir danken für die Befreiung von Tausenden Frauen und Mädchen, die unvorstellbares Leid erfahren haben.
Dort, wo gestern noch schwarze Flaggen einer menschenfeindlichen Ideologie wehten, sind es jetzt die der Frauenverteidigungseinheiten und ich finde, das ist einen Applaus, und zwar fraktionsübergreifend, wert.
Kommen wir aber zum Beitrag Deutschlands in diesem Kampf. Der Beitrag Deutschlands lag eigentlich darin, Erdogan, der den Islamischen Staat auf den Beinen gehalten hat, zu unterstützen und auch weiterhin Menschen hier zu kriminalisieren, die diesen Kampf dort unterstützt und sich solidarisch gezeigt haben. Aber Sie haben jetzt als Bundesregierung und als Hamburger Senat die Möglichkeit, endlich Verantwortung zu übernehmen für Ihre eigenen Staatsbürgerinnen und Staatsbürger, die sich hier radikalisiert haben und von hier aus ausgereist sind und sich dort angeschlossen haben. Allein aus Hamburg sind es 86 Personen, die sich seit 2014 angeschlossen haben. Es gibt sogar Kinder, die von ihren Müttern oder Vätern entführt
wurden und jetzt in den Internierungslagern in Syrien feststecken. Ich finde, dass hier ein schnelles und rechtsstaatliches Handeln von deutscher Seite dringend notwendig ist.
Die Strategie, auf Zeit zu spielen, die kurdische Selbstverwaltung dort nicht anzuerkennen, zu boykottieren oder aber mit Ausbürgerung zu drohen, das zeugt nur von Verantwortungslosigkeit und auch von Rücksichtslosigkeit. Andere europäische Staaten wie Frankreich haben mit den Rückführungen schon angefangen.
Was wäre die Alternative? Man könnte die Menschen im Irak jetzt aburteilen. Aber was ist ein wichtiger Faktor? Dass wir in Deutschland die Möglichkeit haben, mit unseren deutschen Staatsbürgerinnen und Staatsbürgern eine Aufarbeitung der Kriegsverbrechen, auch des Völkermords an den Jesidinnen und Jesiden zustande zu bringen. Wir könnten hier einen Beitrag leisten. Das ist eine Möglichkeit, die wir unbedingt nutzen müssen.
Deshalb hat Innenminister Herbert Reul in NRW ganz richtig festgestellt, dass es aus rechtlicher Sicht keine Alternative gebe und es viel besser sei, sie kontrolliert und überwacht zurückzuholen. Er kündigte auch an, dass er sich als Innenminister darauf vorbereiten werde. Ich habe dann im Innenausschuss unter Verschiedenes den Innensenator gefragt: Inwieweit ist Hamburg auf diese Rückführungen vorbereitet, inwieweit möchte Hamburg damit umgehen? Ich habe darauf keine Antwort bekommen, was für mich bedeutet, dass dieser Senat sich damit nicht befasst hat. Ich finde es verantwortungslos, gerade vor dem Hintergrund, dass jetzt offiziell wurde, dass sich 59 deutsche Kinder in den Internierungslagern befinden. Wir haben eine Verantwortung für diese Kinder. Es geht hier auch um Kinderschutz und nicht andere Staaten sind für sie verantwortlich, sondern wir.
Die Rückführungen könnten jederzeit beginnen. Ich finde, sie müssten sofort beginnen. Dafür sollten Sie sich bei Ihrer Bundesregierung einmal einsetzen. Aber wir fordern mit unserem Antrag vor allen Dingen Hamburg auf, seine Verantwortung für seine Bürgerinnen und Bürger, die ausgereist sind und jetzt vielleicht in den Gefängnissen oder Lagern sitzen, zu übernehmen, aber sich auch vorzubereiten in dem Sinne, dass jetzt Eckpunkte entwickelt werden. Was ist, wenn die Menschen zurückkommen? Wie werden wir mit ihnen umgehen? Wie sieht es mit strafrechtlichen Maßnahmen aus? Wie sieht es mit pädagogischen Maßnahmen, mit Deradikalisierung aus? Ich möchte jetzt von Ihnen kein Loblied auf Ihr Präventionsprogramm hören, denn das Präventionsprogramm hat die Menschen nicht daran gehindert, sich weiter zu
radikalisieren. Die Zahlen sind weiterhin gestiegen. Deshalb möchte ich heute konkrete Antworten von Ihnen bekommen.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Natürlich ist diese Debatte komplex, und diese Debatte hat auch verschiedene Dimensionen. Dazu gehört die außenpolitische, die innenpolitische, die landespolitische, die bundespolitische insgesamt, und natürlich hat sie jetzt auch eine familienpolitische beziehungsweise auf den Kinderschutz spezialisierte Dimension, die wir angehen müssen. Wir können doch das Thema nicht behandeln, wenn wir diese Dimensionen voneinander trennen.
Deshalb ist es doch logisch, dass in meiner Rede eine außenpolitische Dimension mit vorhanden ist, eine innenpolitische auch. Sie haben eben einige Argumente genannt, die ich nicht so stehen lassen möchte. Also erst einmal zu Herrn Schumacher.
Ich finde es echt fatal, dass Sie als SPD-Fraktion bei jeder Debatte zu diesem Thema einmal auflisten, welche Projekte diese Stadt eigentlich am Laufen hat. Das kann ich doch auf der Seite der Behörde lesen, das muss ich mir doch hier nicht anhören. Ich möchte konkrete Antworten von Ihnen, die gibt es aber von Ihnen nicht. Ich möchte eine Position hören.
Herr Gladiator, Sie behaupten, dass es auf Bundesebene jetzt reibungslos läuft, dass Menschen, die momentan in den Lagern sitzen, auf Wunsch auch wirklich zurückkommen können. Ich saß eben mit betroffenen Familien, deren Enkelkinder – und auch Töchter – in diesen Lagern sitzen, im Gespräch, und sie haben sehr deutlich gesagt, dass sie schon lange in diesem Prozess stecken und dass es nicht so einfach ist, wie Sie es eben erläutert haben.
Herr Jarchow, dass Sie die Punkte ablehnen, weil es Ihnen nicht zu weit geht, weil Sie eine andere Auffassung haben – da hätte ich mir gewünscht, dass Sie dazu einen Zusatzantrag stellen, dann hätten wir dem auch sicher zugestimmt. Aber dann den Antrag mit der Argumentation abzulehnen, finde ich echt ein bisschen schwach.
Herr Gladiator, das muss ich einmal loswerden. In der Debatte, wenn es um die Abschiebung von straffällig gewordenen Ausländern geht, beschweren Sie sich darüber, dass die Herkunftsstaaten ihre straffällig gewordenen Staatsangehörigen nicht zurücknehmen möchten. Aber bei Ihren eigenen Staatsbürgerinnen und -bürgern verfolgen Sie doch eigentlich die gleiche Strategie. Das ist doch
die gleiche Herangehensweise. Sie sind populistisch, wenn es um die Ausländer geht, aber wenn es um Ihre eigenen Staatsbürgerinnen und Staatsbürger geht, dann sehe ich Sie wirklich in der letzten Reihe sehr verantwortungslos in der Hinsicht.
Frau Möller, natürlich wird es heute keine abschließenden Antworten geben. Das habe ich auch den Familien gesagt, die schon lange in diesem Prozess stecken und wirklich verzweifelt sind. Aber irgendwann muss es doch diese Antworten geben. Die kurdischen Selbstverwaltungsstrukturen haben sich schon vor längerer Zeit, wirklich vor langer Zeit, an die deutsche Bundesregierung gewandt sowie auch an die anderen Staaten und haben wirklich schon vor Monaten das Angebot gemacht, darüber zu sprechen, wie die deutschen Staatsbürgerinnen und Staatsbürger, ob nun Kinder, Mütter oder ehemalige IS-Kämpfer, zurückgeführt werden können. Die Bundesregierung hat diese Kooperation abgelehnt, und das müssten Sie eigentlich auch im Hinterkopf haben.
Warum läuft es denn in Frankreich nun sehr gut? Warum versuchen denn jetzt in Frankreich auch die Regionen, aus denen die IS-Kämpferinnen und -Kämpfer kommen, die von dort ausgereist sind, Maßnahmen zu ergreifen, um sie, wenn sie straffällig geworden sind, in die Gefängnisse oder vor Gericht zu packen oder die Kinder wieder zu reintegrieren in die Gesellschaft oder auch Rehabilitationsmaßnahmen zu ergreifen? Warum klappt das in Deutschland einfach nicht? So, wie Sie es geschildert haben, stimmt es nicht. Da würde ich Ihnen raten, sich noch einmal genauer zu informieren und wirklich noch einmal Druck auf Ihre Bundesregierung auszuüben.
Herr Nockemann, zu sagen, diese Personen möchten wir nicht mehr zurück, das ist rechtswidrig, das ist auch juristisch einfach nicht richtig.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Vieles wurde hier schon gesagt. Auch ich bin der Auffassung, dass wir jetzt nicht unbedingt in Richtung Schottland schauen müssen, denn es gibt solche Projekte zum Beispiel von der Diakonie,
drei Wohnprojekte, neue Wohnungen, gemeinnützige Wohnungslosenhilfe, Obdachloseneinzelunterkünfte, die nach dem Motto "Erst einmal ein Dach über dem Kopf" den Ansatz verfolgen, der hier vorrangig berücksichtigt wird. Das sehen auch wir als einen sehr richtigen Ansatz. Housing First ist ein richtiger Ansatz, denn die Menschen müssen erst einmal zur Ruhe kommen und Schutz haben, um an ihrer Situation überhaupt etwas ändern, verbessern zu können.
Ziel ist hier Hilfe zur Selbsthilfe und am Ende natürlich auch die Vermittlung in eine eigene Wohnung. Aber die Geschichte mit der Vermittlung in eine eigene Wohnung ist natürlich der schwierigste Punkt angesichts der Situation des Wohnungsmarktes hier in dieser Stadt. Das ist ein Punkt, den wir schon seit Längerem kritisieren.
Zwei Drittel aller obdachlos auf der Straße lebenden Menschen haben nicht die deutsche Staatsangehörigkeit. Viele von ihnen – das ist bekannt – kommen aus den osteuropäischen und südosteuropäischen Ländern. Sie sagen in Ihrem Antrag – das hat mich erst einmal gewundert –, dass diese Menschen Obdachlose der Hansestadt Hamburg sind. Aber dann kam der Satz, dass sich – ich zitiere –
"die Zielgruppe aus in Hamburg gemeldeten"
Obdachlosen rekrutieren soll. Sie sagen also, dass die Zielgruppe sich aus in Hamburg gemeldeten Obdachlosen rekrutieren soll. Das bedeutet im Umkehrschluss – und da sind wir wieder bei dem Punkt der AfD –, dass dieser Gruppe vermutlich nicht das in Ihrem Antrag vorgeschlagene Unterbringungsmodell angeboten werden soll. Das bedeutet dann natürlich wieder konkret à la AfD: Statt für alle Menschen eine Unterkunft zu fordern, betreiben Sie hier wieder einmal Spaltung.
In Ihrem Antrag stellen Sie es so dar, als würden es die Zuwanderinnen und Zuwanderer viel, viel besser haben als die deutschen Obdachlosen, als hätten sie eine bessere, höherwertige Alternative, die ihnen von der Stadt angeboten wird, als würden die deutschen Obdachlosen von diesen Angeboten nicht profitieren können. Damit versuchen Sie natürlich wieder, bestimmte Gruppen gegeneinander auszuspielen, und offenbaren, dass es Ihnen primär gar nicht um die Bekämpfung von Obdachlosigkeit geht, sondern dass Sie lediglich Klischees bedienen, die wir radikal ablehnen.
Aus Ihrer Sicht bekommen Migrantinnen und Migranten eine sichere Bleibe, bessere Standards, die die anderen – so beschreiben Sie es – nicht bekommen. Das ist hier nicht der Fall, das stimmt so nicht. Mindeststandards gelten für alle Gruppen, die keine Wohnung haben, die obdachlos sind.
Es sollte aber auch nicht darum gehen, was die einen bekommen und was die anderen nicht bekommen, sondern darum, dass für spezifische Zielgruppen mit unterschiedlichen Bedarfslagen spezifische Angebote entwickelt werden. Diese Angebote sollten allen obdach- und wohnungslosen Menschen unabhängig vom Sozialstatus und unabhängig von der Herkunft zur Verfügung stehen. Meine Fraktion setzt sich seit Jahren dafür ein, dass gerade auch vor dem Hintergrund des Winternotprogramms, das leider in ein paar Tagen endet, sodass viele Menschen wieder auf der Straße schlafen müssen, die osteuropäischen und südosteuropäischen Obdachlosen die Unterstützung bekommen, die sie hier dringend benötigen.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Die politische Sphäre ist immer noch Männerdomäne und die Zahlen, Frau von Treuenfels-Frowein – ein Zungenbrecher –, zeigen doch deutlich, dass wir eine signifikante Unterrepräsentanz von Frauen in allen Parlamenten zu allen Zeiten haben.
Das nehme ich dann zurück, wenn es Sie beleidigt hat. So war es aber nicht gemeint.
Ich möchte zum Inhaltlichen zurückkommen, denn das ist heute das Ausschlaggebende und das Wichtige. Wir haben die Situation, dass immer noch zu wenige Frauen in den Parlamenten vertreten sind, und das zeigt uns sehr deutlich, dass wir uns politisch kritisch mit diesen Strukturen auseinandersetzen müssen, vor allem nach Kriterien der Geschlechtergerechtigkeit, und daraus müssen dann eben auch Maßnahmen folgen.
Das ist eine Aufgabe, die wir als Partei DIE LINKE seit unserer Gründung mitdenken und auch immer wieder einfordern. Das ist auch eine Aufgabe, die eigentlich der FDP keine unbekannte ist. Frau von Treuenfels-Frowein, Sie sagen, das sei kein Problem. Aber dann müssen Sie sich doch mit der Frage auseinandersetzen, warum Sie mehr Wähler haben als Wählerinnen. Sie müssen sich mit der Frage auseinandersetzen, warum mehr Männer in Ihrer Partei etwas zu melden haben als Frauen.
Sie sagen, dass hier eine negative Botschaft ausgesandt wird.