Protocol of the Session on March 22, 2018

Wir haben unverzüglich gehandelt. Wir haben nach dem Bekanntwerden mit den notwendigen Ermittlungen dafür gesorgt, dass wir Ihnen eine Bewertung geben können. Da

nach kommen wir zu dem Ergebnis, dass wir keine Änderungen im Hinblick auf die Wahl am 28.10.2018 vornehmen müssen.

Bei dieser Auffassung bleibe ich auch nach der heutigen Debatte. In diesem Sinne ist es klug, wenn wir uns dem Thema Wahlkreise weiterhin mit großer Seriosität und staatspolitischer Verantwortung zuwenden. Ich glaube, das ist im Hinblick auf die Demokratie am besten. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Herzlichen Dank, Herr Minister Beuth. – Mir liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Damit ist auch diese Aktuelle Stunde erledigt.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 56 auf:

Antrag der Fraktion DIE LINKE betreffend eine Aktuelle Stunde (Wetzlar bleibt bunt – Festival der Demo- kratie statt Nazi-Konzert) – Drucks. 19/6184 –

Das Wort hat der Kollege Hermann Schaus, Fraktion DIE LINKE.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Am kommenden Samstag soll in Wetzlar der Landesparteitag der NPD stattfinden. Die NPD – das ist eine offen faschistische, nationalistische und laut Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts verfassungsfeindliche Partei. Deshalb muss der Landtag heute ganz deutlich sagen: Wir wollen keine Faschisten und keine Neonazis. Wir wollen sie nicht in Wetzlar, wir wollen sie nicht in Hessen, wir wollen sie wirklich nirgendwo.

(Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Lassen Sie mich deutlich machen, was am Samstag in Wetzlar passieren soll. Das hat nämlich nichts mit Meinungsfreiheit oder mit Versammlungsfreiheit zu tun. Man darf sich bei der NPD wirklich nichts vormachen. Nach dem Scheitern des NPD-Verbotsverfahrens tritt die NPD radikaler auf als jemals zuvor. Die AfD sorgt für einen Rechtsruck in Teilen der Gesellschaft, und der NPD-Landesparteitag am Samstag in Wetzlar ist ein eindeutiges Signal an die militante überregionale Kameradschaftsszene.

Ein halbes Dutzend Neonazibands soll spielen, darunter Flak, Kategorie C und Oidoxie. Das sind Neonazi-Hooligans, die Gewalt bejubeln und zu Hass aufrufen und die wir aus dem NSU-Komplex teilweise gut kennen. Oidoxie ist dem terroraffinen Spektrum vom Combat 18 zuzurechnen. Combat 18 heißt übersetzt „Kampf Adolf Hitler“. Ein auf dem Parteitag vertretener Klamottenvertrieb wirbt mit einem Flyer als „Eighty Eight Crew“, übersetzt „Heil Hitler Mannschaft“.

Deshalb sagen wir: Es kann nicht sein, dass unter dem Deckmantel eines Parteitags in Wetzlar das größte Nazikonzert der letzten Jahre in Hessen veranstaltet wird, auf dem der Gewalt gehuldigt und dem Naziterror der Weg bereitet wird.

(Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Die Stadt Wetzlar hat versucht, alle rechtlichen Möglichkeiten auszuschöpfen, um den Neonaziaufmarsch grundsätzlich zu verhindern. Sie fand beim Verwaltungsgerichtshof leider keine Unterstützung. Dabei ist die NPD klar verfassungsfeindlich. Sie gefährdet die Sicherheit und den Frieden.

Wir begrüßen es, dass die Stadt Wetzlar nun erneut versucht, zumindest gegen das Nazikonzert rechtlich vorzugehen, und hoffen, dass diesmal die Verwaltungsrichter erkennen, wozu die NDP ihren angeblichen Parteitag wirklich nutzen will.

Wenn es den Behörden nicht in letzter Minuten gelingt, das als NPD-Parteitag getarnte Neonazikonzert zu verhindern, sind wir alle gefordert. Deshalb fordere ich Sie alle auf: Kommen Sie am Samstag nach Wetzlar. Treffpunkt: 12 Uhr am Bahnhof. Je mehr Bürgerinnen und Bürger dies tun, desto weniger können die Neonazis in Wetzlar ihr Unwesen treiben. Sie sollen nie wiederkommen.

(Beifall bei der LINKEN)

Meine Fraktionskolleginnen und -kollegen und DIE LINKE werden mit hoffentlich vielen weiteren Demokratinnen und Demokraten zusammen vor Ort sein und Flagge zeigen gegen Hass, Gewalt und Faschismus sowie für ein Festival der Demokratie statt Neonaziaufmärschen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN und der SPD)

Vielen Dank, Herr Kollege Schaus. – Das Wort hat Herr Abg. Wolfgang Greilich, FDP-Fraktion.

(Dr. h.c. Jörg-Uwe Hahn (FDP): Jetzt wird es wieder sachlich!)

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich glaube, man braucht dies hier nicht besonders zu betonen, wir sind uns sicherlich alle einig: Das ist wieder eine deutlich mehr als unappetitliche Veranstaltung, die sich in Wetzlar ankündigt. Ob es nun ein Landesparteitag ist, wie es Herr Kollege Schaus sagte, oder ob es, wie es ansonsten berichtet wird, eine große Wahlkampfveranstaltung ist, ist relativ egal. Das Ganze ist eine Veranstaltung, bei der der braune Sumpf wieder einmal sichtbar wird. Dass jetzt wieder versucht wird, dies in das Mäntelchen eines Konzerts zu packen mit Bands, die aus der rechtsradikalen Szene mehr als bekannt, ja, geradezu berüchtigt sind, macht die Sache kein Stückchen besser.

Ich habe mir einmal den Flyer herausgesucht, mit dem eingeladen wird und mit dem die Bands angekündigt werden. Ich finde es besonders infam und hinterhältig, wie NPD und Junge Nationaldemokraten versuchen, dabei Begriffe, die uns allen wichtig sind und die gesellschaftlich wichtig sind, zu okkupieren. Es wird ganz groß mit den Begriffen geworben: „Familie, Heimat, Nation“ – das sind Begriffe, die nicht den Rechtsradikalen gehören, sondern sie gehören der gesamten Gesellschaft. Das sollten wir einmal festhalten.

(Beifall)

Deswegen ist es auch gut, dass sich die Stadt Wetzlar wehrt. Dass die Stadt Wetzlar mit einem ersten Anlauf leider gescheitert ist, ist eine Auswirkung unseres Rechtsstaats, des Hochhängens der Versammlungsfreiheit in unserem Land. Das ist ein Gut. Ich stehe in keiner Weise dafür zur Verfügung, unsere unabhängigen Gerichte dafür zu kritisieren, wenn sie zu der rechtlichen Auffassung kommen, dass es keinen Grund für die Untersagungsverfügung gab. Umso wichtiger ist es, dass die Stadtverwaltung Wetzlar jetzt in einem zweiten Anlauf versucht, aufgrund des geänderten Charakters der Veranstaltung und des Auftritts der rechtsradikalen Bands erneut eine Untersagungsverfügung durchzusetzen. Wir werden sehen, ob dies Erfolg hat.

Was jedenfalls Erfolg hat, ist – das finde ich wichtig –, dass sich die Bürger der Stadt Wetzlar wehren, dass die Bürger der Stadt Wetzlar eine Demonstration angekündigt haben. Das ist gut so; denn in der Tat ist weder in Wetzlar, weder in Hessen noch sonst irgendwo in Deutschland Platz für Neonazis.

(Beifall)

Das will ich in aller Klarheit festhalten. Aber ich will auch sagen, dass ich durchaus Befürchtungen habe, was das nächste Wochenende angeht. Wir haben es häufig erlebt, dass bestimmte Gruppen versuchen, sich solcher richtiger Bürgerprotestbewegungen zu bemächtigen. Wenn ich lese, dass z. B. die berühmt-berüchtigte Antifa Frankfurt ihre Teilnahme in Wetzlar angekündigt hat und dass sich die Sicherheitskräfte schon entsprechend rüsten und für einen Großeinsatz der Polizei bereitstehen, dann mache ich mir Sorgen, was bei diesem Wochenende herauskommt. Ich mache mir insbesondere um die Polizeibeamtinnen und -beamten Sorgen, die dort wieder einmal ihren Kopf hinhalten müssen. Ich sage an dieser Stelle zum Schluss: Ich wünsche allen Beamtinnen und Beamten, die am Samstag im Einsatz sein werden, alles Gute. Ich wünsche mir vor allem: Kommen Sie gesund zurück.

(Beifall bei der FDP, der CDU und der SPD)

Vielen Dank, Herr Kollege Greilich. – Das Wort hat nun Herr Abg. Daniel May, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Wir GRÜNE unterstützen mit ganzem Herzen den Aufruf zur Kundgebung gegen die möglichen Veranstaltungen der NPD, wie auch immer man sie qualifizieren mag. Genauso unterstützen wir das Festival der Demokratie in Wetzlar, mit dem die Zivilgesellschaft deutlich macht, dass sie den dumpfen, braunen Parolen der Revanchisten und ihrer völkischen Barden ein buntes, offenes und demokratisches Deutschland entgegensetzt.

Wir stehen an dieser Stelle in einem breiten Bündnis, das von den Parteien über zahlreiche Vereine bis hin zu den Kirchen reicht und gemeinsam Front macht gegen die Ewiggestrigen. Es ist begrüßenswert, dass auch der Hessische Landtag den heutigen Vormittag nutzt und seine Solidarität mit denen ausdrückt, die in Wetzlar gegen die Rechtsradikalen stehen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU sowie der Abg. Janine Wissler (DIE LIN- KE))

Die NPD hetzt unverhohlen gegen Migrantinnen und Migranten. Die Anhänger der NPD zeigen sehr offen ihre Sympathien für die NS-Diktatur und dieses Mörderregime. Es ist daher wenig überraschend, dass sie zur geplanten Veranstaltung in Wetzlar Neonazis aus dem gesamten Bundesgebiet mobilisieren. Für uns GRÜNE ist klar: Bands wie Oidoxie, die dem erweiterten Umfeld des NSU zugerechnet werden, dürfen in Hessen keinen Fuß auf den Boden bekommen.

(Beifall)

Daher ist das Engagement der Zivilgesellschaft an dieser Stelle so wichtig. Aber genauso begrüßenswert ist zudem, dass die Stadt Wetzlar gemeinsam mit dem hessischen Innenministerium alles versucht, um die Veranstaltung mit allen Mitteln des Rechtsstaats zu verhindern. Wir haben es in Hessen in den letzten Jahren geschafft, dass rechtsextremistische Konzerte hier nicht stattgefunden haben. Ich habe weiterhin die Hoffnung, dass wir diese erfreuliche Serie auch an diesem Wochenende weiterführen können.

(Beifall)

Für uns GRÜNE ist klar: Wir wollen im Kampf gegen die Neonazis alle Register ziehen und sind zu aller Unterstützung für die Zivilgesellschaft bereit. Wir als Demokraten dürfen uns nicht von den Feinden der Demokratie zurückdrängen lassen. Wir müssen uns bewusst machen: Wir sind die große Mehrheit. Wir haben das Recht auf unserer Seite.

In Deutschland ist dies eine Lehre aus dem staatlich organisierten Mord und der Diktatur der NS-Zeit. Derjenige und diejenige, die dies mit Begriffen wie „erinnerungspolitische Kehrtwende“ relativieren, sodass wir das immer wieder anmahnen müssen, versuchen, das Gedenken hieran zu diskreditieren. Sie versuchen, zu trennen, was untrennbar mit unserer Identität als Deutsche zusammen sein muss, nämlich das Ermahnen an die Zeit der NS-Diktatur. Wer die Verbrechen der NS-Zeit leugnet und das Gedenken und Ermahnen hieran diskreditiert, ist ein Feind der Demokratie. Das müssen wir immer wieder deutlich machen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Von daher ist das Engagement um die Vorgänge in Wetzlar so willkommen und benötigt unser aller Zuspruch. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der CDU und der SPD)

Vielen Dank, Herr Kollege May. – Das Wort hat Herr Abg. Grüger, SPD-Fraktion.

Sehr verehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Am kommenden Samstag plant die NPD unter dem Motto „Familie, Heimat, Nation“ ab 14 Uhr eine Veranstaltung in der Stadthalle Wetzlar. Angeblich soll dies der Auftakt zum Landtagswahlkampf der NPD sein. Dabei sollen be

kannte rechtsextreme Redner wie Michael Brück (Die Rechte), Sebastian Schmidtke (NPD), und der Neonazi Sven Skoda sprechen. Die Stadt Wetzlar hatte sich zunächst geweigert, ihre Stadthalle zur Verfügung zu stellen. Die NPD hat daraufhin vor dem Hessischen Verwaltungsgerichtshof in Kassel das Recht auf Nutzung der Stadthalle erstritten.

Neben den politischen Reden sind am Samstag auch Konzerte von sechs sogenannten Rechtsrockbands geplant, darunter Oidoxie aus Dortmund oder Kategorie C aus Bremen. Oidoxie trat lange Zeit als Teil der militanten Gruppierung Combat 18 auf, die als bewaffneter Arm des in Deutschland verbotenen Neonazinetzwerks Blood & Honour gilt. Kategorie C gilt als Kultband in der rechtsradikalen Hooliganszene.

Gerade die Konzerte werden wohl Hunderte Neonazis aus Hessen und den umliegenden Bundesländern, aber auch aus dem europäischen Ausland anziehen. Nazirockmusik ist oft der Einstieg in die organisierte Neonaziszene. Sie kann aber auch als Begleitmusik zu Straftaten bis zum Mord sein, wie dies die Dokumentation „Blut muss fließen – Undercover unter Nazis“ zeigt.

(Beifall bei der SPD und der CDU – Vizepräsidentin Heike Habermann übernimmt den Vorsitz.)

Die Stadt Wetzlar hat der NPD nun eine Untersagungsverfügung für das offensichtlich kommerzielle Nazirockkonzert geschickt. Heute findet die Anhörung der NPD dazu statt. Derzeit gibt es keinen unterzeichneten Mietvertrag für die Stadthalle. Wir wünschen der Stadt Wetzlar viel Erfolg bei ihrem Kampf gegen diese widerliche Veranstaltung.

(Allgemeiner Beifall)