Protocol of the Session on February 4, 2010

(Tobias Thalhammer (FDP): Das haben wir vorhin schon gehabt! Seien Sie einmal ein bisschen sach licher! Das ist die Geschichte, die Sie sich selbst wünschen!)

- Das ist eine klare Geschichte - etwas anderes kann ich mir nicht vorstellen -, um diese vor Verfolgung zu schützen. Das ist es einfach.

(Beifall bei den GRÜNEN - Tobias Thalhammer (FDP): Bei welcher Partei sind Sie? - Weitere Zu rufe)

Herr Kollege, auch Sie sind herzlich eingeladen, später noch einmal das Wort zu ergreifen, nachdem sich Herr Dr. Fischer zu einer Zwischenbemerkung gemeldet hat.

Herr Kollege Mütze, ich möchte eine ganz kurze Zwischenfrage stellen. Ich spreche Ihnen überhaupt nicht Ihre Kompetenz in Ihrem Fachgebiet Haushaltspolitik ab. Stimmen Sie mir zu, dass eine Wertung besteht, wenn der Haushaltspoliti ker spricht, wenn ein Konflikt zwischen dem Einnah meninteresse des Staates und dem Datenschutz herrscht? Das sind die beiden Konfliktgüter, um die es geht. Stimmen Sie mir zu, dass eine Wertung besteht, wenn der Haushaltspolitiker und nicht der Rechtspoliti ker spricht?

(Beifall bei der SPD - Ulrike Gote (GRÜNE): Wel che Wertigkeit ist denn mit Ihnen verbunden?)

Bitte schön, Herr Kollege Mütze.

Lieber Kollege Fischer, na türlich besteht dabei eine Wertung. Natürlich ist es auch eine Wertung, wenn Finanzminister Schäuble nach einer rechtlichen Prüfung, die sein Haus durchführt, zu der Entscheidung kommt, diese Daten-CD anzukaufen. Deshalb habe ich damit überhaupt keine Probleme. In diesem Fall habe ich in meiner Rede auch eine rechtli che Bewertung vorgenommen. Ich meine, das ist aus reichend beantwortet.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Die Bayerische Staatsregierung hat dieses Problem elegant gelöst, indem sich nacheinander die Justizministerin und der Finanzminister gemeldet haben. Bitte schön.

(Ulrike Gote (GRÜNE): Lassen Sie doch Herrn von Guttenberg einmal reden!)

Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Sicherlich gibt es kaum eine CD, über die so heftig debattiert wurde wie die, die jetzt angeboten wurde. Es geht um die Frage, ob eine CD mit einem solch brisanten Inhalt tatsächlich gekauft werden soll. Dennoch, meine ich, muss man solche Fragen - das sind vor allen Dingen eben rechtliche Fragen; es können auch persönliche Wertungsfragen sein - sine ira et studio angehen. Sehr geehrter Herr Kollege Fischer, deswegen ist es auch wichtig, sich zu überlegen, mit welchen Beispielen man arbeitet.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Bei der Frage "kaufen oder nicht kaufen?" geht es zum einen um die Vorbildfunktion des Staates im Umgang mit seinen eigenen Gesetzen. Zum anderen geht es um die Frage: Wie ernst ist es uns eigentlich damit, schwe re Straftaten zu verfolgen und Steuergerechtigkeit her zustellen? Meine sehr geehrten Damen und Herren, man muss immer den konkreten Fall prüfen. Ich muss sagen, es gibt nicht den geringsten Anknüpfungspunkt, um im konkreten Fall auf einen Vergleich mit Folter oder Ähnlichem hinzuzielen.

(Beifall bei Abgeordneten der CSU und der SPD)

Selbst wenn sich der Informant nach dem Schweizer Strafrecht strafbar gemacht haben sollte, liegt keines falls eine strafbare Anstiftung zu einer solchen Straftat vor, weil die deutschen Steuerbehörden keine Beloh nung dafür ausgelobt haben, dass sich der Informant Bankdaten rechtswidrig verschafft. Er ist vielmehr von sich aus - das ist unsere Information - an die nordrhein westfälischen Behörden herangetreten und hat ihnen die CD zum Kauf angeboten. Nach derzeitigem Kennt nisstand - darum geht es - gehe ich davon aus, dass

eine Verwertung von Daten, auch wenn sie auf krimi nellem Weg erlangt worden sind, möglich ist. Wenn Beweismittel rechtswidrig durch Dritte erlangt werden, kommt es für die Verwertbarkeit darauf an, ob an der Beweisbeschaffung bei einer umfassenden Güter- und Pflichtenabwägung ein überwiegendes Interesse be steht. Dieses überwiegende Interesse dürfte ange sichts der sich andeutenden massiven Steuerhinterzie hungsdelikte wohl gegeben sein.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Das gilt umso mehr, als schwere Steuerhinterziehung ein Delikt ist, für das Freiheitsstrafen von bis zu zehn Jahren vorgesehen sind. Selbst wenn man von einem Verwertungsverbot ausgehen würde, weil in der Schweiz Recht gebrochen worden ist, wären die An satzpunkte trotzdem für weitere Ermittlungen, insbe sondere für Durchsuchungen, zu verwenden. Auf dieser Grundlage könnten die Täter verfolgt werden. Bei dem vergleichbaren Fall der DVD aus Liechtenstein vor zwei Jahren sind in den bisher bekannt gewordenen Fällen regelmäßig Verurteilungen auf der Grundlage von Geständnissen bzw. in Deutschland beschlag nahmten Unterlagen ergangen.

Letztlich müssen die Gerichte - in letzter Instanz das Bundesverfassungsgericht - über die Rechtmäßigkeit des Ankaufs entscheiden. Das ist klar. Nach meiner festen Überzeugung läuft jedoch die Frage "Kaufen oder nicht kaufen" auf die eingangs genannte Abwä gungsentscheidung hinaus. Hier kommt es darauf an, was wir als wichtiger erachten. Ich frage Sie: Ist es nicht wichtiger, das klare Signal zu geben, dass der Staat alle Straftaten, ganz gleich, ob der Täter arm oder reich ist, konsequent verfolgt und für Steuergerechtigkeit in un serem Lande sorgt?

(Beifall bei der CSU, der SPD, den Freien Wählern und den GRÜNEN)

Als nächstem Redner der Staatsregierung darf ich nun dem Herrn Fi nanzminister das Wort erteilen.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte die Aufklärung, die von Frau Kollegin Dr. Merk geleistet wurde, mit einer zweiten Di mension fortsetzen.

(Tobias Thalhammer (FDP): Richtigstellen!)

Ich möchte an dieser Stelle darauf hinweisen, dass diese Debatte mit Blick auf die Fakten in Ruhe und Ge lassenheit geführt werden sollte.

Erstens ist festzuhalten, dass die Schweiz ein wichtiger Handelspartner Deutschlands und ein zentraler Finanz platz für ganz Europa ist. An dieser Stelle ist es nicht unwesentlich, dass über 4.500 Milliarden Euro, davon etwas mehr als 2.700 Milliarden Euro Auslandsvermö gen, von Schweizer Banken verwaltet werden. Ich muss auch darauf hinweisen, dass viele steuerehrliche Anleger die Dienstleistungen Schweizer Banken zu Recht schätzen. Deshalb halte ich nichts von einer Ge neralkriminalisierung der Schweiz.

Gleichzeitig gibt es Schätzungen, dass rund 170 Milli arden Euro unversteuertes Geld aus Deutschland in Schweizer Banken liegen. Dem deutschen Fiskus sind hier noch - das betone ich ausdrücklich - die Hände ge bunden. Die Schweiz gewährt nach einem geltenden internationalen Abkommen keine Amtshilfe bei der so genannten einfachen Steuerhinterziehung nach der Nomenklatur der Schweiz. In Deutschland gibt es diese Unterscheidung zwischen einfacher und nicht einfacher Steuerhinterziehung nicht.

Deshalb ist es zu begrüßen, dass die Schweiz derzeit mit Deutschland über ein Doppelbesteuerungsabkom men verhandelt. In diesem Abkommen sollen und müs sen die internationalen Standards der Amtshilfe veran kert werden. Vor diesem Hintergrund kann ich erklären, dass die bayerische Steuerverwaltung weder über De tails des Ankaufsangebots informiert wurde noch in diesen Ankauf eingebunden gewesen ist. Ich erkläre allerdings, insbesondere vor dem Hintergrund der ak tuellen Meldungen, dass mein Kollege in NordrheinWestfalen zu einer positiven Entscheidung gekommen ist.

Die bayerische Steuerverwaltung wird selbstverständ lich an der Aufbereitung und der Abarbeitung der Fälle mitwirken. Wir werden uns erstens an den Kosten des Ankaufs beteiligen und zweitens die Daten rasch und zügig auswerten und gegen die Beschuldigten konse quent vorgehen. Meine sehr verehrten Damen und Her ren, auch und insbesondere in Bayern gilt: Steuerhin terziehung ist kein Kavaliersdelikt. Wir werden die entsprechenden organisatorischen Maßnahmen einlei ten.

(Beifall bei der CSU)

Den betroffenen Anlegern kann man von dieser Stelle aus nur raten, so schnell wie möglich eine steuerliche Selbstanzeige abzugeben. Die Selbstanzeige ist die goldene Brücke zur Straffreiheit bei Steuerhinterzie hung. Noch ist diese Brücke offen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich möchte die Behauptung der SPD, der Steuervollzug in Bayern sei unzureichend, als falsch zurückweisen. Wir haben im alten Jahr in der bayerischen Steuerverwaltung ins

gesamt - auf Vollzeitkräfte umgerechnet - 3.016 Steu erprüfer im Einsatz. In den letzten Jahren haben wir die Prüfungsdienste in den Finanzämtern, das heißt die Betriebsprüfung, die Steuerfahndung, die betriebsnahe Veranlagung und auch die Umsatzsteuerprüfung per sonell verstärkt. Die Anzahl der Außenprüfer ist in den letzten zwölf Jahren um 225 Kräfte gestiegen. Beson ders deutlich ist die Personalaufstockung bei der Steu erfahndung ausgefallen. Die immer wieder geäußerte Behauptung, dass 30 % der Planstellen in der Steuer fahndung nicht besetzt seien, ist falsch. Sie wird auch durch ständige Wiederholung nicht richtiger.

Stattdessen haben wir zusätzliche Schwerpunkte ge bildet. Während die Zahl der Beschäftigten im Innen dienst gesunken ist, steigt sie im Außendienst weiter an. Unser Ziel ist es nicht, einfach nur Personal aufzu bauen, sondern gut ausgebildete Steuerbeamte dort einzusetzen, wo das Risikopotenzial besonders hoch ist. Das ist unser Verständnis von einem zielgenauen und effektiven Einsatz des vorhandenen Personals. Darin sind wir uns mit der Steuer- und der Finanzge werkschaft einig.

Ich stelle fest, dass die bayerischen Finanzbeamten, insbesondere die Beamten in den Prüfungsdiensten, überaus effizient arbeiten. Sie nehmen bei den Meh rergebnissen im Bundesvergleich einen Spitzenplatz ein. Meine sehr verehrten Damen und Herren, Sie dür fen nicht den klassischen Dreisatz anwenden, wonach mehr Prüfer automatisch zu proportional mehr Steuer einnahmen führen. 80 % der Mehrsteuern stammen aus den Prüfungen der besonders großen Fälle, die in Bayern lückenlos geprüft werden. Deshalb können die derzeit erzielten Mehrergebnisse auch nicht einfach weiter hochgerechnet werden.

Wenn Sie schon aus dem Artikel der "Bayerischen Staatszeitung" zitieren, dann zitieren Sie ihn bitte ganz und umfangreich. Der Vorsitzende der Finanzgewerk schaft sagte ausdrücklich, dass die 500 neuen Finanz beamten, die wir mit dem Doppelhaushalt einstellen, die richtige Größe sind. Deshalb werden wir diesen Kurs fortsetzen. Wir werden vor allem die Außendienste mit zusätzlichen Kräften aufstocken. Wir sind gut und richtig aufgestellt.

(Beifall bei der CSU und der FDP)

Herr Staatsmi nister, ich darf Sie zum Verweilen einladen. Mir liegt noch der Wunsch nach einer Zwischenbemerkung von Frau Kollegin Bause vor.

Herr Finanzminister, Sie haben gerade gesagt, Sie würden diese Daten gerne verwenden. Sie bereiteten sich bereits darauf vor. Gleichzeitig hat Herr Kollege König erklärt, er würde

diesem Datenkauf gern zustimmen, dürfe das aber nicht, weil ihm die FDP das nicht erlaube. Wie geht das zusammen? Ist es "grad wurst", wie das Parlament ent scheidet, weil Sie diese Daten sowieso verwenden? Wie darf ich das verstehen?

Bitte, Herr Staatsminister.

Frau Kollegin Bause, die Sache ist wie folgt: Der Bundesfinanzminister hat dieses Verfahren angesto ßen. Er hat das Land Nordrhein-Westfalen als erste Anlaufstelle gewählt, weil offensichtlich die große Menge der Betroffenen, die auf dieser CD genannt wer den, in Nordrhein-Westfalen lebt. Aktuell stelle ich fest, dass die rechtliche Prüfung der zuständigen Stellen in Nordrhein-Westfalen dazu geführt hat, dass mein Amtskollege Linssen gerade erklären lässt, dass er den Ankauf durchführen wird.

(Margarete Bause (GRÜNE): Was sagt die FDP in Nordrhein-Westfalen?)

Ich halte es für richtig, dass die deutsche Finanzver waltung die Nordrhein-Westfalen nicht alleine arbeiten lässt, sondern mit Nordrhein-Westfalen zusammenar beitet. Deshalb hat diese Entscheidung meines Kolle gen Linssen zwei rechtliche Konsequenzen: Erstens. Der Freistaat Bayern wird sich an den Kosten des An kaufs beteiligen. Zweitens. Wir werden selbstverständ lich bei den Betroffenen, die in Bayern leben, die entsprechenden Prüfungen durchführen. Alles andere wäre nicht rechtstaatlich. Die Entscheidung liegt bei meinem Kollegen in Nordrhein-Westfalen. Dieser hat seine Entscheidung - offensichtlich in Abstimmung mit dem Bundesfinanzminister - gerade vermeldet.

(Margarete Bause (GRÜNE): Was sagt die FDP in Nordrhein-Westfalen dazu?)

Für die nächste Zwischenbemerkung darf ich Herrn Kollegen Halbleib das Wort erteilen.

Herr Finanzminister, ich habe absolutes Verständnis dafür, dass Sie den Argu menten der Opposition, vor allem der SPD-Fraktion, keinen Glauben schenken. Sie sollten aber wenigstens ihrem eigenen Apparat Glauben schenken. Ich verwei se noch einmal auf das Schreiben des Landesamts für Steuern zum Doppelhaushalt 2009/2010. Darin wird mit unmissverständlicher Klarheit deutlich gemacht, worum es geht. Bei der Steuerfahndung und bei der Betriebs prüfung sind zu wenig Beamtinnen und Beamte vor handen. Das ist amtsbekannt und keine Erfindung der bayerischen Opposition. Das ist in Ihrer eigenen Steu erverwaltung bekannt.

Ich darf für die Kollegen noch etwas hinzufügen, was auch in dem Schreiben steht: Beim Verhältnis von Per sonal zur Einwohnerzahl nimmt Bayern den vorletzten Platz ein, beim Verhältnis von Personal zu Steuerfällen den letzten Platz, beim Verhältnis von Betriebsprüfern zur Zahl der Betriebe den viertletzten Platz im bundes weiten Ländervergleich, beim Verhältnis der Umsatz steuersonderprüfungen zu Unternehmen den letzten Platz, beim Verhältnis von Bedarf zur Ist-Besetzung bei der Steuerfahndung den drittletzten Platz. Nun sind diese Daten vom April 2008. Vielleicht hat sich auch etwas getan, aber das Grundmissverhältnis ist einfach so geblieben, wie es ist: Insbesondere bei der Steuer fahndung und der Betriebsprüfung fehlt immer noch massiv Personal.

Ich erkenne an, dass Sie als Finanzminister durchaus den Eindruck erwecken, dass Sie an einem geordneten Steuervollzug großes Interesse haben und bereit sind, da Stellenmehrungen vorzunehmen. Man muss aber der Ehrlichkeit halber dazusagen, dass Sie von den Stellenmehrungen, die Sie vornehmen, die Streichun gen in der Finanzverwaltung auf der Grundlage von Artikel 6 d des Haushaltsgesetzes abziehen müssen. Daher ist das nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Wir hören zwar Ihre Ankündigungen, haben aber noch zu wenige praktische Hinweise darauf, dass sich an der Situation, die da als dramatisch geschildert wird, wirk lich grundlegend etwas geändert hat.

(Beifall bei der SPD)

Herr Minister, bitte.