Protocol of the Session on April 18, 2002

Herr Staatsminister, unsere Frage an Sie war, was der Ministerpräsident als Kanzlerkandidat – diese Vorstellung wird er schließlich schon haben – vorhat, für die Bundesbeamten auf den Weg zu bringen. Behält er die 38,5-Wochenstunden für die Bundesbeamten bei, oder will er das bayerische Modell auf die Bundesbeamten übertragen?

Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Herr Staatsminister, bitte.

Ich halte eine Fragestunde im Bayerischen Landtag nicht für den angemessenen Ort, um über Wahlkampfprogramme zu diskutieren.

Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Danke schön, Herr Staatsminister. Ich bitte den Herrn Staatsminister der Justiz um die Beantwortung der Fragen. Erster Fragesteller ist Herr Schindler.

Herr Staatsminister, wie viele Planstellen sind für die Zweigstellen der Amtsgerichte in den Amtsgerichtsbezirken Schwandorf und Cham ausgewiesen, zurzeit tatsächlich besetzt, und wie hat sich die Anzahl der Planstellen seit Einführung des EDV-Verfahrens „Solum-Star“ bei den Grundbuchämtern verändert?

Frau Präsidentin, Hohes Haus! Die Frage des Kollegen Schindler beantworte ich wie folgt: Bei den Zweigstellen der Amtsgerichte gibt es die Regelung, dass sich die Anzahl der zugeteilten Planstellen nach der Zahl der zugewiesenen Kräfte richtet. Das heißt, beide Zahlen stimmen jeweils überein.

Bei den Zweigstellen des Amtsgerichtes Schwandorf sind derzeit nach Arbeitskraftanteilen in Oberviechtach 5,3, in Burglengenfeld 8 und in Nabburg 8,7 Richter, Beamte und Justizangestellte eingesetzt. Vor der Einführung des EDV-Systems „Solum-Star“, die bei dem Amtsgericht Schwandorf Ende Februar 2001 abgeschlossen war, belief sich der Personalstand in Oberviechtach auf 7,2, in Burglengenfeld auf 10,5 und in Nabburg auf 10,8 Kräfte. Ich habe das gleich ausgerechnet, Herr Kollege Schindler. Das bedeutet, dass bei der Zweigstelle in Oberviechtach 1,9 Kräfte weniger eingesetzt sind, in Burglengenfeld 2,5 Kräfte und in Nabburg 2,1 Kräfte weniger.

Bei den Zweigstellen des Amtsgerichts Cham sind derzeit nach Arbeitskraftanteilen in Furth i. W. 7,5, in Kötzting und Roding je 8 und in Waldmünchen 5,7 Richter, Beamte und Justizangestellte im Einsatz. Vor Einführung des EDV-Systems „Solum&Star“, die beim Amtsgericht

Cham Anfang Dezember 2001 abgeschlossen war, belief sich der Personaleinsatz in Furth i. W. auf 9,3, in Kötzting auf 9,7, in Roding auf 10 und in Waldmünchen auf 7,2 Kräfte. Das bedeutet, dass nunmehr in der Zweigstelle in Furth i. W. 1,8 Kräfte, in Kötzting 1,7 Kräfte, in Roding 2,0 Kräfte und in Waldmünchen 1,5 Kräfte weniger eingesetzt sind.

Diese Personalreduzierungen entsprechen jeweils dem Personal in den Grundbuchämtern der Zweigstelle, das dort seit der Einführung des EDV-Systems „Solum-Star“ nicht mehr benötigt wird.

Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Zusatzfrage: Herr Schindler, bitte.

Herr Staatsminister, welche Stellenanzahl halten Sie für einen ordnungsgemäßen Geschäftsbetrieb in den Zweigstellen für erforderlich?

Das hängt davon ab, welche Aufgaben in dem jeweiligen Gericht bewältigt werden sollen. Wir haben beispielsweise Zweigstellen mit einem Richter, der Zivilrecht, Strafrecht und freiwillige Gerichtsbarkeit betreut, dazu einige Mitarbeiter im mittleren Dienst, vielleicht auch einige im gehobenen Dienst. Wir haben auch größere Zweigstellen. Das hängt wirklich von der Arbeitsverteilung ab, die das Gericht für sich selbst vornimmt.

Ich muss deutlich sagen: Ihre Sorge wird wohl dem Bestand der Zweigstellen gelten; es gibt bei uns im Haus keine Überlegungen, irgendeine Zweigstelle, und sei sie noch so klein, anzurühren.

Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Gibt es weitere Wortmeldungen? – Nächste Zusatzfrage: Herr Sackmann.

Herr Staatsminister, Sie haben einen wesentlichen Teil beantwortet. Mich würde interessieren, ob Sie uns vielleicht Auskunft geben könnten, inwieweit die Neueinführung eines Grenzrichters in Furth i. W. zu einer Stärkung der Außenstelle geführt hat, und inwieweit möglicherweise Planungen, wie zum Beispiel der Bau des Parkplatzes am Amtsgericht in Roding und andere Dinge, zu einer Stärkung dieser Häuser führen könnten?

Die personelle Besetzung richtet sich nach dem Arbeitsanfall. Wir rechnen hier mit so genannten Pensen. Der Durchschnitt bei der bayerischen Justiz liegt ungefähr bei 1,3 Pensen. Das heißt: Wenn mehr Arbeit anfällt, beispielsweise an der Grenze, dann müssen wir das Personal verstärken. Wenn irgendwo weniger Arbeit anfällt – ich denke an die Einführung von „Solum-Star“ in den Zweigstellen – dann können wir das frei werdende Personal an anderer Stelle einsetzen, wo es dringend gebraucht werden.

Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Weitere Zusatzfrage: Herr Schindler.

Herr Staatsminister, ist bei den von Ihnen genannten jetzigen Personalzahlen berücksichtigt, dass insbesondere im Bereich des Betreuungsrechts eine erhebliche Aufgabenmehrung stattgefunden hat?

Staatsminister Dr. Weiß (Justizministerium) : Das Betreuungsrecht bereitet mir Sorgen, das muss ich deutlich sagen. Wir haben noch keinen Überblick darüber, wie viele Fälle künftig auf uns zukommen werden. Wir haben einen erheblichen Anstieg, das ist ganz klar. Diesen Anstieg haben wir aber landesweit. Wir haben nicht die Situation, dass wir in einer Region einen besonders starken Anstieg haben und in anderen Bereichen überhaupt keinen, so dass wir personelle Verschiebungen vornehmen müssten. Die stark belastete Justiz wird noch stärker belastet. Das wird berücksichtigt. Ich bin aber nicht der Meinung, dass sich so unterschiedliche Entwicklungen bei einzelnen Gerichten ergeben werden, die größere personelle Verschiebungen erforderlich machen.

Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Damit sind die Fragen an das Justizministerium erledigt. Ich bitte nun Herrn Staatssekretär Freller um die Beantwortung der Frage an das Staatsministerium für Unterricht und Kultus.

Nächste Fragestellerin ist Frau Steiger.

Herr Staatssekretär, worin begründet sich der Meinungsumschwung des Staatsministeriums für Unterricht und Kultus und der Fakultät für Sportwissenschaft der TU München, nun doch den gehörlosen Leistungssportler Christoph B. zum Eignungstest zuzulassen, nachdem zuerst mit der Begründung, „das Erreichen des Ausbildungsziels sei von vornherein ausgeschlossen“, die Aufnahme abgelehnt wurde, und wie gedenkt die Staatsregierung, ein solches Vorgehen, das m. E. eine Diskriminierung von Menschen mit Behinderung darstellt, künftig zu verhindern, und welchen Stellenwert räumt das Staatsministerium der Integration und Gleichstellung von Menschen mit Behinderung ein?

Frau Abgeordnete Steiger, ich darf Ihre Anfrage wie folgt beantworten: Das Staatsministerium wird die entsprechende Verordnung, die die Ausbildung von Sportlehrern im freien Beruf regelt, abändern und so dem Umstand Rechnung tragen, dass sich die Verhältnisse in Bezug auf die Integration von Menschen mit Behinderung seit 1971 – das sind nunmehr 31 Jahre –gravierend geändert haben. Behinderte Menschen wie Herr Bischlager haben ein Anrecht darauf, ihre Berufswünsche so weit irgend möglich verwirklichen zu können. Dem wird die Änderung der Verordnung Rechnung tragen.

Im Vorgriff auf diese Änderung hat die Technische Universität München in einem Modellprojekt Herrn Bischla

ger in die Ausbildung zum Sportlehrer im freien Beruf aufgenommen.

Die Staatsregierung ist zuversichtlich, dass dieses Modellprojekt einen guten Weg aufzeigen wird, in vergleichbaren Fällen wie dem von Herrn Bischlager, Menschen mit Behinderung die Möglichkeit zu bieten, ihre besonderen Fähigkeiten und Begabungen in Ausbildung und Beruf einbringen zu können.

Ich glaube, damit wird auch deutlich, dass die Staatsregierung der Integration und Gleichstellung von Menschen mit Behinderung eine überragend hohe Bedeutung zumisst.

Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Eine Zusatzfrage: Frau Steiger.

Herr Staatssekretär, stimmen Sie mir zu, dass dieses Kämpfen um eine Selbstverständlichkeit – jetzt kommt dankenswerterweise die Abänderung der Verordnung –, ein Studium beginnen zu können, dem Betroffenen hätte erspart werden können, wenn vorher Lösungsmöglichkeiten gesucht worden wären und vorher vor allem mit dem Betroffenen gesprochen worden wäre?

Ja.

Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Es gibt keine weiteren Zusatzfragen.

Ich bitte nun die Frau Staatsministerin für Arbeit und Sozialordnung, Familie und Frauen um die Beantwortung der Fragen an ihr Ministerium. Die erste Fragestellerin ist Frau Köhler. – Einen Moment noch, Frau Köhler.

Frau Staatsministerin nachdem das Bayerische Staatsministerium für Arbeit und Sozialordnung, Familie und Frauen gegenüber dem Bundesarbeitsministerium in einer Absichtserklärung die Kofinanzierung der Gemeinschaftsinitiative EQUAL zugesagt hat – die Mittel dieser Gemeinschaftsaufgabe setzen sich zu 50% aus EU-Mitteln, zu 25% aus Bundesmitteln und zu 25% aus Mitteln der Länder und der Kommunen zusammen –, frage ich, warum diese Absichtserklärung vom Bayerischen Staatsministerium für Arbeit und Sozialordnung, Familie und Frauen zurückgezogen wurde, so dass der Gemeinschaftsinitiative EQUAL das Ende bereitet wurde, weil ohne Kofinanzierung auf Landesebene die EU-Mittel nicht abgerufen werden können und damit verfallen?

Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Frau Staatsministerin, bitte.

Frau Kollegin Köhler, bereits im November 2001 teilte mein Haus im Rahmen der ersten Stufe des Antragsverfahrens der EU-Gemeinschaftsinitiative EQUAL, dem sogenannten Interessenbekundungsverfahren, seine

grundsätzliche Bereitschaft mit, für die Kofinanzierung von Entwicklungspartnerschaften Komplementärfinanzierung aus Landesmitteln für insgesamt neun bayerische Entwicklungspartnerschaften bereitzustellen. Diese Erklärung wurde zum damaligen Zeitpunkt gegenüber dem Europabüro für Projektbegleitung – efp –, das für das Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung – BMA – die Entwicklung der EU-Gemeinschaftsinitiative EQUAL übernommen hatte, abgegeben. Mittlerweile wurden jedoch die Verträge zwischen dem efp und dem BMA aufgehoben. Ursache hierfür waren in erster Linie vergaberechtlichen Probleme, die unter anderem dazu führten, dass der europaweit vorgesehene einheitliche Zeitplan für die EU-Gemeinschaftsinitiative EQUAL von Deutschland nicht eingehalten werden konnte.

Die grundsätzliche Bereitschaft, Komplementärfinanzierung aus Landesmitteln für acht befürwortete Entwicklungspartnerschaften zur Verfügung zu stellen, wurde gegenüber dem BMA mit einem eigenen Schreiben vom 27.03.2002 nochmals erneuert.

Allerdings sind die Vorschriften der bayerischen Haushaltsverordnung zu beachten. Bevor eine rechtsverbindliche Absichtserklärung über die Kofinanzierung von Entwicklungspartnerschaften mit bayerischen Landesmitteln gegenüber dem BMA abgegeben werden darf, ist das Einvernehmen zwischen den beteiligten Bewilligungsstellen, das heißt zwischen meinem Haus, also dem Sozialministerium, und dem BMA herzustellen. Diesbezüglich besteht noch weiterer Koordinierungsbedarf. Weitere Abstimmungsgespräche zwischen dem Sozialministerium und dem BMA sind erforderlich und auch bereits geplant und angemahnt. An der grundsätzlichen Bereitschaft, Kofinanzierungsmitel bereitzustellen, hat sich nichts geändert.

Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Zusatzfrage, Frau Kollegin Köhler?

Ja. Frau Ministerin, ich weiß, dass ständig Verhandlungen stattfinden. Könnten Sie mir sagen, wie der derzeitige Verhandlungsstand ist? Ist es so, dass die Projektpartner tatsächlich mit einer Finanzierung rechnen können, oder gibt es einen Punkt, an dem es hakt, so dass die Projektpartner auf die EU-Mittel, die dann verfallen würden, verzichten müssen? Könnten Sie uns etwas über den neuesten Stand der Verhandlungen sagen?

Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Bitte, Frau Stewens.

Zunächst möchte ich darauf hinweisen, dass das efp vom BMA ausgesucht worden ist. Es handelt sich um ein zweistufiges Antragsverfahren. Das efp hat ein Antragsverfahren gewählt, das relativ formalistisch und internetgestützt ist. Es gab dann Kontakte mit dem efp, und es fanden Beratungen mit den in Frage kommenden Akteuren statt.

Allerdings hat das efp vor dem Hintergrund dieses komplizierten Systems die Beratungen nur in einem sehr begrenzten Umfang geleistet. Das lag in erster Linie daran, dass die im Rahmen der Gemeinschaftsinitiative EQUAL vorgesehene technische Hilfe zur Verwaltungsunterstützung nicht in der vom BMA vorgesehenen Weise vergeben werden konnte. Ich will damit nur zeigen, dass die Schuld wirklich nicht auf unserer Seite lag.

Daraus hat sich dann bei den europaweit abgestimmten Terminen für den Start der Gemeinschaftsinitiative EQUAL ein relativ hoher Zeitdruck aufgebaut. Die Unterstützung der Entwicklungspartnerschaften hat deshalb in beiden Stufen des Auswahlverfahrens weder im erforderlichen Maß noch im gewünschten Umfang stattgefunden. Wir haben daher noch einmal an das BMA geschrieben und um dringende Klärung gebeten. Wir werden auch noch einmal Druck machen. Ich hoffe deshalb, dass die Mittel nicht verloren gehen. Wir versuchen, das möglichst rasch umzusetzen.

Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Weitere Zusatzfrage?

Nein, danke.

Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Die nächste Fragestellerin ist Frau Hecht. Bitte.

Frau Staatsministerin, ich frage Sie: Was wird die Staatsregierung tun, wenn zum Jahresende Migrationsberatungsstellen, deren wichtige Integrationsarbeit für die ausländischen Mitbürger, die auch die CSU so sehr begrüßt, schließen müssen, weil deren Finanzierung im Staatshaushalt trotz unserer Forderungen nicht ausreichend abgesichert ist, und die deshalb von den Wohlfahrtsverbänden nicht mehr finanziert werden können?

Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Frau Ministerin, bitte.

Frau Kollegin Hecht, die Ausländersozialberatung wird seit mehr als zwei Jahrzehnten gemeinsam vom Bund und vom Freistaat gefördert. Dabei hat der Bund traditionell einen höheren Finanzierungsanteil erbracht. Der inzwischen aufgestellten Forderung des Bundes nach gleichgewichtiger Finanzierung konnten sich die Länder nicht entziehen. Nach längeren Beratungen mußte einem Finanzierungseinvernehmen zugestimmt werden, das ab 2002 die schrittweise Annäherung der Finanzierungsanteile zum Ziel hat. Die Zustimmung der Länder erfolgte nur unter erheblichen haushaltrechtlichen Bedenken.