Protocol of the Session on December 19, 2018

Auch hierzu, meine Damen und Herren, hat das Präsidium ei ne Redezeit von fünf Minuten je Fraktion festgelegt.

Als Erstes erteile ich das Wort für die Fraktion GRÜNE Herrn Abg. Hentschel.

Sehr geehrte Frau Präsi dentin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Mit dem heu te zur Abstimmung stehenden Gesetz zur Änderung des Lan desrichter- und -staatsanwaltsgesetzes werden Anregungen aus der Praxis umgesetzt und wird das Wahlrecht zu Mitbe stimmungsorganen angepasst. Zugleich wird der Digitalisie rung in der Mitbestimmung mehr Raum geboten und die Mög lichkeit eingeräumt, Richterinnen und Richtern am Verwal tungsgericht als Ultima Ratio ein weiteres Richteramt zur sel ben Gerichtsbarkeit zu übertragen.

Im Kern geht es darum, das Verfahren zur Wahl der Stufen vertretungen der Richter und Staatsanwälte an die Wahlvor schriften des Richterrats anzugleichen. Die Stufenvertretun gen sind 2015 eingeführt worden. 2016 gab es die ersten Wah len. Die Anpassung soll durch eine Verweisung erfolgen. Bis her war allgemein auf die Regelungen des Landespersonal vertretungsgesetzes verwiesen worden, was sich bei der ers ten Wahl als zu kompliziert und nicht stimmig herausgestellt

hat. Zugleich werden die örtlichen Wahlvorstände abgeschafft und die Aufgabe der Wahlleitung dem Bezirkswahlvorstand übertragen, was zu einer Verwaltungsvereinfachung führen kann. Außerdem wird die Briefwahl eingeführt, und es wird die Möglichkeit eingeräumt, die notwendigen Veröffentlichun gen im Intranet der Justiz vorzuhalten. Letzteres ist ein klei ner, in der Summe jedoch trotzdem ein wichtiger Beitrag zur nachhaltigen Ressourcennutzung.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen)

Hier hält die Digitalisierung in die Justiz ebenfalls Einzug: Es wird die Möglichkeit geschaffen, die Beschlussfassungen in nerhalb der Gremien auch im schriftlichen Umlaufverfahren zu etablieren.

Daneben gibt es noch redaktionelle Änderungen und kleine re Änderungen, auf die ich jetzt im Hinblick auf die fortge schrittene Zeit nicht im Einzelnen eingehen möchte.

So weit wurden die Regelungen von der Praxis gefordert, und diese werden in den Stellungnahmen nun auch ausdrücklich begrüßt. In Anbetracht der Situation in der Justiz ist es aber auch erforderlich, in engen Grenzen insbesondere im verwal tungsgerichtlichen Verfahren Entlastungsmöglichkeiten zu schaffen.

Bisher räumt § 11 des Landesrichter- und -staatsanwaltsge setzes die Übertragung weiterer Richterämter nur bei Amts- und Arbeitsgerichten ein. Diese Möglichkeit soll – dieser Punkt ist von den Verbänden kritisiert worden – nun auch auf Verwaltungsrichter erweitert werden. Die Übertragung weite rer Richterämter ist aber ohnehin nur dann möglich, wenn sie für den Betroffenen jeweils zumutbar ist und aus dienstlichen Gründen auch geboten erscheint. Sie ist damit eine Ultima Ra tio und damit auf absolute Ausnahmen beschränkt.

Wir haben im Moment nun einmal die Ausgangssituation, dass nicht alle ausgeschriebenen Richterstellen sofort in vollem Umfang besetzt werden können; außerdem ist unbestreitbar, dass ein Stau in verwaltungsgerichtlichen Verfahren, insbe sondere im Bereich der Asylverfahren, vorhanden ist – der al lerdings nur vorübergehender Natur ist. Insoweit soll zumin dest die Möglichkeit geschaffen werden, auch im Bereich der Verwaltungsgerichtsbarkeit zusätzlich Abhilfe zu schaffen.

Ich gehe davon aus, dass mit den Einschränkungen auf die Ausnahmen den Bedürfnissen der Richterkolleginnen und -kollegen genügend Rechnung getragen werden kann und wird. Vor allem gehe ich davon aus, dass die Betroffenen auch Verständnis für die Ausnahmesituationen und nicht zuletzt Verständnis auch für diejenigen Richterinnen und Richter auf bringen werden, die hier entlastet werden sollen, und dass des wegen die Möglichkeit der Übertragung eines Richteramts oh ne Zustimmung des Richters praktisch kaum zur Anwendung kommen wird.

Das Gesetz trägt zur Nachhaltigkeit der Verwaltung bei. Es vereinfacht die Wahlen, und es setzt die bei der letzten Wahl gewonnenen Praxiserfahrungen um. Deswegen werden wir dem Gesetz zustimmen.

Vielen Dank für die geschätzte Aufmerksamkeit.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der CDU)

Für die CDU darf ich Herrn Abg. von Eyb ans Redepult bitten.

Sehr verehrte Frau Prä sidentin, sehr verehrte Kolleginnen, sehr geehrte Kollegen! Ich spreche heute zum Gesetzentwurf der Landesregierung zur Änderung des Landesrichter- und -staatsanwaltsgesetzes. Der wesentliche Garant für den Rechtsfrieden in unserer Ge sellschaft ist eine funktionierende und leistungsfähige Justiz. Das tägliche Ringen um rechtmäßige und gerechte Entschei dungen ist eine so noble wie fordernde Aufgabe für die vie len Angehörigen unserer Justiz. Diesen möchte ich daher be reits an dieser Stelle für ihren unermüdlichen Einsatz aus drücklich danken.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der CDU sowie des Abg. Andreas Kenner SPD)

Der heute auf der Tagesordnung stehende Gesetzentwurf be handelt u. a. die Möglichkeit, Richtern an Verwaltungsgerich ten ein weiteres Richteramt übertragen zu können. Nach § 11 Absatz 2 der Neufassung des Landesrichter- und -staatsan waltsgesetzes soll zudem einem Richter oder einer Richterin auf Lebenszeit bei einem Amtsgericht auch ein weiteres Rich teramt bei einem Landgericht sowie einem Richter oder einer Richterin auf Lebenszeit bei einem Landgericht auch ein wei teres Richteramt bei einem Amtsgericht übertragen werden können. Wir entsprechen hier einem Wunsch der Gerichtsprä sidenten. Bei Amts- und Arbeitsgerichten ist dies bereits heu te möglich.

Wir sind uns dabei des Einwands, der auch von diversen Rich tervereinigungen vorgebracht worden ist, durchaus bewusst, dass eine gesplittete Tätigkeit eines Richters oder einer Rich terin an zwei Verwaltungsgerichten eine substanzielle Mehr belastung mit sich bringt. Allein schon die räumliche Distanz zwischen den Sitzen der vier Verwaltungsgerichte – Freiburg, Karlsruhe, Sigmaringen und Stuttgart – spielt hier eine Rolle. Dieses Personalinstrument soll daher – der Kollege hat es eben bereits dargestellt – eine Ultima Ratio darstellen, die nur in besonderen Situationen Anwendung findet. Dies hat das Jus tizministerium in der Begründung nochmals explizit festge schrieben. Zudem wird es gegen den Willen des betroffenen Richters oder der betroffenen Richterin auch zukünftig nicht machbar sein. Der Wohnort und die familiäre Situation des Richters oder der Richterin werden als persönliche Belange maßgeblich in die Entscheidung zur Übertragung eines wei teren Richteramts einfließen.

Insgesamt ist die Übertragung eines weiteren Richteramts ein weiterer Schritt, um den Verwaltungsgerichten bei der Bewäl tigung der Verfahren aus dem Bereich Asyl unter die Arme zu greifen. Sowohl die Asylbewerber als auch die aufnehmende Gesellschaft brauchen zukünftig Klarheit darüber, ob Erstere in unserem Land bleiben dürfen oder eben nicht.

Ein weiterer Schritt in diesem Zusammenhang war die Schaf fung von 80 zusätzlichen Verwaltungsgerichtsstellen im Zu ge des aktuellen Nachtragshaushalts. So unangenehm eine ge teilte Stelle für den einzelnen Richter bzw. die einzelne Rich terin sein mag, so müssen wir in der derzeitigen Situation doch die Funktionsfähigkeit der Verwaltungsgerichte sicherstellen und daher auch an die Solidarität unserer Richterinnen und Richter appellieren, sich in besonderem Maß in den Dienst des Landes zu stellen.

Das Vertrauen der Menschen in den Rechtsstaat lebt von der zeitnahen und dennoch hochwertigen – so weit es eben mög lich ist – Bearbeitung von Verfahren, weshalb wir diesen Schritt gehen, auch wenn wir die daran geübte Kritik vernom men haben und diese teilweise auch verständlich ist.

In diesem Sinn hoffe ich auf das Verständnis und die Koope rationsbereitschaft der betroffenen Richterinnen und Richter und möchte diesen noch einmal für ihren vorbildlichen Ein satz für unser Gemeinwohl danken. Für die CDU-Fraktion si gnalisiere ich hiermit die Zustimmung zu diesem Gesetzent wurf.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der Grünen)

Für die AfD spricht Herr Abg. Klos.

Frau Präsidentin, meine sehr geehr ten Damen und Herren! Am 13. Dezember haben wir uns im Ständigen Ausschuss mit diesem Gesetzentwurf beschäftigt. Ich kann vorwegnehmen: Alle Fraktionen haben ihre Zustim mung signalisiert.

Es ist ein vernünftiger Gesetzentwurf. Die Vorredner sind schon ins Detail gegangen, sodass ich jetzt nicht nach dem Motto verfahren werde: Es ist schon alles gesagt, nur nicht von mir.

Die Position der AfD ist hier auch glasklar. Wir hatten bereits bei den Haushaltsberatungen 300 Richterstellen angeboten. Der Justizminister hat damals gesagt, noch sehe er nicht die Notwendigkeit dazu. Wir haben jetzt einen Aufwuchs in der Richterschaft. Das heißt, die AfD hat schon damals auf die Probleme in der Verwaltungsgerichtsbarkeit hingewiesen.

Die jetzigen Maßnahmen dienen der Beseitigung dieser Pro bleme. Insofern begrüßen wir das ausdrücklich. Das Gesetz folgt auch dem Subsidiaritätsgedanken, was wir ebenfalls be grüßen.

Auf § 11 des Landesrichter- und -staatsanwaltsgesetzes wur de schon hingewiesen. Die Bedenken hinsichtlich einer Tan gierung der richterlichen Unabhängigkeit teilen wir zwar. Aber da in der Gesetzesbegründung ausführlich dargelegt worden ist, unter welchen ganz besonderen Bedingungen hier ein zusätzliches Richteramt übertragen werden kann, sehen wir die Notwendigkeit einer funktionierenden Justiz. So, wie wir gesagt haben: „Ein Land, das keine sicheren Grenzen hat, ist kein Land mehr“, so können wir sagen: Ein Staat, der kei ne funktionierende Justiz hat, ist kein Staat.

Das bezieht sich insbesondere auch auf den Justizvollzug. Denn wir müssen uns einmal überlegen, was wir den Justiz vollzugsbeamten eigentlich zumuten. Diese müssen den gan zen Tag in unmittelbarer Nähe zu schwersten Straftätern ver bringen. Wenn man sich ansieht, wie viele Personen im Jus tizvollzugsdienst z. B. für eine Gruppe von 50 Häftlingen zu ständig sind, dann stellt man fest: Das ist schon eine Leistung, die einem Respekt abnötigt und für die wir uns auch ausdrück lich bei den Justizvollzugsbeamten bedanken wollen.

Herr Minister, wir werden weiterhin jede Maßnahme unter stützen, die sicherstellt, dass wir uns in einem Rechtsstaat be

finden, und die dazu führt, dass der Berg von Asylverfahren abgearbeitet wird und wir zu zeitnahen Urteilen kommen.

(Beifall bei der AfD)

Für die SPD spricht Herr Abg. Binder.

Frau Präsidentin, liebe Kollegin nen und Kollegen! Meine Vorredner haben schon einzelne De tails aus diesem Gesetzentwurf dargestellt. Das Ganze fußt auf der Änderung des Landesrichter- und -staatsanwaltsgeset zes aus der letzten Legislaturperiode, in der wir die Stufen vertretung eingeführt haben, was in der Justiz dringend not wendig war.

Nach der ersten Wahl im Jahr 2016 konnte man die ersten praktischen Erfahrungen sammeln, die dann auch von den Richtern und Staatsanwälten an das Justizministerium über mittelt worden sind. Diese Anregungen zur Vereinfachung des Wahlverfahrens und zur besseren praktischen Umsetzung des Wahlverfahrens werden mit diesem Gesetzentwurf nun um gesetzt. Damit wird die Stufenvertretung und dieses Instru ment der besseren Mitbestimmung von Richtern und Staats anwälten noch besser ausgebaut. Deshalb halten wir das für einen richtigen Aspekt in diesem Gesetz.

Die Kollegen Hentschel und von Eyb sind auf die Problema tik des § 11 im Hinblick auf die Richterinnen und Richter ein gegangen. Auch wir haben die Stellungnahmen gelesen und abgewogen. Ich denke, es war sehr sinnvoll, dass das Justiz ministerium in der Begründung deutlich klargestellt hat, dass die Übertragung eines weiteren Richteramts das letztmögli che Mittel ist. Insofern können wir zwar die Bedenken der Richterinnen und Richter sehen; ich glaube aber, das ist in ei ner richtigen Abwägung, nämlich im Hinblick auf die Funk tionsfähigkeit der Verwaltungsgerichte, richtig. Deshalb wird die SPD-Fraktion diesem Gesetzentwurf zustimmen.

Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen sowie des Abg. Arnulf Freiherr von Eyb CDU)

Für die FDP/DVP-Frak tion hat das Wort Herr Kollege Weinmann.

Frau Präsidentin, liebe Kol leginnen und Kollegen! Durch den Gesetzentwurf wird eine einheitliche Wahlordnung für die im Landesrichter- und -staatsanwaltsgesetz verankerten Vertretungsgremien etabliert. Das bisherige Wahlverfahren wird nach unserer Überzeugung optimiert und praktikabel gestaltet. Die Einführung der Brief wahl, die Ermöglichung der Einrichtung eines Bezirkswahl vorstands und die Öffnung, dass neben den wahlberechtigten Richtern und Staatsanwälten nun auch die Spitzenorganisati onen der Berufsverbände der Richter und Staatsanwälte Wahl vorschläge einreichen können, werden von uns ausdrücklich begrüßt.

(Beifall bei der FDP/DVP)

Weitere Vereinfachungen und Vereinheitlichungen wurden be reits durch die Kolleginnen und Kollegen erörtert und ange

sprochen, sodass aus prozessökonomischen Gründen ein nä heres Eingehen hierauf nicht angezeigt ist – wenngleich we nige Ausführungen durchaus angezeigt sind im Hinblick auf § 11 des Landesrichter- und -staatsanwaltsgesetzes, der um die Möglichkeit zur Übertragung eines weiteren Richteramts sowohl im Bereich der Verwaltungs- als auch im Bereich der ordentlichen Gerichtsbarkeit erweitert wird.

Auch wenn sich die Richterorganisationen gegen die Übertra gungsmöglichkeiten aussprechen – ich habe dafür auch Ver ständnis –, halten wir die Übertragungsmöglichkeit im Sinne des Erhalts der Funktionsfähigkeit der Justiz als Ultima Ra tio für sinnvoll und geboten.

Allein der Umstand, dass sich in den letzten Jahren die Zahl der Asylklagen im Land vervielfacht hat, spricht Bände und zeigt, dass zur Bewältigung dieses Verfahrensbergs auch un konventionelle Wege beschritten werden müssen, zumal tat sächlich schon aus finanziellen Gründen nicht unbegrenzt Ver waltungsrichter eingestellt werden können.

(Beifall des Abg. Jürgen Keck FDP/DVP)

Gleichzeitig wird hierdurch der Handlungsspielraum bei der Gerichtsorganisation erhöht. Zudem ist darauf hinzuweisen, dass es die Übertragungsmöglichkeiten für Amts- und Arbeits richter schon heute gibt und diese Maßnahme überdies dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz unterliegt, also eine Übertra gung geboten und zumutbar sein muss. Andererseits können mögliche Härten durch die räumlichen Entfernungen auch im Wege der zunehmenden Digitalisierung, beispielsweise durch die Verbreitung der E-Akte, abgemildert werden.