Deswegen nochmals die Frage: Auf welcher Grundlage ist die Entscheidung getroffen worden? Sind dabei auch andere Va rianten von der Landesregierung geprüft worden?
Vielen Dank. Es sind mindestens fünf Basisvarianten und viele Untervarianten untersucht worden. Das sind im Wesentlichen Varianten ge wesen, die der VVS sich ausgedacht hat, natürlich auch in Ab sprache mit seinen politisch Verantwortlichen. Die Modelle sind auf ihre Kosten, ihre möglichen Wirkungen und die Fra ge der Attraktivität hin geprüft und durchgerechnet worden, und darüber ist dann in den verschiedenen Gremien diskutiert worden.
Am Anfang hatte man, grob gesagt, eine kleinere und eine größere Reform vor Augen. Die kleinere Reform entsprach dem Interesse der Stadt Stuttgart: Wir legen die Zonen 10 und 20 zusammen, sodass im Stuttgarter Stadtgebiet nur noch ein Tarif gilt. Daraufhin haben die anderen – u. a. auch das Land – gesagt: „Wir müssen über Stuttgart hinaus denken und auch den Raum um Stuttgart herum bedenken.“ So ist es dann da zu gekommen, dass man auch die äußeren Ringe zusammen legt.
Das hat dann dazu geführt, dass die Landkreise ihrerseits ge sagt haben: Wir wollen die Sektoren innerhalb der Ringe, die uns belasten – weil es dort überwiegend um Tangentialver kehr geht –, heraushaben.
Dann haben die politisch Verantwortlichen – die vier Landrä te, der Oberbürgermeister der Stadt Stuttgart und wir, das Land – gesagt: Das ist eigentlich das Richtige. Wir müssen das jetzt einmal richtig groß wagen.
Ich bin wirklich sehr dankbar, und ich muss sagen: Kompli ment an den Oberbürgermeister der Stadt Stuttgart, der dabei auch ein starker Treiber als VVS-Vorsitzender war; Kompli ment aber auch an die Landräte, die ihre Kreistage informiert und überzeugt haben, dass das eine gute Sache ist. Bei den Landräten sind ja unterschiedliche Parteibücher im Spiel. Aber ich muss sagen: Am Schluss haben alle eine Lösung für einen besseren ÖPNV durch ein besseres Tarifangebot gefunden. Darüber bin ich, ehrlich gesagt, ziemlich froh.
Es war nicht von Anfang an klar, wie viel das Land zahlt. Am Anfang hatten wir vor, weniger zu zahlen. Aber als ich ge merkt habe, dass das Projekt an ein paar Millionen Euro schei tern könnte, habe ich gesagt: Im Interesse der Luftreinhaltung ist mir das so wichtig, dass wir, das Land, nicht zu kleinlich sein sollten. Wir haben die Zahlungen dann z. B. etwas ver längert und auch ein bisschen angehoben, sodass wir auf die Summe von 42 Millionen € gekommen sind.
Eines will ich noch sagen: Der Verband Region Stuttgart ist ja eigentlich auch für den Verkehr zuständig, vor allem den S-Bahn-Verkehr. Er hat auch immer gute Vorschläge. Wenn es dann aber um die Finanzierung geht, ist das immer ein Pro blem. Das merkt man auch jetzt. Er ist wieder nicht dabei, son dern diejenigen, die zahlen, sind die Landkreise, die Landes hauptstadt und das Land.
Wunderbar, herzlichen Dank. – Herr Minister, meine Frage betrifft die Tangentialver bindungen in der Region Stuttgart. Wir haben heute im Zu sammenhang mit der Reform, die auch eine große Vereinfa chung bedeutet, darüber gesprochen, dass die S-Bahnen in der Region Stuttgart eine hohe Auslastung haben. Bezüglich der Verkehre in der Region lautet die Frage ja, ob eigentlich alles über Stuttgart laufen muss oder ob es nicht Möglichkeiten gä be, das Netz über Tangentialverbindungen zu entlasten.
Wenn ich jetzt eine Verbindung von mir zum Kollegen Hauß mann ziehe – ich glaube zumindest, er wohnt dort –: Bei spielsweise die vom Land unterstützte Expressbuslinie Ess lingen–Waiblingen fährt dann ja in demselben Ring; das ist nur eine Zone, die Zone 2. Eine andere Relation aus meinem
Bereich: Esslingen–Flughafen liegt nur in der Zone 2. Oder wenn Sie in Ostfildern wohnen und viele neue Arbeitsplätze in Leinfelden entstehen, gilt dies ebenso.
Gibt es denn aus Ihrer Sicht noch weitere Chancen? Könnten in der Region noch weitere Tangentialverbindungen entste hen?
Grundsätzlich ist es ja so, dass wir die Tangentialverbindungen und die Busan gebote über den Verband Region Stuttgart und/oder mit den Landkreisen realisieren. Diese müssen das anmelden. Grund sätzlich sind wir da sehr offen. Wir haben auch die Erfahrung gemacht, dass die Regionalschnellbusse im Land sehr gut an kommen. Gerade die Linie Sigmaringen–Überlingen ist ein Beispiel dafür, dass ein solcher Busverkehr extrem gut an kommt.
Hier in der Region sind die Tangentialverbindungen, die wir geschaffen haben, bisher leider noch nicht richtig ausgelastet. Dafür muss noch Werbung gemacht werden: dass es eine Op tion ist, etwa vom Neckartal zum Flughafen zu fahren oder vom Flughafen nach Leonberg. Ich will jetzt keine weiteren Strecken aufzählen; es hängt auch von der Initiative des Ver bands Region Stuttgart und der Landkreise ab, ob es weitere Verbindungen geben wird.
Wir wollen natürlich keine Linien einführen, die nur auf dem Papier sinnvoll scheinen, aber nicht genutzt werden. Es muss schon ein Angebot sein, das genutzt wird. Wir haben wirklich ein regelrechtes Paket von Tangentiallinien – übrigens auch im Schienenverkehr – und vertikalen Linien. Bei den neuen Schnellbussen denken wir auch über vertikale Linien nach.
Zu den Tangentiallinien will ich noch hinzufügen: Im Zusam menhang mit Stuttgart 21 machen sich alle, die an diesem Pro jekt beteiligt sind und die es begleiten, Gedanken, wie man die Schienenverbindungen in der Region stärker tangential ausrichten kann. So wollen wir z. B. am Flughafen die Opti on schaffen, dass es aus dem Flughafenbahnhofsplan, wie er bisher vorgesehen ist, später möglich ist, ins Neckartal hinun terzufahren. Dann hätte man eine südliche Tangente.
Wenn es um die Anbindung der Panoramabahn geht, wäre ei ne Tangentialverbindung Richtung Feuerbach oder von Feu erbach Richtung Cannstatt denkbar, ohne dass man in die Stadt hineinfährt.
Es gibt also einige Optionen, über die wir nachdenken. In der Tat müssen wir den Verkehr aus dem engen Knoten Stuttgart herausführen. Für viele Leute ist das übrigens auch ein Um weg, wenn man gar nicht zur Mitte möchte, sondern eigent lich tangential fahren will.
Sehr geehrter Herr Minis ter! Wir haben es schon gehört: Die Luft in Stuttgart wird im mer sauberer. Der Feinstaubjahresmittelwert wird überall ein gehalten. Sie haben zu Recht darauf hingewiesen, dass wir al les tun, um auch den Tagesgrenzwert in Stuttgart einzuhalten. Auch die Stickoxidbelastung nimmt ab. Sie haben aber zu Recht darauf hingewiesen, dass vor acht Jahren der Grenzwert reduziert wurde und Stuttgart noch darüber liegt. Jetzt würde
mich interessieren: Wie nähern wir uns durch diese Reform des VVS-Tarifs dem Grenzwert an? Das heißt, was bringt sie in puncto Stickoxidreduzierung?
Vielleicht noch einmal zur Klarheit: Wir erreichen beim Feinstaub schon den Jahresdurchschnittswert. Jetzt müssen wir es noch schaffen, dass wir den Wert auch hinsichtlich der Zahl der Tagesüber schreitungen – 35 Überschreitungstage sind zulässig – einhal ten.
Bei NO2 ist der Jahresmittelwert fast doppelt so hoch wie er laubt – er liegt zwischen 75 und 80 Mikrogramm pro Kubik meter. Da haben wir Erhebliches zu tun. Wir haben hier eine ganze Palette von Maßnahmen. Wir diskutieren ja gerade über den Luftreinhalteplan und die Maßnahmen, die wir ergreifen müssen, um den Gerichtsurteilen gerecht zu werden.
Ein zentraler Baustein dabei ist das vermehrte Nutzen des ÖPNV. Wir denken, dass dieser Baustein mindestens 5 Mik rogramm bringt. Das klingt wenig, aber es gibt nicht viele Maßnahmen, die so viel auf einmal bringen. Das ist also ein wichtiger Baustein im Gesamtkonzept, aber er allein wird nicht ausreichen.
Man muss an dieser Stelle natürlich sagen: Es ist jetzt auch schwierig, zu sagen, was wir damit wirklich erreichen. Denn man kann nur prognostisch mit wissenschaftlicher Unterstüt zung versuchen, das einigermaßen hinzubringen. Aber es kann natürlich immer auch anders kommen, als man denkt – hof fentlich noch besser.
Herr Minister, was hätte eine Vereinfachung – über das hinaus, was jetzt beschlos sen worden ist – auf drei Zonen im Vergleich mit der Lösung, die man jetzt erzielt hat, gekostet?
Im Grundsatz ist mit der jetzt beschlossenen Vereinfachung ein Schritt in die richtige Richtung gegangen worden. Wir dür fen ja nicht nur an die Bürger und Bürgerinnen denken, die hier leben, sondern müssen auch an die vielen Touristen den ken, die sich in diesem Chaos der Vergangenheit mit Sicher heit überhaupt nicht zurechtfanden. Es wird künftig ein biss chen einfacher, aber eine richtig große Lösung mit nur drei Zonen in der Summe – eine Kernzone Stuttgart und zwei wei tere Zonen – hätte natürlich noch eine weitere Vereinfachung gebracht.
Es gab ja verschiedene Rechnungen, wie Sie sagen. Können Sie etwas dazu sagen, was diese Lösung im Vergleich mit der jetzigen Lösung gekostet hätte?
Zunächst muss man einmal sagen: Man kann mit zehn oder mit drei Ringen einen billigen Tarif machen. Von den Ringen und den Zonen hängt es also nicht ab, wie hoch die Kosten sind.
Ich habe jetzt keine konkreten Zahlen, was für ein Modell man mit nur drei Ringen hätte machen können. Klar ist, dass über alles Mögliche diskutiert worden ist – die drastischste Lösung war eine Vereinfachung auf drei Ringe. Die jetzt erzielte Lö sung ist die, die in diesem Zusammenhang machbar war. Sie
ist aber, wie ich finde, schon ein verdammt großer Schritt, wenn man bedenkt, dass es jetzt noch 52 verschiedene Tarif varianten gibt.
Wenn Sie mögen, werde ich schauen, ob wir die Zahlen dazu haben, und dann bekommen Sie das nachgereicht.
Herr Minister, bei einer solchen Reform stellt sich auch immer die Frage nach Gewinnern und Verlierern. Ich gehe davon aus – nach dem, wie Sie es be schrieben haben –, dass der allergrößte Teil, wenn nicht sogar vielleicht alle – Pendler, Reisende – von der Reform profitie ren.
Trotzdem die Frage: Gibt es eventuell auch negative Auswir kungen, auch im Zusammenhang mit dem teilintegrierten Landkreis Göppingen? Wirkt sich diese Reform überhaupt auf den Landkreis Göppingen, auf diese Teilintegration aus? Oder wirkt sich das gar nicht in Richtung Göppingen aus?
einmal die Ringe, und dann gibt es diese Ausbuchtung durch Sonderverträge. Das heißt, Sie profitieren von der Reform in nerhalb des Gebiets und müssen trotzdem on top noch etwas zahlen. Aber insgesamt hängt es davon ab, wie weit Sie nach Stuttgart hineinfahren. Wenn Sie weit nach Stuttgart hinein fahren, haben Sie einen großen Vorteil. Das kann man auf je den Fall sagen.
Sie haben noch einen Punkt angesprochen, den ich bisher so zusagen übergangen habe. Es gibt eine problematische Kon sequenz unserer Reform. Wenn man bis zur Grenze des VVSTarifgebiets fährt, fährt man im VVS-Tarif relativ günstig. Wenn man darüber hinausfährt und in den DB-Tarif hinein kommt, wird es auf einen Schlag sehr viel teurer. Deswegen müssen wir da ran und müssen sozusagen die Sprünge an den Rändern abfedern. Deswegen auch die Ansage: Wir müssen auch bei den anderen Verbünden helfen, dass das Niveau ab gesenkt wird, und wir müssen im Rahmen des BW-Tarifs, an dem wir ja arbeiten, einen Ausgleich schaffen, damit man, wenn man über die Tarifgebietsgrenze fährt, nicht plötzlich einen Sprung nach oben hat.
Uns schwebt vor, dass wir einen BW-Tarif machen. Ich sage dazu einmal ein Beispiel: Sie fahren von Stuttgart mit einem Bahnticket nach Tübingen. Dann müssen Sie, wenn Sie zur Klinik fahren wollen, zusätzlich ein Stadtverkehrsticket kau fen. In der Stufe 1 des Landestarifs werden Sie den Anschluss in Tübingen geschenkt bekommen – ohne Aufpreis.
In der Stufe 2 werden Sie sowohl die Anfahrt mit der Stadt bahn zum Bahnhof als auch den Anschluss vom Bahnhof in die Stadt in einem Ticket haben. Das sind also zwei Zusatz funktionen mindestens zum selben Preis.
Das ist dann sehr viel günstiger, und perspektivisch könnte man auch noch einmal heruntergehen. Das hängt dann aller dings davon ab, wie wir es finanzieren – ob aus Regionalisie rungsmitteln oder aus Landesmitteln. Dass wir relativ viel aus Regionalisierungsmitteln statt aus Landesmitteln finanzieren – das ist schon wahr; das ist am Anfang, glaube ich, von Herrn Schuler angesprochen worden oder auch von Herrn Schütte –, das hat auch seine Grenzen, weil die Regionalisierungsmit tel nicht unendlich sind.
Wenn wir immer mehr wollen, müssen wir, das Land, auch mehr aus Landesmitteln tun. In den letzten Jahren haben wir vor allem von den steigenden Regionalisierungsmitteln pro fitiert, mit denen wir uns auch viel mehr leisten konnten.
Vielen Dank. – Dann sind wir mit diesem Thema durch, und ich rufe das nächste Thema auf, gemeldet von der SPD-Fraktion:
Ä u ß e r u n g e n v o n M i n i s t e r U n t e r s t e l l e r z u R e g e l u n g e n b e z ü g l i c h D a c h b e g r ü n u n g u n d F a h r r a d a b s t e l l p l ä t z e n i n d e r L a n d e s b a u o r d n u n g
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Der fehlende Wohnraum ist das drängende Pro blem in Baden-Württemberg. Expertinnen und Experten sind sich einig, dass es auch darum geht, bei Regelungen zum Bü rokratieabbau voranzukommen. Ministerin Hoffmeister-Kraut hat mehrmals angekündigt, dazu im ersten Halbjahr dieses Jahres – heute haben wir den 13. Juni – einen Vorschlag vor zulegen. Zuletzt hat sie sich deshalb am 20. April an den „Schwarzwälder Boten“ gewandt – offensichtlich unterhält sich diese Regierung gern über die Presse –, und es war zu le sen:
Für den Bau neuer Wohnungen hat Wirtschaftsministerin Nicole Hoffmeister-Kraut (CDU) den grünen Koalitions partner eindringlich zur Reform der Landesbauordnung (LBO) aufgefordert.