Protocol of the Session on December 16, 2020

(Beifall – Zuruf)

Die Genehmigungsverfahren dauern zu lang – egal, ob bei der Erstellung von Flächennutzungsplänen, bei der Ausweisung von neuen Baugebieten oder bei der Hebung von Wohnungs baupotenzialen in den Innenstädten wie Brachflächen und Nachverdichtung. Deshalb arbeiten wir alle gemeinsam wei ter an der gesamtgesellschaftlichen Aufgabe: Mehr Wohn raum, weniger Bürokratie. Dies schafft Wohnungen und si chert den sozialen Frieden in Baden-Württemberg. Packen wir es weiter an!

Herzlichen Dank. Ich freue mich auf die Beratungen im Aus schuss.

(Beifall)

Herr Abg. Born, jetzt sind Sie an der Reihe.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Zweckentfremdung von Wohn raum ist nicht hinnehmbar. Das war der Grund, warum in der letzten Legislaturperiode die damalige Regierungskoalition aus SPD und Grünen eine entsprechende Möglichkeit für die Kommunen geschaffen hat. Wir haben gesehen, die Kommu nen nutzen die Möglichkeit. Die Kommunen haben der Re gierung und dem Parlament gespiegelt, wie wichtig es ist, dass es die Möglichkeit, Zweckentfremdung zu bekämpfen, gibt.

Sie hätten weitaus früher damit beginnen können, an diesem Gesetz weiterzuarbeiten. Sie haben die Evaluation verschleppt, und Sie haben danach auch den gesamten Gesetzgebungspro zess verschleppt. Sie hätten beispielsweise das Auskunftsrecht gegenüber Airbnb und anderen längst in Kraft setzen können. Da haben Sie nichts getan. Insofern: Wenn Frau Bay erzählt, die durchschnittliche Urlaubszeit der Menschen betrage zehn Wochen pro Kalenderjahr,

(Zurufe, u. a.: Bei der Wahrheit bleiben!)

dann kann man sich erklären, weshalb Sie erst jetzt mit die sem Gesetz um die Ecke kommen.

(Zurufe, u. a.: Das hat sie gar nicht gesagt!)

Meine Damen und Herren, wir erleben in der Wohnungspoli tik seit viereinhalb Jahren, was es heißt, wenn die Ministerin einen Prozess nur politisch und protokollarisch flankieren will.

(Vereinzelt Lachen)

Wir hätten weitaus mehr Einsatz erwartet. Ein Beispiel ist da bei tatsächlich, wie wir Ordnung in dem Bereich schaffen, in dem den Familien, den Menschen Wohnraum weggenommen wird, obwohl er längst da ist. Da muss man nicht das Trauer lied auf die langen Genehmigungsverfahren singen. Wohn raum zur Verfügung zu haben – der aber nicht zur Verfügung steht – ist das eigentliche Ziel eines Zweckentfremdungsver botsgesetzes. Da erwarten wir, dass man es nicht bei einem Einsatz mit halber Kraft belässt.

Frau Ministerin, ich muss ganz ehrlich sagen: Ich hatte, als Sie über das Gesetz gesprochen haben, das Sie hier jetzt vor legen, den Eindruck: Vielleicht sind Sie momentan so sehr da mit beschäftigt, SWR und ZDF privatisieren zu wollen, dass Sie überhaupt keine Zeit hatten, Ihr Gesetz einmal durchzu lesen. Denn dieser Instrumentenkasten – –

(Zurufe, u. a.: Reiner Populismus!)

Solche Forderungen von diesem angeblichen Expertenrat, finde ich, sind Populismus.

(Beifall – Zurufe, u. a.: Sehr gut!)

Angeblicher Expertenrat.

(Zuruf: Ja, ja!)

Aber diesen Instrumentenkasten, den Sie hier nennen, haben Sie doch gar nicht so gefüllt, wie ihn die, die ihn vor Ort ein setzen müssen, brauchen. Die Kommunen haben weiterhin keine Möglichkeit, bei Wohnungen, die längst zweckentfrem det sind, darauf zurückzugreifen. Sie haben bei den Bußgel

dern weit, weit weniger in den Raum gestellt, als es andere Bundesländer tun.

Sie haben auch noch immer nicht die Möglichkeit einer kom munalen Wohnraumverwaltung geschaffen, wenn man merkt, dass man mit den bisherigen Mitteln nicht durchgreifen kann. Wer aus sozialen, ökologischen und städtebaulichen Gründen den Kommunen ernsthaft die Möglichkeit geben will, enga giert gegen Zweckentfremdung vorzugehen, der darf es nicht bei einem Einsatz mit halber Kraft belassen. Genau das haben Sie einmal mehr getan. Ihre protokollarische Begleitung der Wohnraumschaffung in Baden-Württemberg ist zu wenig für dieses Land.

(Beifall – Zuruf)

Herr Abg. Baron, Sie ha ben das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Um es klar auszu sprechen: Das, was uns die Regierung hier auf die Tagesord nung setzt, ist ein sozialistisches Bürokratiemonstrum.

(Lachen – Abg. Andreas Stoch SPD: Sie haben Ihre frühkindlichen Traumata auch nie bewältigt!)

Grün-Schwarz möchte eine Auskunftspflicht für die Betreiber von Internetportalen über die Vermittlung von Ferienwohnun gen einführen. Darüber hinaus wird es Kommunen ermög licht, eine Registrierungspflicht für das Anbieten und Bewer ben von Ferienwohnungen einzuführen.

Wir, die AfD, sind eine Partei der Freiheit und lehnen Über wachungen in diesem Ausmaß ganz entschieden ab.

(Beifall – Zurufe – Unruhe)

Sie stellen damit Wohnungs- und Hauseigentümer unter Ge neralverdacht. Die Landesregierung, die Bundesregierung sind es aber, die in den vergangenen Jahren eine katastrophale Wohnungsbaupolitik betrieben haben.

Ebenfalls möchte ich auf die von Ihnen herbeigeführten Kri sen verweisen. Die Eurokrise hat dazu geführt, dass immer mehr Geld von immer weniger Bürgern in deutsche Immobi lien fließt. Hinzu kommt eine Asylkrise, die Millionen von Quadratmetern an Wohnraum vom Markt nimmt. Nicht zu letzt ist die Energiepreiskrise zu nennen, weil Ihnen Ihre ab surden Weltrettungsfantasien wichtiger sind als bezahlbare Nebenkosten für die Bürger beim Wohnen. Ja, wir haben ein Wohnraumproblem, aber das ist nicht die Schuld der Woh nungseigentümer, sondern die der Politik.

(Vereinzelt Beifall)

Gerade in den ländlichen Umlandgemeinden der Großstädte ziehen die Immobilienpreise aufgrund solcher Bürokratie ak tuell massiv an, wie eine Studie eines Immobilienvermittlers für den „WirtschaftsKurier“ und FOCUS Online zeigt. Gera de dort will man eine derartige obrigkeitsstaatliche Überwa chung daher auf gar keinen Fall.

Wir sehen es als gutes Recht von Haus- und Wohnungsbesit zern an, ihre Wohnungen als Ferienwohnungen zur Verfügung

zu stellen. Diese Menschen haben ihre Gründe. Diese sind oft nicht nur finanzieller Art. Manch ein Vermieter will seine Wohnung auch wegen schlechter Erfahrungen mit Mietnoma den und der Kosten für juristische Streitigkeiten nicht mehr für eine Vermietung zur Verfügung stellen. Das ist sein gutes Recht. Das liegt natürlich auch an falschen Prioritäten in Ih ren bisherigen Gesetzgebungen.

(Vereinzelt Beifall)

Wenn Sie den Vermietern nun weiter zusätzliche Bürokratie und zusätzliche Überwachung aufhalsen sowie zusätzliches Misstrauen entgegenbringen, dann werden diese Personen ih re Wohnungen eben gar nicht mehr vermieten – weder als Mietwohnung noch als Ferienwohnung.

Die Lösung von Problemen, die auf falsches staatliches Han deln zurückgehen, ist nicht noch mehr falsches staatliches Handeln, sondern eine Enquetekommission zum Thema „Wohnraum, Miete & Co.“. Dieses Instrument wäre durchaus sinnvoller.

(Vereinzelt Beifall)

Rechtlich gesehen steht dieses Gesetz auf ganz wackligen Fü ßen. Sie kennen vielleicht das Urteil des Verwaltungsgerichts hofs in München. Dort hatte man auch versucht, eine Aus kunftspflicht zu erwirken, hat aber eine Niederlage kassiert. Ich glaube, das vorliegende Gesetz ist nicht rechtmäßig.

Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall)

Frau Abg. Reich-Gutjahr, als Nächste haben Sie das Wort.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Diese sinnlose Gesetzesno velle wird keinen Beitrag gegen den Wohnungsmangel leis ten.

Um noch einmal darauf einzugehen: Diese Novelle des Zweck entfremdungsverbotsgesetzes – schon ein Monstrum im Wor ding – verschafft den Kommunen die Möglichkeit, neue Mel depflichten einzuführen, insbesondere für Onlineportale und online stattfindende Vermietungen. Damit legt die Regierung die Basis für weitere Einschränkungen oder gar Verbote von Onlinevermietungen und auch sonst nicht gewünschten Nut zungen von Wohnraum. Dies also ist die Reaktion dieser Re gierung auf die Digitalisierung, auf neue Arbeits- und Lebens modelle sowie neue Geschäftsmodelle.

Jetzt reden wir hier seit Wochen von Homeoffice, Homeschoo ling. Wir reden von älteren Leuten, die, weil sie genug Geld und Zeit haben, künftig ihre Lebensmodelle ganz anders auf bauen werden, die vielleicht irgendwo im Ausland für mehre re Monate ihren Lebensraum suchen und deren Wohnung hier in dieser Zeit leer steht. Die Welt ist in Bewegung. Struktur wandel findet nicht nur in der Wirtschaft, sondern auch in der Gesellschaft statt. Und dieses Gesetz hier ist so etwas von vor gestern, man kann es gar nicht anders sagen.

(Beifall)

Man versucht wie immer, mit Verboten einem Mangel Rech nung zu tragen, anstatt den Raum für neues Denken zu öff nen.

(Zuruf)

Das schafft keine Anreize für irgendeine Wohnrauminvestiti on und schon gar nicht für die sinnvolle Nutzung von Flächen. Wir müssen uns lösen von alten Gedanken, von der einfachen Vorstellung: Tagsüber sitzen wir im Büro – nachts ist es leer –, und abends sitzen wir in der Wohnung, während das Büro leer ist. Also, um es noch mal genau zu sagen: Nachts ist die Wohnung voll und das Büro leer, und tagsüber ist es umge kehrt.

(Zurufe, u. a. Abg. Daniel Born SPD: Wir haben es verstanden!)