Herr Minister Strobl, gibt es im Rahmen Ihrer Einstellungsoffensive Bestre bungen, in verstärktem Maß Menschen mit Migrationshinter grund in den Polizeidienst einzustellen, und gibt es irgendwel che Tendenzen, die Qualifikationskriterien vor diesem Hinter grund herunterzuschrauben?
Es gelten für alle Bewerberinnen und Bewerber bei der baden-württembergischen Polizei exakt die gleichen Einstellungsvoraussetzungen. Im Übrigen gilt das Beamten recht. Hier gibt es ganz klare Regelungen. Die werden bei der baden-württembergischen Polizei und der Innenverwaltung strikt beachtet.
Herr Minister Strobl, Sie haben gerade zu Recht auf die Frage des Kollegen der FDP/DVP ge antwortet, was die Schwierigkeit der Ausbildung von Polizei beamtinnen und Polizeibeamten angeht.
Deshalb glaube ich es auch, wenn Sie sagen, dass Sie gegen über der bisherigen Planung von 1 100 jetzt 300 mehr ausbil den. Ich meine aber, dies gilt nicht schon für 2017, sondern erst für 2018, weil wir für 2016 und 2017 ja schon 1 400 ge plant haben. Insofern sagen Sie: „300 mehr“. Diese müssen, je nachdem, ob sie im mittleren oder im gehobenen Dienst ausgebildet werden, zweieinhalb bis drei Jahre lang eine Aus bildung machen. Erst dann können sie Stellen einnehmen. Sie sprechen von 900 Vollzugsstellen.
Das heißt, wenn wir jetzt vom Jahr 2018 ausgehen und zwei einhalb bis drei Jahre für die Ausbildung rechnen – – Wir kön nen aber auch vom Jahr 2017 ausgehen. Wenn wir also von 2017 ausgehen, dann müssten Sie 2018, um im Jahr 2021 auf diese 900 Stellen zu kommen, 600 mehr als bisher geplant ausbilden – bei den Ausbildungskapazitäten, die wir zurzeit zur Verfügung haben, mit all den Schwierigkeiten, die Sie ge rade genannt haben.
Deshalb noch einmal die Frage: Wie schaffen Sie es, am En de im Jahr 2021 1 500 Stellen mehr als im Jahr 2016 – 900 davon im Vollzugsdienst – mit ausgebildeten Polizeianwärte rinnen und -anwärtern zu besetzen? Bisher haben Sie diese Frage nicht beantwortet.
Sie haben in Ihrer Frage jetzt die Stellen im Po lizeivollzugsdienst und im allgemeinen Polizeidienst wieder durcheinandergeworfen. Es sind nicht 1 500 Stellen im Voll zug, sondern es sind 900 Stellen im Vollzug
So, wie ich Ihnen geschildert habe, werden wir jetzt einmal im Haushalt 2017 kräftig beginnen. Wir werden die Ausbil dungskapazitäten 2017 um 300 erhöhen und werden diese 1 500 zusätzlichen, neuen Stellen Stück für Stück bis zum En de der Legislaturperiode schaffen.
Noch einmal: Sie haben recht, dass die Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten, die in den Vollzug kommen, zunächst ausge bildet werden müssen. Das ist unstrittig. Deswegen ergreifen wir zwei Maßnahmen, um die Polizeidichte schnell zu erhö hen. Erstens: Wir werden schnell, und zwar beginnend mit dem Haushalt 2017, in einer dreistelligen Zahl allgemeine Ver waltungskräfte für die Polizei anwerben. Ich bin sicher, dass wir diese Stellen auch werden besetzen können. Dadurch wer den wir Vollzugsbeamte von allgemeinen Verwaltungstätig keiten entlasten und den Polizeivollzugsdienst, die Polizei dichte vor Ort relativ zeitnah stärken.
Über die zweite Möglichkeit haben wir auch gesprochen. Wir wollen in maximalem Umfang Polizeibeamtinnen und Poli zeibeamte auf freiwilliger Basis – Ausrufezeichen – über die Pensionierungsgrenze hinweg und damit länger im Dienst be halten, gleichzeitig aber von unten besetzen, um auch dadurch schnell zu mehr Polizeivollzug auf der Straße zu kommen.
Das ist das Konzept. So werden wir es machen. Ich hoffe, dass wir in den nächsten Wochen einen kräftigen Einstieg in das Programm für 1 500 zusätzliche, neue Stellen bei der Polizei in Baden-Württemberg nehmen werden.
Herr Minister, Sie haben zu Recht darauf hingewiesen, dass die Haushaltsberatungen an stehen. Das Kabinett wird den Haushaltsentwurf am 25. Ok tober beschließen. Ich gehe davon aus, dass Sie ein Konzept haben, wie Sie die Stellen in den nächsten fünf Jahren aufbau en. Können Sie uns heute sagen, wie sich dieser Stellenauf bau auf das Jahr 2017 – der entsprechende Haushalt wird ver abschiedet – und die Folgejahre verteilt?
Da aber, wie Sie zu Recht bemerkt haben, der Ministerrat sei nen Beschluss über den Haushaltsentwurf noch nicht gefällt hat und wir in Gesprächen sind, möchte ich der Finanzminis terin nicht vorgreifen. Dafür haben Sie sicher Verständnis.
Aber der Innenminister kämpft, unterstützt durch die Koaliti onsfraktionen, dafür, dass wir in das Programm für 1 500 zu sätzliche Stellen bei der Polizei einen kräftigen Einstieg neh men. Daran können Sie uns auch messen; darüber können wir sprechen. Sie können – der Landtag von Baden-Württemberg entscheidet über den Haushalt – da gern noch eine Schippe drauflegen. Aber Sie sind selbst lange genug im Geschäft, um zu wissen, dass alles immer auch realistisch, umsetzbar sein muss; beispielsweise müssen Ausbildungskapazitäten vorhan den sein.
Natürlich habe ich Überlegungen angestellt, wie wir das bis zum Ende dieser Legislaturperiode durchschlüsseln. Ein ent scheidender Punkt wird die Beratung des Doppelhaushalts 2018/2019 sein; das ist die entscheidende Wiedervorlage da zu, wie es bei diesem Thema weitergeht.
In diesem Haus wird hoffentlich niemand geglaubt haben, dass wir die 1 500 zusätzlichen, neuen Stellen bei der Polizei im Jahr 2017 schaffen. Dass das auf fünf Jahre angelegt ist, war ja logo.
Die Frage, die wir aktuell zu beantworten haben, ist: Hat die se Landesregierung und hat der Landtag von Baden-Württem berg die Kraft, jetzt einen kräftigen Einstieg zu nehmen? Ich kann für die Landesregierung sagen, dass ich, jedenfalls bis zur Stunde, den gesicherten Eindruck habe, dass die Bereit schaft dazu vorhanden ist, und ich freue mich über jede Un terstützung aus dem Parlament.
Erste Beratung des Gesetzentwurfs der Landesregierung – Gesetz über die Sozialarbeit der Justiz – Drucksache 16/331
Herr Prä sident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Im Jahr 2007 wurde eine umfassende Reform der Bewährungs- und Gerichtshilfe durchgeführt. Die Aufgabenerledigung wurde auf einen frei en Träger übertragen, die NEUSTART gGmbH. Man ver sprach sich seinerzeit neben einer Einsparung vor allem eine Verbesserung der Strukturen sowie die Sicherung und Steige
rung der Qualität. Es wurde eine landesweite, einheitliche Struktur geschaffen, um Qualitätsstandards einheitlich umset zen zu können. Im Rahmen einer groß angelegten Evaluation wurde der Aufgabenerledigung durch NEUSTART bei noch bestehendem Nachbesserungsbedarf eine gute Qualität be scheinigt.
Mir ist es wichtig, liebe Kolleginnen und Kollegen, an dieser Stelle zu verdeutlichen: Es sind nicht Qualitätsmängel in der Ausübung der Bewährungs- und Gerichtshilfe durch NEU START, sondern es sind Veränderungen, die sich durch die Rechtsprechung ergeben haben. Deshalb will ich den Mitar beiterinnen und Mitarbeitern bei NEUSTART für ihre gute und bewährte Arbeit in der Bewährungshilfe an dieser Stelle herzlich danken.
Aber das Bundesverwaltungsgericht hat 2014 entschieden, dass das der Privatisierung zugrunde liegende Landesgesetz keine ausreichende Grundlage für die Überlassung der Lan desbeamten an den freien Träger darstellt. Für die Neustruk turierung wurde dem Land eine Übergangsfrist bis zum Ende der Vertragslaufzeit mit NEUSTART Ende des Jahres 2016 gewährt. Vor diesem Hintergrund soll die Bewährungs- und Gerichtshilfe als mittelbare Staatsverwaltung organisiert wer den. Dabei sollen die in den letzten Jahren gewachsenen und bewährten Strukturen beibehalten werden.
Die gemeinsame Prüfung von Justizministerium und Finanz ministerium hat ergeben, dass die zukünftige Erledigung der Aufgaben unter Berücksichtigung der voraussichtlichen Kos ten und vor allem – das ist uns ja das Wichtigste – mit Blick auf den Erhalt der Qualität am besten in einer Anstalt des öf fentlichen Rechts erfolgen kann. Die Anstalt des öffentlichen Rechts soll eine flexible Organisationsform darstellen; die in nere Ausgestaltung kann problemlos auf die besonderen Be dürfnisse der Bewährungs- und Gerichtshilfe zugeschnitten werden.
Im Vergleich zu einer Übertragung der Aufgaben auf einen freien Träger entfällt zudem die Pflicht zur Neuausschreibung, sodass die damit einhergehenden Phasen der Unsicherheit und des Übergangs zukünftig entfallen.
Die Anstalt soll die Bezeichnung „Bewährungs- und Gerichts hilfe Baden-Württemberg“ tragen. Inhaltlich werden wir an den durch den freien Träger erreichten Stand in der Bewäh rungs- und Gerichtshilfe anknüpfen. Insbesondere soll die vom freien Träger seit 2007 aufgebaute Struktur beibehalten werden. Alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des freien Trä gers werden übernommen. Die Erarbeitung und Einhaltung von fachlichen Standards für die Sozialarbeit wird fortgesetzt und weiterentwickelt.
Wir haben diesbezüglich – auch das war uns wichtig – alle Beschäftigten trotz des immens großen Zeitdrucks in den Um wandlungsprozess einbezogen. In Arbeitsgruppen wurden im Laufe des Jahres erste Verbesserungsvorschläge für die inhalt liche Arbeit entwickelt. Der Abschlussbericht der Arbeitsgrup pen liegt mittlerweile vor, und er gibt uns auch wichtige Hand reichungen und Handlungsempfehlungen. Wir werden auch die überaus wichtige Zusammenarbeit mit dem Justizvollzug im Rahmen der Entlassvorbereitung fortführen.
Auch – das ist mir besonders wichtig – die gerade durch NEU START geschaffenen Ehrenamtsstrukturen, die Einbindung, die Mitarbeit der ehrenamtlich Tätigen wollen wir stärken, wollen wir weiterentwickeln. Ehrenamtliche Bewährungshel ferinnen und Bewährungshelfer gehören bei uns auch zu star ken Säulen der Bewährungs- und Gerichtshilfe. Auch den dort ehrenamtlich Engagierten sage ich an dieser Stelle ein herzli ches Dankeschön.