Protocol of the Session on June 17, 2015

Ja, das will ich Ihnen jetzt sagen. Er steht deshalb auf der Tagesordnung, weil wir weniger denn je Klarheit darüber ha ben, wie es in dieser Sache weitergeht,

(Abg. Walter Heiler SPD: Ach, Herr Köberle!)

obwohl eine Reform dringend notwendig wäre und die Schief lage der bisherigen Regelung immer deutlicher wird.

Im grün-roten Koalitionsvertrag von 2011 steht wörtlich:

In Anknüpfung an die erfolgreiche Regionalisierung des SPNV wollen wir im Dialog mit den Beteiligten eine schlüs sige Reform der ÖPNV-Finanzierung entwickeln.

Von diesem Ziel sind Sie weiter weg denn je.

Sie tragen aber die Verantwortung für eine Reformierung der ÖPNV-Finanzierung und für eine Neugestaltung der Mittel verteilung für den Schülerverkehr. Diese Mittel sind – wesent lich mehr als die eigentliche Busförderung in Höhe von 10 Mil lionen € – das entscheidende Unterstützungssystem für einen guten, flächendeckenden Busverkehr, im ländlichen Raum weitgehend sogar die Voraussetzung dafür.

Gründe für die notwendige Reform sind nicht nur die EU-Ver ordnung 1370/2007, sondern auch die demografische Ent wicklung und die Veränderungen in der Schullandschaft so wie die Tatsache, dass die Ausgleichszahlungen immer weni ger die Wirklichkeit der Verkehre abbilden.

2013 gingen Sie endlich an die Herausforderung einer Re form, und es ließ sich zunächst auch ganz gut an: Alle Betei ligten an einem Tisch, die bekannte Linie des Hörens und Ge hörtwerdens, alle Betroffenen machten engagiert mit, weil al le die Notwendigkeit einer Reform sahen.

Dass der Weg zur Reform kein Spaziergang werden würde, liegt in der Natur der Sache. Dass die guten Ansätze aber bald in einem Fiasko endeten, hat das Verkehrsministerium, haben Sie, verehrter Herr Minister, zu verantworten. Sie haben ei nen hohen, einen unangemessenen Zeitdruck aufgebaut, weil Ihren Ankündigungen die Zeit davonlief. Aber dieser Zeit druck war der Schwierigkeit der Sache alles andere als ange messen. Es fehlten die notwendigen Zahlen, Daten und Fak ten als Grundlage für ein neues System und für notwendige Modellrechnungen, und – aber das kennt man auch von ande ren Anhörungs- und Beteiligungsinszenierungen – die Betei ligten am runden Tisch hatten sehr schnell das Gefühl, dass das Verkehrsministerium von Anfang an ein eigenes Modell durchsetzen wollte – nennen wir es mal „Hickmann-Modell“ –, ein Modell, das vielleicht in die Landschaft von Branden burg passt, aber nicht für die ÖPNV-Strukturen in BadenWürttemberg geeignet ist.

Der ÖPNV in der Fläche Baden-Württembergs lässt sich nur mit den starken mittelständischen Busunternehmen in unse rem Land sichern.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Die mehr als 600 Unternehmen sind das Rückgrat des ÖPNV in der Fläche. Deshalb gibt es überhaupt keinen Grund – dazu gehört auch nicht die vorgeschobene EU-Verordnung 1370/2007 – für einen Systemwechsel weg von den Unternehmen und hin zu den Aufgabenträgern.

2015, ein Dreivierteljahr vor Ablauf Ihrer Regierungsverant wortung,

(Lachen bei Abgeordneten der Grünen)

stehen Sie bei der ÖPNV-Förderung vor einem Scherbenhau fen. Die Beteiligten sind sich bei aller Unterschiedlichkeit der Interessen und der Betroffenheiten einig bei der Ablehnung von Stil, Verfahren und Inhalten Ihres ÖPNV-Kurses.

Seit einem Jahr herrscht nun Funkstille, und der Zeitfahrplan, den Sie in der Stellungnahme zu unserem Antrag als „zweite Runde“ darstellen, ist reine Fantasie.

Wir von der CDU fordern Sie auf, den Beteiligungsprozess wiederaufzunehmen und ohne Vorgaben und Zeitdruck eine konsensfähige, eine mittelstandsfreundliche und eine nach haltige Reform auf den Weg zu bringen, die Ihren eigenen Zie len gerecht wird und dem ÖPNV in Baden-Württemberg ei ne gute Zukunft gibt.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP)

Für die Fraktion GRÜ NE erteile ich das Wort Herrn Abg. Schwarz.

Frau Präsidentin, liebe Kol leginnen und Kollegen! Seit 2011 bauen wir den öffentlichen

Nahverkehr in Baden-Württemberg aus, um allen Menschen in unserem Land flächendeckend Zugang zu Mobilität zu er möglichen. Gezielt stärken wir Busse und Bahnen als ökolo gische Verkehrsträger. Der Bus ist ein wichtiger Teil einer Mo bilitätskette. Er ist ein sehr ökologisches Verkehrsmittel. Er hat eine wichtige Funktion einerseits als Zubringer zum Schie nenverkehr und andererseits für die Feinerschließung in der Fläche. Kurzum: Der Busverkehr gewährleistet die Mobilität in unserem Bundesland.

Unser Ziel ist ganz klar: Baden-Württemberg soll zum Bus land Nummer 1 werden, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Von einer Mobilitätsgarantie und einem Stundentakt im Bus verkehr können alle Fahrgäste profitieren. Alle Fahrgäste wür den von einem besseren, einem zuverlässigen Takt sowie von einem dichten Verkehrsnetz profitieren.

Wir sind stolz darauf, dass wir in Baden-Württemberg eine vielfältige Struktur an Busunternehmen haben und viele mit telständische Busunternehmen gute Leistungen erbringen.

Baden-Württemberg stellt jährlich rund 200 Millionen € für die Schülerbeförderung mit dem öffentlichen Nahverkehr, dem Busverkehr zur Verfügung. Aber, liebe Kolleginnen und Kollegen, Grün-Rot geht noch weiter: In diesem Doppelhaus halt haben wir die Busförderung auf 15 Millionen € erhöht, damit neue Fahrzeuge angeschafft werden können. Auch das ist ein wichtiger Beitrag, um Baden-Württemberg zum Bus land Nummer 1 zu machen.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Wir freuen uns, dass es erstmals gelungen ist, dass das Land in die Förderung von Expressbuslinien, also von schnellen Re gionalbuslinien, einsteigt. Orte ohne Schienenanschluss kön nen so besser miteinander verbunden werden. Auch wichtige Verkehrsdrehscheiben wie unser Landesflughafen erhalten da mit eine verbesserte Anbindung. Mit einem Sonderprogramm für den Ausbau von barrierefreien Bushaltestellen mit einem Volumen von 5 Millionen € leisten wir ebenfalls einen wich tigen Beitrag, um Baden-Württemberg zum Busland Num mer 1 zu machen.

(Beifall bei den Grünen und des Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP)

Gleichwohl besteht, was die Finanzierung des Busverkehrs angeht, Handlungsbedarf. Ab 2019 gilt eine neue EU-Verord nung. Der Bedarf zur Veränderung ist offenkundig. Die bis herige Finanzierung kann so nicht fortgeführt werden. Denn die bisherige Finanzierung des Busverkehrs hängt sehr stark von der Schülerbeförderung ab. Klar ist: Wenn Schülerzahlen zurückgehen, wenn wir einen demografischen Wandel haben und wenn eine regionale Schulentwicklungsplanung in Ba den-Württemberg Einzug hält, müssen wir auch über die ÖPNV-Finanzierung reden. Wir müssen sie an den demogra fischen Wandel anpassen.

Für uns ist ganz klar: Verkehrsunternehmen brauchen Rechts- und Planungssicherheit, sie brauchen eine beständige Grund finanzierung, um sich weiterentwickeln zu können. Auch das gehört dazu, um Baden-Württemberg zum Busland Nummer 1 zu machen.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD – Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP meldet sich.)

Die Zahlen, auf denen die Pauschalierung bislang beruht, sind veraltet. Diese Zahlen stammen aus dem Jahr 2008. Die bis herige Finanzierung ist daher nicht mehr sachgerecht, nicht mehr rechtssicher. Sie ist beihilferechtlich bedenklich. Man muss sie daher überarbeiten.

(Glocke der Präsidentin)

Ich lasse die Zwischenfrage gleich zu.

Unser Ziel ist ganz klar: Wir wollen die ÖPNV-Finanzierung nutzen, um die gute Zusammenarbeit mit den mittelständi schen Busunternehmen fortzuführen, ihnen Planungssicher heit zu geben und einen Anreiz zur Weiterentwicklung des öf fentlichen Nahverkehrs zu setzen. Das sind wichtige Beiträ ge, um Baden-Württemberg zum Busland Nummer 1 zu ma chen, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD – Glocke der Präsidentin)

Herr Abg. Dr. Bullinger, bitte Ihre Zwischenfrage.

Lieber Herr Kolle ge Schwarz, Sie schwärmen vom Busland. Ich finde diese Idee hervorragend. Könnten Sie einmal ein paar Worte dazu sagen, wie das im ländlichen Raum aussehen soll? In vielen Weilern erreichen Sie schon heute nur – wenn überhaupt – einmal oder zweimal am Tag einen Bus, und zwar den Schulbus. Wie wol len Sie das finanziell darstellen, wenn Sie für die älteren Men schen ein Angebot machen wollen? Könnten Sie dazu einmal ein paar Sätze sagen, wie da dann die Finanzierung aussehen müsste und ob nicht der Individualverkehr mit Alternativen – Elektroauto oder Rufbusse – sinnvoller wäre als das, was Sie sich hier sehr schön ausmalen? Das, was Sie beschreiben, ist sicherlich für die Ballungsgebiete klasse, aber bezogen auf den ländlichen Raum habe ich da erhöhte Zweifel.

(Zuruf des Abg. Georg Nelius SPD)

Herr Kollege Bullinger, ge rade im ländlichen Raum hat doch der Busverkehr eine ganz hohe Bedeutung und ist wichtig. Viele Landkreise – sie sind ja Aufgabenträger für den Busverkehr – engagieren sich dort, stellen Nahverkehrspläne auf, damit in den jeweiligen Regi onen auch die entsprechenden Angebote vorgehalten werden. Das Land unterstützt dies u. a. durch die Mittel nach § 45 a des Personenbeförderungsgesetzes.

Aber für uns ist klar: Wenn die Schülerzahlen zurückgehen, kann doch die Finanzierung des ÖPNV künftig nicht nur am Ausbildungsverkehr, an Schülerzahlen festgemacht werden. Da braucht man eine grundständige Finanzierung, um diesen Unternehmen Planungssicherheit zu geben.

Herr Kollege, wir gehen sogar noch weiter: Wir unterstützen durch ein Kompetenzzentrum, das wir bei der Nahverkehrs gesellschaft geschaffen haben, Bürgerbuskonzepte sowie an dere bedarfsgesteuerte Verkehre. Es gibt also viele Ideen, um den öffentlichen Verkehr im ländlichen Raum attraktiv zu ma

chen. Bislang sind wir da auf einem guten Weg, um BadenWürttemberg zum Busland Nummer 1 zu machen.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen – Zuruf des Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP)

Für die SPD-Fraktion er teile ich das Wort Herrn Abg. Haller.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir haben ein Problem, und Sie von der CDU haben vor einem Jahr befürchtet, dass wir es un ter Zeitdruck lösen wollten. Sie forderten uns damals auf, oh ne Zeitdruck eine konsensfähige nachhaltige Reform zu ma chen. Genau das machen wir.

Vor einem Jahr gab es, wie heute Abend, eine Veranstaltung des VDV. Herr Schwarz und ich haben dort erklärt: Wir ha ben ein Ziel, wir können und vor allem wollen es jedoch so nicht umsetzen, sondern wir wollen den Dialog weiterführen, um zu versuchen, einen Konsens zu erreichen. Genau das ist der Fall. Deswegen haben wir noch heute keine vorlegbare Reform.