Der Bundesrechnungshof hat in einem Mitte November 2010 vorgelegten internen Bericht zum Teil eklatante Mängel im Hartz-IV-System kritisiert. Unter anderem wird die Vergabe von Arbeitsgelegenheiten mit Mehraufwandsentschädigung - MAE -, kurz Ein-Euro-Jobs, als größtenteils wirkungslos bezeichnet. Die Kontrolleure bemängeln, dass die geförderten Arbeitsgelegenheiten in der Mehrzahl der Fälle nicht geeignet seien, die Chancen von Langzeitarbeitslosen auf dem Arbeitsmarkt zu erhöhen. Bei mehr als der Hälfte der geprüften Fälle, so die Forscher weiter, fehlten die Voraussetzungen für eine staatliche Förderung, da es sich bei den Arbeiten nicht um eine zusätzliche Tätigkeit im Interesse der Allgemeinheit handele oder aber, weil ungeförderten Unternehmen Konkurrenz gemacht werde. Die Jobcenter, so die Kernthese der Prüfer, wiesen nach wie vor „meist wahllos Arbeitsgelegenheiten“ zu.
Ich frage daher die Landesregierung: Wie hoch waren im Jahr 2010 in den einzelnen Landkreisen die Eingliederungsquoten
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Schönen guten Morgen zunächst einmal! Die Fragestellerin unterstellt ähnlich wie der Bundesrechnungshof, dass die MAE die alleinige Funktion hätte, die Leute in den Arbeitsmarkt zu integrieren. Dem ist nicht so; ich habe das hier auch schon mehrfach gesagt. Wir haben unser Landesprogramm „Arbeit für Brandenburg“ ausführlich damit begründet, dass wir an der Stelle besser werden wollen, das heißt also, dass es Vorschaltmaßnahmen gibt, indem zuvor ein Casemanagement durchgeführt, ein Profiling erstellt und nachgefragt wird, welche Maßnahme hilfreich wäre, was man später tatsächlich an Qualifizierung aufsatteln kann, welche Vermittlungschance besteht usw. Das läuft nicht bzw. sehr unterschiedlich.
Es wäre für mich ein Leichtes, die Tabellen vorzulesen, aber das wollen Sie, glaube ich, nicht. Ich kann sie Ihnen nachher geben. Sie werden sehen, dass die Eingliederungsquoten bei uns im Land zwischen 8,7 % im Landkreis Barnim und 24 % im Havelland differieren. Die Werte machen die Unterschiedlichkeit deutlich: 8,7 % zu 24 %! Noch größer sind die Unterschiede, wenn man nur die Quoten der Eingliederung von Langzeitarbeitslosen betrachtet. Das zeigt, wie unterschiedlich in den Landkreisen und ARGEn herangegangen wird. Es gibt zum Teil im Vorfeld ein Profiling, ein Caseamanagement oder so etwas wie eine Eingliederungsvereinbarung, worin die MAE konkret als ein Bestandteil der Eingliederung in den Arbeitsmarkt begriffen wird. Das ist sehr unterschiedlich, das stellte der Bundesrechnungshof fest. Man sollte jedoch nicht alle über einen Kamm scheren. Wenn das Havelland auf eine Eingliederungsquote von 24 % kommt, müsste man eigentlich davon ausgehen können, dass anderen Landkreise das auch erreichen können. Man muss daran arbeiten, dass die Jobcenter an dieser Stelle besser werden.
„Wenn eine Erwerbstätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt in absehbarer Zeit nicht möglich ist, hat der erwerbsfähige Hilfebedürftige eine ihm angebotene zumutbare Arbeitsgelegenheit zu übernehmen.“
„Für erwerbsfähige Hilfebedürftige, die keine Arbeit finden können, sollen Arbeitsgelegenheiten geschaffen werden.“
Es heißt aber auch ausdrücklich - schauen Sie sich den § 16 genau an -, dass das nur eine kleine Sequenz dessen sein kann, was tatsächlich zur Integration in den Arbeitsmarkt führt. Mehr kann und darf man davon nicht erwarten. Wer da mehr erwartet, sollte sich das SGB II noch einmal genau anschauen.
Ich habe eine Nachfrage. In wie vielen Fällen profitierten Kommunen, Sozialverbände und private Unternehmen vom Einsatz von Personen in einer MAE?
Ich kann mir nicht vorstellen, dass es irgendeine Statistik gibt, die erfasst, wer wo wann genau gearbeitet hat. Entschuldigung, das übersteigt mit Sicherheit das, was ich von hier vorn aus sagen kann. Ich nehme die Frage gern mit. Man kann sie an die BA richten. Wir können sie von Landesseite her sicher nicht beantworten. Wenn die BA die Frage beantworten kann, kann ich Ihnen die Zahlen liefern. Ansonsten kann ich Ihnen die Tabellen über die unterschiedlichen Quoten in den Landkreisen geben. Oder soll ich sie vorlesen?
Nein, die Möglichkeit zu Nachfragen ist erschöpft. Zwiegespräche sind nicht zulässig; Sie wissen das.
Wir kommen zur Frage 439 (Ansprüche gegen Versicherungen bei Binnenhochwasser), die der Abgeordnete Vogel stellt.
Frau Tack, Ministerin für Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz, hat in der Fragestunde am 17.12.2010 ausgeführt, dass es für geschädigte Privatpersonen keine „konkrete gesetzlich geregelte Unterstützung, die man in Anspruch nehmen kann“, gebe, und weiter: „Jeder ist verpflichtet, sich privat versicherungsrechtlich abzusichern“. Ich bin in der Haushaltsdebatte darauf eingegangen und habe das ausdrücklich unterstützt.
Vor dem Hintergrund verschiedener Pressemeldungen, wonach es keine Rechtsansprüche gegenüber Versicherungen gäbe, frage ich die Landesregierung: Ist sichergestellt, dass durch Binnenhochwasser entstandene Schäden von den Versicherungen als Hochwasserschäden eingestuft werden und hieraus für die
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Vogel, ich war über diese Fragestellung ein bisschen überrascht. Ich komme darauf gleich zurück, und auch heute Abend in der Diskussion zum Antrag wird das eine Rolle spielen. Elementarschäden, zum Beispiel durch Überschwemmungen, sind üblicherweise durch Wohngebäudeversicherungen gedeckt. Überschwemmungen sind Überflutungen des Grund und Bodens, die durch Ausuferung eines oberirdischen Gewässers oder durch Witterungsniederschläge bedingt sind. So lautet die Definition. Von einer Überflutung von Grund und Boden ist nach der Rechtsprechung auszugehen, wenn sich erhebliche Wassermengen auf der Geländeoberfläche ansammeln bzw. das Wasser über die Oberfläche hinaustritt und nicht mehr erdgebunden ist. Ich gehe davon aus, dass aufgrund der Tatsache, dass wir im Oderbruch ein sogenanntes Binnenhochwasser haben, genau diese Voraussetzungen erfüllt sind.
Dann muss ich Ihnen leider sagen, Herr Vogel, dass uns keine Kenntnisse darüber, in welchem Umfang Betroffene Versicherungen abgeschlossen haben, gegen welche Risiken sie im Einzelnen versichert sind und wie die Verträge konkret ausgestaltet sind, vorliegen. Deswegen bin ich der Überzeugung, dass wir als Landesregierung bezüglich Ihrer Fragestellung nicht der rechte Adressat sind.
Ich kann gut nachvollziehen, dass Ihnen darüber nicht genügend Informationen vorliegen. Ich habe dennoch die Frage: Können Sie sich in Anbetracht der großen Verunsicherung in der Region vorstellen, als Landesregierung mit den Anbietern von Elementarversicherungen, die in der Region tätig sind - es ist keine große Anzahl -, ein grundsätzliches Gespräch darüber zu führen, dass das Binnenhochwasser tatsächlich als Hochwasser einzustufen ist und entsprechende Versicherungsleistungen gezahlt werden? Es wäre hilfreich, um die Verunsicherung in der Region zu mildern.
Lieber Kollege, vorstellen kann ich mir vieles, aber ich glaube, das ist nicht unmittelbar meine Aufgabe. Ich habe die Definition vorgelesen. Jeder kann sie an die betroffenen Hausbesitzer in der Region herantragen, um deutlich zu machen: Es gibt einen berechtigten Anspruch, den man gegenüber den Versicherungen deutlich einfordern sollte.
Vielen Dank. - Die Frage 440 (Bund senkt Arbeitsförde- rungsleistungen - Eingliederungstitel) stellen die Abgeordne
Der Bund senkt 2011 die Mittel für Arbeitsförderungsleistungen sehr deutlich ab. Für die Arbeitsmarktregion Uckermark bedeutet dies eine Kürzung um über 30 %. Damit stehen für die Neubewilligung von Arbeitsgelegenheiten laut Kreisverwaltung Uckermark 2011 kaum noch Mittel zur Verfügung. Die aktuelle Arbeitslosenquote in der Uckermark liegt trotz der allgemeinen Erholung am Arbeitsmarkt bei ca. 16 %, im Barnim zum Vergleich - bei ca. 10 %.
Ich frage daher die Landesregierung: Erfolgt die Verteilung der Mittelkürzung des Bundes nach der jeweiligen Arbeitsmarktlage der Region, oder werden die Mittel gleichmäßig gekürzt?
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Verehrter Herr Kollege Bischoff, gleichmäßig nicht, es gibt eine sogenannte Eingliederungsmittelverordnung. Laut dieser Eingliederungsmittelverordnung wird genau geschaut, wie die Quote der Erwerbsfähigen, die Erwerbslosenquote im Lande ist. Das ist also das Verhältnis der Erwerbslosen im SGB II zu den Erwerbsfähigen, die im Jobcenterbereich überhaupt da sind. Je nachdem, wenn es da große Ausreißer nach unten oder nach oben gibt, wird diese Quote unterschiedlich berücksichtigt, erfolgt dann dieser Eingliederungsmittelzuschuss. Generell - da haben Sie vollkommen Recht - sind die Eingliederungsmittel in diesem Jahr um 4,66 Milliarden Euro drastisch zurückgegangen - ehrlicherweise muss man sagen: nach Abzug der Programme, die darin enthalten sind, zum Beispiel „Bürgerarbeit“; das sind trotzdem immerhin 24,8 % weniger als im vergangenen Jahr.
Dass man die Erwerbslosenquoten in den Landkreisen berücksichtigt, wird Ihnen vielleicht klar, wenn Sie sehen, dass die Uckermark im Verhältnis zum Landkreis Potsdam-Mittelmark beispielsweise für das Jahr 2010 mehr Mittel bekommen hat Uckermark 29 Millionen Euro, Potsdam-Mittelmark 14 Millionen Euro -, weil die Arbeitslosigkeit und die Zahl der SGB-IIEmpfänger in der Uckermark wesentlich größer ist. Jetzt ist Folgendes passiert: In den letzten Jahren ist die Quote der Erwerbslosen nach dem SGB II in der Uckermark um 5 % zurückgegangen. Das hat sich drastisch - um die 33 %, die Sie genannt haben - ausgewirkt. Bei der Zuteilung für dieses Jahr: In diesem Jahr liegt die Uckermark bei 19,5 %, ein Minus von 33 %, das ist die höchste Zahl, die wir in Brandenburg überhaupt haben. Für Potsdam-Mittelmark sind es 10 Millionen, die darin enthalten sind, weil dort der Rückgang nicht so drastisch ist. Aber, wie gesagt, das hängt mit der Quote zusammen, wie sich die Arbeitsmarktsituation dort verbessert hat; dementsprechend gehen dann auch die Mittel aus dem Eingliederungstitel zurück. Tut mir leid.
Es ist erst einmal positiv, zu hören, dass die Arbeitsmarktsituation vor Ort in den Regionen bei diesen Einschnitten beachtet wird. Trotzdem ist der Einschnitt sehr massiv, und die Mittel werden drastisch zurückgefahren. Sehen Sie da noch einen Verhandlungsspielraum gegenüber dem Bund, um Veränderungen herbeizuführen und die Situation - ich sage mal - abgefederter darzustellen und den Regionen, die mit dieser Problematik schwer zu tun haben, mehr Mittel zur Verfügung zu stellen?
Wir haben das Thema im Zuge der SGB-II-Reform in Berlin mit angesprochen. Ich werde das heute Nachmittag auch wieder tun. Wir haben zumindest vor, wenigstens die 400 Millionen Euro, die im vergangenen Jahr aufgrund der Haushaltseinschränkung - es gab ja Haushaltssperren usw. - bei der BA nicht abgeflossen sind, ins Jahr 2011 retten und dann explizit für solche Projekte nutzen zu können, zumindest den Eingliederungstitel, und dann für den Bereich der Langzeitarbeitslosen zu verwenden. Allerdings muss ich ehrlich zugeben, gibt es bisher wenig Entgegenkommen seitens des Bundesministeriums und auch seitens der B-Länder, also seitens der CDU und der FDP. Wir werden es trotzdem weiter verhandeln.
Vielen Dank. - Damit sind wir bei der Frage 441 (Entwick- lungspolitische Leitlinien - Brandenburg in der Einen Welt) der Abgeordneten Stobrawa.
20 Jahre Brandenburg bedeuten auch 20 Jahre breites ehrenamtliches Engagement im Bereich der entwicklungspolitischen Bildungs- und Öffentlichkeitsarbeit sowie eine umfangreiche Projektarbeit von Vereinen, Gruppen und Einzelpersonen in Asien, Afrika und Lateinamerika. Um diese Bemühungen zu unterstützen, haben die Koalitionspartner eine Überarbeitung der Entwicklungspolitischen Leitlinien aus dem Jahre 1999 geplant. Am 3. Dezember 2010 führte die Landesregierung zusammen mit entwicklungspolitischen Akteuren und Experten aus Brandenburg und anderen Bundesländern einen runden Tisch durch, bei dem Erfahrungen und konkrete Ideen im Vorfeld der geplanten Überarbeitung der Leitlinien ausgetauscht wurden.
Ich frage die Landesregierung deshalb vor diesem Hintergrund: Welche Vorstellungen hat sie für das weitere Verfahren und die Inhalte der geplanten Neufassung der Entwicklungspolitischen Leitlinien des Landes Brandenburg?
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Kollegin Stobrawa, Entwicklungspolitik muss sich mit sehr unterschiedlichen Interessenlagen auseinandersetzen. Entwicklungspolitik vollzieht sich im Spannungsfeld zwischen der Unterstützung
von demokratischen Entwicklungen in den Ländern, von wirtschaftlichen Interessen, Handels- und Landwirtschaftsinteressen sowie außen- und sicherheitspolitischen Interessen.
Mit dem Blick auf unsere Mitverantwortung hat sich die Landesregierung Brandenburg verpflichtet, mit ihrer Entwicklungszusammenarbeit einen Beitrag zur demokratischen, ökologischen und ökonomisch nachhaltigen und sozial gerechten Entwicklung zu leisten. Darüber hinaus sollen - wie Sie bereits erwähnt haben - die Entwicklungspolitischen Leitlinien der Landesregierung von 1999 neu aufgelegt werden - nicht nur überarbeitet, sondern neu aufgelegt werden -, um der sich verändernden globalen Situation zu entsprechen.
Die Regierungschefs der Länder haben anlässlich der Ministerpräsidentenkonferenz im Oktober 2008 bei der entwicklungspolitischen Zusammenarbeit der Länder die eigene Verantwortung noch einmal betont. Als Kernkompetenzen und Handlungsfelder für das Engagement der Länder im Bereich der Entwicklungszusammenarbeit wurden gesehen: Klimaschutz und Energie, Ernährungssicherheit und ländlicher Raum, Migration und Entwicklung, wissenschaftlich-technologische Zusammenarbeit, nachhaltige Wirtschaftsentwicklung, gute Regierungsführung und Dezentralisierung, Kultur und Entwicklung sowie entwicklungspolitische Informations- und Bildungsarbeit in den eigenen Bundesländern.
Die Landesregierung wird nun eigene Leitlinien aufstellen, das ist nur sinnvoll, unter Einbeziehung des vorhandenen Wissens und Könnens sowie der Erfahrungen von Akteuren, die seit Jahren auf diesem Gebiet tätig sind. Dabei wollen wir einen kritischen Diskurs mit ihnen führen. Am 3. Dezember 2010 gab es eine gemeinsame Beratung mit dem Eine-Welt-Landesnetzwerk Brandenburg e. V. VENROB, mit Vertretern unter anderem der Nichtregierungsorganisationen, von Verbänden, Kirchen, der Verwaltung, von Vertretern der Politik sowie des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung sowie aus Nordrhein-Westfalen. In diesem Gespräch wurden vonseiten der Teilnehmer zahlreiche Themen aufgerufen, die in ihrer Gesamtheit die Möglichkeiten des Landes Brandenburg übersteigen.
Wir sind derzeit dabei, die Anregungen mit unseren landespolitischen Prioritäten abzustimmen und einen ersten Entwurf der Leitlinien unter Beachtung der Schwerpunkte der Ministerpräsidentenkonferenz zu fertigen. Zum Fahrplan: Nach der Ausrichtung der Länderperspektivkonferenz - einer Sitzung des Bund-Länder-Ausschusses unter Vorsitz Brandenburgs -, die unter anderem Fragen im Rahmen eines Erfahrungsaustauschs zur Umsetzung entwicklungspolitischer Leitlinien in anderen Ländern thematisiert, ist geplant, nach Durchführung des Abstimmungsverfahrens und der Durchführung eines zweiten runden Tischs die Neufassung der Entwicklungspolitischen Leitlinien des Landes Brandenburg noch vor der Sommerpause zu verabschieden.