Protocol of the Session on November 22, 2006

Es gibt bereits einen Bundesratsbeschluss vom 19. Mai 2006. Damit wurde eine Entschließung für eine höhere Verbindlichkeit der Früherkennungsuntersuchungen im Sinne des Kindeswohls gefasst. Ein über diesen Beschluss hinausgehender Antrag zu einer Bundesratsinitiative zur Einführung pflichtiger Früherkennungsuntersuchungen ist nicht mehrheitsfähig gewesen. Das zeigt auch der Antrag von Mecklenburg-Vorpommern, der unter anderem die Forderung enthielt, die rechtlichen Möglichkeiten einer Verpflichtung zur Teilnahme aller Kinder an den Vorsorgeuntersuchungen zu schaffen. Dieser Antrag fand in dem federführenden Gesundheitsausschuss des Bundesrats keine Mehrheit. Auch der Ergänzungsantrag des Saarlandes, der insbesondere die verwaltungstechnische und datenschutzrechtliche Ausgestaltung eines Einladungswesens beinhaltete, ist nicht mehrheitsfähig gewesen.

Sanktionen, wie sie beispielsweise vom Familienministerium in Bayern vorgeschlagen wurden, sind in Brandenburg nicht

umsetzbar. Bayern gewährt neben dem bundesgesetzlich gezahlten Kindergeld zusätzlich finanzielle Leistungen an Familien, sodass der Landesgesetzgeber dort diese Leistungen auch an bestimmte Voraussetzungen knüpfen kann, zum Beispiel an die Teilnahme an Früherkennungsuntersuchungen bei den niedergelassenen Ärzten. Mangels dieser zusätzlichen finanziellen Leistungen seitens des Landes Brandenburg besteht also bei uns keine entsprechende Sanktionsmöglichkeit.

Morgen werden wir, Herr Rupprecht und ich, gemeinsam mit den zuständigen Ministern der anderen Länder einen Versuch dahin gehend unternehmen, die Beratung des saarländischen Antrags im Bundesrat zu verschieben, weil sich die für Familie und Gesundheit zuständigen Minister am Freitag im Zusammenhang mit der Bundesratssitzung am selben Tag treffen werden, um sich mit diesem Thema noch einmal zu beschäftigen. Es macht ja keinen Sinn, den Bund ständig aufzufordern, neue Maßnahmen zu ergreifen, zu denen er sich rechtlich einfach nicht in der Lage sieht, weil er auf dem Standpunkt steht, dass das Ländersache sei. Deshalb müssen wir uns über die insoweit bestehenden Möglichkeiten noch einmal auf Länderebene tiefgründig austauschen.

Fakt ist: Wir alle wollen das Gute, wollen, dass alle Kinder bzw. Eltern hier herangeführt werden und das wahrnehmen. Aber wir haben die rechtliche Handhabe dazu noch nicht in ausreichendem Maße geprüft und wissen deshalb noch nicht, wie wir wirklich zu diesem Ziel gelangen können. Nach wie vor ist das Kindeswohl im Grundgesetz zwar fest verankert, aber das Gleiche gilt für die Eltern, die dafür Sorge zu tragen haben. Dass das Elternrecht nach wie vor höher bewertet wird als das Kindeswohl, wollen wir nicht weiterhin so wahrnehmen.

Es gibt noch Informationsbedarf seitens der Fragestellerin.

Frau Ministerin, ich kann also davon ausgehen, dass die Landesregierung mögliche Veränderungen in der Meinungsbildung in unserem föderativen Staatssystem der Bundesrepublik Deutschland weiterhin wohlwollend in dem Sinne betreiben wird, wie wir das vor einem knappen Jahr beschlossen haben?

Ja, mit Sicherheit.

Vielen Dank für die Beantwortung dieser Frage, Frau Ministerin. - Wir kommen damit zur Frage 930 (Bau der „Havelspan- ge“ über Templiner See), die von der Abgeordneten Melior gestellt wird.

Ende Oktober hat der Bundesverkehrsminister den Fünfjahrplan für Verkehrsinvestitionen, den sogenannten Investitionsrahmenplan, vorgelegt. In diesem Rahmenplan werden die vordringlichen Verkehrsinvestitionen abgesteckt, die im Zeitraum von 2006 bis 2010 in Angriff genommen werden sollen. In der

Projektliste für Bundesstraßen wird die Ortsumgehung für Potsdam, Verbindung der B1 mit der B 2 mit dem zentralen Bestandteil der sogenannten Havelspange, nicht erwähnt.

Ich frage nun die Landesregierung: Wie ist der Stand für den Bau der Potsdamer Ortsumgehung und speziell der „Havelspange“? - Ich frage also die Landesregierung und gehe davon aus, dass der Verkehrsminister antworten wird.

Ich wünsche mir, dass der Verkehrsminister ans Pult tritt und antwortet.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Frau Abgeordnete Melior, dieses Thema beschäftigt uns ja schon seit Jahren. Das Raumordnungsverfahren ist bekanntlich im März 1999 ausgesetzt worden, und zwar mit der Verabredung, dass ein integriertes Verkehrskonzept zwischen der Stadt Potsdam und dem Landkreis Potsdam-Mittelmark erarbeitet werden soll. Daran wird weiter gearbeitet, würde ich einmal moderat formulieren. Es gibt jetzt eine Verabredung, nach der sich eine kommunale Arbeitsgemeinschaft dieses Themas annehmen und dann auch ein entsprechendes Konzept auf den Tisch legen soll. Ich möchte jetzt nicht im Einzelnen konkret darauf eingehen, dass es vonseiten der Stadt Potsdam Beschlüsse bzw. Entwürfe zur Verkehrsentwicklung des Landkreises PotsdamMittelmark gibt; denn das alles ist Ihnen bekannt.

Der Bedarfsplan für die Bundesfernstraßen in Form des Fernstraßenausbaugesetzes wurde zwischenzeitlich, am 1. Juli 2004, durch den Bund in Kraft gesetzt. Dieser Bedarfsplan stellt die Netzverknüpfung von Potsdam insgesamt nicht mehr als vordringlichen Bedarf dar, sondern sieht nur die Aufnahme der sogenannten Havelspange zwischen B1 und B 2 im vordringlichen Bedarf und in dem anderen Bereich die Verbindung zwischen B 2 und L 40 in den weiteren Bedarf vor.

Resümierend muss man sagen, dass aus Sicht des Bundesverkehrsministeriums die angeführte Maßnahme aktuell keine hohe Priorität hat. Aus diesem Grunde ist diese Maßnahme in dem sogenannten Investitionsrahmenplan nicht enthalten. Das bedeutet im Umkehrschluss, dass in den Jahren 2006 bis 2010 aus Sicht des Bundesverkehrsministeriums und auch aus Sicht des Landes - wir teilen also die Auffassung des Bundes - weder Planungsmittel noch Baumittel für die sogenannte Havelspange zur Verfügung stehen. Ich erinnere daran, dass die gesamte Maßnahme planungsseitig eine sehr langfristige Aufgabe sein wird. Das heißt im Umkehrschluss, dass man dieses Thema in einigen Jahren, und zwar, so jedenfalls die Hoffnung, mit einem abgestimmten Verkehrskonzept, wieder aufrufen wird.

Der Abgeordnete Dr. Klocksin wünscht Weiteres zu wissen.

Teilen Sie meine Auffassung, dass eine langfristige Unklarheit über einen Bau bzw. dessen Ausführung keine hinreichende Standortsicherheit beschert, um auf mittlere Sicht im Sinne von kulturwirtschaftlichen und touristischen Investitionen tätig

zu werden, sondern - im Gegenteil - es zu einer Stagnation der allgemeinen Lage kommen kann?

Es geht hier um verkehrliche Notwendigkeiten, die letztendlich im Kontext dieser Maßnahmen nachgewiesen werden müssen. Auf der anderen Seite muss nachweislich sein, dass diese Maßnahmen Potsdams Verkehrsprobleme lösen. Ich erinnere an die UNESCO-seitige Diskussion: Die Prüfkriterien des Welterbekomitees sind verschärft worden. Die Diskussion ist auch in diesem Kontext zu führen. Ich schätze das genauso ein wie Sie, Herr Dr. Klocksin.

Frau Tack hat eine Nachfrage. Bitte schön.

Ich beziehe mich auf Ihre Ausführungen, dass es eine gemeinsame Arbeitsgruppe mit Vertretern aus Potsdam und PotsdamMittelmark gebe, die den Auftrag habe, ein integriertes Verkehrskonzept auszuarbeiten, in dem diese Investitionen möglicherweise eine Rolle spielen bzw. man zu der Entscheidung kommt, dass diese Infrastrukturmaßnahmen nicht nötig sind. Meine Frage: Welche Unterstützung geben Sie bzw. gibt das Verkehrsministerium der Arbeitsgruppe? Aufgrund der Interessenvielfalt bzw. -unterschiede ist kein schneller Arbeitsfortgang zu erwarten. Ist von Ihrer Seite eine Art Moderation angedacht, damit baldmöglichst ein Ergebnis auf den Tisch gelegt werden kann?

Diese Frage ist schon des Öfteren gestellt worden, und ich möchte sie genauso beantworten wie in der Vergangenheit: Ich glaube, dass die Gebietskörperschaften die Möglichkeit haben, eine Entscheidung gemeinsam zu treffen. Wenn Zuarbeiten gewünscht werden, sind wir dazu bereit, aber eine Moderatorenrolle muss ich ablehnen. Ich glaube, das ist eine Frage der kommunalen Selbstverwaltung, auch wenn es sich um eine Bundesmaßnahme handelt. Sie können sich sicher vorstellen, dass ich in der jetzigen Situation usw. usf.... - Vielen Dank, Frau Tack.

(Heiterkeit bei der Linkspartei.PDS)

Vielen Dank, Herr Minister. - Die Frage 931 wird wegen Abwesenheit des Abgeordneten Nonninger schriftlich beantwortet. Wir kommen zur Frage 932 (Hochschulpakt II), gestellt vom Abgeordneten Jürgens.

In Brandenburg gibt es einen landesweiten zwischen der Landesregierung und den Hochschulen geschlossenen Hochschulpakt. Dieser läuft am 31.12.2006 aus. Es bleiben also nur noch wenige Wochen, um eine nahtlose Anknüpfung an den ersten Hochschulpakt zu schaffen.

Ich frage die Landesregierung: Welche Regelungen beabsichtigt sie in den neu aufzulegenden Hochschulpakt aufzunehmen?

Für die Landesregierung antwortet Frau Ministerin Prof. Dr. Wanka.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Jürgens, der im Jahr 2004 geschlossene Hochschulpakt ist in seiner Gesamtheit unbefristet. Lediglich für einzelne Teile ist eine Evaluation im Jahr 2006 vorgesehen. Der Hochschulpakt läuft weder aus, noch läuft uns die Zeit davon; sie ist keineswegs knapp. Wir haben in der Koalitionsvereinbarung verabredet, dass wir den Hochschulpakt - an veränderte Rahmenbedingungen angepasst - fortschreiben. Dafür wurde kein Termin vereinbart. Ich habe mich seitens meines Hauses dazu verpflichtet, dass wir die wesentlichen Verhandlungen im Jahr 2006 aufnehmen und auch abschließen; das haben wir getan. Im April dieses Jahres hat die Rektorenkonferenz ihre Vorstellungen geäußert. Wir haben einen Entwurf der Landesregierung vorliegen; er ist besprochen. Die Endverhandlungen mit der Rektorenkonferenz finden Anfang Dezember statt. Im Wesentlichen wird es darum gehen, dass wichtige Kernaussagen erhalten bleiben: größere Freiheitsgrade der Hochschulen im Bereich Haushalt, zum Beispiel dass Stellenbesetzungssperren nicht im Bereich der Professoren ausgesprochen werden; dass Rücklagen zu 100 % übertragen werden und Ähnliches. Mein Anliegen ist, dass die ganze Sache symmetrisch ist; das heißt, dass auch vonseiten der Hochschulen zu landespolitisch wichtigen Fragen klar Position bezogen wird: Erhöhung der Bildungsbeteiligung, die Bruttostudierquote, das Landesinnovationskonzept. Es muss klar sein, wie ihr Beitrag dazu aussieht, und möglichst auch, wie dieser zu einem gewissen Teil abrechenbar ist. Der Hochschulpakt auf Bundesebene - zusammen mit den Ländern wird es notwendig machen, noch einiges einzufügen. Das ist der derzeitige Stand. Ich würde ungern aus diesem Konzept - es ist kein Regelwerk - einzelne Dinge herausgreifen. Das wäre dann nämlich nur meine Position und nicht die mit der Rektorenseite ausverhandelte.

Vielen Dank. Es gibt Nachfragebedarf des Abgeordneten Jürgens.

Sie haben meine Frage mit Ihrem letzten Satz im Prinzip schon beantwortet. Sie haben gesagt, dass der Hochschulpakt angepasst werde, wenn sich die Rahmenbedingungen änderten. Diese haben sich mit dem Hochschulpakt auf Bundesebene erheblich geändert. Meine Frage wäre gewesen, inwiefern das noch eingearbeitet wird. Sie haben gesagt, dies sei beabsichtigt. Insofern: Danke.

Dies war keine Nachfrage, Herr Abgeordneter Jürgens, und damit eigentlich nicht zulässig. Bedanken können Sie sich außerhalb der Tagesordnung. - Die Abgeordnete Dr. Schröder tauscht ihre Frage 933 mit der Frage 938 (Hartz IV - Entlas- tungen der Kommunen), welche sie sogleich formuliert.

Es wird im Zusammenhang mit Hartz IV oft von Belastung gesprochen. Ich frage jetzt einmal nach den Entlastungen für die Brandenburger Kommunen: Wie sieht die Situation der durch die Arbeitsmarktreform Hartz IV im Hinblick auf Sozialhilfeausgaben und Wohngeldzahlungen entlasteten Brandenburger Kommunen aus?

Frau Ministerin Ziegler wird antworten.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Vorab erlaube ich mir, darauf hinzuweisen, dass die Landesregierung zu dieser Fragestellung im Rahmen der Kleinen Anfrage 1401 - Kosten der Unterkunft -, gestellt von der Abgeordneten Dr. Schröder, bereits Stellung genommen hat.

Die kommunalen Spitzenverbände haben sich zum Jahresbeginn 2005 darauf verständigt, eine eigene kommunale Datenerhebung bei den kommunalen Trägern durchzuführen. Damit sind auf der Basis der Angaben der kommunalen Träger Daten aus dem Verwaltungsvollzug zu bestimmten Entlastungswerten der Kommunen im Rahmen des SGB II ermittelt worden. Die Darstellung der Ergebnisse der KdE zur finanziellen Ausführung des SGB II erfolgte bezogen auf die einzelnen Bundesländer. In die Be- und Entlastungsrechnungen haben bundes- und landesspezifische Daten Eingang gefunden, sodass eine Datenregionalisierung unterhalb der Landesebene nicht möglich ist.

Die Fragestellerin hat Nachfragebedarf.

Frau Ministerin, ich habe nach wie vor kein Verständnis dafür, dass uns bis heute kein Zahlenmaterial aus den Kreisen und kreisfreien Städten - detailliert für Brandenburg - vorliegt. Vor etwa einem Jahr haben die kommunalen Spitzenverbände im Fachausschuss gesagt, dass auf absehbare Zeit keine detaillierte Aufstellung erfolgen könne, und dennoch ausgeführt, dass einige Kommunen in unserem Land belastet, aber auch entlastet würden. Diese Dinge stehen fest; die Daten wurden auf Kreisebene bzw. auf der Ebene der kreisfreien Städte erhoben. Warum liegen uns die Zahlen bis heute nicht vor?

Ich kann den Aussagen des Landkreistags nicht widersprechen.

Vielen Dank. - Wir sind damit bei der Frage 934 (Längere Be- zugsdauer von Arbeitslosengeld I), die der Abgeordnete Görke stellt.

Mit den sogenannten Hartz-Reformen wurde die Bezugsdauer

für das Arbeitslosengeld I massiv gesenkt. Grundsätzlich wird Arbeitslosengeld I nur noch für einen Zeitraum von einem Jahr gewährt. Lediglich für über 55-Jährige besteht die Möglichkeit, bis zu 18 Monate Arbeitslosengeld I zu beziehen. Aktuell wird bundespolitisch wieder über eine längere Bezugsdauer diskutiert.

Ich frage die Landesregierung: Welche Position vertritt sie zu dem Vorschlag einer Verlängerung der Bezugsdauer für Arbeitslosengeld-I-Empfänger?

Frau Ministerin, Sie können fortsetzen.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Lieber Herr Görke, gestatten Sie mir zunächst, auf den Vorschlag von Herrn Rüttgers einzugehen. Der nordrhein-westfälische Ministerpräsident schlägt vor, die Bezugsdauer von Arbeitslosengeld I stärker an die Beitragsjahre zu koppeln. Konkret: Wer 15 Jahre lang in die Arbeitslosenversicherung eingezahlt hat, soll bei Arbeitslosigkeit 15 Monate ALG I erhalten. Wer 25 Jahre lang eingezahlt hat, soll 18 Monate, wer 40 Jahre lang eingezahlt hat, soll 24 Monate ALG I erhalten. - Das klingt zunächst recht gut; darin sind sich alle einig.

Man muss jedoch etwas genauer hinschauen. Deshalb nenne ich zwei Punkte. Erstens benachteiligt die Regelung Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in den neuen Bundesländern. Ostdeutsche Arbeitnehmer können bekanntlich erst seit 1990, das heißt seit 16 Jahren, in die Arbeitslosenversicherung einzahlen. Angesichts der Diskontinuität der Erwerbsverläufe, wie wir sie gerade bei den Ostdeutschen zu verzeichnen haben, wird dies nicht allzu häufig der Fall sein, sodass nur ein geringer Teil der ostdeutschen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer von einem 15-monatigen ALG-I-Bezug profitieren könnte.

Eine eindeutige Schlechterstellung ostdeutscher Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer erfolgt bei Stufe 2 und 3 des Rüttgers-Vorschlags. Ein 18-monatiger ALG-I-Bezug, der im Übrigen schon jetzt grundsätzlich für ältere Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer möglich ist, kann erst nach 25 Beitragsjahren erzielt werden. Das wäre für ostdeutsche Beschäftigte im Jahre 2015.

Bei der dritten Stufe des Rüttgers-Vorschlags würden ältere Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in den neuen Bundesländern erstmalig im Jahr 2030 - das heißt, nach 40-jähriger Beitragszahlung in die Arbeitslosenversicherung - einen Anspruch auf 24-monatige ALG-I-Zahlung haben. So weit zum Anspruch von Herrn Rüttgers, für mehr Gerechtigkeit zu sorgen.

Zweitens: Der Vorschlag von Herrn Rüttgers benachteiligt Frauen, da sie oftmals bedingt durch Kinderbetreuung und Pflege von Angehörigen nicht über die geforderten längeren Beschäftigungszeiten verfügen. Es ist deshalb zu befürchten, dass Frauen nach dem Rüttgers-Modell im Vergleich zur jetzigen Regelung zum ALG-I-Bezug schlechter gestellt werden.

Ein nicht vorrangiger, aber auch nicht unbedeutender Aspekt ist der hohe verwaltungstechnische Aufwand, der mit der von

Herrn Rüttgers vorgeschlagenen Regelung verbunden wäre. Die Bundesagentur für Arbeit verfügt nicht über langjährige Beschäftigungsnachweise von Arbeitnehmern und Arbeitnehmerinnen. Eine solche Datei müsste mit hohem finanziellen und personellen Aufwand aufgebaut werden. Ziel ist es aber gerade, die BA von solchen aufwendigen Arbeiten zu entlasten, damit sie sich dem eigentlichen Geschäft, nämlich der Vermittlung von Arbeitslosen widmen kann.