Protocol of the Session on November 22, 2006

Herrn Rüttgers vorgeschlagenen Regelung verbunden wäre. Die Bundesagentur für Arbeit verfügt nicht über langjährige Beschäftigungsnachweise von Arbeitnehmern und Arbeitnehmerinnen. Eine solche Datei müsste mit hohem finanziellen und personellen Aufwand aufgebaut werden. Ziel ist es aber gerade, die BA von solchen aufwendigen Arbeiten zu entlasten, damit sie sich dem eigentlichen Geschäft, nämlich der Vermittlung von Arbeitslosen widmen kann.

So weit einige Kritikpunkte zum Vorschlag von Herrn Rüttgers. Ich denke, dass die Regelung zur Bezugsdauer von ALG I den aktuellen Anforderungen entspricht. Aus meiner Sicht müssen eher die Belastungen der Sozialkassen, die aus der Frühverrentung entstehen, abgeschafft werden. Wichtig ist auch, dass man vor dem Hintergrund der schwierigen Situation Älterer auf dem brandenburgischen Arbeitsmarkt noch einmal darauf eingeht, dass die Senkung der Bezugsdauer des Arbeitslosengeldes mit verstärkten Anstrengungen einhergehen muss, genau diese älteren Arbeitnehmer so lange wie möglich im Arbeitsprozess zu halten. Die Gründe kennen Sie. Wir haben uns dafür im landespolitischen Teil mit der Akademie 50 plus aktiv eingeschaltet und wollen dies auch tun. Es besteht hier wirklich keine A-B-Problematik zwischen CDU- und SPD-Politikern. Auch innerhalb der CDU geht der Streit los, weil man dahintergekommen ist, welche Auswirkungen es tatsächlich mit sich bringt. Was gut klingt, ist nicht immer gut.

Frau Ministerin, es besteht weiterer Informationsbedarf.

Frau Ministerin, Sie haben Recht: Was gut klingt, ist nicht immer richtig. Sie haben mehrfach den Kollegen Rüttgers zitiert. Der Ansatz ist sicherlich richtig. Die Finanzierung ist für uns fragwürdig. Ich habe zwei Nachfragen.

Frau Ministerin, stimmen Sie mir zu, dass die Überschüsse der BA teilweise daraus resultieren, dass die Bezugsdauer des Arbeitslosengeldes I gekürzt wurde? Stimmen Sie mir außerdem zu, dass man die Pläne zur Ausweitung der Bezugsdauer für Arbeitslosengeld-I-Empfänger nicht zulasten jüngerer Arbeitsloser umsetzen, sondern die Überschüsse der BA zur Gegenfinanzierung nutzen sollte?

Zu den Überschüssen: Die Verkürzung der Bezugsdauer ist bestimmt ein Aspekt, der zu diesen Überschüssen geführt hat.

Zur zweiten Frage: Dass das nicht zulasten der jüngeren Generation geschehen soll, ist völlig klar. Ich sagte ja gerade, dass diesbezüglich ein Konflikt besteht. Ich bin nach wie vor der Auffassung und habe das auch schon öffentlich gemacht, dass diese Überschüsse sinnvoll für die Eingliederung zu verwenden sind und nicht dem Bundeshaushalt zugeordnet werden sollten.

Der Abgeordnete Lunacek hat eine weitere Nachfrage.

Frau Ministerin, könnten Sie akzeptieren, dass man Ihre These,

die Rüttgers-Vorschläge würden Ostdeutsche benachteiligen, als etwas kühn und in der Sache falsch nennt? Denn genauso, wie Ostdeutsche eine Rente für ihre Arbeit auch vor 1990 erhalten, obwohl sie nicht in die bundesdeutschen Sozialsysteme eingezahlt haben, würde man selbstverständlich auch für die Arbeitslosengeldbezugsdauer eine Regelung herbeiführen, die Ostdeutsche nicht benachteiligt, sondern auch die Arbeitszeit vor 1990 mit einrechnet.

Wenn Sie damit leben können, dass Sie einer der wenigen sind, die daran glauben.

(Allgemeine Heiterkeit)

Das hat uns Herr Lunacek jetzt versprochen.

(Heiterkeit und Beifall)

Ich rufe die Frage 935 (Schließung der Polizeiwachen) und die Frage 936 (Polizeiwachen in Jüterbog und Zossen sollen blei- ben) auf, die gemeinsam beantwortet werden sollen. Frau Prof. Dr. Heppener, Sie haben das Wort.

Mit der Begründung notwendiger Sparmaßnahmen beabsichtigt die Landesregierung, bis zum 31. Dezember 2007 die Polizeiwachen Potsdam-Nord, Jüterbog, Beeskow und Cottbus-City zu schließen. Bis Ende des Jahres 2009 soll auch die Schließung der Polizeiwachen Nauen und Zossen eingeleitet werden.

Ich frage die Landesregierung: Anhand welcher Kriterien wurden die zu schließenden Polizeiwachen im Einzelnen ausgewählt?

Eine Frage ähnlichen Inhalts stellt die Abgeordnete Wehlan.

Die Landesregierung hat die Schließung von Polizeiwachen, so auch in Jüterbog und Zossen, bekannt gegeben. Vom ursprünglichen Versprechen des Innenministers „mehr Grün auf der Straße“ ist nicht mehr viel übrig. Der aktuelle Fall aus Blankenfelde zeigt, dass eine zeit- und ortsnahe Reaktion der Polizei überaus wichtig ist. Das aber wird mit einer weiteren Ausdünnung der Wachen in der Fläche erheblich erschwert.

Ich frage die Landesregierung: Wie bewertet sie den Sachverhalt, besonders hinsichtlich der Möglichkeiten, die Polizeiwachen in Jüterbog und Zossen zu erhalten?

Herr Innenminister, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Sehr verehrte Frau

Prof. Dr. Heppener und sehr verehrte Frau Wehlan, im Jahre 2005 habe ich die beiden Polizeipräsidenten gebeten, eine grundsätzliche Betrachtung der derzeitigen und möglichen künftigen Standorte der Polizeiwachen im Lande Brandenburg durchzuführen. Ich darf daran erinnern, dass wir in einem ersten Schritt die Zahl der Präsidien und der Schutzbereiche überprüft haben. Die Überprüfung der Zahl der Wachen war der nächste Schritt. Hierzu ist eine Arbeitsgruppe gebildet worden. Diese Arbeitsgruppe hat mir am 13. Oktober dieses Jahres einen Bericht vorgelegt, der in der zuständigen Fachabteilung des Innenministeriums überprüft wurde, und dann den Vorschlag unterbreitet, mehrere Wachen zu schließen. Auf dieser Basis habe ich dann entschieden, vier Wachen bis zum 31.12.2007 zu schließen und über die Schließung von zwei weiteren Polizeiwachen bis Ende 2009 zu entscheiden. Diese Entscheidung habe ich zeitgleich per Fax den Bürgermeistern und allen Betroffenen mitgeteilt, auch den Polizeibeamten.

Die Unfall-, Einsatz- und Kriminalitätszahlen, aber auch die demografische Entwicklung und die veränderte Kriminalitätslage in Brandenburg rechtfertigen diese Entscheidung. Es sind auch geografische Gesichtspunkte sowie Liegenschafts- und Bauaspekte mit eingeflossen. Für jede einzelne Wache können wir dieses im Einzelnen nachweisen.

Ziel der Wachenschließung ist weiterhin, die Aufgabenwahrnehmung des Wach- und Wechseldienstes zu gewährleisten. Es geht um die Frage, von wo aus dieser Wach- und Wechseldienst organisiert wird. Das heißt, die Präsenz der Polizeistreifen in der Fläche wird durch die Schließung von Polizeiwachen nicht verringert. Wenn wir die Wachen schließen, sind die dort beschäftigten 12 Mitarbeiter nicht mehr dort tätig, und der Dienst wird von anderer Stelle aus gemanagt. Darauf gehe ich gleich ein. Mit dieser Entscheidung ist die unbedingte Sicherstellung der flächendeckenden polizeilichen Grundversorgung gewahrt.

Lassen Sie mich das am Beispiel Ihrer Frage erläutern. Die Aufgabenwahrnehmung der Polizei für den bisherigen Zuständigkeitsbereich Jüterbog wird künftig vom Standort Luckenwalde aus erledigt. Das heißt, die Polizeistreifen und die Revierpolizisten bleiben in dem Bereich, aber die Koordinierung erfolgt dann durch Luckenwalde. Die polizeilichen Aufgaben im bisherigen Wachbereich Zossen werden künftig vom Standort Ludwigsfelde aus wahrgenommen.

(Bochow [SPD]: Darüber müssen wir noch einmal reden!)

Die Beamten des Streifendienstes der zu schließenden Wachen werden ihren Dienst von den Wachen aus versehen, die diese Aufgaben übernehmen. Wir überlegen auch, ob eine Zwischenlösung erforderlich ist. Das wird im Einzelnen untersucht.

Die Revierpolizei als unmittelbarer Ansprechpartner der Bürger bleibt vor Ort wie bisher. Die polizeiliche Aufgabenwahrnehmung in der Fläche wird weiterhin wie bisher erfolgen. Es wird zu keinen Einschränkungen bei Notrufhilfe, der Unfallbekämpfung oder der polizeilichen Aufgabenwahrnehmung bei großen Sonderlagen kommen.

Mit der Aufgabe der Wachen von Jüterbog und Zossen werden insgesamt 24 Stellen im Bereich des Führungs- und Büropersonals der Polizei eingespart. Trotz des angekündigten Abbaus bei der Landespolizei bis zum 01.01.2013 behält Brandenburg dann mit 335 Polizeiangehörigen je 100 000 Einwohner weiter

hin einen Spitzenplatz im Vergleich mit allen Bundesländern. Ich schlage vor, dass Sie sich einmal anschauen, wie die Lage in anderen Bundesländern ist. Die Änderungen, die wir vornehmen, sind maßvoll und geschehen mit Augenmaß.

Der von Ihnen angesprochene Sachverhalt bezüglich des 4. November in Blankenfelde wurde dem Polizeipräsidium Potsdam übertragen und es mit einer umfänglichen Prüfung beauftragt. Das endgültige Ergebnis liegt noch nicht vor. Eines kann man jedoch jetzt schon sagen: Die verzögerte und von Ihnen zu Recht angesprochene Interventionszeit hängt vermutlich mit menschlichen und nicht mit strukturellen Fehlern zusammen.

Danke, Herr Minister. - Aufgrund der vier Nachfragen wird es nicht mehr möglich sein, weitere Fragen zu stellen. Diese vier Nachfragen werde ich nacheinander stellen lassen. Ich bitte Sie, Herr Innenminister, alle Fragen im Anschluss in der Summe zu beantworten. - Herr Domres, bitte.

Herr Minister, gibt es in Ihrem Haus Überlegungen, möglicherweise weitere Wachen auch langfristig zu schließen?

Frau Prof. Heppener, bitte.

Herr Innenminister, vielen Dank für die Beantwortung meiner Frage. Ich habe eine Nachfrage. Sie haben an die Abgeordneten der entsprechenden Wahlkreise einen Brief geschrieben, in dem Sie den Fakt der Schließung einer Polizeiwache in unserem Wahlkreis mitteilten. Leider haben Sie uns darin die Gründe bzw. die Kriterien für die Schließung, nach denen ich fragte, nicht kenntlich gemacht. Nun sprechen Sie von einem Bericht, auf dessen Grundlage Sie diese Entscheidung getroffen haben. Wäre es möglich, dass die entsprechenden Abgeordneten diesen Bericht zur Kenntnis bekommen?

Frau Wehlan, bitte.

Erste Frage: Warum habe ich als zuständige Abgeordnete diesen Brief nicht erhalten?

Zweite Frage: In welchem Zusammenhang steht der geplante Stellenabbau, den wir im Rahmen der Haushaltsdiskussion zur Kenntnis nehmen konnten, mit der Schließung von Polizeiwachen in der Fläche?

Herr Sarrach, bitte.

Herr Minister, ich habe eine Frage zur Polizeiwache Beeskow.

Die betroffenen Bürgermeister forderten jüngst, zumindest eine Tageswache einzurichten. Wie könnte am Beispiel der Kreisstadt Beeskow eine solche Tageswache ausgestaltet sein?

Hinsichtlich meiner zweiten Frage appelliere ich an Sie, Herr Minister. Zwischen Ihnen als quasi Neu Golmer und mir als quasi Beeskower besteht eine gewisse regionale Verbundenheit.

(Zuruf von Minister Schönbohm)

- Ich wollte nicht „landsmannschaftliche Verbundenheit“ sagen.

Darf man die Wachenschließung isoliert von anderen Entscheidungen und Signalen der Landesregierung in Bezug auf die Kreisstadt Beeskow als Mittelzentrum sehen? Ich erinnere an die Entscheidungen zum Nichtausbau der Bäderbahn. Nun steht die Wachenschließung bevor. Ich erinnere für den Kreis Oder-Spree an die mögliche Schließung des Amtsgerichts Eisenhüttenstadt. Es wird in der Tat das Signal ausgestrahlt, diese Region bzw. diese Kreisstadt wird abgehängt. Darf man Wachenschließungen isoliert von anderen Entscheidungen der Landesregierung sehen?

Frau Abgeordnete Schröder, bitte.

Herr Minister, ich habe vorgestern die Polizeiwache in Luckenwalde besucht. Die dortigen Beamten haben mir erklärt, dass sie keinerlei Vorstellungen darüber haben, wie sie die Aufgaben des Bereichs Jüterbog bis Dahme zukünftig wahrnehmen sollen. Meine Frage: Wann wird dieses Konzept vorliegen? Wird es dann auch mit den Beamten vor Ort in Luckenwalde intensiv besprochen?

Herr Innenminister, bitte.

Ich beginne mit der letzten Frage. Frau Schröder, ich dachte, Sie kennen mich so weit. Ich spreche mit den Menschen vor Ort. Die Menschen vor Ort werden eingenommen und beteiligt. Bevor ich das jedoch tue, muss ich wissen, was ich tue. In der Phase 1 haben wir die Entscheidung getroffen, die ich Ihnen vorgetragen habe. Der Schutzbereich bekommt nun den Auftrag, Vorschläge dazu zu unterbreiten. Diese Vorschläge werden zunächst gemeinsam mit den Wachen erarbeitet und anschließend werden die Präsidenten darüber entscheiden. Die Umsetzung im Einzelnen unterliegt nicht mehr einer Ministerentscheidung. Diesbezüglich möchte ich mich auf die Menschen vor Ort verlassen. Das geschieht auch und dafür gibt es Aufträge. Dafür haben sie praktisch ein Jahr Zeit.

Nach den Untersuchungen hinsichtlich der Infrastruktur - diese sind vorweggegangen - wurde mir von meinen Fachleuten mitgeteilt, dass das möglich sei. In einzelnen Bereichen muss man zwar Übergangslösungen schaffen, aber mit dem geänderten Wachenkonzept werden auch Investitionsmittel eingespart, die ansonsten für einen Teil der Wachen hätten genutzt werden müssen.