Protocol of the Session on October 28, 2004

Die Landesregierung sieht, wie Sie im Koalitionsvertrag nachlesen können, weiteren Änderungsbedarf. Dafür stehen Monitoringgruppe und Steuerungsgruppe zur Verfügung. Dort werden wir auch die Änderungsbedarfe, die wir sehen, nämlich die Bedarfssätze für ALG II in Ost und West anzugleichen und die flexible Stichtagsregelung für die nach 1947 Geborenen einzuführen, in Angriff nehmen. Sie kennen die Mehrheiten im Bundesrat. Wir können nur das durchsetzen, was im Bundesrat durchsetzbar ist. Wir werden dort die Interessen Brandenburgs weiterhin kräftig vertreten und das Machbare erreichen.

Es gibt eine Nachfrage von Frau Kaiser-Nicht.

Frau Minister, wenn Sie im Bundesrat noch keine Initiative ergriffen haben, frage ich Sie: Auf welchem Weg planen Sie denn Aktivitäten in der Monitoring- und Steuerungsgruppe, um eine Gesetzesvereinbarung in Bezug auf die gleichen Zahlbeträge in Ost und West durchzusetzen, die Sie in der Koalitionsvereinbarung festgehalten haben?

Meine zweite Frage: Welche Vorstellungen verfolgt die Landesregierung im Hinblick auf den Umfang und die Tätigkeitsfelder für Beschäftigungsgelegenheiten mit Mehraufwandsentschädigung, also die so genannten Ein-Euro-Jobs? Teilen Sie die Befürchtung des DGB, dass mit der verschärften Anrechnung von Einkommen Anreize zur Aufnahme einer Beschäftigung, z. B. eines Minijobs, verloren gehen und damit das Problem der Schwarzarbeit eher zunimmt?

Diese Auffassung des DGB teile ich nicht. In der Monitoringgruppe sind alle Ostländer, A- und B-Länder, also sowohl CDUals auch SPD-regierte Länder, vertreten. Die Ostinteressen werden dort also vertreten. Die Problemlagen sind in allen Ostländern ähnlich. Deshalb ist dies die Gruppe, in der wir am meisten Einfluss nehmen können, um noch eine Gesetzesänderung zu erreichen. Aber es ist illusorisch anzunehmen, dass wir in einem CDU-dominierten Bundesrat mit einer Bundesratsinitiative etwas erreichen können. Es ist blanker Populismus zu sagen: Setzt euch dafür ein, und wenn ihr euch nicht dafür einsetzt, dann wollt ihr diese Interessen Brandenburgs nicht vertreten.

(Vietze [PDS]: Wenn es die Regierungsmehrheit im Parla- ment macht - umso besser; das geht doch viel schneller!)

- Herr Vietze, mir geht es darum: Was ist durchsetzbar? Fünfjahrpläne und Zehnjahrpläne haben wir nicht mehr. Es geht darum, was wir für die Menschen in Brandenburg erreichen kön

nen. Da ist uns das Mittel, die Monitoringgruppe und die Steuerungsgruppe zu nutzen, lieber, als populistisch eine Bundesratsinitiative zu ergreifen, die von vornherein zum Scheitern verurteilt ist. Wir müssen das Machbare versuchen und nicht Träume in die Öffentlichkeit tragen. Die Umsetzung der Reform ab 1. Januar 2005 muss gesichert werden. Wir brauchen diese Arbeitsmarktreform. Darin sind wir uns parteiübergreifend einig und deshalb geht es nur im Konsens.

Frau Enkelmann, bitte.

Nach meiner Kenntnis hat die CDU die Koalitionsvereinbarung mit unterschrieben. Insofern bestünde also durchaus diese Möglichkeit.

Ich möchte gern auf eine Forderung zu sprechen kommen, die auch von SPD-Ministerpräsidenten, zum Beispiel von Ministerpräsidentin Simonis, aufgestellt worden ist, die Forderung nach Bestandsschutz für die 58er Regelung, also für die, die im guten Glauben einen Vertrag mit der Bundesagentur abgeschlossen haben und aus der Vermittlung der Bundesagentur herausgegangen sind. Welche Position bezieht die Landesregierung zu einem Bestandsschutz für die 58er Regelung?

Auch da gilt, was ich gerade gesagt habe: Viele Dinge, die für unsere Bürgerinnen und Bürger sehr wünschenswert wären, bedürfen einer Zustimmung der Mehrheit der Länder. Die Mehrheit dafür sehe ich derzeit nicht. Natürlich werden wir die Schwierigkeiten, die die Menschen mit dieser Regelung haben - auch ich sehe darin eine Ungerechtigkeit - immer wieder ansprechen. Aber manches ist nicht umsetzbar, wenn wir die Mehrheit dafür nicht bekommen - wie im Parlament, Frau Osten, daran müssten Sie sich mittlerweile gewöhnt haben.

(Frau Dr. Enkelmann [PDS]: Sie geben von vornherein auf, Sie kämpfen nicht darum!)

- Das ist nicht wahr. Alle diese Punkte werden in diesen beiden Gremien jedes Mal diskutiert und auf ihre Machbarkeit hin geprüft. Aber es geht eben nur gemeinsam und nicht so, dass wir uns hier hinstellen, mit dem Fuß aufstampfen und sagen: Ich will, ich will, ich will!, sondern wir brauchen Mehrheiten dafür; das ist das Entscheidende.

Danke, Frau Minister Ziegler. - Herr Nonninger hat jetzt Gelegenheit, seine Frage 4 (Zukunft des Flughafens Neuharden- berg) zu stellen.

Seit nunmehr elf Jahren warten die Bürger in Märkisch-Oderland auf eine Entscheidung über die Zukunft des Flughafens Neuhardenberg, und das, obwohl bei einem Ausbau des Flughafens weder Raumordnungskonflikte vorliegen noch negative wirtschaftliche Auswirkungen für den zukünftigen Großflughafen Berlin-Brandenburg in Schönefeld zu befürchten wären.

Die Aktivierung des Flugverkehrs und die damit verbundene Aufnahme des Flugverkehrs durch den Investor Ryanair würden bis zu 500 Arbeitsplätze und ca. 100 Ausbildungsplätze schaffen, ohne dass öffentliche Fördermittel in Anspruch genommen werden müssten.

Ich frage die Landesregierung: Wie sieht die von Ministerpräsident Platzeck am 1. September 2004 auf einer Wahlkampfveranstaltung in Seelow versprochene langfristige Lösung für den Erhalt des Flughafens Neuhardenberg aus?

Der Minister für Infrastruktur und Raumordnung hat Gelegenheit zur Antwort.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Nonninger, gestatten Sie mir zu Beginn einige Bemerkungen zum Vorspann und auch zu Ihrer Fragestellung. Es ist mitnichten so, dass seit elf Jahren Entscheidungen in Sachen Neuhardenberg anstehen. Hier geht es konkret um den Antrag vom 7. März 2003. Es geht mitnichten um den Erhalt des Flughafens, wie Sie es formulieren, sondern es geht um den Ausbau und entsprechende Änderungen luftrechtlicher Genehmigungen, insbesondere mit dem Ziel der Einführung des Instrumentenflugbetriebes, der Erhöhung der Höchstabflugmasse auf 80 Tonnen sowie verschiedene bauliche Veränderungen. Diese Vorhaben werden von der Landesregierung nach wie vor nicht akzeptiert. Die Planungen des Antragstellers stehen den raumordnerischen Grundsätzen und Zielen entgegen. Der Ausgang des Gerichtsverfahrens vor dem OVG in Frankfurt bleibt abzuwarten.

Darüber hinaus ist es mitnichten so, Herr Nonninger, dass der Ministerpräsident des Landes Brandenburg vor Ort eine Lösung versprochen hat. Er hat zugesagt - und das werden wir als Wirtschaftsministerium und als MIR begleiten -, dass vor Ort über Entwicklungsmöglichkeiten von Neuhardenberg und der Region gesprochen wird. Dieses Gespräch wird im Januar stattfinden.

Eine Nachfrage gibt es nicht. - Nun stellt die Abgeordnete Dr. Schröder die Frage 5 (Wirtschaftsförderung Brandenburg).

Wiederholt hat der Brandenburger Wirtschaftsminister eine Verschmelzung der Wirtschaftsfördergesellschaften der Länder Berlin und Brandenburg zu einer gemeinsamen Gesellschaft thematisiert. Im Koalitionsvertrag ist diese Zielstellung im Punkt „Berlin und Brandenburg“ so konkret nicht vereinbart. Die Rede ist lediglich von enger Kooperation bei der Vermarktung der gemeinsamen Region. Die Zusammenarbeit von ZAB, WBI und Medienboard soll intensiviert werden. Von Berliner Seite wird außerdem der Einwand erhoben, dass Berlin und Brandenburg als eigenständige Bundesländer jeweils eigene Wirtschaftsinteressen verfolgen müssen, die sich in einer gemeinsamen Gesellschaft so nicht sinnvoll vereinigen lassen. Sinnvoll sei dagegen, die Zusammenarbeit auf den bestehenden

Feldern zu intensivieren oder im Ausland gemeinsam für die Wirtschaftsregion zu werben und zum Beispiel die Auslandsbüros bei der EU-Kommission zusammenzulegen. Große Ansiedlungen, die vielleicht für eine gemeinsame Gesellschaft sprächen, sind in Zukunft nicht wahrscheinlich.

Ich frage daher die Landesregierung: Welche abschließende Position vertritt sie auf der Grundlage des Koalitionsvertrages im Ergebnis dieser Diskussion?

Herr Minister Junghanns wird antworten.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Frau Dr. Schröder, funktional sind Berlin und Brandenburg eine gemeinsame Wirtschaftsregion. Vor diesem Hintergrund ist es auch sinnvoll, alles, was an wirtschaftspolitischen Instrumentarien genutzt wird, zu bündeln. Darüber sind wir uns einig. Ich glaube, der Koalitionsvertrag und die Vereinbarung geben das auch her. Mit dem Blick auf die Kooperation in Richtung einer gemeinsamen Dachmarke ist ein wichtiges Ziel gesetzt. Wir sind uns in diesem Handeln der Unterstützung durch die Verbände und Kammern sicher, die auf diese Entwicklung drängen. Die Wirtschaftsfördergesellschaften spielen dabei eine wichtige Rolle.

Insbesondere aber die Entwicklung der Strukturen in Berlin war zu diesem Zeitpunkt eine wichtige Voraussetzung dafür, dass die Aufgabenstellung für mehr Gemeinsamkeit nunmehr auf die Tagesordnung gesetzt werden kann. Beide Gesellschaften sind beauftragt, Modelle zu erörtern. Diese Modelle haben das Ziel der gesellschaftsrechtlichen Verschränkung beider Gesellschaften. In welcher Form dies geschehen soll, wird dieser Modelldiskussion vorbehalten sein.

Ich als Wirtschaftsminister - ich kann der Entscheidung des Kabinetts selbstverständlich nicht vorgreifen - sehe es vom Koalitionsvertrag getragen, dass die gesellschaftsrechtliche Verschränkung beider Gesellschaften in dieser Legislaturperiode möglich sein wird. - Danke.

Danke schön, Herr Junghanns. - Der Abgeordnete Senftleben stellt die Frage 6 zur Eisenbahnüberführung Guteborner Straße in Ruhland.

Die Eisenbahnüberführung in der Guteborner Straße in Ruhland ist schon längere Zeit Thema im Landtag.

Ich frage die Landesregierung: Sind mittlerweile die notwendigen verwaltungstechnischen Voraussetzungen für den Baubeginn 2004 erfüllt?

Der Minister für Infrastruktur und Raumordnung hat Gelegenheit zu antworten.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Senftleben, ich muss mit Nein antworten, weil die Kreuzungsvereinbarung bis zum jetzigen Zeitpunkt nicht vorliegt. Die Zuständigkeit liegt bei der DB AG; das wissen Sie. Es gab Probleme bei der technischen Vorplanung; insbesondere Probleme bezüglich Entwässerung und Vorflutlösung konnten bisher nicht gelöst werden.

Positiv zu vermerken ist, dass es gelungen ist, zwischen der DB AG und dem Straßenbauamt eine Lösung herbeizuführen. Wir gehen davon aus, dass diese Planung, die Grundlage der Kreuzungsvereinbarung ist und auch etwas mit Finanzen zu tun hat, noch in diesem Jahr vorgelegt werden kann. Ich weiß, dass mehrere dieser Planungsentwürfe aus den Jahren 2003 und 2004 letztendlich vom Straßenbauamt nicht genehmigt werden konnten. Wir haben diese Sache im Ministerium erörtert. Mein Staatssekretär führt heute ein Gespräch mit Herrn Dr. Trittin von der DB AG. Sie bekommen spätestens morgen eine Information über den Ausgang dieses Gesprächs, damit wir dann auch in die Planung einsteigen können. Wir haben die Planungsmittel für 2005 reserviert. Ich gehe davon aus, dass wir Ihnen entsprechend der dann vorliegenden Kreuzungsvereinbarung einen Termin für den Baubeginn mitteilen können. - Herzlichen Dank.

Frau Dr. Enkelmann stellt die Frage 7 zum Thema Abschluss der Föderalismusreform ohne Beteiligung des Brandenburger Landtages.

Seit rund einem Jahr arbeitet eine Kommission von Bundestag und Bundesrat zur Reform der bundesstaatlichen Ordnung ohne „Störung“, etwa durch Wortmeldungen unseres Landtages. Die Landesregierung hat über die Beratungen dieses Gremiums nur spärlich - spärlich wird in diesem Fall mit „ä“ geschrieben - berichtet. Auch jetzt, nachdem die Koalitionsvereinbarung des zweiten Kabinetts Platzeck vorliegt, bleibt unklar, mit welchen Zielstellungen sich der Ministerpräsident als einziger Brandenburger Vertreter in der Kommission an den Beratungen und Entscheidungen dieses Gremiums beteiligt. Der Landtag ist scheinbar weiter außen vor, obwohl die Entscheidungen der Föderalismuskommission weit reichende Wirkungen für die künftige Tätigkeit des Brandenburger Landtages haben könnten.

Ich frage die Landesregierung: Auf welche Weise will sie den Landtag vor Abschluss der Beratungen der Föderalismuskommission über den Stand der Beratungen informieren und das Meinungsbild des Landtages zu den geplanten Änderungen im Grundgesetz als Grundlage für die abschließende Positionierung Brandenburgs in der Kommission einholen?

Herr Ministerpräsident, bitte.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Verehrte Frau Enkelmann, es gibt einschlägige Beschlüsse - Sie wissen noch gar

nicht, was ich sagen werde, drücken aber schon den Knopf des Landtages vom Mai 2002 und vom November 2003, was die Berichterstattung angeht. Ich muss mit aller Entschiedenheit zurückweisen, dass es sich um eine spärliche - mit „ä“ geschrieben - Berichterstattung gehandelt hätte; denn im Hauptausschuss ist sehr ausführlich berichtet und auf alle Nachfragen geantwortet worden.

(Zuruf von der PDS)

- Im Hauptausschuss, das ist so festgelegt worden. Dass der Hauptausschuss aus Wahlkampfgründen in den letzten Wochen nicht getagt hat, ist eine andere Sache.

(Zuruf von der PDS)

- Selbstverständlich, das gehört zur Realität des Lebens.

Wir haben überhaupt keine Vorbehalte, diese Berichterstattung umgehend, nämlich in der nächsten Sitzung des Hauptausschusses, in aller Ausführlichkeit fortzusetzen. Das steht außer Frage. Wir und auch ich selbst würden selbstverständlich das Meinungsbild des Landtages einbeziehen. Sie wissen ja - darüber ist auch öffentlich berichtet worden -, dass es sich - weil Sie vom störungsfreien Verlauf dieser Beratung sprechen - mitnichten um einen störungsfreien Verlauf handelt. Die Interessen treffen dort hart aufeinander. Das sind Ost-West-Unterschiede, aber vor allen Dingen Arm-Reich- und Groß-KleinUnterschiede und es sind natürlich Unterschiede zwischen der Bundesregierung und den Länderbänken. Ich will der Vollständigkeit halber auch sagen, Frau Enkelmann: Die Landtage sind dort als Gruppe von Landtagen mit einer eigenen Bank vertreten. Mir wurde aus anderen Landtagen berichtet, dass das auch eine zusätzliche Informationsschiene ist. So war es auch gedacht. Es sitzen dort ausgewiesene Landtagspräsidenten, die auch mitdiskutieren. Zu sagen, das wäre eine abgekapselte Geschichte, trifft wirklich nicht die Realität. - Danke.

Dennoch gibt es eine Nachfrage.

Herr Ministerpräsident, laut Geschäftsordnung ist es so, dass die Frage angemeldet werden muss, bevor die Antwort gegeben wird. Ich finde, Herr Präsident, an dieser Stelle sollten wir dringend die Geschäftsordnung ändern.

(Beifall bei der PDS)

Meine Nachfrage: Welche Position hat die Landesregierung zur Münchner Erklärung von Oktober dieses Jahres, in der unter anderem die Stärkung der parlamentarischen Demokratie und die Entflechtung der politischen Entscheidungen gefordert wird, und welche Vorschläge will die Landesregierung diesbezüglich in den Diskussionsprozess einbringen?

Ich unterstütze alles, was die parlamentarische Demokratie stärkt, und zwar auf allen Ebenen; das wissen Sie. Frau Enkelmann, was Entflechtung angeht, unterstütze ich auch alles, weise allerdings - das habe ich hier im Landtag auch schon ge