Protocol of the Session on October 28, 2004

Danke. - Jetzt hat Herr Hammer das Wort.

Frau Minister, wir haben uns in der letzten Legislaturperiode ausgiebig mit dem mangelnden Controlling durch die Landesregierung beschäftigt. Hätte Ihren Rechnungsprüfern das nicht auffallen müssen, bevor die Staatsanwaltschaft ermittelt hat, und war nicht die staatsanwaltliche Ermittlung eine zu späte Folge mangelhaften Controllings?

Auf keinen Fall, Herr Hammer. Ich will versuchen, es noch einmal zu erklären. Das, was uns die Hochschule meldete, war korrekt. Dem konnte man die Unstimmigkeiten nicht entnehmen. Dass wir vor Ort waren, ist etwas, wozu wir nicht verpflichtet sind. Die Hochschule meldet uns etwas. Auf der Basis dieser Meldung war diese Kontensache überhaupt nicht feststellbar.

Unsere Leute vor Ort haben gemerkt, dass Einnahmen, die die Hochschule definitiv hatte, fehlten. Daraufhin hat die Hochschule erklärt, sie habe es auf einem anderen Konto, auf einem Girokonto, was für diesen Zweck nicht genehmigt war - das kann man aber genehmigen; das ist nicht das Schwerwiegendste -, und bei der genauen Betrachtung der Kontobewegungen fiel unseren Mitarbeitern auf, dass regelmäßig Überweisungen auf andere Konten, die nicht bekannt und nicht gemeldet waren, erfolgt sind. Das ist ein Sachverhalt, der nichts mit dem normalen Controlling zu tun hat. Deswegen ist hier auch die strafrechtliche Relevanz zu prüfen.

Danke, Frau Minister. - Ehe wir in die reguläre Fragestunde einsteigen, habe ich noch eine Frage zu stellen. Es gibt eine Verabredung zwischen den Parlamentarischen Geschäftsführern, heute auf die Mittagspause zu verzichten. Findet das Ihre Zustimmung? - Wer möchte dagegen protestieren? - Ich sehe niemanden. Damit ist das beschlossen und wir werden so verfahren.

Die zur Fragestunde eingereichte Frage 1 (Auslandsplattfor- men - EU-Vertragsverletzungsverfahren) stellt jetzt die Abgeordnete Dr. Schröder.

Nachdem nun die so wichtige Frage bezüglich der Mittagspause geklärt ist, habe ich die nächste wichtige Frage, nämlich zu den Auslandsplattformen.

Die Europäische Kommission hatte im ersten Halbjahr 2004 beschlossen, gegen Deutschland und insbesondere Brandenburg ein formelles Vertragsverletzungsverfahren gemäß Artikel 226 des EG-Vertrages einzuleiten. Ursache waren die in der Vergangenheit geschlossenen Verträge zwischen dem Land Brandenburg und den Leitern der vier Auslandsplattformen in Detroit, Dubai, Moskau und Singapur. In diesem Zusammenhang hatte die EU-Kommission Deutschland zuletzt am 1. April 2004 förmlich aufgefordert, Unregelmäßigkeiten - wie sie in den vorliegenden Fällen festgestellt werden mussten - bei der Vergabe öffentlicher Dienstleistungsaufträge zu beseitigen sowie EG-vertragskonformes Verhalten herzustellen.

Ich frage daher die Landesregierung: Was ist in dieser Angelegenheit seit dem 1. April 2004 sowohl von EU-Seite als auch von Landesseite geschehen?

Der Wirtschaftminister hat jetzt das Wort zur Beantwortung.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Frau Dr. Esther Schröder, in der Angelegenheit des EU-Vertragsverletzungsverfahrens - erste Stufe Anhörungsverfahren - sind in der Tat am 1. April dieses Jahres diese Landesregierung und auch die Bundesregierung aufgefordert worden, sich in der Sache zu erklären. Die entsprechende Stellungnahme ist von uns an die Bundesregierung gegangen. Die Bundesregierung hat im Rahmen des förmlichen Verfahrens diese Stellungnahme der EUKommission zugesandt. In dieser Stellungnahme ist unsere Position, die Sie aus vorherigen Fragen kennen - wir sind der Auffassung, dass wir EU-konform handeln -, noch einmal begründet worden. Seitdem hat sich seitens der Europäischen Kommission nichts gerührt. Wir haben also keinerlei Reaktion auf unsere Stellungnahmen, also weder auf die Stellungnahme der Bundesregierung noch auf unsere eigene.

Es gibt eine Nachfrage der Abgeordneten Dr. Schröder.

Herr Minister, nach meiner Kenntnis des Verfahrensstandes in Brüssel gilt die Stellungnahme dort als nicht zufrieden stellend. Deswegen frage ich: Müssen wir in dieser Angelegenheit ein förmliches Vertragsverletzungsverfahren der EU-Kommission gegen Deutschland/Brandenburg mit anschließenden Sanktionen über uns ergehen lassen oder korrigieren wir endlich diese falsche Vergabepraxis in Brandenburg?

Sie selbst räumen ein, dass die Auslandsplattformen nicht gerade einen adäquaten Nutzen für Ansiedlungspolitik und Markterschließung gebracht haben.

Die zweite Frage lautet: Brauchen wir dann diese Auslandsplattform für das Land Brandenburg tatsächlich noch? Sollten wir uns nicht neue Wege der Vernetzung mit bereits bestehenden Büros eröffnen?

Sie haben in der letzten Legislaturperiode nicht so gern über Kosten einzelner Auslandsplattformen informiert. Die dritte Frage lautet: Sind Sie heute im Zuge der nun zu erwartenden erneuerten und transparenten Regierungspolitik bereit, der Öffentlichkeit die tatsächlichen Kosten dieser Plattformen aufzuschlüsseln?

Zur ersten Position: Frau Dr. Schröder, Sie haben zu Recht gesagt, wir seien in einem formellen Verfahren. In einem solchen Verfahren gehört es sich, dass man auf eine Stellungnahme eine Antwort bekommt. Wir haben keine Antwort erhalten. Sie

müssten mir bitte Ihre Quellen nennen, um mir die Möglichkeit zu geben, darauf zu reagieren. Ich werde es mir aber überlegen, ob ich auf solche Quellen oder erst auf eine formelle Antwort der Kommission reagiere. Es gehört zum guten Stil des Miteinanders der Institutionen, dass man in dieser Weise verfährt.

Mit der zweiten Frage eröffnen Sie eine Diskussion zu den wirtschaftspolitischen Instrumentarien. Ich glaube, sie sprengte den Rahmen dieser Fragestunde. In der Tat habe ich auch im Kontext mit der Tätigkeit des Wirtschaftsausschusses dieses hohen Hauses eine ständige Evaluation der Tätigkeit der Auslandsplattform vorgenommen und sah mich daher gezwungen, Veränderungen in der Aufstellung durchzuführen. Darüber werden wir zum gegebenen Zeitpunkt mit dem Wirtschaftsausschuss sprechen. Meiner Auffassung nach kann dies bereits in der nächsten Woche erfolgen, wenn Sie, Herr Müller, so nett sind, darauf einzugehen. Es geht aber zu weit, dieses Instrumentarium in der heutigen Fragestunde zu erläutern. Ich bin durchaus bereit, darüber sehr offen zu berichten.

Drittens: Die Kosten sind transparent, soweit sie Gegenstand der Haushaltsplanung sind. Sie sind ab der Ebene besonderen Schutzinteressen unterworfen, ab der sie in Vertragstexte zwischen den Beteiligten gegossen sind. Ich bin mir nicht ganz sicher: Sie haben persönlich Gelegenheit genommen, sich über deren Höhe im Einzelnen zu informieren?

(Frau Dr. Schröder [SPD]: Die Öffentlichkeit!)

Über die Haushaltsinformation ist jedem zugänglich, wie hoch die Kosten in diesem Bereich sind. Bei abgewogener Betrachtung entspricht dies auch den gerechtfertigten Schutzinteressen der Vertragspartner. - Danke schön.

(Beifall bei der CDU)

Danke, Herr Minister. - Die Frage 2 zu Hartz IV und die Bereitstellung von Kita-Plätzen formuliert Frau Hartfelder.

Mit der Einführung von Hartz IV werden vermutlich auch junge Frauen kurzfristig Jobangebote annehmen. Das hat zur Folge, dass Kinder mit konditioniertem Rechtsanspruch kurzfristig in die Kindertagesbetreuung aufgenommen werden müssen.

Ich frage die Landesregierung: Wie bereitet sie die Träger der Kinder- und Jugendhilfe auf die kurzfristig steigende und vielleicht auch schwankende Nachfrage nach Kita-Plätzen vor?

Herr Minister, Sie haben das Wort, um die Frage zu beantworten.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Hartfelder, lassen Sie mich vorwegschicken, dass ich es positiv finde, dass wir nach den harten und zum Teil sehr polemischen Diskussionen über Hartz IV jetzt offensichtlich zu Sachthemen übergehen und auch Sachfragen gestellt werden.

Gestatten Sie mir zunächst, aus einigen Gesetzen zu zitieren. In § 10 des SGB II wird die Zumutbarkeit folgendermaßen geregelt:

„Dem erwachsenen Hilfebedürftigen ist jede Arbeit zumutbar, es sei denn, dass die Ausübung der Arbeit die Erziehung seines Kindes oder des Kindes seines Partners gefährden würde.“

Die Erziehung eines Kindes,

„das das dritte Lebensjahr vollendet hat, ist in der Regel nicht gefährdet, soweit seine Betreuung in einer Tageseinrichtung oder in Tagespflege im Sinne der Vorschriften des Achten Buches oder auf sonstige Weise sichergestellt wird.“

Dabei soll die Agentur für Arbeit

„in Zusammenarbeit mit den örtlichen Trägern der Sozialhilfe darauf hinwirken, dass Erziehenden vorrangig ein Platz der Tagesbetreuung des Kindes angeboten wird.“

Des Weiteren wird in Artikel 16 Abs. 2 SGB II als weitere Leistung für die Eingliederung in das Erwerbsleben die Betreuung minderjähriger Kinder benannt. Die kreisfreien Städte und Kreise sind nach § 6 Abs. 2 SGB II Träger dieser Leistung. - So viel als Vorwort.

Auch in den vergangenen Jahren standen die Eltern wie auch die Träger der Jugendhilfe vor der Herausforderung, Kinder kurzfristig in die Kindertagesbetreuung zu integrieren. Schon das nun ersetzte Arbeitsförderungsrecht sah vor, dass nur diejenigen Arbeitslosengeld bzw. -hilfe erhalten, die den Vermittlungsbemühungen des Arbeitsamtes zur Verfügung stehen. Arbeitslose mussten schon in der Vergangenheit an jedem Werktag per Post erreichbar und in der Lage sein, unverzüglich Termine im Arbeitsamt und Vorstellungstermine bei potenziellen Arbeitgebern wahrzunehmen oder an einer beruflichen Eingliederungsmaßnahme teilzunehmen. Im Hinblick auf eine möglicherweise kurzfristig notwendige Kindertagesbetreuung hat sich damit keine grundsätzliche Veränderung ergeben.

Die Gewährleistung des Rechtsanspruchs aus dem Kita-Gesetz des Landes Brandenburg erfolgt durch eine flexible Organisation der Kindertagesbetreuung, die auch auf kurzfristige Nachfrage aufgrund von Weiterbildungsmaßnahmen oder Arbeitsaufnahme mit einem Angebot reagieren kann. Eine kurzfristig steigende oder schwankende Nachfrage nach Kita-Plätzen ist keine neue Erscheinung, auf die die Träger der Kinder- und Jugendhilfe gesondert vorzubereiten wären. Der örtliche Träger der öffentlichen Jugendhilfe hat nach unserer geltenden Kindertagesstättengesetzgebung die Aufgabe, die Kindertagesbetreuung zu gewährleisten. Die Kreise und kreisfreien Städte kooperieren dabei eng mit den Städten, Gemeinden und Ämtern und erfüllen nach meinem Eindruck die Aufgaben in einer guten Art und Weise. Kreise, Städte, Gemeinden und Ämter setzen sich zudem intensiv mit den Auswirkungen von Hartz IV auseinander. Somit erübrigen sich meiner Meinung nach Hinweise seitens des Landes an die örtlichen Träger auf steigende und schwankende Nachfrage nach Kita-Plätzen, die zudem von dieser Stelle aus sehr schwer zu prognostizieren ist.

Es gibt eine Nachfrage von Frau Kaiser-Nicht.

Herr Minister, angesichts der Familienfreundlichkeit, die die Landesregierung in der gestrigen Regierungserklärung als Schwerpunkt erwähnte, stelle ich folgende Nachfrage: Können Sie sich vor dem Hintergrund der überschaubaren Kinderzahlen vorstellen, im Sinne der Kinder, Eltern und Kommunen den Rechtsanspruch wieder so auszugestalten, wie er vorher war?

Zu möglichen Veränderungen möchte ich mich hier nicht äußern, weil dies Absprachen sowohl in unserem Hause als auch mit Partnern vor Ort bedürfte. Ich vertrete die auch in der Koalitionsvereinbarung festgeschriebene Auffassung, dass wir an der im Land Brandenburg bestehenden hervorragenden Ausstattung mit solchen Betreuungsmöglichkeiten nicht sägen dürfen. Insofern kann ich sagen: Das Bestehende soll erhalten bleiben.

(Zuruf von der PDS: Es geht um positive Veränderungen!)

- Verzeihen Sie, dass ich mich nicht zu weit aus dem Fenster lehnen und Aussagen darüber treffen möchte, ob es vor dem Hintergrund der demographischen Entwicklung konkrete positive Veränderungen geben wird.

(Frau Kaiser-Nicht [PDS]: Wir werden Sie wieder fragen!)

- Das dürfen Sie.

Die Frage 3 wird von Frau Kaiser-Nicht gestellt und bezieht sich auf die Forderungen des DGB zur Hartz IV-Gesetzgebung. Bitte, Frau Kaiser-Nicht.

Im Oktober hat der Deutsche Gewerkschaftsbund ein Schreiben an die Ministerpräsidenten aller Bundesländer gerichtet. Der DGB fordert die Ministerpräsidenten auf, sich in der Sitzung des Bundesrates am 15. Oktober für Korrekturen bei der Umsetzung der Hartz IV-Gesetzgebung einzusetzen. Es soll sichergestellt werden, dass im Hinblick auf die Zumutbarkeit der Aufnahme einer neuen Beschäftigung die tarifliche und - sofern eine solche nicht besteht - die ortsübliche Entlohnung nicht unterschritten wird. Darüber hinaus sollten die ALG II in Ost- und Westdeutschland in gleicher Höhe gezahlt werden sowie langjährig Versicherte und vorherige ALG-I-Empfänger einen höheren und längerfristigen Zuschlag zum ALG II erhalten.

Meine Frage lautet: Hat die Landesregierung im Bundesrat entsprechende Aktivitäten eingeleitet?

Frau Minister Ziegler, bitte.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Kaiser-Nicht, die Landesregierung hat wie alle anderen Länder, auch die von

der PDS mitregierten Länder, in Bezug darauf keine Initiative ergriffen. Wir haben dem Vierten Gesetz zugestimmt, haben aber im Vorfeld erreicht, dass die Freibeträge für Kinder altersunabhängig auf 4 100 Euro erhöht worden sind. Wir haben auch erreicht, dass die Auszahlung des ALG II im Januar erfolgt. Die Anrechnungsfreiheit von Aufwandsentschädigungen für ehrenamtliche Tätigkeit haben wir ebenso erreichen können. Ich will damit deutlich machen, dass es uns darauf ankommt, dass diese Reform ab 1. Januar 2005 vollständig umgesetzt wird. Das ist parteiübergreifender Konsens.

Die Landesregierung sieht, wie Sie im Koalitionsvertrag nachlesen können, weiteren Änderungsbedarf. Dafür stehen Monitoringgruppe und Steuerungsgruppe zur Verfügung. Dort werden wir auch die Änderungsbedarfe, die wir sehen, nämlich die Bedarfssätze für ALG II in Ost und West anzugleichen und die flexible Stichtagsregelung für die nach 1947 Geborenen einzuführen, in Angriff nehmen. Sie kennen die Mehrheiten im Bundesrat. Wir können nur das durchsetzen, was im Bundesrat durchsetzbar ist. Wir werden dort die Interessen Brandenburgs weiterhin kräftig vertreten und das Machbare erreichen.