Protocol of the Session on February 22, 2006

Zur zweiten Frage: Bei der BTU Cottbus ist es so, dass jetzt noch Kandidaten gesucht und befragt werden, dass es also keine erneute Ausschreibung gegeben hat - das ist auch nicht zwingend notwendig -, und dass wir es eigentlich sehr gern sehen würden, wenn das dortige Wahlverfahren zügig abgeschlossen würde.

(Beifall bei der CDU)

Danke sehr. - Die Frage 601 (Stalking), stellt die Abgeordnete Schulz.

Der Bundesrat hat in seiner letzten Sitzung am 10. Februar 2006 die Einbringung des Entwurfes eines Stalking-Bekämpfungsgesetzes in den Bundestag beschlossen. Stalking ist die fortgesetzte Verfolgung, Belästigung oder Bedrohung einer anderen Person gegen deren Willen. Diese Fälle gewinnen in der Praxis der Strafverfolgung zunehmend an Bedeutung. In der Vergangenheit sind bereits tragische Fälle mit tödlichem Ausgang bekannt geworden. Das bislang geltende Strafrecht bietet nur einen eingeschränkten Schutz. Der Gesetzentwurf sieht deshalb zum einen die Einführung spezifischer Straftatbestän

de mit Freiheitsstrafen bis zu drei Jahren vor und zum anderen eine Änderung des Rechts der Untersuchungshaft, die künftig eine Deeskalationshaft gegen gefährliche Täter ermöglicht.

Ich frage die Landesregierung: Wann und wie werden die rechtlichen Voraussetzungen dafür geschaffen, dass auch in Brandenburg insbesondere Frauen nachhaltig vor Verfolgung geschützt werden?

Das ist eine Frage, die an die Justizministerin gerichtet ist.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Frau Abgeordnete Schulz, das Phänomen Stalking ist in den letzten Jahren auch in Deutschland zunehmend in das Blickfeld des öffentlichen Interesses gerückt. Besessen von einer fixen Idee, ausgelöst von einer krankhaften Bewunderung für eine prominente Person oder durch das Zerbrechen einer Partnerschaft, aber auch durch Konflikte zwischen Nachbarn und Arbeitskollegen terrorisieren Stalker ihre Opfer über Wochen, Monate, gar Jahre hinweg. Ständige Telefonanrufe, das Bombardieren mit SMS, die Bestellung von Waren oder die Schaltung von Anzeigen unter dem Namen des Opfers oder fortgesetzte Beschimpfung und Bedrohung sind nur einige Spielarten dieses Phänomens.

Opfer sind fast immer Frauen. Die Folgen: Angstzustände, Schlafstörungen, Magenbeschwerden, Depressionen. Im schlimmsten Fall eskaliert die Situation bis hin zu körperlicher Gewalt oder Mord. In der Presse sind einige dieser Beispiele dargestellt worden.

Das geltende Recht gewährt den Betroffenen keinen ausreichenden Schutz. Zwar werden in einzelnen Fällen auch Straftatbestände wie Nötigung, Bedrohung oder Körperverletzung erfüllt sein, doch existiert keine eigenständige Strafnorm, die einschlägiges Verhalten spezifisch als schweres strafwürdiges Unrecht kennzeichnet. In der rechtspolitischen Diskussion besteht deshalb inzwischen weitgehend Einigkeit darüber, dass hier dringender gesetzgeberischer Handlungsbedarf besteht.

Der Koalitionsvertrag der Bundesregierung vom 11. November 2005 enthält hierzu folgende Regelung:

„Beharrliche Nachstellungen, die einschneidend das Leben des Opfers beeinträchtigen (,Stalking‘), spielen eine immer größere Rolle und werden deshalb in einem eigenen Straftatbestand unter Strafe gestellt.“

Dem entsprechend hat der Bundesrat am 10. Februar 2006 mit der Stimme Brandenburgs die Wiedereinbringung des Entwurfs eines Stalking-Bekämpfungsgesetzes in den Bundestag beschlossen.

Erstmals war die Einbringung bereits am 18. März 2005 beschlossen worden. Der Gesetzentwurf ist jedoch vom Deutschen Bundestag nicht mehr abschließend beraten worden und dadurch der Diskontinuität anheim gefallen.

Neben dem Bundesratsentwurf steht der Entwurf der alten Bundesregierung für ein Gesetz zur Strafbarkeit beharrlicher Nachstellungen zur Diskussion.

Der Bundesratsentwurf, der im Übrigen zurückgeht auf den Vorschlag einer länderübergreifenden Arbeitsgruppe, in der auch ein Vertreter des Justizministeriums Brandenburgs vertreten war, und der im Anschluss daran vorgelegte Regierungsentwurf weisen in einigen Punkten deutliche Ähnlichkeiten auf. Gleichwohl ist der Bundesratsentwurf aus meiner Sicht aus zwei Gründen vorzuziehen. Zum einen enthält der Bundesratsentwurf eine Regelung zur so genannten Deeskalationshaft. Die dadurch geschaffene Möglichkeit, den Beschuldigten in dringenden Fällen sofort in Untersuchungshaft zu nehmen, ist unter dem Gesichtspunkt des Opferschutzes unerlässlich. Mich erreichen immer wieder Briefe von Frauen - oft sind auch Kinder betroffen -, die sich in einer aus ihrer Sicht ausweglosen Situation befinden, weil sie sich von jemandem stark bedroht fühlen. Dass das Ende solcher Bedrohungen nicht immer voraussehbar ist, haben einige tragische Fälle gezeigt. Nach den Erfahrungen der Praxis kann den Opfern in gravierenden Fällen des Stalking nur dann wirklich geholfen werden, wenn die durch den Täter in Gang gesetzte Bedrohungsspirale durch dessen Inhaftierung unterbrochen wird. Zum anderen enthält der Bundesratsentwurf im Unterschied zum Gesetzentwurf der alten Bundesregierung zusätzlich einen Auffangtatbestand, wodurch dem Umstand Rechnung getragen wird, dass das Phänomen Stalking zahlreiche unterschiedliche Verhaltensweisen aufweist, die kaum alle vollständig aufzuführen sind.

Somit garantiert nur der Bundesratsentwurf einen lückenlosen strafrechtlichen Schutz der Opfer von Stalking. Aus den vorgenannten Gründen hat auch das Kabinett des Landes Brandenburg dem Bundesratsentwurf zugestimmt. Im Hinblick auf die unbestreitbaren Vorzüge dieses Entwurfs bin ich zuversichtlich, dass sich auch der Bundestag für diesen Gesetzentwurf entscheiden wird. Ich gehe dabei davon aus, dass wir in naher Zukunft ein Gesetz haben werden, mit dem wir das StalkingUnwesen auch in Brandenburg noch wirksamer bekämpfen können. - Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei CDU und SPD)

Es gibt Nachfragebedarf. Bitte, Frau Abgeordnete Dr. Schröder.

Frau Ministerin, mich würden die Quantitäten für das Land Brandenburg interessieren. Haben Sie Informationen darüber? Gibt es Daten aus der Kriminalstatistik, die besagen, wie viele solche Fälle es in Brandenburg gibt?

Da es diesen Tatbestand des Stalking noch nicht gibt, können wir auch noch keine Statistik haben. Es gibt Fälle, in denen beispielsweise ehemalige Partner Frauen bedrohen. Ich habe von Briefen gesprochen, die ich bekomme und in denen darüber berichtet wird, dass Täter, die wegen Gewalttaten gegen Frauen inhaftiert wurden und aus der Haft Drohbriefe an die Frauen schreiben, weil sie durch deren Aussagen in Haft gekommen sind, oder dass Täter auch aus anderen Gründen, meistens Zerbrechen einer Beziehung, den Frauen intensiv nachstellen, die dadurch häufig große psychische Belastungen ertragen müssen, von denen auch Kinder betroffen sind. Aber

statistisch können wir diese Fälle noch nicht aufführen, weil es den Straftatbestand noch nicht gibt.

Vielen Dank, Frau Ministerin. - Wir setzen die Fragestunde fort mit der Frage 602 (Maßregelvollzug unter privater Träger- schaft), gestellt von der Abgeordneten Lehmann.

In der „Berliner Zeitung“ vom 01.02.2006 war zu lesen, dass der Verkauf von drei Landeskliniken an einen privaten Träger kartellrechtlich bedenklich sei und das Ministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Familie diese Frage derzeit prüfe.

Ich frage die Landesregierung: Wie wird sichergestellt, dass bei dem Betrieb des Maßregelvollzuges durch einen privaten Träger nicht Gewinnorientierung im Vordergrund steht, sondern die sichere Unterbringung und die gute Therapie?

Die Frage wird von Ministerin Ziegler beantwortet.

Sehr geehrte Frau Abgeordnete, zunächst einmal Folgendes: Dass in der Presseberichterstattung wohl einiges durcheinander geraten ist, ist uns als Insidern klar. Deshalb danke ich für die Nachfrage, weil ich das bei dieser Gelegenheit noch einmal im öffentlichen Raum klarstellen kann.

Der Maßregelvollzug hat nichts mit dem Kartellrecht, auch nichts mit Wettbewerbsrecht zu tun. Maßregelvollzug ist und bleibt auch künftig eine hoheitliche Aufgabe, die aufgrund richterlicher Entscheidung durchgeführt wird. Von einem Markt im kartellrechtlichen Sinne kann also gar keine Rede sein.

Richtig ist aber, dass jeder Klinikverkauf - das bezieht sich auf die Landeskliniken - an ein privates Unternehmen, dessen Umsatz 500 Millionen Euro übersteigt, von Amts wegen durch das Bundeskartellamt dahin gehend überprüft wird, ob hier jemand eine marktbeherrschende Stellung einnimmt. Also hat auch im Falle der damals vorgesehenen Veräußerung der Kliniken in Brandenburg an der Havel, in Lübben und in Teupitz das Bundeskartellamt eine Prüfung eingeleitet.

Das Ministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Familie hat also dort gar nichts veranlasst, sondern das lief automatisch ab, und wir haben auch nichts geprüft. Im Gegenteil: Wir haben in den Kaufverträgen festgelegt, dass diese nur unter der Bedingung wirksam werden, dass das Bundeskartellamt seine Zustimmung erteilt. Das ist inzwischen erfolgt. Noch bevor ich dem Kabinett meinen Vorschlag zur künftigen Trägerschaft der Kliniken vorgelegt habe, hat das Kartellamt die Zustimmung zum Erwerb der Kliniken durch die Asklepios Kliniken GmbH erteilt.

Zum zweiten Teil Ihrer Frage: Wir haben allergrößten Wert darauf gelegt, dass der Standard von Sicherheit und Therapie im brandenburgischen Maßregelvollzug künftig nicht geringer

wird, sondern die Qualität in jeder Hinsicht steigt. Mit dem Maßregelvollzug wird kein Gewinn erwirtschaftet. Für diesen nach wie vor hoheitlichen Bereich trägt auch künftig das Land die volle Verantwortung und die gesamten Kosten. Das heißt, Gewinnspannen sind dort auch nicht vorgesehen. Auch Anreize dahin gehend, durch eine hohe Belegung die Erlöse zu maximieren, haben wir in den Verträgen rigoros ausgeschlossen.

Im Vordergrund stehen Sicherheit und Therapie. Alle Gesetze, Verordnungen, Erlasse und Dienstanweisungen sind für die neuen Träger verbindlich. Baumaßnahmen sind vom Land zu genehmigen. Sicherheitsstandards legt nicht der Träger, sondern das Land fest. Der Private untersteht in vollem Umfang der Fach- und Rechtsaufsicht durch das Land. Er unterliegt umfassenden Berichts- und Informationspflichten. Das Land und seine Bediensteten haben umfassendes Zutritts-, Auskunftsund Einsichtnahmerecht und - ein ganz entscheidender Punkt die Chefärzte unterliegen den Weisungen des Landes. Sie bleiben Landesbedienstete und werden auch vom Land ausgewählt.

Letztlich: Für jede Klinik wird ein Beirat eingerichtet, in dem das Land Sitz und Stimme hat und so auch künftig an der Entwicklung der Klinik mit allen ihren Abteilungen und Fachbereichen mitwirkt. Es ist uns nicht bekannt, dass in irgendeinem Land in Deutschland einem privaten Träger des Maßregelvollzugs derart detaillierte und weitgehende Pflichten auferlegt wurden, wie wir das hier in Brandenburg veranlasst haben.

Vielen Dank. Die Fragestellerin ist mit Ihrer Antwort offensichtlich zufrieden. - Wir kommen zur Frage 603 (Studienge- bühren), gestellt von dem Abgeordneten Jürgens.

Die bisherige Position der Landesregierung zu Studiengebühren ist eindeutig uneindeutig. Sie will so lange keine konkreten Pläne zu Studiengebühren in Brandenburg umsetzen, wie nicht andere Länder dies getan haben. Sie will deswegen die Entwicklung in anderen Bundesländern ganz genau verfolgen.

Ich frage daher die Landesregierung: Wie schätzt sie auch im Blick auf ihre eigenen Planungen die Entwicklung in anderen Bundesländern bezüglich Studiengebühren ein, auch vor dem Hintergrund, dass Bundesministerin Schavan die KfW beauftragt hat, Studiendarlehen aufzulegen?

Frau Ministerin Wanka, bitte.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Was ich hier im Landtag auf eine Anfrage Ihrerseits vor etwa einem Jahr und in der Aktuellen Stunde zu Studiengebühren gesagt habe, gilt weiterhin.

In einer Reihe von Ländern wurde jetzt entschieden, Studiengebühren einzuführen. Es wurden feste Termine und auch Gesetze gemacht. Diese werden natürlich von uns analysiert, weil

das Spektrum dieser Regelungen sehr heterogen ist. Es ist aber schon bei den Gesetzesvorlagen interessant - konkret eingeführt sind die Studiengebühren ja in noch keinem Bundesland -, dass in allen Ländern, ob in Bayern, Hamburg oder Niedersachsen, geregelt ist, dass die Gelder, die durch Studiengebühren eingenommen werden, vollständig zur Verbesserung der Qualität der Lehre eingesetzt werden, das heißt also nicht kapazitätswirksam, sondern zur Steigerung der Qualität der Lehre, zur Verbesserung der Betreuungsrelationen, für zusätzliche Tutorien usw. Das ist wichtig.

Wenn es, nur einmal theoretisch angenommen, in Brandenburg, bei unseren derzeitigen Studentenzahlen von 40 000, Studiengebühren gäbe -, 25 % kann man aus verschiedenen Gründen abziehen, da nicht beitragspflichtig -, dann hätten wir 30 Millionen Euro zusätzlich im Jahr bei einem Hochschuletat von insgesamt rund 220 Millionen Euro.

Allein zur Qualitätsverbesserung der Lehre stünden 30 Millionen Euro zusätzlich zur Verfügung. Wir müssen davon ausgehen, dass in anderen Bundesländern entsprechende Mittel aus Studiengebühren zukünftig für die Qualitätsverbesserung der Lehre zur Verfügung stehen. Wenn die Mittel dort konsequent in diesem Sinne eingesetzt werden, müssen wir aufpassen, dass unsere Brandenburger Hochschulen keine Standortnachteile erleiden.

Zu der Frage nach den KfW-Krediten habe ich bereits Stellung genommen. Frau Bundesministerin Schavan hat nicht die Initiative ergriffen, aber sie engagiert sich dafür. Die Situation stellt sich folgendermaßen dar: Leistungen nach dem BAföG werden den Berechtigten ohne jede Änderung gewährt. Ab April dieses Jahres kann jeder, der sich als Student einschreibt, unabhängig vom Einkommen der Eltern fünf bis sieben Jahre lang einen Kredit in Höhe von 100 bis 650 Euro monatlich bekommen. Der Kredit wird mit ungefähr 5 % verzinst. Die Rückzahlung beginnt anderthalb Jahre nach Ende des Studiums. Die maximale Rückzahlungsdauer beträgt 25 Jahre. Durch die Kreditinanspruchnahme wird es möglich, dass junge Leute nicht mehr neben dem Studium jobben müssen oder vom Einkommen der Eltern abhängig sind. Es liegt in der Entscheidung eines jeden Studenten, einen Kredit in der entsprechenden Höhe aufzunehmen. Diese Möglichkeit begrüße ich sehr. Sie entspricht unserer Intention, dass mehr junge Menschen studieren und dass schneller studiert wird. Dagegen gibt es nichts einzuwenden.

Der Fragesteller hat Nachfragebedarf.

Ich habe zwei Nachfragen, Frau Ministerin.

Erstens: Ist Ihnen bekannt, dass es bereits Erfahrungen mit Gebühren für Langzeitstudenten gibt, die belegen, dass ein erheblicher Teil für die Verwaltung der Gebühren draufgeht, die Gelder also nicht zu 100 % an den Hochschulen verbleiben?

Zweitens: Kann ich Ihren Ausführungen entnehmen, dass Sie sich noch im Stadium der Analyse der in anderen Ländern vorgesehenen Gesetze zu Studiengebühren befinden und noch keine eigenen Planungen haben?

Ja, das können Sie. Es hat sich gezeigt, dass es eine Reihe von Fallstricken gibt, an deren Umgehung die Juristen in den entsprechenden Ländern mit großer Intensität arbeiten. Von diesen Erfahrungen kann man gegebenenfalls partizipieren.

Langzeitstudiengebühren sind etwas anderes als die Studiengebühren, die jetzt eingeführt werden sollen. Ich habe es deutlich gesagt: Es ist jetzt gesetzlich geregelt, was vorher zum Teil anders geregelt war.