Protocol of the Session on March 3, 2005

Meine Frage: Wie ist da die Rechtslage? Kann man die Miete bei Arbeitslosengeld-II-Empfängern direkt an den Vermieter zahlen und, wenn ja, unter welchen Prämissen?

Grundsätzlich ist es so, dass die Unterkunftskosten wie alle anderen Geldleistungen an den Empfänger von Arbeitslosengeld II ausgezahlt werden. Ausnahmen sind möglich, wenn

Kenntnis davon vorhanden ist, dass die Betreffenden ihrer Verpflichtung zur Zahlung der Miete nicht nachkommen oder diese schon in der Vergangenheit zu Mietschuldnern geworden sind. In solchen Fällen kann die Miete direkt an den Vermieter gezahlt werden.

Ich kann hier eigentlich nur den Hinweis an die Wohnungsunternehmen geben, dann, wenn es sich um Mietschuldner handelt, das so schnell wie möglich an die Ämter zu melden mit dem Ziel, dass die Miete auch im Einvernehmen mit den Betroffenen direkt an den Vermieter gezahlt wird. Man darf dabei allerdings nicht das Persönlichkeitsrecht vergessen, das ein sehr hohes Gut ist. Deshalb sind solche ausdrücklichen Ausnahmetatbestände erforderlich.

Danke sehr, Frau Ministerin. - Damit sind wir bei der Frage 222 (Billiglohnarbeiter), die von der Abgeordneten Fechner gestellt wird.

Nach Medienberichten wurden seit der EU-Osterweiterung ganze Industriezweige systematisch von deutschen Arbeitnehmern „befreit“, um dafür Billiglohnkräfte aus den neuen EU-Staaten einzustellen. Bereits 26 000 deutsche Mitarbeiter der Fleisch verarbeitenden Industrie haben ihre Arbeit verloren und wurden durch ausländische Billigkräfte ersetzt. Eine neue EU-Dienstleistungsrichtlinie sieht eine weitere Liberalisierung im Dienstleistungsbereich vor.

Ich frage die Landesregierung: Welche konkreten Möglichkeiten hat sie, Brandenburger Unternehmen vor der Billigkonkurrenz aus dem Ausland zu schützen?

Herr Minister Junghanns, Sie haben das Wort zur Beantwortung der Frage.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Fechner, in der Tat wird im Zusammenhang mit der EU-Dienstleistungsrichtlinie in den letzten Wochen einmal mehr auch der Zusammenhang zwischen mehr Liberalität, mehr Freiheit der Wirtschaft im europäischen Raum und der Frage von Billiglohnkonkurrenz und Billiglohnentwicklung diskutiert. Wenn man einen solchen Zusammenhang herstellt, dann müssen zwei Dinge angesprochen werden. Eine einseitige Betrachtung führte hierbei zur Blindheit.

Zum einen ist es so, dass zu einer Verdrängung immer zwei Seiten gehören - das sage ich auch als Wirtschaftsminister eindeutig -, eine, die den Vertrag anbietet, und eine andere, die den Vertrag abschließt. Insofern sollte man das nicht so in den Raum stellen, als vollziehe sich hier eine fatalistische Entwicklung.

Gleichzeitig wird europaweit über die EU-Dienstleistungsrichtlinie diskutiert. Diese liegt als Entwurf vor und wird grundsätzlich hinterfragt, und zwar unter dem Aspekt, dass Arbeitnehmerfreizügigkeit und Entsendegesetze dadurch nicht ausgehebelt werden. Die eigentliche Herausforderung bei die

ser Diskussion wird in den nächsten Wochen und Monaten darin bestehen, abzuwägen, wie der Wert von mehr Freizügigkeit und mehr Freiheit in der Wirtschaft Europas gegenüber den in den Entsendegesetzen vorgesehenen Begrenzungen und dem Prinzip der Freizügigkeit zu betrachten ist.

Auf der Grundlage dieser beiden Gesetzlichkeiten werden wir mit den dafür Zuständigen die Kontrollen wegen Schwarzarbeit und Ähnlichem verstärken. Das ist ja das Instrumentarium, das uns tatsächlich an die Hand gegeben ist.

Ich komme zur zweiten Seite der Betrachtung, die eigentlich zur Redlichkeit im Umgang miteinander gehört. Sie tun ja gerade so, als könnten wir das Problem ab heute für die Zukunft verhindern. Wir haben das Problem dieser Konkurrenz und die Zeitungen schreiben darüber, weil es eben so ist.

Ich habe in der letzten Woche insbesondere mit vielen Ehrenamtsträgern aus dem Bereich des Handwerks über dieses Thema gesprochen. Da habe ich einmal mehr erfahren, dass die Diskussion über die Dienstleistungsrichtlinie und die Freizügigkeit der Wirtschaft auch eine andere Seite hat, die man einmal aussprechen muss.

Erstens: Mit dieser Dienstleistungsrichtlinie - Status heute - ergeben sich auch Chancen, die genutzt werden. Wenn ein Unternehmer - das sagt mir insbesondere der Mittelstand - anfangen will, im Baltikum etwas zu produzieren oder dort eine Kooperation aufzubauen, muss er sich heute im Baltikum anmelden und muss sich dort mit den Verwaltungsvorschriften auseinander setzen. Zukünftig würde es so sein, dass die Anmeldung, die in Deutschland vonstatten gegangen ist, auch für den europäischen Raum insgesamt gilt. Das ist eine wesentliche Erleichterung.

Zweitens: Unternehmer sagen mir - dafür habe ich großes Verständnis -, durch diese Liberalisierung der Wirtschaft im europäischen Raum wird unserer Verfasstheit in Deutschland auch einmal ein Spiegel vorgehalten, der zeigt, welche zusätzlichen Belastungen, welche politischen Belastungen und welche Nebenbelastungen die Wirtschaft in Deutschland hat, die andere Unternehmer in anderen europäischen Staaten nicht haben. Dadurch erhöht sich auch der Druck der Vergleichsnotwendigkeit und der Konsequenzen für Veränderungen, sprich: zur Entlastung von Bürokratie und Nebenkosten in der Produktion in Deutschland selbst.

Gehen Sie bitte davon aus, dass insbesondere die mittelständische Wirtschaft im europäischen Prozess darin eine Chance sieht, dass Deutschland Lernender von anderen Staaten wird, wenn es darum geht, Nebenleistungen, Nebenkosten, überbordende Verwaltungsanforderungen zu reduzieren bzw. zu vereinfachen. Denn das ist natürlich auch das Ziel, das wir mit mehr Liberalität der Wirtschaft im europäischen Raum verbinden. - Danke schön.

Schönen Dank. - Es gibt Nachfragebedarf der Abgeordneten Fechner.

Habe ich Sie richtig verstanden, Sie sehen also nicht die Gefahr, dass deutsche Arbeitnehmer hier in Brandenburg von Billigarbeitern aus den neuen EU-Staaten verdrängt werden?

Ihre Auslegung meiner Ausführungen, Frau Abgeordnete, ist falsch. Ich habe Ihnen gesagt, dass wir auf der Grundlage des Entsendegesetzes, auf der Grundlage der Freizügigkeitsbegrenzung einen Modus haben - Sie wissen das -: Nach zwei Jahren wird geprüft. Dann besteht die Möglichkeit, nach weiteren drei Jahren zu prüfen, und wiederum die Möglichkeit, sieben Jahre die Freizügigkeit einzuschränken. In diesem Prozess stehen wir und den verfolgen wir auch. Das ist gar keine Frage.

Das ist unsere Antwort auf die Risiken, die wir durch eine ungeordnete Entwicklung sehen. Wir gehen dagegen vor. Deshalb ist es völlig falsch, wenn Sie davon ausgehen, dass ich diese Gefahr nicht sähe. Nur, ich teile einfach Ihre Vorgehensweise nicht, die nach dem alten Schema abläuft: Jetzt setzen wir einmal eine böse Bemerkung in die Welt, da kommt etwas Schlimmes, die Ausländer kommen usw. Das ganze Vokabular kann ich jetzt gar nicht zitieren. Das ist falsch.

(Zuruf der Abgeordneten Fechner [DVU])

Es finden andere Entwicklungen statt und die Wirtschaft ist dabei weiter, als es Ihre Fragestellung überhaupt erfasst. - Danke schön.

Vielen Dank. - Die Frage 223 wird wegen Abwesenheit der Abgeordneten Dr. Münch schriftlich beantwortet werden.

Wir kommen somit zur Frage 224 (Eingliederung jugendlicher ALG-II-Empfänger) des Abgeordneten Otto. Bitte.

Im Sozialgesetzbuch II ist fixiert, dass jugendliche Arbeitslosengeld-II-Empfänger unverzüglich nach Antragstellung in eine Arbeit, eine Ausbildung oder eine Arbeitsgelegenheit zu vermitteln sind. Bei Jugendlichen - so ist es jedenfalls vereinbart wird eine so genannte Aktivierungsquote von 56 % angenommen. Die Vermittlungstätigkeit in den Arbeitsgemeinschaften und in den optierenden Kommunen hat begonnen.

Ich frage deshalb die Landesregierung: Wie schätzt sie die gegenwärtigen Aktivitäten und Erfolge bei der Vermittlung von Jugendlichen, differenziert nach Arbeitsgemeinschaften und optierenden Kommunen, ein?

Frau Ministerin Ziegler bitte.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Abgeordneter Otto, Sie haben Recht, wenn Sie sagen, dass in den ARGEn und den optierenden Kommunen gegenwärtig die Vermittlungstätigkeit anläuft. Es liegt in der Logik der Sache, dass man derzeit noch keine Ergebniskontrolle machen kann, welche die Erfolge zeigt.

Wichtig und richtig ist, dass die Arbeitsgemeinschaften und die Optionskommunen derzeit alles dafür tun, diese Arbeitsmarkt

programme auf den Weg zu bringen, dass sie sich vorgenommen haben, bis Ende März allen Jugendlichen ein Angebot zu unterbreiten.

Sie wissen, die Aktivierungsquote soll bei ca. 52 % liegen. Das heißt, dass wir dann in Brandenburg gegenwärtig 18 000 jungen Menschen eine Perspektive zu bieten hätten. Wir hatten im Februar bei den Arbeitslosen unter 25 Jahren einen leichten Rückgang - es sind immerhin 600 weniger als im Januar -, aber daraus abzuleiten, dass diese Reformansätze schon greifen, wäre verfrüht.

Herr Otto hat Nachfragebedarf. Bitte.

Ich teile Ihre Bewertung der Arbeitslosenstatistik, dass der Rückgang kein Anzeichen dafür ist, dass sich die Vermittlungsprobleme bei den Jugendlichen aufzulösen beginnen, sondern dass diese Vermittlungsprobleme nach wie vor anhalten. Richtig ist, dass Sie sagen, auf der einen Seite zähle die Aktivierungsquote und auf der anderen Seite sei die entsprechende Vermittlung in Arbeit das Entscheidende.

Meinen Sie, dass unter den gegenwärtigen veränderten Bedingungen - auch des Förderns - mehr Lehrstellen im ersten Arbeitsmarkt entstehen? Plant die Landesregierung, entsprechende Förderprogramme zur Vermittlung Ausgebildeter in Arbeit aufzulegen?

Die zweite Nachfrage: Halten Sie es für erforderlich, dass Fallmanager speziell für Jugendliche eingesetzt werden, oder ist es auch Ihre Erfahrung, dass Fallmanager sowohl für Jugendliche als auch für andere Arbeitslosengeld-II-Empfänger tätig werden?

Die dritte Nachfrage: Wie werden jugendliche Nichtleistungsbezieher in die Vermittlungsarbeit eingeschlossen?

Die Auflage eines zusätzlichen Programms wird momentan nicht angedacht. Dafür fehlt derzeit auch die solide Basis. Eben genau diese Zielgruppe wird in den Arbeitsmarktprogrammen bei den Bemühungen vor Ort in den Vordergrund gerückt.

Ich sage es noch einmal: Von den jugendlichen Arbeitslosen unter 25 Jahren hat ungefähr ein Drittel keinen Schulabschluss. Das heißt, wir müssen zunächst einmal diese Lücke schließen und bei den Ausbildungsabbrechern ansetzen. Auch das ist ein wichtiges und großes Problem, das zu lösen ist. Hierbei geht es um die Frage, warum unsere Jugendlichen zu einem großen Teil ihre Lehrausbildung abbrechen, obwohl wir doch froh sind, wenn jemand überhaupt eine Lehrstelle bekommen hat. Hier müssen wir ansetzen. Diese Klientel darf man also nicht außer Acht lassen. Das betrifft in Brandenburg - aber natürlich auch in anderen Bundesländern - leider eine beträchtliche Zahl. Darum müssen wir uns kümmern und darauf müssen sich auch die zu treffenden Maßnahmen ausrichten.

Wenn wir eine genauere Kenntnis unserer Kundenstrukturen haben und das so genannte Profiling - wie es Neudeutsch so

schön heißt - gemacht worden ist, kennen wir auch die Ansätze, die wir möglicherweise als Land noch draufsetzen müssen, genauer.

Die Entscheidung, ob die Fallmanager zusätzlich zu den Jugendlichen auch andere Arbeitslose betreuen können, liegt bei den Verantwortlichen vor Ort. Man muss abwarten, welche Erfolge das letztlich zeitigt. Nach einem halben Jahr wird man das sicherlich besser einschätzen können. Nur daran lässt sich der Erfolg messen und nicht daran, ob ein Fallmanager das eine und das andere tut oder sich ausschließlich um die Jugendlichen kümmert. Wichtig ist, dass der Betreuungsschlüssel eingehalten wird, dass wenige Jugendliche auf einen Betreuer kommen, sodass die Chancen auf eine Vermittlung auch dadurch besser werden, weil man näher am Betroffenen ist und seine Qualifikation sowie seine sozialen Verhältnisse besser kennt.

Zur dritten Nachfrage - jugendliche Nichtleistungsbezieher: Diesen steht nach dem SGB III wie allen Nichtleistungbeziehern die Beratung zur Verfügung. Das wird gemacht. Außerdem finden derzeit in großen Teilen Brandenburgs Jugendkonferenzen statt, bei denen alle Jugendlichen aufgerufen sind, davon sozusagen zu partizipieren. Wir werden uns sehr genau ansehen, was dabei herauskommen wird. Sie wissen, wir fragen Mitte des Jahres noch einmal alle ARGEn und Optionskommunen ab, um zu erfahren, wie die Gesamtstruktur aussieht. Wir kennen die Struktur der Nichtleistungsbeziehenden eben weder bei den Jugendlichen noch bei den Frauen sehr genau. Diese Statistik müssen wir noch aufbauen, das ist recht schwierig.

Vielen Dank, Frau Ministerin. - Herr Abgeordneter Dr. Niekisch stellt die Frage 225 (Pflichtgebühren für die Benutzung der Gärten der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Ber- lin-Brandenburg).

Der Tagespresse war zu entnehmen, dass sich der Stiftungsrat der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg auf seiner Sitzung am 17. Februar 2005 unter anderem mit der Erhebung von Gebühren für die Benutzung der Gärten in Berlin und Brandenburg befasst hat.

Man hat sich dagegen ausgesprochen. Der Plan der Stiftung, Einnahmen zu erheben, sei - den Veröffentlichungen zufolge „an der Ablehnung Berlins gescheitert“, so wurde jedenfalls der Berliner Kultursenator Dr. Thomas Flierl - PDS - zitiert. Es gibt sich selbst überschätzende Potsdamer Stadtpolitiker, die sogar meinen, sie seien der Grund gewesen.

Wie auch immer, ich frage die Landesregierung: Welche Position vertritt sie zu dem gesamten Vorgang?

Die Antwort darauf weiß Frau Ministerin Wanka.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Abgeordneter Dr. Niekisch, die Stiftung Preußische Schlösser und Gärten

umfasst eine einzigartige Parklandschaft, in die nach der Wende Millionen Euro geflossen sind. Davon kann sich jeder, der in dem Park spazieren geht, überzeugen. Dennoch verzeichnen wir einen enormen Investitionsstau. So sind Neubepflanzungen, Reparaturen von Mosaiken und andere Sanierungen erforderlich. Die Aufwendungen dafür belaufen sich auf ca. 20 Millionen Euro. Dem steht bisher eine Investitionssumme von ungefähr 1 Million Euro jährlich gegenüber. Der Pflegeaufwand - dieser umfasst zum Beispiel Formschnitte für Gehölze und den gesamten Bereich der Kübelpflanzen - ist sehr hoch, weil es sich nicht einfach um öffentliche Grünanlagen, sondern um Gartendenkmale handelt.