Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Pohl, die Landeskartellbehörde Bayerns hat mit Stichtag 01.10.2004 auf der Basis des kartellrechtlichen Vergleichsmarktprinzips Gaspreise für drei Abnahmemengen ermittelt und gegen 16 Erdgasversorger ein Verfahren eingeleitet. Hierzu erfolgte eine Pressemitteilung. Erst nach der Einleitung dieser Verfahren wurden die Gespräche mit den Gasversorgern aufgenommen. Dies hat zur Einstellung aller Verfahren geführt.
Wir haben uns aus Erfahrung der letzten Jahre und vor allen Dingen vor dem Hintergrund der Situation in unserem Land für einen anderen Weg entschieden. Wir haben zunächst nach der Feststellung von möglichen Verstößen in fünf Abnahmegruppen die Versorgungsunternehmen angehört. Die Gespräche laufen gegenwärtig intensiv. Warum? Unser Anliegen im Rahmen der Feststellung von Abweichungen nach dem Vergleichsmarktprinzip unterstellen - und das ist auch ein Unterschied zu den bayerischen Verhältnissen - sehr differenzierte Begründungsstrukturen zu Preisveränderungen.
In Bayern, wo die Preise über Jahrzehnte hinweg vergleichsweise stabil sind, sind auch die Feststellungen vergleichsweise uniform. Es gibt, wenn man die Struktur der Gasversorgung im Land Brandenburg betrachtet, verschiedene Begründungen bzw. jeweils andere Hintergründe für Veränderungen im Preisniveau. Das hängt zum Teil mit der Struktur, zum Teil auch mit der Wanderungsbewegung im Land zusammen, die sich preisrechtlich niederschlagen. Es hängt aber auch mit den Übergabebedingungen - zum Teil aus der Übernahme von der Treuhand - zusammen. Wir haben die Betroffenen aufgefordert, uns eine Erklärung für solche Abweichungen zu geben. Es werden Gespräche geführt. Nach diesen Gesprächen wird, so es keine Veränderungen in Richtung des von uns erwarteten Preisniveaus gibt, die Methodik der juristischen Auseinandersetzung verfolgt. Dabei steht im Vordergrund, dass wir den Marktmissbrauch, nicht jedoch die Versorger bekämpfen. Ich bitte, diesen Gedanken bei der Bewertung des Umgangs mit den Versorgern zu berücksichtigen.
Ich bitte um Verständnis, dass ich nicht zu einzelnen Zahlen Stellung nehmen kann. Die Zielkorridore - wir befinden uns gegenwärtig auf der Verhandlungs- bzw. auf der Kritikebene sind unterschiedlich. Die Energiewirtschaft vergleicht sich international; auf der zur Bemessung und Berechnung von Preisen gültigen Grundlage erschwert das Argument der Vergleichbarkeit mit anderen Ländern zunehmend unser Vorgehen bei der Verhandlungsführung. Das bedeutet aber nicht, dass wir von unserer Zielstellung abgehen. Wir werden also mit der Vorgehensweise anderer Länder konfrontiert und das macht die Auseinandersetzung mit diesem Problem außerordentlich kompliziert. - So viel an dieser Stelle.
Ich habe großes Verständnis für Ihre Fragestellung. Ich habe in diesem Zusammenhang bereits mehrere Male betont, dass die preisrechtliche Frage bzw. die Preise der Energieträger für uns Standortfragen sind. Im Interesse der Bürger und im Interesse des Standortes Brandenburg gehen wir da zielstrebig und gründlich vor. Ich werde Sie, so sich der Verdacht auf Verstöße erhärtet und es nicht zu Korrekturen kommt, darüber in Kenntnis setzen, welche juristischen Mittel wir einsetzen werden.
Nein, ich habe gesagt, es sind in fünf Versorgungsgruppen Verstöße festgestellt worden. Wir haben verschiedene Gruppierungen von so genannten Koch- bis Großkunden; in denen sind die Verstöße festgestellt worden.
In diesem Fall geht es - da stimme ich Ihnen zu - selbstverständlich nicht darum, gegen die Unternehmen vorzugehen, sondern darum, das Thema Missbrauch anzusprechen. Können Sie zu diesen fünf in sich strukturierten Gebieten etwas konkreter werden?
Das möchte ich nicht, weil wir uns derzeit im Anhörungsverfahren befinden. Nach dem Vergleichsmarktprinzip läuft es wie folgt ab: Wir nehmen uns den „Niedrigsten“ in einem vergleichbaren Markt heraus und stellen die Abweichungen zu ihm fest. Es wurde zunächst vereinbart, auf dieser Basis eine Anhörung durchzuführen, die zurzeit läuft. Ich will auch deshalb nicht konkret werden, weil die Preise veröffentlicht und damit frei zugänglich sind. Nur der Zielkorridor, den wir damit verbinden, spielt in diesem Zusammenhang eine Rolle.
Herr Minister, viele Gasversorger geben an, die Preiserhöhungen seien an den Ölpreis gekoppelt. Was gedenkt die Landesregierung in diesem Zusammenhang zu tun - zumal es für diese Rechtfertigung keine gesetzlichen Grundlagen gibt -, um auf die Errichtung einer Regulierungsbehörde auf Bundesebene hinzuwirken, damit die Preise der Gasversorger im Vorfeld überprüft und Unregelmäßigkeiten aufgedeckt werden können?
Frau Abgeordnete, die Auseinandersetzung zur Bewertung der Preisentwicklung ist auch Gegenstand des Energiewirtschaft
gesetzes, das sich gegenwärtig in der Verhandlung zwischen Bundestag, Bundesrat und allen anderen Beteiligten befindet. Es sieht kartellrechtliche Prüfungen vor.
Zur Frage der Bemessungs- bzw. Bewertungsgrundlage ex post oder ex ante ist zu sagen, dass die Vorauskalkulation eines der strittigsten Themen in der energiewirtschaftlichen Frage ist. Was die Kopplung der Energiepreise an den Ölpreis betrifft, verweise ich darauf, dass sich das Bundeskartellamt gegenwärtig mit dieser Frage auseinander setzt. Vor Wochen gab es dazu einmal eine kritische öffentliche Diskussion. Welche Schlüsse man aus der kritischen Haltung gegenüber diesem Prinzip zieht, kann ich Ihnen nicht sagen; nur so viel: Es ist Verhandlungsgegenstand in der Auseinandersetzung zwischen der Bundeskartellbehörde und den einbezogenen Energieversorgern.
Ich hatte an anderer Stelle schon einmal auf die Nachfrage des Abgeordneten Pohl gesagt, dass daraus zweierlei abzuleiten bzw. in Rechung zu stellen ist. Erstens: Die Suche nach Alternativen - die Preisschwankungen am Markt nachzuvollziehen ist bis dato ergebnislos geblieben. Es gibt keine Alternativen. Es ist die Frage zu klären: Wer nimmt preiswirtschaftlich bzw. -rechtlich Einfluss?
Zweitens: Die jetzigen internationalen Preise - wir haben internationale Verträge zur Versorgung der Bundesrepublik Deutschland in den verschiedenen Bereichen - basieren auf langfristig abgeschlossenen Verträgen. Wir bewegen uns damit nicht im luftleeren Raum, sondern es ist eine im internationalen Geschäft übliche Vorgehensweise, aus der es sich gegenwärtig schwer allein auskoppeln lässt. Wir sind Vertragspartner und Verträge haben immer etwas mit „vertragen“ zu tun. Wenn sich die internationalen Partner auf Gepflogenheiten im internationalen Geschäft stützen, müssen wir davon ausgehen, dass es - wenn überhaupt - sehr harte Verhandlungen geben muss, um dieses Prinzip infrage zu stellen. Ich sehe das gegenwärtig nicht als einen Erfolg versprechenden Weg an.
Vielen Dank, Herr Minister Junghanns. - Die Frage 220 (ALG II und Kindergeld) wird die Abgeordnete Kaiser-Nicht stellen. Bitte sehr.
Wie bisher bei Sozialhilfeberechtigten wird auch in Bedarfsgemeinschaften nach dem SGB II das Kindergeld auf die Grundsicherungsleistung angerechnet. Auch der bisher nicht berücksichtigte Betrag von 10,25 Euro aus der letzten Kindergelderhöhung wird nunmehr angerechnet.
Mit dem Sozialgesetzbuch II wurde ein so genannter Kinderzuschlag eingeführt. Diesen können erwerbstätige Eltern beantragen, die zwar ihren eigenen Lebensunterhalt, nicht aber den ihrer Kinder bestreiten können. Der Kinderzuschlag ist auf drei Jahre befristet, wofür eine Begründung allerdings nicht ersichtlich ist.
Gravierende Nachteile ergeben sich für bisherige Arbeitslosenhilfebezieherinnen und -bezieher, bei denen das Kindergeld bisher anrechnungsfrei war. Insgesamt verweisen Verbände sowie Expertinnen und Experten darauf, dass in Bezug auf Kinder mit dem SGB II kein Beitrag zur Armutsbekämpfung
geleistet wird. Eine in den letzten Tagen veröffentlichte UNICEF-Studie bestätigte den erschreckenden Umfang von Kinderarmut in Deutschland.
Ich frage daher: Welche Konzepte hat die Landesregierung hinsichtlich der zumindest schrittweisen Bekämpfung von Kinderarmut - sei es durch Nachbesserungen beim SGB II oder darüber hinausgehend?
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Kaiser-Nicht, es lässt sich überhaupt nicht beschönigen, dass es in Deutschland Armut gibt und dass die Armutsquote in den letzten Jahren gestiegen ist, und zwar von 12,7 % im Jahre 2003 auf immerhin 13 % im Jahre 2004. Dazu muss man allerdings sagen, dass wir in Deutschland von relativer Armut sprechen; denn arm und arm ist im Weltmaßstab nicht dasselbe.
Wer arbeitslos ist - das sind in Deutschland zurzeit mehr als 5,2 Millionen Menschen -, hat kein eigenes Einkommen und braucht staatliche Unterstützung. Die schlechte Konjunktur treibt die Zahlen dabei sehr stark in die Höhe und davon betroffen sind insbesondere Familien und Alleinerziehende.
Wenn es gelingt, das Hauptziel des SGB II umzusetzen, durch Erwerbstätigkeit die Hilfebedürftigkeit der betroffenen Menschen zu vermindern oder gar zu beseitigen, dann ist das der wesentliche Beitrag zur Bekämpfung von Kinderarmut. Das ist am besten zu erreichen, wenn Familien in die Lage versetzt werden, ihre Existenz eigenständig zu sichern.
Grundvoraussetzung dafür ist es, den erwerbsfähigen Personen Zugang zum Arbeitsmarkt und zur Erwerbsarbeit zu ermöglichen. Auf diesem Gebiet ist die Landesregierung bekanntlich schon lange aktiv. Die Stärkung der Wirtschaftskraft der Familien ist ein Schwerpunkt unserer Familienpolitik. Das ist allerdings nicht durch einen Alleingang der Landespolitik zu realisieren; vielmehr hängen die Schaffung und der Erhalt von Arbeitsplätzen in erster Linie von der Wirtschaft ab. Die Landesregierung kann hier nur in Kooperation mit der Wirtschaft und den Sozialpartnern auf die Schaffung der notwendigen Rahmenbedingungen hinwirken.
Angesichts der Arbeitsmarktsituation im Lande bleibt die öffentlich geförderte Beschäftigung deshalb noch auf längere Zeit unverzichtbar. Alle Förderprogramme des LAPRO zielen direkt oder indirekt auf die Ausweitung der Beschäftigungsmöglichkeiten bzw. den Erhalt oder die Steigerung der Beschäftigungsfähigkeit und kommen damit den Familien zugute.
Die Sicherung von Ausbildung und Berufseinstieg für die junge Menschen, die Stärkung der Erwerbstätigkeit von Frauen, die Verbreitung einer zeitgemäßen betrieblichen Personalpolitik im Lande, die insbesondere Frauen nicht vor die Wahl stellt, entweder berufstätig zu sein oder sich der Familie zu widmen, die chancengerechte Teilhabe an der Gründung und dem Wachstum von Unternehmen und die bessere Vereinbarkeit von
Beruf und Familie gehören zu den zahlreichen Zielen der Politik der Landesregierung, die von allen Ressorts in dem jeweiligen Zuständigkeitsbereich umgesetzt werden.
Frau Ministerin, ich habe zwei Nachfragen, und zwar einen zum Stichwort Kinderzuschlag. Es gibt Hinweise vonseiten der Familienverbände und auch von einzelnen Betroffenen dahin gehend, dass Kinderzuschlagsberechtigte bei dem Versuch, einen entsprechenden Antrag zu stellen, den Hinweis bekommen, sie mögen bitte gleich Arbeitslosengeld II beantragen, was für die Betroffenen mit all den unangenehmen Begleiterscheinungen verbunden ist. Deshalb frage ich Sie erstens: Halten Sie dieses Verfahren für richtig und für erklärbar?
Zweitens geht es mir um Überlegungen in Richtung der Veränderung der bisherigen hundertprozentigen Anrechnung des Kindergeldes bei Arbeitslosengeld-II-Beziehern, damit die Kinder, deren Eltern Arbeitslosengeld II erhalten, auch vom Kindergeld profitieren und dieses Kindergeld nicht im Familienunterhalt aufgeht. Meine Frage: Gibt es Ihrerseits schon Überlegungen hierzu mit dem Ziel, dass Kinder in den einkommensärmsten Familien nicht noch zusätzlich diskriminiert werden etwa gegenüber Ihren und meinen Kindern - wir bekommen das Kindergeld ja ohne Prüfung unseres Einkommens zu unserem existenzsichernden Einkommen hinzu -, sondern dass die Kinder aus diesen Familien ebenfalls von dem Kindergeld profitieren können?
Das heißt: Bei den SGB-II-Empfängern gilt das Kriterium der Bedürftigkeit. Darüber wurde, auch hier im Landtag, lange hin und her diskutiert, dass die Bedürftigkeit das oberste Kriterium für die Bedarfsgemeinschaften ist und damit das Kindergeld dem Einkommen bzw. den Mitteln, die einer Familie oder einer Bedarfsgemeinschaft zur Verfügung stehen, hinzugerechnet wird.
Deshalb auch der Kinderzuschlag, um eine Verbesserung um maximal 140 Euro pro Monat herbeizuführen. Das ist ja der Sinn dieses Kinderzuschlags.
Ihre erste Frage, warum die Beratung in die von Ihnen genannte Richtung geht, kann ich nicht beantworten. Ich werde das aber zum Anlass nehmen, nachzuprüfen, ob es solche Fälle gibt. Wenn Sie konkrete Hinweise darauf haben, dann wäre ich Ihnen sehr dankbar, wenn Sie mir das übermittelten.
Vielen Dank, Frau Ministerin. - Damit sind wir bei der Frage 221 (Gegenseitige Schuldzuweisungen über Kostenbelas- tungen), die von der Abgeordneten Schulz gestellt wird.
Die Landkreise und der Bund werfen sich in den letzten Tagen gegenseitig vor, zulasten des jeweils anderen bei der Umsetzung der Sozialgesetzbücher II und XII über Gebühr finanziell belastet zu werden. So heißt es, dass die Zahl der Bedarfsgemeinschaften über die prognostizierte Zahl hinausgehe und Kranke als arbeitsfähig gemeldet würden. Jede der beiden Seiten klagt darüber, dass ihm die jeweils andere die Hauptlast zuschiebe.
Ich frage die Landesregierung: Sind Verschiebungen in den Zuordnungen bei ALG II bzw. bei der Sozialhilfe in Brandenburg erkennbar?
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Schulz, ich beteilige mich, wie ich gestern schon gesagt habe, nicht an Spekulationen und solchen gegenseitigen Schuldzuweisungen. Wir alle wissen, dass das, was dort an Daten herangezogen wird, auf wackligen Füßen steht.
Es ist vereinbart worden, dass wir uns zu den Revisionsterminen die Zahlenbasis genau anschauen und dass wir Mitte des Jahres auch in der Monitoring-Gruppe darüber diskutieren. Das wird dann eine verlässlichere Zahlenbasis sein.
Es ist für die Akteure, die versuchen sollten, gemeinsam etwas für die Betroffenen zu tun, und auch für das öffentliche Meinungsbild sehr schädlich, wenn sich gerade die für die Umsetzung des SGB II Verantwortlichen gegenseitig solche Schuldzuweisungen machen.
Zu dem Thema Verschiebung von Belastungen hat mich in der letzten Zeit die Meldung ereilt, dass Vermieter, auch kommunale Vermieter, darüber klagen, dass die Miete, die ehemalige Sozialhilfeempfänger zu zahlen hatten, direkt auf das Konto der Wohnungsgesellschaften überwiesen wurde, dass aber, nachdem diese Sozialhilfeempfänger jetzt Empfänger im Arbeitslosengeld-II-Bereich sind, die Miete an diese überwiesen wird. Nun sind erste Mietzahlungsrückstände aufgetreten, weil die Miete nicht mehr bei dem Vermieter ankommt.
Meine Frage: Wie ist da die Rechtslage? Kann man die Miete bei Arbeitslosengeld-II-Empfängern direkt an den Vermieter zahlen und, wenn ja, unter welchen Prämissen?