Protocol of the Session on June 25, 2003

Ich möchte bei dieser Gelegenheit aber auf zwei Dinge hinweisen, die ich für wesentlich halte, um ein klares Bild vom Gesamtvorgang zu erhalten.

Zum einen ist in den letzten Wochen in der Öffentlichkeit der Eindruck erweckt worden, die Vorgehensweise meiner Verwaltung im Hinblick auf die Gewährung der Zusammenschlüsse sei unbotmäßig und nicht rechtmäßig. Eine derartige Bewertung ist nicht gerechtfertigt. Sie ist sachlich falsch. Das Innenministerium hat auf der Grundlage der einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen über die Gewährung von Zuwendungen zu entscheiden. Die Interpretation der Anspruchsnorm beginnt immer mit deren Wortlaut. Nach dem Wortlaut des bisherigen § 26 Abs. 1 GFG 2002/2003 kommen als Zuweisungsadressaten nur Gemeinden infrage, die sich nach § 9 Abs. 3 der Gemeindeordnung freiwillig zusammengeschlossen haben. In diesen genannten Fällen ist also der freiwillige Gemeindezusammenschluss demgegenüber an der fehlenden und nach § 10 Abs. 5 der Gemeindeordnung erforderlichen Zustimmung gescheitert. Die Gemeinden wollten diesen freiwilligen Zusammenschluss, aber dieser ist ihnen nicht ermöglicht worden. Das war der Sachverhalt. Da haben wir abgewogen.

Da - das muss ich sagen, Kollege Sarrach - bin ich schon ein bisschen überrascht, dass Sie sich dauernd auf die Schulter klopfen. Das können Sie ja machen. Aber in der rechtlichen Bewertung ging es um die Frage, ob ein solcher Entschließungsantrag ausreicht oder ob eine Gesetzesänderung der saubere Weg ist. Meine Fachjuristen haben mir empfohlen, diesen Weg zu gehen. Ich habe den Innenausschuss gebeten, diesen Weg auch zu gehen. Von daher gesehen ist das jetzt eine Entscheidung, die wasserdicht ist und über die man nicht mehr zu diskutieren braucht. Sie können nicht sagen: Nur wir haben das gewollt. - Nein, wir alle wollten das. Es ging um die Frage, wie wir das Ziel erreichen. Von daher bin ich dankbar, dass erkennbar ist, dass Sie diesem Weg zustimmen werden.

Herr Minister, lassen Sie eine Zwischenfrage zu?

Gern.

Bitte.

Herr Minister, ist Ihnen bekannt, dass in diesem Sinne der Innenausschuss nicht vorbereitet wurde, sondern die Formulierung des Artikelgesetzes aus einer zehnminütigen Beratungspause der Koalitionsfraktionen heraus geboren wurde?

Mir ist Folgendes bekannt: Ich habe einen Vermerk, in dem steht, welche beiden Lösungsmöglichkeiten es gibt, und der Vorschlag enthalten ist, es so zu machen, wie wir es gemacht haben. Aber Datum und Uhrzeit kann ich Ihnen dazu jetzt nicht sagen. Auch dies war jedenfalls das Ergebnis einer Vorarbeit des Innenministeriums, weil wir glauben, dass es sachgerecht ist. Da Sie selbst Jurist sind, müssten Sie doch wissen, dass dies die rechtlich einwandfreie Basis ist. Deshalb verstehe ich gar nicht, warum Sie sich dagegen sperren. Sie stimmen doch im Ergebnis dem Gesetzentwurf zu.

(Beifall bei der CDU - Zuruf des Abgeordneten Vietze [PDS])

- Das Bessere ist des Guten Feind, Herr Vietze. Eindeutigkeit ist immer besser als Verwaschenheit. Lassen Sie es uns doch so machen. Wir sind doch gemeinsam dieser Auffassung. Es gibt gar keinen Grund zur Aufregung.

(Zurufe von der PDS)

Zum letzten Punkt: Mit der Änderung des Kommunalwahlgesetzes erhöht sich die Altersgrenze für die Wählbarkeit der hauptamtlichen Bürgermeister vom 59. auf das 62. Lebensjahr. Dadurch erübrigt sich in Zukunft die Differenzierung zwischen erstmaliger Wahl und Wiederwahl, die schon bisher bis zum 62. Lebensjahr zulässig war. Die Anwendung der Vorschriften über die Wählbarkeit wird damit vereinfacht. Mit der Anhebung der Altersgrenze befindet sich Brandenburg in guter Gesellschaft mit anderen Bundesländern, die zum Teil sogar höhere Altersgrenzen für das passive Wahlrecht hauptamtlicher Bürgermeister festgelegt haben.

Lassen Sie mich ein Letztes sagen: Wenn Sie der Auffassung sind, dass die älteren Bürgermeister nicht gewählt werden, dann greifen Sie doch auf die Jungkader zurück. Wir sind der Auffassung, dass die Kandidaten für das Amt des Bürgermeisters die gesamte Spannbreite der praktischen Lebenserfahrung repräsentieren sollten. Gott sei Dank entscheiden die Wählerinnen und Wähler darüber. Wir eröffnen erweiterte Entscheidungsmöglichkeiten. Warten wir einmal ab. - Ich bedanke mich dafür, dass Sie dem zustimmen.

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der SPD)

Wir sind am Ende der Rednerliste. - Ja, bitte.

Bevor wir zur Abstimmung kommen, möchte ich Sie bitten, die Beschlussfähigkeit des hohen Hauses festzustellen.

Ich bitte die Schriftführer durchzuzählen. - Die Beschlussfähigkeit ist gegeben, wie mir die Schriftführer bestätigen.

Wir kommen zur Abstimmung. Wer den Gesetzentwürfen, die Ihnen in Drucksache 3/5946 und in Drucksache 3/6028 vorliegen, seine Zustimmung gibt, den bitte ich um sein Handzeichen. - Gibt es Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Den Entwürfen ist zugestimmt worden. Die 2. Lesung ist damit vorbereitet.

Ich schließe Tagesordnungspunkt 10 und rufe Tagesordnungspunkt 11 auf:

1. Lesung des Gesetzes zur Änderung des Verfassungsgerichtsgesetzes Brandenburg

Gesetzentwurf des Hauptausschusses

Drucksache 3/5965

Da vereinbart wurde, auf eine Debatte zu verzichten, kommen wir zur Abstimmung. Wer dem Gesetzentwurf zustimmt, den bitte ich um sein Handzeichen. - Gibt es Gegenstimmen? Stimmenthaltungen? - Damit ist das Gesetz in 1. Lesung angenommen und steht zur 2. Lesung an.

Ich schließe Tagesordnungspunkt 11 und rufe Tagesordnungspunkt 12 auf:

Nachhaltigkeit als gesellschaftliche Herausforderung die Umsetzung der Agenda 21

Große Anfrage 56 der Fraktion der PDS

Drucksache 3/5236

Antwort der Landesregierung

Drucksache 3/5830

Des Weiteren liegt Ihnen ein Entschließungsantrag der Fraktion der PDS in der Drucksache 3/6039 vor.

Ich eröffne die Aussprache mit dem Beitrag der PDS-Fraktion. Frau Dr. Enkelmann, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Um zu vermeiden, dass ich nachher aus Zeitgründen nicht mehr dazu komme, möchte ich mich gleich zu Beginn bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Ministerien für die große Mühe bedanken, die sie sich bei der Beantwortung der Großen Anfrage gegeben haben. Dass nicht alles in der Drucksache erscheint, beruht letztlich auf einer politischen Entscheidung des Kabinetts.

Die PDS-Fraktion hat am vergangenen Freitag mit Akteuren von lokalen Agenda-Initiativen in Brandenburg getagt. Bevor wir zum Erfahrungsaustausch gekommen sind, ist uns der Vorschlag unterbreitet worden, wir selbst sollten im Parlament eine lokale Agenda ins Leben rufen. Die Akteure hatten sich die Fenster und das Heizungssystem des Hauses sowie den Sitzungssaal der SPD-Fraktion, den Laden mit 60 konventionellen Lampen, angesehen. Wir sollten darüber nachdenken, ob wir eine lokale Agenda des Landtages Brandenburg ins Leben rufen. Es würde sich lohnen; denn es ist wichtig, dass die öffentlichen Einrichtungen mit gutem Beispiel vorangehen. In den Kommunen ist das bereits der Fall, und am Land sollte es nicht völlig vorbeigehen.

Meine Damen und Herren! Es ist reizvoll, bei der Entstehungsgeschichte des Begriffs „Nachhaltigkeit“ zu verweilen, erst recht, wenn man dabei jemanden wie Georg Ludwig Hartig zitieren kann, der lange Jahre als Leiter der Preußischen Staatsforstverwaltung gewirkt hat. Im Jahre 1821 richtete er in Berlin einen Lehrstuhl für Forstwirtschaft ein, aus dem wenige Jahre später die Eberswalder Forstakademie hervorging. Es sei hervorgehoben, dass Hartig während seiner Tätigkeit die beabsichtigte Veräußerung großer Staatsforsten verhinderte.

Allerdings hatte bereits ein knappes Jahrhundert vorher der Sachse Hans Carl von Carlowitz aus Freiberg bei der Erörterung - ich zitiere - „wie eine sothane Conservation und Anbau des Holtzes anzustellen (sei), daß es eine continuirliche, beständige und nachhaltende Nutzung gebe“ den Begriff zum ersten Mal verwendet.

Ein ganz besonderes Problem drückte damals die Wirtschaft: der Holzmangel. Die Nachhaltigkeit ist überall dort, wo sie in der Geschichte auftaucht, ein Kind der Krise. Umso beachtlicher ist es, dass Carlowitz bereits Anfang des 18. Jahrhunderts auch die übrigen beiden Säulen der Nachhaltigkeit, Ökologie und Soziales, definiert hat. Er schrieb - mit Ihrer freundlichen Genehmigung, Herr Präsident, möchte ich zitieren -:

„Handel und Wandel, die florirenden Comercia müssten zum Besten des gemeinen Wesens dienen, die armen Untertanen hätten ein Recht auf sattsam Nahrung und Unterhalt.“

Und weiter:

„Der Mensch müsse in dem großen Welt-Buche der Natur studiren. Er müsse erforschen, wie die Natur spielet, und dann mit ihr agiren und nicht wider sie.“

Frau Abgeordnete, wir verzichten auf die Genehmigung von Zitaten. Ich müsste sonst jedes einzelne Schriftstück genehmigen, weil sich alle Abgeordneten selbst zitieren.

Erstens geht das hoffentlich nicht von meiner Zeit ab. Zweitens danke ich gleichwohl für die Genehmigung.

Bitte sehr.

Fast 300 Jahre später wissen wir vieles weitaus besser. Wir wissen, dass vieles von dem, was schon vor 300 Jahren formuliert wurde, noch lange nicht verinnerlicht worden ist. Zu oft dominiert die Ökonomie die Ökologie und das Soziale. Wirtschaftliches Wachstum ließe sich jedoch heute mit innovativen Umwelttechnologien oft umweltschonender realisieren, wenn die Politik den Stand der Technik nachdrücklicher durchsetzen würde, statt auf die Verknappung der Ressourcen zu warten. So weiß zum Beispiel die OPEC genau, wie hoch der Ölpreis sein darf, um nicht den Durchbruch regenerativer Energietechnologien zu riskieren.

Umso bedauerlicher erscheint es, dass sich Landesregierung und Regierungskoalitionen immer noch nicht für die Einführung eines Klimaschutzprogramms ausgesprochen haben. In der diesbezüglichen Anhörung im Februar waren durchweg alle Sachverständigen der Auffassung, dass wir in Brandenburg ein solches Klimaschutzprogramm brauchen. Aber, meine Damen und Herren von der Koalition, Sie tun sich damit offenkundig sehr schwer.

Die Lobpreisung der allseits kritisierten Energiestrategie 2010 findet sich auch in der Antwort auf die Große Anfrage, kann aber nach wie vor nicht überzeugen.

Gleiches gilt für die Aussagen zum Bereich Wasser. Während die OPEC eine zweite Ölkrise besser nicht riskiert, meint man in Brandenburg, sich dank Anschluss- und Benutzungszwangs hinsichtlich der Wasser- und Abwassergebühren süffisant zurücklehnen zu können. Man muss konstatieren, dass die Einführung moderner, effizienter Technologien nach wie vor aktiv behindert wird.

Nicht weniger Verantwortung trägt die Politik für die Bewirtschaftungsmethoden in der Landwirtschaft. Ich möchte allerdings der bevorstehenden Debatte über den Agrarbericht nicht vorgreifen. Ich zitiere lediglich aus der Antwort zu Frage 40 der Großen Anfrage:

„Eine Verminderung des Eintrags chemischer Pflanzenschutz- und Düngemittel bewirkt zwangsläufig einen geringeren negativen Einfluss auf Bodenlebewesen, Bodenstruktur und -stoffhaushalt, Fauna, Flora, Wasserhaushalt und die Qualität des Grund- und Oberflächenwassers“.

Obwohl die Feststellung so klar getroffen wird, bleibt die Landesregierung hinsichtlich der Benennung von Konsequenzen aus dieser Aussage sehr im Allgemeinen.

Herr Minister Birthler, wir können ebenso wenig Ihre Aussagen zum Stand der Ökoproduktion hinnehmen. Wir dürfen uns mit dem Umsatzeinbruch in diesem Bereich nicht abfinden. Man muss über die Ursachen nachdenken. Die Landesregierung hat zu prüfen, wie sie zur Stabilisierung und zu weiterem Wachstum beitragen kann.

Zu einer Reihe von Aspekten weicht die Antwort aus. Es wird auf die Zuständigkeit der EU und des Bundes sowie auf die kommunale Selbstverwaltung verwiesen. Damit soll von der eigenen Verantwortung abgelenkt werden. Immerhin fallen die globalen Bewertungen, die gerade in den Antworten auf die ersten Fragen getroffen werden, nicht schwer. Sie werden von