Protocol of the Session on June 25, 2003

Zu einer Reihe von Aspekten weicht die Antwort aus. Es wird auf die Zuständigkeit der EU und des Bundes sowie auf die kommunale Selbstverwaltung verwiesen. Damit soll von der eigenen Verantwortung abgelenkt werden. Immerhin fallen die globalen Bewertungen, die gerade in den Antworten auf die ersten Fragen getroffen werden, nicht schwer. Sie werden von

uns ausdrücklich begrüßt. Wir stellen fest, dass es insoweit ein hohes Maß an Übereinstimmung gibt. An anderen Stellen merken wir, dass Sie sich aus Ihrer Verantwortung zurückziehen und in den Bewertungsstrukturen lieber allgemein bleiben.

Ich räume durchaus ein, dass wir in der Struktur der Großen Anfrage sozusagen top down geraten sind. Wir haben uns an das gehalten, was mit der Agenda 21 im Jahre 1992 in Rio beschlossen worden ist. Das haben wir sozusagen als Grundlage für die im Land Brandenburg notwendigen Vereinbarungen genommen. Deshalb ist die Beantwortung der Großen Anfrage sehr umfangreich. Nicht alles betrifft das Land Brandenburg, aber ich meine, wir sollten uns als Land Brandenburg an vielen Stellen - bei der Entwicklungshilfe, der Globalisierung usw. durchaus ein Stück weit zuständig fühlen.

(Beifall bei der PDS)

Wenn Minister Birthler vor wenigen Tagen die zweite Auflage des Zukunftprojekts „Lokale Agenda 21“ bekannt gegeben hat, dann hat er damit offenkundig wenigstens eine Konsequenz aus der Großen Anfrage gezogen. Das legen wir zumindest ein Stück weit als unseren Erfolg aus, denn wir haben diese Große Anfrage gestellt, die Debatte stand bevor. Sie haben dann 80 000 Euro für weitere Projekte bei der lokalen Agenda zur Verfügung gestellt. Ich kann von dieser Stelle aus die AgendaInitiativen nur auffordern, so schnell wie möglich ihre Anträge zu stellen. Ich meine, das Geld sollte nicht verfallen, denn es wird dringend gebraucht.

Es gibt auch andere Formen praktizierter Anerkennung für die lokale Agenda. Die Kirchengemeinden haben den Ökumenischen Umweltpreis gestiftet, der jährlich vergeben wird und mit dem insbesondere Initiativen in den Kirchengemeinden unterstützt werden sollen. Diese Initiativen sollten meiner Meinung nach weiterhin unterstützt werden. Der Vertreter der Kirchen hat bei der Beratung mit der PDS-Fraktion unter anderem angekündigt, dass es einen Energiecheck für kirchliche Einrichtungen geben soll und dass Beauftragte in den einzelnen Kirchengemeinden berufen werden sollen. Ich meine, diese Initiativen sind von uns durchaus zu unterstützen.

Wenn wir uns in die Augen schauen und ehrlich sind, dann stellen wir fest, dass die Zahl der Agenda-Initiativen zurückgegangen ist, auch wenn die Landesregierung meint, es handele sich lediglich um eine periphere Erscheinung. Eine wesentliche Ursache spiegelt sich in der Art und Weise der Beantwortung einer Reihe von Fragen wider. Die Verwaltung weist auf das Bestehen gesetzlich vorgeschriebener Beteiligungsverfahren, auf Mitwirkungs- und Klagerechte hin. Das alles ist sicherlich richtig. Die Frage ist aber, wie diese lokalen Agenda-Initiativen tatsächlich verstanden werden, wie sie von den Verwaltungen begriffen werden. Sie haben uns gesagt, dass sie oft sozusagen als diejenigen verstanden werden, die nerven und im Verwaltungsablauf nur stören. Sie wollen aber als Mitgestalter verstanden werden und sich in die betreffenden Beratungen einbringen.

Herr Präsident, ich komme zum Schluss, da Sie mir signalisieren, dass ich nur noch eine Minute Redezeit habe, was ich sehr bedauere.

Es gibt eine ganze Reihe von Aussagen in den Antworten auf

die Große Anfrage, unter anderem auch zur Armut, die mich richtig erschreckt haben. Es gehört zum Komplex der lokalen Agenda, meine Damen und Herren auf der Regierungsbank, wenn in der Antwort auf die Große Anfrage festgestellt wird, dass der Landesregierung derzeit keine spezifischen Analysen zur Armutsproblematik in Brandenburg vorliegen. Das spricht schlichtweg für eine Ignoranz der Landesregierung. Wir wissen, dass es diese Probleme gibt und dass diese Probleme sehr wohl etwas mit der lokalen Agenda zu tun haben. Ich kann Sie nur auffordern: Nehmen Sie die in Brandenburg bestehenen Probleme wahr! Versuchen Sie über die Ursachen nachzudenken und Konsequenzen zu ziehen! Auch das gehört zur Agenda.

Herr Präsident, nur noch ein Satz zum Schluss. Ich meine, wir sollten tatsächlich den Versuch wagen, zu einem zweiten Anlauf im Engagement für die lokale Agenda zu kommen. Dazu sollten wir alle in der Politik unseren Beitrag leisten. Die Große Anfrage ist durchaus ein Ansatz dafür. - Danke.

(Beifall bei der PDS)

Das Wort geht an die SPD-Fraktion. Für sie spricht der Abgeordnete Gemmel.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die uns vorliegende Antwort der Landesregierung ist sehr umfangreich ausgefallen. Dafür unser Dank an die Verwaltung. So wie die Diskussion in der Gesellschaft kontrovers ausfällt, so bieten auch die Antworten zu den einzelnen Themen reichlich Diskussionsstoff.

In den fünf Minuten meiner Redezeit kann ich nur auf einzelne Schwerpunkte eingehen. Zunächst etwas Grundsätzliches: Die drei Säulen der Nachhaltigkeit, der Gleichschritt von ökologischer, ökonomischer und sozialer Entwicklung, sind wichtig. Wesentlicher ist aber, dass eine klare Gewichtung der Komponenten vorgenommen wird. Um eine dauerhafte, umweltgerechte Entwicklung zu erreichen, müssen die politischen Entscheidungen den Naturgesetzen folgen. Es darf keinen Reparaturbetrieb geben. Das ist so, ob es uns gefällt oder nicht, ganz einfach deshalb, weil verbrauchtes Naturkapital, zum Beispiel fossile Energieträger, nicht noch einmal verwendet werden kann.

Beunruhigend ist die Tatsache - in der Antwort ist dieser Aspekt unterstrichen worden -, dass trotz moderner Umweltpolitik die Ressourcenverschwendung, das Artensterben und der rasante Klimawandel fast ungebremst voranschreiten. Wir haben bisher keine Verbesserung erreichen können, obwohl wir ständig über Umweltschutz reden.

Zur Frage 27, den Perspektiven einer nachhaltigen Energieproduktion in Brandenburg: Die Landesregierung weist auf die Energiestrategie bis zum Jahre 2010 hin. Ich behaupte, dass wir unser Ziel, bis zum Jahre 2010 die Bereitstellung von 5 % des Primärenergiebedarfs durch erneuerbare Energien zu erreichen, verfehlen werden. Die Anstrengungen bei der Reduzierung des Energieverbrauchs müssen auf allen Ebenen verstärkt werden, wenn dies tatsächlich gelingen soll. Bei der Förderung der regenerativen Energien verlassen wir uns derzeit auf das,

was die Bundesregierung macht. Deshalb habe ich mich über die Antwort gewundert, dass die Landesregierung alle Umweltprogramme fortführen wird. Wenn das auch für das REN-Programm gilt, dann heißt das, dass wir dort Geld einstellen müssen. Wir sind da aber quasi bei null. Deshalb ist diese Antwort eher peinlich.

Eine Reihe von Fragen befasst sich mit dem Klimaschutz. Sie haben darauf hingewiesen. Wir haben darüber lange diskutiert. Manchmal ist es ja gut, wenn man etwas länger diskutiert. Die Position der SPD-Fraktion dazu ist völlig klar. Wir werden im Land ein ressortübergreifendes Klimaschutzmanagement installieren, um voranzukommen. An der Form der Ausgestaltung arbeiten wir zurzeit noch. Wir werden uns diesem Thema aber nicht verschließen.

(Beifall der Abgeordneten Dr. Enkelmann [PDS])

Die klimatischen Auswirkungen sind uns allen bekannt. Weil diese Auswirkungen so gravierend sind, werden wir handeln.

Die Antworten zu einer nachhaltigen Abwasserentsorgung im ländlichen Raum und zum Gewässerschutz zeigen, dass wir zwar ein Stück weitergekommen sind, aber ob das zentral oder dezentral geregelt wird, entscheiden ausschließlich die Kommunen. Wenn das so vermittelt wird, dann hat es den Eindruck, als ob es eine Ausrede ist. Es geht nicht nur um den Gewässerschutz, sondern auch um die Entwicklung dezentraler Stoffkreisläufe, den Schutz der Vegetation und des Kleinklimas und vor allen Dingen um dezentrale Wertschöpfungsketten. Dazu sollte sich die Landesregierung wirklich eine eigene Meinung leisten und das Wissen der Wissenschaftler wirklich befördern und nicht danebenstehen. Wenn wir dem Abwasser den Stickstoff entziehen, diesen in die Luft blasen, um gleichzeitig mit viel Energie Stickstoff zu produzieren und zur Erhaltung der Bodenfruchtbarkeit einzusetzen, dann ist das völlig absurd und nicht länger hinnehmbar. Hierbei müssen wir wirklich umdenken.

Ähnliches gilt für die Diskussion über die Klärschlammverbrennung. Auch diese Diskussion ist völlig abwegig.

Bei der Beantwortung der meisten Fragen fehlt die Bereitschaft anzuerkennen, dass wir viel zu oft über die Nachhaltigkeit reden und in Wirklichkeit die Beliebigkeit dominiert, Forderungen von Interessengruppen zu bedienen. Das geschieht manchmal mit dem Wort „Nachhaltigkeit“. Wir haben Naturschutzgebiete und die Reparatur unseres Landschaftswasserhaushalts hat begonnen. Das alles sind sehr wichtige und schöne Ansätze, aber wir sind noch längst nicht an dem Punkt, an dem nachhaltiges Denken und nachhaltige Umweltpolitik wirklich stets umgesetzt werden. - Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei SPD und PDS sowie vereinzelt bei der CDU)

Das Wort geht an die DVU-Fraktion. Für sie spricht der Abgeordnete Claus.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Gemmel sagte es schon: Die Große Anfrage ist viel zu umfangreich, um auf

alles eingehen zu können. Wir haben uns im Ausschuss für Landwirtschaft, Umweltschutz und Raumordnung schon mit den einzelnen Themen befasst. Aus diesem Grund kann man sich auf einige Themen beschränken.

Die Konferenz der Vereinten Nationen im Jahr 1992 in Rio de Janeiro zu dem Thema Umwelt und Entwicklung sollte eine völlig neue Dimension und Grundlage für eine weltweite Umwelt- und Entwicklungspolitik schaffen. Die Konferenz von Rio war gedacht als Symbol einer gemeinsamen neuen Verantwortung aller Staaten für unsere Welt. Über 175 Staaten haben auf den dringenden Handlungsbedarf zur Rettung der Erde hingewiesen und grundlegende Vereinbarungen zur Förderung einer nachhaltigen Entwicklung getroffen.

All diese Staaten auf eine Grundlinie einzuschwören war ein schwieriger Prozess und ein dorniger Weg. Dass dabei Probleme ungelöst und offen geblieben sind, wissen wir alle ebenfalls. Das Leitbild einer nachhaltigen, umweltgerechten Entwicklung steht dabei für ein Konzept, das die ökonomischen und sozialen Lebensbedingungen der Menschen mit der langfristigen Sicherung der natürlichen Lebensgrundlagen in Einklang bringen soll.

Die DVU-Fraktion sagt noch einmal klar und deutlich: Die Agenda 21 bezieht ausdrücklich den Menschen in ihre Überlegungen ein. Ja, man kann sogar sagen, die Agenda 21 stellt den Menschen in den Mittelpunkt ihrer Zielsetzungen, sie stellt die Entwicklungsziele sogar revolutionär auf die menschlichen Bedürfnisse ab. Sie relativiert diese Zielstellungen allerdings durch die gleichzeitige Forderung nach der nachhaltigen Verträglichkeit aller Maßnahmen.

Dass die Agenda 21 die Grundlage für den querschnittsorientierten Umwelt- und Naturschutz ist, macht die Fülle der Themenfelder ebenso deutlich, wie es die Überschriften der Teilabschnitte tun.

Hierbei darf es keinen Freifahrtschein für den ökologischen Umbau unserer Gesellschaft im Land Brandenburg und in Deutschland geben. Hingegen fordert die Agenda 21 sehr wohl eine intensive Auseinandersetzung mit den Möglichkeiten und deren Nutzung, die sich aus der Biotechnologie und deren Entwicklung ergeben, nicht zuletzt auch mit dem Ziel, die Ernährungssicherung zu verbessern.

Die DVU-Fraktion will mit diesen wenigen Beispielen nur darauf hinweisen, dass es neben dem grundsätzlichen Konsens über die Notwendigkeit der Agenda 21 im Detail sicherlich noch strittige Diskussionen über die Inhalte, eventuell auch über die Strategien und Instrumente geben wird.

Meine Damen und Herren, die Osterweiterung steht kurz bevor; das wissen wir ebenfalls alle. Die eigentlichen Stolpersteine bei den Beitrittsverhandlungen liegen ganz woanders. Die Freizügigkeit von Kapital und Arbeitskräftesicherung sowie die Ausgrenzung der künftigen EU-Mitglieder sind nur wenige Beispiele für Probleme, die schwer zu lösen sein werden. Das gilt auch für die gemeinsame Agrarpolitik.

Es gibt eine Vielzahl von Mängeln - meine Damen und Herren, wir alle kennen sie -, die abgestellt werden müssen. Die Entwicklung der vergangenen Jahre und die deutlich erkennbare Schwächung des Systems müssen aufgearbeitet werden. An

ders lässt sich für die Bürgerinnen und Bürger unseres Landes und insbesondere für unsere Landwirte keine dauerhafte Lösung schaffen. Der jetzige Dschungel von Subventionen in der EU muss ausgeglichen werden. Wir müssen zu einer stringenten Förderung kommen.

Ein wichtiger Punkt hierbei ist, dass nicht allein die Landwirte die Finanzierer der Osterweiterung sein dürfen und dass sie nicht immer nur so hingestellt werden, dass sie nur noch ökologisch produzieren dürfen und alles andere nicht mehr sein darf.

Es darf auch nicht sein, dass die brandenburgischen Landwirte Einkommenseinbußen hinnehmen müssen, während ansonsten alles seinen gewohnten Gang geht. Wie Sie wissen, Herr Minister, ist die Landwirtschaft in diesem Jahr noch schlechter dran. Die Ernten fallen aus. Der Schaden wird auf 180 Millionen Euro geschätzt. Schauen wir einmal, wie Sie darauf reagieren, wenn die Bauern fragen, wie sie Gelder vom Ministerium bekommen können. - Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der DVU)

Für die CDU-Fraktion spricht der Abgeordnete Dombrowski.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die auf der Konferenz für Umwelt und Entwicklung der Vereinten Nationen im Juni 1992 verabschiedete Agenda 21 ist ein von mehr als 170 Staaten verabschiedetes Aktionsprogramm für das 21. Jahrhundert. In der Agenda 21 werden in 40 Kapiteln alle wesentlichen Politikbereiche einer umweltverträglichen, nachhaltigen Entwicklung angesprochen. Ihre Vorgaben sollen die Leitlinie des politisch-strategischen Handelns in allen Politikfeldern sein.

Nachhaltigkeit bedeutet, dass sich das Wirtschaftswachstum im Einklang mit den ökonomischen, ökologischen und sozialen Bedürfnissen gleichermaßen vollziehen soll. Den Bedürfnissen der Gegenwart soll Rechnung getragen werden, ohne die Entwicklungsmöglichkeiten der kommenden Generation zu gefährden.

(Beifall des Abgeordneten von Arnim [CDU])

Dies geschah vor dem Hintergrund, allen Staaten faire Entwicklungschancen zu ermöglichen und künftigen Generationen natürliche Lebensgrundlagen zu bewahren.

Leider ist nur elf Jahre nach der Konferenz von Rio festzustellen, dass wir trotz einiger Fortschritte von dem Ziel einer globalen Nachhaltigkeit noch weit entfernt sind. Insbesondere die Frage, wie sich die nachhaltige Entwicklung vor dem Hintergrund einer voranschreitenden Globalisierung sowie eines raschen technologischen Fortschritts in Zukunft gestalten lässt, bedarf einer Lösung. Die globale Umsetzung der Agenda 21 ist deshalb eine der großen Herausforderungen unseres Jahrhunderts.

Deshalb hat sich auch die brandenburgische Koalition dem Leitbild der Nachhaltigkeit verschrieben. In der Koalitionsvereinbarung heißt es dazu:

„In der Umweltpolitik strebt die Koalition eine ökologisch verträgliche Entwicklung an, die mit wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit und sozialer Gerechtigkeit verbunden ist. Das Leitbild der Nachhaltigkeit, das seinen Ausdruck in der Agenda 21 findet, ist dafür die wichtigste Grundlage.“

Wie sich aus dem zuvor Gesagten ergibt, erstreckt sich die Umsetzung der Agenda 21 auf alle gesellschaftlichen Handlungsebenen.

Da es unmöglich ist, in der Kürze der Zeit auf alle Bereiche einzugehen, möchte ich im Folgenden nur kurz auf die Bereiche zu sprechen kommen, in denen wir für das Land Brandenburg einen verstärkten Handlungsbedarf sehen, aber auch einige gelungene Beispiele nennen.