Protocol of the Session on June 25, 2003

Die Koalitionsfraktionen beantragten jüngst nach Pressemeldungen eine Sitzung des Innenausschusses. Geklärt werden sollte die Problematik von Gemeinden, die in der Freiwilligkeitsphase Neugliederungsverträge eingereicht haben, die bislang nicht genehmigt worden sind, ob nun vom Landkreis oder vom Innenministerium. Diesen Gemeinden konnte daher auch noch keine Fusionsprämie nach § 26 des Gemeindefinanzierungsgesetzes gezahlt werden.

Während die Koalitionsfraktionen ohne Konzept und ohne Idee in die Innenausschusssitzung am 19. Juni gingen, gab es bereits den Antrag meiner Fraktion in der Drucksache 3/5978 zu der Problematik Fusionsprämie. Natürlich musste die Koalition darauf reagieren. Wir haben als PDS somit - das kann man mit Fug und Recht sagen - den Innenausschuss zum Handeln gezwungen.

Mit dem Kompromissprodukt des dann gemeinsam qualifizierten Gesetzentwurfes zur Änderung des § 26 GFG kann auch meine Fraktion zufrieden sein. Unsere Antragsinitiative sehen wir hiermit dem Inhalt nach umgesetzt, auch wenn nicht zu schnell und mit zu leichter Hand zu einem Gesetz gegriffen werden sollte. Dem Anliegen hätte genauso gut mit einem Antrag gedient werden können. Freilich hätten die Koalitionsfraktionen hierfür über ihren Schatten springen und dem PDS-Antrag zustimmen müssen.

Uns geht es um die Beseitigung der aufgetretenen ungerechten Behandlung von Gemeinden im Landkreis Potsdam-Mittelmark. Taktische Winkelzüge brauchen wir nicht, wir rügen somit auch nicht die zu kurzfristige Einreichung des Gesetzentwurfs.

Die PDS hat die freiwilligen Gemeindezusammenschlüsse stets respektiert, wie sie die ablehnende Position von Gemeinden, die sich einer Zwangsneugliederung widersetzen, als legitim anerkennt. Das war und ist unsere Auffassung. Eine Gemeindegebietsreform gelingt dauerhaft nur mit den Menschen und nicht gegen die Menschen, gelingt dauerhaft nur in Freiwilligkeit.

Zu Artikel 1 - Änderung des Brandenburgischen Kommunalwahlgesetzes - haben wir uns im Innenausschuss der Stimme enthalten. Der Präsident hatte mit seiner kritischen Bemerkung heute Morgen Recht. Es vermag nicht restlos zu überzeugen, weshalb diese Novelle so überraschend und schnell - angeblich ohne konkreten Handlungsdruck vor Ort - behandelt werden muss. Dass es nur um Vereinheitlichung und Normenabbau gehen soll, glaubt niemand ernstlich.

Doch die Zweifel sollen hier nicht überwiegen. Den Gesetzentwürfen stimmen wir in 1. Lesung zu. - Ich bedanke mich.

(Beifall bei der PDS)

Das Wort geht an die SPD-Fraktion. Für sie spricht der Abgeordnete Werner-Siegwart Schippel.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich teile ausdrücklich die Kritik des Präsidenten an dem Verfahren. Ich meine, ein solches Verfahren sollte nicht zur Gewohnheit werden und sollte nicht wieder vorkommen. Das betrifft aber genau den Punkt, den Herr Sarrach angesprochen hat. Natürlich waren wir in Kenntnis Ihres Antrags und inhaltlich sind wir auch dafür. Das ist doch überhaupt nicht das Problem. Die Frage war aber: An welcher Stelle und wie machen wir das rechtssicher, auch rechtssicher für die letzten Endes entscheidende Behörde oder die Mitarbeiter im Innenministerium? Da wäre ein reiner Antrag, ein Entschließungsantrag oder sonst etwas, eben nicht das geeignete Mittel gewesen.

Das geeignete Mittel, um an dieser Stelle Rechtssicherheit zu schaffen, ist nun einmal die Gesetzesform. Daraufhin haben wir, wenn auch überstürzt, Herr Präsident, diesen Weg gewählt. Letzten Endes kommt es darauf an, dass die betreffenden Kommunen in den Genuss dieses Geldes kommen, um die von ihnen vorgesehenen Vorhaben damit bewerkstelligen zu können. Das war das Ziel dieses Antrags.

Was die Bürgermeister betrifft, so geht es in dem Gesetzentwurf tatsächlich um Normenabbau, um Vereinheitlichung, zum Beispiel betreffend das bisher enthaltene unterschiedliche Alter. Das ist der ganze Hintergrund. - Ich bitte um Zustimmung zu diesem Gesetz.

Das Wort geht an die DVU-Fraktion. Für sie spricht der Abgeordnete Claus.

Herr Präsident! Meine Damen! Meine Herren! Der schließlich vorgeschlagenen Änderung des § 37 Abs. 1 des Fünften Gesetzes zur landesweiten Gemeindegebietsreform ist ebenfalls zuzustimmen. Sie betrifft die Bildung von Ortsteilen nach § 54 der Gemeindeordnung in durch das Gesetz zwangsweise zusammengeschlossenen oder eingegliederten Gemeinden. Die vorgeschlagene Bestimmung besagt, dass in diesen Fällen ein Ortsteil gebildet werden muss.

Auch die DVU-Fraktion hält diese Vorschrift für unverzichtbar, denn durch die Bildung von Ortsteilen kann den ehemaligen Gemeinden ein Mindestmaß an Mitwirkung gesichert werden.

(Zuruf des Abgeordneten Sarrach [PDS])

Dass die Ortsteile zumindest nach Ansicht unserer DVU-Fraktion mit mehr Rechten ausgestattet werden sollen, steht allerdings auf einem anderen Blatt, Herr Kollege Sarrach.

(Sarrach [PDS]: Nein, Sie haben das nicht verstanden!)

Dies setzt erst einmal die Existenz eines Ortsteils voraus. Genau das gewährleistet die vorgeschlagene Änderung.

Aber kommen wir zur Drucksache 3/6028. Der Gesetzentwurf der Landesregierung enthält im Wesentlichen zwei Änderungen:

Zum einen wird in Artikel 2 die Altersgrenze für die Wählbarkeit von 59 auf 62 Jahre heraufgesetzt.

Zudem wird durch Artikel 3 gewährleistet, dass Gemeinden, bei denen leitliniengerechte freiwillige Zusammenschlüsse im Zuge der Gemeindegebietsreform ohne Zutun der Gemeinden nicht genehmigt worden sind, ebenfalls in den Genuss der so genannten Kopfprämie kommen können. Die DVU-Fraktion stimmt dem natürlich auch zu.

In beiden Fällen bewirken die Änderungen Verbesserungen der gegenwärtigen Rechtslage zugunsten der Gemeinden. Beide Änderungen wurden in der vergangenen Woche auch im Innenausschuss erörtert.

Die erste Änderung trägt zumindest dazu bei, dass das Altersgrenzenwirrwarr im Brandenburger Kommunalwahlgesetz abgebaut wird. Das Gesetz wird dadurch zumindest für die Bürgerinnen und Bürger einfacher und verständlicher. Aus Sicht der DVU-Fraktion könnten diese Altersbegrenzungen sogar völlig entfallen, meine Damen und meine Herren vom Innenausschuss. Es ist aus unserer Sicht nicht nachvollziehbar, dass die Wählbarkeit ab einer bestimmten Altersgrenze entfallen soll. In anderen Bundesländern gibt es solche Altersgrenzen bekanntlich nicht.

Mit Interesse hat die DVU-Fraktion die in diesem Zusammenhang im Ausschuss für Inneres aus den Reihen der Koalitionsfraktionen zudem gemachte Bemerkung zur Kenntnis genommen: Die Heraufsetzung der Altersgrenze von 59 auf 62 Jahre erhöht die Kandidatenvielfalt. Herr Petke, das haben Sie selber gesagt. Es mag durchaus sein, dass hierdurch bei den Kommunalwahlen mehr Kandidaten zur Verfügung stehen.

Andererseits waren Sie es aber, meine Damen und Herren von den Koalitionsfraktionen, die trotz unseres Änderungsantrags jüngst dafür gestimmt haben, bei Bürgermeisterwahlen die öffentliche Ausschreibung abzuschaffen. Wenn Sie dem Gedanken der Kandidatenvielfalt also etwas Gutes tun wollen, dann stellen Sie auch diesen Passus besser schnellstens wieder her!

Die zweite Änderung trägt dem Umstand Rechnung, dass in einer Reihe von Fällen die Landkreise oder das Innenministerium leitliniengerechte freiwillige Zusammenschlüsse nicht genehmigt haben. Die betroffenen Gemeinden sollen nun ebenfalls in den Genuss der Zuweisungen, also der so genannten Kopfprämien, kommen.

Diese Änderung regelt nach Ansicht der DVU-Fraktion nur einen Teil der regelungsbedürftigen Sachverhalte. Dieser Teil ist aber immerhin zutreffend. Weiterer Regelungsbedarf wird sich aus Sicht meiner Fraktion noch zusätzlich ergeben.

Durch die Gesetzgebung der Landesregierung wurden zum Teil Gemeinden zusammengeschlossen, die noch innerhalb der Freiwilligkeitsphase Alternativen vorgeschlagen haben und die nun vor dem Landesverfassungsgericht klagen, meine Damen und Herren.

Alles andere verstieße gegen die Grundsätze der Gerechtigkeit. Es kann nicht sein, dass die Gemeinden vor dem Landesverfassungsgericht Recht bekommen - das heißt, die Landesregierung den Prozess verliert -, den Gemeinden aber die Prämie für den von ihnen freiwillig vorgeschlagenen und dann vorzuzie

henden Zusammenschluss verwehrt wird. In diesem Fall muss die Landesregierung das Risiko ihres Handelns aus Sicht der DVU-Fraktion in jeder Hinsicht selber tragen. Zu diesem Risiko gehört die so genannte Kopfprämie. Diese wird ja für freiwillige leitliniengerechte Zusammenschlüsse gewährt und nur für freiwillige leitliniengerechte Zusammenschlüsse, die zudem noch den Vorstellungen der Landesregierung entsprechen. - Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der DVU)

Das Wort geht an die CDU-Fraktion. Für sie spricht der Abgeordnete Petke.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die beiden vorliegenden Gesetze haben durchaus wichtige Inhalte, die geregelt werden müssen. Zum einen ist uns doch tatsächlich beim Entwurf des Gesetzes zur Änderung des Fünften Gesetzes zur landesweiten Gemeindegebietsreform ein Fehler unterlaufen. In den Tausenden von Seiten, in den sechs Gesetzen zur Gemeindegebietsreform, die wir hier bearbeitet und verabschiedet haben, gab es einen Dreher, eine Wortgruppe, die an dieser Stelle nicht auftauchen sollte. Es ist an uns, heute und morgen in der 1. und 2. Lesung dieses wieder gerade zu rücken. Ich meine, vor dem Hintergrund der inhaltlichen Fülle der sechs Gesetze zur Gemeindegebietsreform ist es nachzusehen, dass so etwas passiert ist.

Zum Artikelgesetz: Wir werden Klarheit schaffen in Bezug auf den § 26 des Gemeindefinanzierungsgesetzes 2002/2003. Ich möchte die Kollegen der DVU daran erinnern, dass das kein Gesetzentwurf der Landesregierung ist, sondern dass das ein Gesetzentwurf ist, der vom Innenausschuss in das Plenum eingebracht wurde. Grundlage speziell für die Änderung des § 26 GFG war ein Antrag der Koalitionsfraktionen von CDU und SPD.

Kollege Sarrach, vielleicht hätten Sie der Vollständigkeit halber doch darauf hinweisen können, dass wir im Innenausschuss den besseren Weg vereinbart haben. Sicherlich hat Ihr Antrag argumentativ hier im Plenum auch einen Anstoß für die Diskussion bei uns in den Fraktionen gegeben. Aber ursächlich war natürlich die Situation vor Ort in den betroffenen Gemeinden. Es handelt sich um Seeburg, um Gollwitz, um Groß Glienicke, Neu Fahrland und Brandenburg an der Havel, DallgowDöberitz und Potsdam sowie auch um die Gemeinden Bochow, Deetz, Groß Kreutz, Schmergow und Götz. Von daher gesehen haben wir die bessere Variante gewählt.

Herr Abgeordneter, lassen Sie eine Zwischenfrage zu?

Bitte, Herr Sarrach.

Herr Kollege Petke, können Sie mir nicht auch zustimmen, dass das Ministerium des Innern den Innenausschuss ursprünglich nur darum bat, durch den Ausschuss eine Auslegungshilfe zu erhalten, und nicht die Forderung nach einer Änderung des GFG aufmachte?

Die Frage macht mich tatsächlich ein wenig sprachlos. Wir sind der Gesetzgeber. Es liegt an uns, ob wir ein Gesetz verabschieden, es ändern oder ob wir dies unterlassen. Kollege Schippel und ich haben gemeinsam mit Rückendeckung der Arbeitskreise und der Koalitionsfraktionen die Innenausschusssitzung beantragt,

(Zuruf des Abgeordneten Sarrach [PDS])

weil wir klären wollten, wie wir mit dieser Situation mit Blick auf die Kommunalwahl am 26. Oktober umgehen. Wir haben dann in der Diskussion natürlich gemeinsam der Landesregierung, dem Ministerium des Innern, einen Vorschlag unterbreitet, den Sie dankenswerterweise mitgetragen haben, der, glaube ich, besser ist und das höchste Maß an Rechtssicherheit schafft, das man sich in dieser Frage wünschen kann.

Lassen Sie mich übergehen zur Novellierung des Brandenburgischen Kommunalwahlgesetzes. Kollege Sarrach hat angesprochen, worum es eigentlich geht. Ich sage hier ganz deutlich: Es geht um Menschen. Es geht um Frauen und Männer, muss man konkret sagen, die hier in Brandenburg leben und am 26. Oktober in einer der über 40 Gemeinden, in denen ein hauptamtlicher Bürgermeister bzw. eine hauptamtliche Bürgermeisterin gewählt werden, zusätzlich kandidieren können. Bisher war der Stichtag der 26.10.1944 als Geburtsdatum. Wer davor geboren wurde, konnte an der Bürgermeisterwahl nicht teilnehmen. Nun wird es so sein: Wer nach dem 26.10.1941 geboren wurde - also drei Jahre früher -, kann jetzt an der Bürgermeisterwahl teilnehmen, kann sich zur Wahl stellen, kann seine Person, seine Vorstellungen zur Kommunalpolitik einbringen. Von daher kann man wohl sagen, dass wir hier eine durchaus angemessene Regelung gefunden haben.

Zu der zeitlichen Dringlichkeit gibt es eine ganz klare Aussage. Wenn wir das Gesetz nicht in der heutigen bzw. morgigen Sitzung des Parlaments verabschieden, dann kann die Änderung für den Tag der regulären Kommunalwahl am 26.10. dieses Jahres nicht mehr greifen. Deshalb die Eile in dieser Frage. Ich bin sehr zufrieden und auch dankbar dafür, dass wir sowohl im Innenausschuss als auch heute hier im Plenum über die Fraktionsgrenzen hinweg eine Einigung erzielen konnten. -Vielen Dank.

(Beifall bei CDU und SPD)

Wir sind damit bei der Landesregierung. Herr Innenminister, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Vor Ihnen liegen zwei Artikelgesetze. Das erste Gesetz sieht die

Korrektur des Fünften Gemeindegebietsreformgesetzes vor. Hintergrund für die Vorlage ist, dass eine eindeutige Beschlusslage des Ausschusses für Inneres zur wortgleichen Regelung des Vierten, Fünften und Sechsten Gesetzes zur landesweiten Gemeindegebietsreform aufgrund eines Büroversehens im Fünften Gesetz nicht umgesetzt wurde. Dieser bedauerliche und sich aus dem Gesetzesmaterial offenkundig und zweifelsfrei ergebende Mangel wird durch die vorgeschlagene Änderung beseitigt. Dadurch wird vermieden, dass Gemeinden, welche vom Fünften Gemeindegebietsreformgesetz betroffen sind, anders behandelt werden als die Gemeinden, die vom Vierten und Sechsten Gemeindegebietsreformgesetz betroffen sind. Dies ist sachgerecht und schafft Rechtsklarheit. Ich möchte mich bei den Kolleginnen und Kollegen im Innenausschuss dafür bedanken, dass sie dies auch so akzeptiert haben.

Durch das zweite Artikelgesetz wird dem Antrag auf Zahlung von Zuweisungen für Zusammenschlüsse der Gemeinden Seeburg mit Dallgow-Döberitz, Gollwitz mit der Stadt Brandenburg an der Havel und schließlich Groß Glienicke und Neu Fahrland mit der Stadt Potsdam in der Sache Rechnung getragen.

Ich möchte bei dieser Gelegenheit aber auf zwei Dinge hinweisen, die ich für wesentlich halte, um ein klares Bild vom Gesamtvorgang zu erhalten.