Protocol of the Session on April 9, 2003

Zunächst einmal, Herr Abgeordneter, gehen wir von der Einsicht und der Vernunft unserer Mitbürger aus, davon, dass sie wissen: In dem Augenblick, da sie die Waffen angeben, können sie diese unter den definierten Bedingungen weiterhin behalten. Wenn sie dem nicht nachkommen, ist das eine Ordnungswidrigkeit. Die Höhe des Strafmaßes oder das, was daraufhin geschieht, hängt ab von der jeweils zuzurechnenden Schuldfähigkeit und den Gründen, aus denen es dazu gekommen ist, dass die betreffende Person keine Angaben gemacht hat.

Ich kann also die Frage nicht generalisierend beantworten, weil es immer auf den Einzelfall ankommt.

Danke sehr. - Wir kommen zur Frage 1539 (Risiken für den weltweiten Luftverkehr), gestellt von der Abgeordneten Tack. Bitte sehr.

Seit längerem nehmen die Risiken und Unwägbarkeiten für die Entwicklung des weltweiten Luftverkehrs beständig zu. Politische Krisen, militärische Konflikte, Finanzkrisen und andere Faktoren, zum Beispiel die Entwicklung des Dollarkurses und der Flugbenzinpreise, haben unmittelbare Auswirkungen auf den Luftverkehr. So befürchtet die Internationale Luftverkehrsvereinigung infolge der durch den Irak-Krieg verschärften Krise der Luftfahrtbranche einen Rückgang des Passagieraufkommens im internationalen Luftverkehr von 15 bis 20 %. Die EU-Finanzminister haben im März 2003 beschlossen, alle Energiearten mit einheitlichen Mindeststeuersätzen zu belegen. Der Mindestsatz auf Kerosin soll 0,302 Euro pro Liter betragen. Deutschland bekommt eine Frist bis 2007 eingeräumt, um bis dahin den Satz in voller Höhe erheben zu können.

Ich frage in diesem Zusammenhang die Landesregierung: Welche Passagierentwicklung hält sie unter Anrechnung der genannten Faktoren für einen Flughafen BBI nach neuesten Berechnungen und Prognosen für 2010 inzwischen für realistisch?

Herr Wirtschaftsminister, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Abgeordnete, die Landesregierung hält eine steigende Passagierentwicklung, wie sie dem Planfeststellungsantrag für den Ausbau des Flughafens Schönefeld zugrunde liegt, nach wie vor für realistisch und zutreffend. Die diesbezüglichen Zahlen wurden zuletzt in der Mitte des Jahres 2002 gutachterlich geprüft und weitgehend bestätigt. Es gibt keine neuen Erkenntnisse, die grundsätzliche Zweifel an der prognostizierten Passagierentwicklung wecken könnten.

Die Geschäftsführung der Berlin Brandenburg Flughafen Holding - BBF - bestätigt uns beispielsweise, dass sich unsere Flughäfen von den Folgen der Terroranschläge vom 11. September 2001, die für die Luftverkehrsbranche eine folgenschwere Zäsur darstellten, seit dem Herbst 2002 wieder erholen. Dies gilt insbesondere für den Linienverkehr. Hinzu kommt, dass der Flugverkehr im Niedrigpreissegment sehr stark zunimmt und damit unerwartete zusätzliche Verkehrszuwächse bringt. Demgegenüber hat der Irak-Krieg bis heute kaum spürbare Auswirkungen auf unsere Flughäfen mit sich gebracht.

Eine Besteuerung des Kerosins für Luftfahrzeuge dürfte keine dauernden Folgen für den Luftverkehr haben. Die BBF rechnet damit, dass für die Fluggesellschaften Kompensationsmöglichkeiten gegeben sein werden, zum Beispiel durch eine Liberalisierung im Bereich der Bodenabfertigungsdienstleistungen und neue Gebührenregelungen auf den Flughäfen selbst.

Die Voraussagen hinsichtlich der Passagierentwicklung im Planfeststellungsantrag zum Ausbau des Flughafens Schönefeld sind natürlich Prognosen und damit nicht absolut sicher. In die Prognosen - das möchte ich hervorheben - sind alle vorausschaubaren Faktoren negativer und positiver Art, die auf die Entwicklung des Flugverkehrs langfristig Auswirkungen haben könnten, eingestellt. Darum gibt es aus gegenwärtiger Sicht auch keinen Anlass für grundsätzliche Infragestellungen. - Danke schön.

Ich bedanke mich. - Ich schließe den Tagesordnungspunkt 1 und möchte Ihnen mitteilen, dass der Landeswahlleiter mit Wirkung vom 20. März 2003 Frau Heidrun Schellschmidt - sie ist Mitglied der SPD-Fraktion - und mit Wirkung vom 19. März 2003 Herrn Markus Nonninger - er ist Mitglied der DVU-Fraktion als Mitglieder des Landtages Brandenburg gemeldet hat. Ich bitte die beiden Abgeordneten, sich zu erheben. - Herzlichen Dank. Ich wünsche Ihnen, aber vor allen Dingen dem Landtag, eine konstruktive Zusammenarbeit. Herzlichen Glückwunsch!

(Allgemeiner Beifall)

Es gibt einen Antrag des Abgeordneten Sarrach zur Geschäftsordnung. Sie haben das Wort.

Herr Präsident, Sie baten mich über meinen Fraktionsvorsitzenden, die Missachtung der Hausordnung zu unterlassen. Ich bitte um Entschuldigung. Es war nicht meine Absicht, das Hausordnung zu verletzen. Es handelt sich nicht so sehr um eine politische Manifestation, sondern mehr um ein Geschenk von Kindern und Jugendlichen der Stadt Fürstenwalde, die in ihren Kinder- und Jugendeinrichtungen mit sehr viel Fantasie und Kreativität Geld für unseren Landeshaushalt gemalt haben, das ich hier im Auftrag dieser Kinder und Jugendlichen überreichen möchte, ebenso einen offenen Brief von Bürgern meiner Stadt, von Eltern, bezogen auf das Bildungssystem.

(Beifall bei der PDS - Zurufe von der CDU)

Herr Abgeordneter, das werden wir nachher in der Pause tun.

Ich habe Ihren Fraktionsvorsitzenden nur gefragt, ob es denn eine Verletzung der Hausordnung sei; wenn ja, möge er dafür sorgen, dass dies unterbleibe - um das klarzustellen.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 2 auf:

Aktuelle Stunde

Thema: Die Entwicklung der Arbeitsmarktsituation in Brandenburg vor dem Hintergrund der haushaltspolitischen Lage des Landes sowie der bundes- und weltpolitischen Entwicklungen

Antrag der Fraktion der DVU

Der erste Redebeitrag kommt von der DVU-Fraktion. Frau Abgeordnete Hesselbarth, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Keine Wende in Sicht, zumindest nicht auf dem Arbeitsmarkt. Die Arbeitslosigkeit in Brandenburg wird im laufenden Jahr voraussichtlich einen neuen Negativrekord erreichen. Dies zeigt sich auch ganz deutlich anhand der neuen Arbeitsmarktstatistik. So lag die offiziell zugegebene Arbeitslosigkeit in Brandenburg im März bei ca. 270 000 Erwerbslosen. Als Sie, Herr Ministerpräsident, Ihre Regierungserklärung im vergangenen November abgegeben haben, lag die Arbeitslosigkeit noch bei 230 000 Erwerbslosen. Aber, Herr Ministerpräsident, die Absenkung der Arbeitslosigkeit war ja wohl auch nicht Thema Ihrer Regierungserklärung.

(Beifall bei der DVU)

Besonders erschreckend dabei ist, dass davon über 100 000 Menschen Langzeitarbeitslose sind, die sich zum Teil bereits seit Jahren ergebnislos um Arbeit bemühen. Die offiziell zugegebene Arbeitslosenquote betrug in Brandenburg im März 19,8 %. Wir haben also wiederum eine Steigerung zum Vorjahr zu verzeichnen und wiederum bleiben Cottbus und Eberswalde hierbei Spitzenreiter.

Sie alle hier im Saal wissen auch, dass die verdeckte Arbeitslosigkeit um zwei Drittel höher liegt. Das bedeutet: Wir haben eine reale Arbeitslosigkeit von ca. 40 %. Das haben Wirtschaftsforscher errechnet. Das Nürnberger Institut für Arbeitsmarktund Berufsforschung hat am 30. März bestätigt, dass damit der höchste Arbeitslosenstand seit der Wiedervereinigung erreicht wurde. Der Trend geht weiterhin unverändert nach oben. Die Nürnberger Arbeitsmarktforscher führten aus, dass der Anstieg der Massenarbeitslosigkeit nur bei einem dauerhaften Wirtschaftswachstum von 1,5 % halbwegs auf dem derzeitigen Niveau gehalten werden kann. Es wird jedoch nach Aussagen aller Wirtschaftsforschungsinstitute nur ein Wirtschaftswachstum von 0,4 bis 0,5 % erwartet.

Dazu kommt der Irak-Konflikt, der nach Ansicht der Bundesanstalt für Arbeit den deutschen Arbeitsmarkt selbst bei einem vergleichsweise kurzen Krieg zusätzlich belasten wird. Experten wie Peter Schnur, Nürnberger Arbeitsmarktforscher, erklärten,

dass bei einer Kriegsdauer von sechs bis neun Wochen ca. 500 000 Arbeitsplätze in Deutschland gefährdet sind. Und das ist nur die mittlere Variante.

Darüber hinaus stehen Wirtschaftswissenschaftler ähnlich wie unsere DVU-Fraktion den so genannten Arbeitsmarktreformen der Bundesregierung mehr als skeptisch gegenüber. Klar und deutlich: Das Hartz-Konzept mag zwar dazu taugen, Arbeitsvermittlungen zu beschleunigen, aber es schafft auf keinen Fall auf dem freien Arbeitsmarkt zusätzliche neue Arbeitsplätze.

Und was macht diese Landesregierung? - Keinen guten Eindruck. Statt sich Gedanken über die Schaffung von Arbeitsplätzen zu machen, streicht sie den Kommunen fast 150 Millionen Euro und treibt diese damit in den finanzpolitischen Kollaps. Die GA-Mittel werden um 18 Millionen Euro gekürzt und die Liquiditätshilfen für kleine und mittelständische Unternehmen um nochmals 2 Millionen Euro. - Das sind nur einige wenige Punkte.

So, Herr Minister Junghanns und meine Damen und Herren auf der Regierungsbank, schafft man garantiert kein Wirtschaftswachstum und somit auch keinen Abbau der Massenarbeitslosigkeit. Ganz im Gegenteil führt diese Politik zu einem weiteren massiven Anstieg von Firmenpleiten und zu Zehntausenden weiteren Arbeitslosen hier im Land.

Im Bereich des Ministeriums für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Frauen werden die Mittel für Langzeitarbeitslose und für die Berufsbildung gekürzt. Eine globale Minderausgabe in Höhe von 8 Millionen Euro soll dort erwirtschaftet werden und niemand kann genau sagen, wie und wo das sein soll. Das rundet das Bild des totalen Versagens dieser Landesregierung ab.

(Beifall bei der DVU)

Wir als DVU-Fraktion fordern dagegen erneut ein konsequentes Umsteuern in der Wirtschafts-, Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik mit dem Ziel der Stärkung der kleinen und mittelständischen Betriebe. So sollen in Zukunft Subventionen und sonstige Förderungen mit Staatsmitteln auf Kernaufgaben beschränkt werden, die auf Bundes- oder Länderebene über Einzelinteressen hinaus einen Gemeinwohlbezug unter den Gesichtspunkten überregionaler und regionaler Wirtschaftsförderung, Infrastrukturförderung und Kulturförderung haben.

Staatliches Handeln ist dort gefordert, wo der Staat die strukturellen und planerischen Voraussetzungen für Privatinvestitionen und private Aktivitäten sinnvoll schaffen kann und muss. Das ist in erster Linie im Bereich des Mittelstandes.

Arbeitsmarktpolitisch hemmende Gesetze wie starre Ladenschlusszeiten, die von der rot-grünen Bundesregierung vorgenommenen Verschärfungen des Betriebsverfassungsgesetzes oder auch die Überbürokratisierung im Bereich von Genehmigungs- oder Ausschreibungsverfahren gehören auf den Prüfstand.

Das Tarifvertragsrecht sollte so umgestaltet werden, dass Öffnungsklauseln zugunsten von Vereinbarungen zwischen Unternehmen und Betriebsräten möglich sind. Auch die Ausweitung der Möglichkeiten zur Schaffung befristeter Arbeitsverhältnisse, insbesondere im Bereich von Existenzgründern, müsste schnellstmöglich umgesetzt werden.

Darüber hinaus gehören wirtschaftsschädigende Gesetze wie das so genannte Scheinselbstständigengesetz oder das so genannte 630-DM-Gesetz ebenso abgeschafft wie die so genannte Ökosteuer, die Gewerbesteuer und ähnliche steuerpolitische Hemmschuhe.

(Beifall bei der DVU)

Der wichtigste Punkt ist aber die Senkung der viel zu hohen Lohnnebenkosten und die Sicherung der Solvenz von Handwerksbetrieben. Wir werden morgen erneut einen DVU-Antrag debattieren, der die Senkung der Lohnnebenkosten beinhaltet. Wir beantragen die Abschaffung der Pflichtversicherung bei den Berufsgenossenschaften.

Nur bei Verwirklichung aller genannten Vorschläge, welche unsere Fraktion auch in Form eines Handlungskonzeptes erarbeitet hat, ist eine wirtschaftspolitische und damit arbeitsmarktpolitische Wende in Brandenburg möglich.

Herr Ministerpräsident, ich sagte von dieser Stelle aus bereits: Sie selbst können in eigener Kompetenz viele dieser Vorschläge umsetzen oder zumindest im Bundesrat dafür kämpfen, dass sie umgesetzt werden, und, Herr Ministerpräsident, ich bin gespannt, ob die Landesregierung zu diesem wichtigen Thema heute wieder nichts zu sagen hat. - Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der DVU)

Ich danke Ihnen, Frau Abgeordnete Hesselbarth, und gebe das Wort an die SPD-Fraktion, den Abgeordneten Klein.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Gleich zu Beginn muss ich betonen - darum kommen wir nicht herum -: Die Arbeitslosigkeit ist das zentrale Problem in Ostdeutschland und leider wird es diese Arbeitslosigkeit auch in absehbarer Zeit in großer Höhe geben.

Mit Blick auf die letzten Monate müssen wir leider feststellen, dass sich die Zahlen auch weiterhin negativ entwickeln und die Arbeitslosigkeit, absolut betrachtet, neue Höchststände erreicht hat. Aber es ist vor diesem Hintergrund geradezu ärgerlich, dass dieses ernste Thema auf einer so unseriösen Grundlage, wie sie heute besteht, debattiert werden muss. Eine ernsthafte Befassung mit dem Thema ist auf der Grundlage des Antrags der DVU-Fraktion für die Aktuelle Stunde ebenso wenig möglich wie auf der Grundlage der Rede von Frau Hesselbarth.

Die DVU-Fraktion setzt auf Panikmache und liest sozusagen aus dem Kaffeesatz. Sie begründet ihren Antrag zur Aktuellen Stunde damit, dass 2003 das Jahr mit der höchsten Arbeitslosigkeit in Brandenburg seit 1990 werden wird und bezieht sich dann noch auf schlechte Aussichten für die kommenden Jahre.

Beides ist aus heutiger Sicht überhaupt nicht sicher - Gott sei Dank nicht sicher. Es behindert - im Gegenteil - den Abbau der Arbeitslosigkeit geradezu, wenn ohne jede analytische Tiefe Negativszenarien entworfen werden. Ganz nebenbei reden Sie

den Standort Brandenburg schlecht und tun den engagierten Bürgern des Landes einen Tort an.

(Zuruf der Abgeordneten Hesselbarth [DVU])

Die Auswirkungen der Haushaltslage des Landes auf den Arbeitsmarkt spricht die DVU-Fraktion ebenfalls an. Darauf kann knapp entgegnet werden, dass die Arbeitsmarktförderung in Brandenburg von den aktuellen Beratungen zum Nachtragshaushalt kaum betroffen ist. Die 500 000 Euro, die eingespart werden, hätten infolge fehlender Grundfinanzierung durch die Arbeitsämter wahrscheinlich sowieso nicht für die verstärkte Förderung von ABM zweckentsprechend verwendet werden können. Mittel aus dem Landeshaushalt für Maßnahmen zur Entlastung des Arbeitsmarktes stehen 2003 beinahe vollständig in der vorgesehenen Höhe zur Verfügung.