Protocol of the Session on January 26, 2000

Herr Wirtschaftsminister, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Lieber Herr Karney, zunächst einmal unterstreiche ich die Eingangsbemerkung, die Sie gemacht haben. dass es nämlich zur Osterweiterung und zum Beitritt Polens zur Europäischen Gemeinschaft keine Alternative gibt. Das sollten wir bei allem, was wir in dieser Frage diskutieren, voranstellen.

Ich möchte gern die Strategien, Konzepte und Ansatzpunkte der Landesregierung in vier Punkten zusammenfassen.

Erstens bitte ich darum, den Zeitrahmen der Osterweiterung in seinen Konsequenzen realistisch zu bewerten. Wir müssen einfach sehen, dass es in diesem Bereich auf der einen Seite die Beitrittsverhandlungen und den Beitritt gibt, dass es dann aber noch den großen Rahmen der Übergangsfristen und Übergangsregelungen geben wird, und auf diese müssen wir in besonderer Weise achten. Das bedeutet aber keinesfalls, dass über Nacht polnische Billigwaren den hiesigen Markt überschwemmen und massenhaft Arbeitskräfte ins Land kommen. Sie wissen auch, dass schon heute im gewerblichen Bereich Freihandel besteht und dass es darüber hinaus Erleichterungen im Dienstleistungsverkehr, im Kapitalverkehr und im Niederlassungsrecht gibt.

Zweitens: Sie können davon ausgehen, dass sich die Landesregierung intensiv in die Beitrittsverhandlungen einschalten und ihre Position vertreten wird, dass Übergangsfristen und Übergangsregelungen gefunden werden müssen, die schwere wirtschaftliche und soziale Verwerfungen vermeiden. Genau darum geht es. Wir machen uns dafür stark, dass eine volle Arbeitnehmerfreizügigkeit erst nach einer an gemessenen Übergangsfrist eintritt oder dass größere Unterschiede bei der Umsatzsteuer abgebaut werden. Das sind zwei ganz wesentliche Punkte.

Drittens: Ich möchte das ganz positiv wenden und das Handwerk sowie die kleinen und mittleren Unternehmen ausdrücklich ermuntern. sich den neuen Herausforderungen zu stellen und nicht nur über die Probleme, sondern auch über die Chancen nachzudenken und diese wahrzunehmen. Polen ist für uns das mit Abstand interessanteste Land Mittel- bzw. Osteuropas und auch das bei weitem wirtschaftlich dynamischste. Das bedeutet, wenn wir das auf der Zeitachse mittelfristig betrachten, eine rasch expandierende Nachfrage, von der die brandenburgischen Firmen möglichst viel Anteil für sich gewinnen sollten.

Viertens trägt die Landesregierun g ihren Teil dazu bei, dass das

Randgebiet Ostbrandenburg eine attraktive europäische Region wird. Das ist im Wesentlichen unsere Aufgabe. Wir haben dazu ein Strategiekonzept zur Vernetzung der Wirtschaftsstruktur in der Grenzregion erarbeitet. Ziel ist es, durch grenzüberschreitende Maßnahmen und Kooperationsprojekte eine nachhaltige Entwicklung in der Grenzregion zu befördern. Es gilt, die Investorenwerbung voranzutreiben und ein grenzüberschreitendes Regionalmarketing aufzubauen. Vor allen Dingen aber gilt es, dass wir als die politisch Verantwortlichen in Brandenburg immer wieder deutlich machen, dass wir diese Entwicklun g in Europa als eine große Chance betrachten und unseren Beitrag leisten wollen. - Vielen Dank.

(Beifall bei CDU und SPD)

Wir kommen zur Frage 70 (55. Jahrestag der Befreiung der Konzentrationslager Sachsenhausen und Ravensbrück 1. Sie wird von Frau Tack gestellt.

Am 16. April dieses Jahres sind durch das Internationale Sachsenhausenkomitee in Zusammenarbeit mit der Stiftung Brandenburgische Gedenkstätten Kundgebungen und Gedenkveranstaltungen aus Anlass des 55. Jahrestages der Befreiung der Konzentrationslager Sachsenhausen und Ravensbrück vorgesehen.

Ich frage die Landesregierung: Welches inhaltliche, organisatorische und finanzielle Konzept verfolgt die Landesregierung zur Unterstützung der Gedenkveranstaltungen am 16. April 2000?

Herr Minister Hackel, Sie haben das Wort.

Minister für Wissenschaft, Forschung und Kultur Dr. Hacke):

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Verehrte Kollegin Tack, in Abstimmung mit dem Internationalen Sachsenhausen- und dem Internationalen Ravensbrückkomitee hat sich die Stiftung Brandenburgische Gedenkstätten dazu entschlossen. in der Zeit vom 14. bis zum 16. April dieses Jahres ehemalige Häftlinge aus Ost- und Westeuropa zur Teilnahme an Gedenkveranstaltungen einzuladen. Da die Stiftung selbst nicht über ausreichende Mittel verfügt, um die Reisekosten und den Aufenthalt insbesondere für die Gäste aus Osteuropa zu finanzieren, hat sie im November 1999 Zuwendungsanträge an die Landesregierung, an den Bund und an infrage kommende Stiftungen gestellt.

Die Landesregierung hält das Vorhaben der Stiftung Brandenburgische Gedenkstätten für unterstützenswert, wenn auch - und das möchte ich durchaus betonen - ein 55. Jahrestag eine andere Bedeutung hat als ein 50. Jahrestag. Deshalb bin ich der Auffassung, dass Einladungen in einem symbolischen Umfang dem Anlass angemessen sind. Wir haben ja vor fünf Jahren eine sehr

große Veranstaltung gehabt. Diese Einladungen sollten gemeinsam durch die Landesregierung und die Stiftung Brandenburgische Gedenkstätten erfolgen.

Da es sich aufgrund der außenpolitischen Bedeutung dieser Veranstaltung um ein ressortübergreifendes Vorhaben handelt. hat mein Haus eine Kabinettsvorlage zur finanziellen Unterstützung des Vorhabens erarbeitet. Diese Vorlage wird demnächst, mit anderen Ressorts abgestimmt, im Kabinett behandelt werden.

Herzlichen Dank. - Der Minister für Landwirtschaft, Umweltschutz und Raumordnung ist da und wir kommen zur Frage 67 (Abgabe auf Regenwasser im Land Brandenburg). Herr Claus, Sie haben Gelegenheit, Ihre Frage zu formulieren.

Ich frage die Landesregierung. welche Maßnahmen sie ergreifen will, damit die seit dem 01.01.2000 erhobene Abgabe auf Regenwasser wieder entfällt.

Herr Birthler, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte mich zuerst bei Ihnen für das Verständnis bedanken, dass ich zur Demonstration der Waldarbeiter gehen durfte.

Jetzt zu dieser Frage: Die Landesregierung beabsichtigt keine Änderung des Landeswasserabgabengesetzes, um den Beginn der Erhebung der Niederschlagspauschale hinauszuschieben oder zusätzliche Voraussetzungen für die Abgabefreiheit von Niederschlag,swassereinleitungen zu den bereits gesetzlich geregelten Tatbeständen zu bestimmen. - Danke.

Ich bedanke mich. - Wir sind damit bei der Frage 71 (Umset- zung des § 19 a Abs. 1 Satz 2 BNatSchG in Landesrecht). Die Frage stellt Herr Wiebke.

Die Umsetzung der FFH-Richtlinie in nationales Recht erfolgt nach Maßgabe des § 19 a - f des Bundesnaturschutzgesetzes. Dazu haben die Länder Vorschriften zu erlassen. Die Landesregierung arbeitet gegenwärtig an einer Verwaltungsvorschrift zur Umsetzung dieses Rechtes und der FFH-Richtlinie.

Ich frage die Landesregierung: Hält die Landesregierung es für richtig, mittels einer Verwaltungsvorschrift das Ausweisungsverfahren von FFH-Gebieten zu einer verwaltungsinternen Aufgabe zu machen?

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das Ausweisungsverfahren zur Meldung von FFH-Gebieten ist nicht Gegenstand der Verwaltungsvorschrift. Die Verwaltungsvorschrift setzt vielmehr die Auswahl bzw. Meldung der Gebiete durch die Landesregierung voraus. Die Verwaltungsvorschrift behandelt den weiteren Umgang mit gemeldeten FFH-Gebieten. insbesondere Fragen im Zusammenhang mit gegebenenfalls erforderlich werdenden Verträglichkeitsprüfungen für Projekte und Pläne. Die Verwaltungsvorschrift wird erst mit einem entsprechenden Kabinettsbeschluss in Kraft treten.

Im Übrigen hält es die Landesregierung nicht für richtig und strebt es auch nicht an, die Ausweisung von FFH-Gebieten zu einer verwaltungsinternen Angele genheit zu machen. Vielmehr ist die Landesregierung bemüht, ein möglichst großes Maß an Transparenz und öffentlicher Wahrnehmung herzustellen. - Vielen Dank.

Bitte sehr!

Herr Minister, selbstverständlich geht es um die Umsetzung der FFH-Richtlinie. Insofern haben Sie Recht. Ich habe eine Nachfrage. Der § 19 a - f des Bundesnaturschutzgesetzes enthält unmittelbar und mittelbar wirksame Vorschriften für die Umsetzung, der FF H-Richtl ini e. Glauben Sie nicht, dass ein Teil dieser umzusetzenden Vorschriften auch einer gesetzlichen Regelung bedarf?

Ja, das denke ich auch, aber man muss abwarten, bis die Bestimmungen und die Richtlinie dann im Rücklauf aus der EU kommen. Dann werden wir genau abwägen und mit dem Parlament besprechen, was als Verwaltungsrichtlinie um gesetzt wird und wo gegebenenfalls Änderungen erforderlich sind.

Herr Abgeordneter, bitte keinen Dialog!

Nein, ich habe eine zweite Nachfrage.

Bitte!

Wie sind die Naturschutzverbände bzw auch die Flächerteigentümerverbände und Nutzerverbände in die Erarbeitung der Verwaltungsvorschrift einbezogen worden?

Es ist erst einmal Voraussetzung, dass das Ministerium selbst einen Vorschla g macht. Wir werden bis zur Kabinettsbefassung mit der Verwaltungsrichtlinie Gespräche mit allen Betroffenen und Verbänden führen.

Schönen Dank. - Wir sind damit bei der Frage 72 (Autobahn- zubringer zur L 55 bzw. L 59), gestellt von Ingo Senftleben aus der CDU-Fraktion.

Die Arbeiten an der Bundesautobahn A 13 im Bereich des Amtes Ortrand werden voraussichtlich im Jahre 2000 abgeschlossen. Aufgrund der Kompliziertheit des Bauablaufes sind mehrfach Terminverschiebungen aufgetreten. Durch die Verlegung der Autobahnabfahrt Ortrand sind neue Autobahnzubringer erforderlich.

Ich frage die Landesregierung: Zu welchem Zeitpunkt werden die beiden Autobahnzubringer zur L 55 bzw. L 59 fertig gestellt und somit für den Verkehr freigegeben und wann ist somit die Öffnung der Autobahnabfahrt möglich?

Herr Verkehrsminister, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Senftleben, ich habe heute den Eindruck, dass Sie mich alle nur zu konkreten Terminaussagen zwingen wollen, um dann am Jahresende so richtig knallhart abzurechnen.

Der Baubeginn für die Zubringer zu den Landesstraßen 55 und 59 ist für Juni 2000 geplant. Die Fertigstellung und Verkehrsfreigabe ist für Dezember 2000 vorgesehen. Dabei wird allerdings der Anschluss des Zubringers an die L 55 vorerst noch provisorisch erfolgen. Der endgültige Anschluss an die L 55 erfolgt durch den Bau eines Kreisverkehrsplatzes im Jahr 2001. - Danke.

Herzlichen Dank. - Wir sind bei der Frage 73 (Abbau von Dis- kriminierungen gegen brandenburgische Lehrkräfte). Sie wird gestellt von Frau Wolff aus der PDS-Fraktion.

In den letzten Wochen hat sich der Ministerpräsident in der Öffentlichkeit mehrfach für die Gleichstellung von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern der neuen Bundesländer gegenüber ihren Kolleginnen und Kollegen in den westdeutschen Bundesländern ausgesprochen. Das ist zu begrüßen, erfordert aber endlich auch Taten, um beispielsweise durch Änderungen in der

Landespolitik eine derartige Gleichstellung zu erreichen, auch im Bildungsbereich.

Ich frage deshalb die Landesregierung: In welchem Zeitraum will die Landesregierung die Benachteiligungen von Lehrkräften mit einer Lehrbefähigun g, nach dem Recht der DDR oder mit Lehrbefähigungen nach den Studien- und Prüfungsordnungen bei Weiterqualifizierungsmaßnahmen des Landes Brandenburg gegenüber Lehrkräften mit Abschlüssen nach neuem Recht bzw. aus westdeutschen Bundesländern oder Ländern der EU abbauen?

Herr Minister für Bildung, Jugend und Sport, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Frau Wolff. Benachteiligungen von Lehrkräften mit einer Lehrbefähigung nach dem Recht der DDR oder mit Lehrbefähigungen nach den Studien- und Prüfungsleistungen bei Weiterqualifizierungsmaßnahmen des Landes Brandenburg gegenüber Lehrkräften mit Abschlüssen nach neuem Recht bzw: aus westdeutschen Bundesländern oder Ländern der Europäischen Union gibt es nicht. Diese Lehrkräfte werden besoldungsrechtlich entweder nach den bundesbesoldungs- oder nach den landesbesoldungsrechtlichen Vorschriften eingestuft. Eine Un gleichbehandlung findet dabei nicht statt. Landesrechtlich konnten Ämter für Lehrkräfte mit einer Lehrbefähigung nach dem Recht der DDR nur im Rahmen eines sachgerechten Vergleichs beschrieben und ausgebracht werden. Sie wissen, das ist geschehen.

Offensichtlich gehen Sie, liebe Frau Wolff. von einem Vergleich mit einer Zuordnung zu Besoldungsgruppen aus, die zeitlich oder regional begrenzt in der Bundesbesoldungsordnung zugelassen wurde, die aber inzwischen vom Gesetzgeber nicht mehr zugelassen ist.

Das wird deutlich am Beispiel der Lehrkräfte in Berlin. Die Bundesbesoldungsordnung lässt zu, dass Lehrkräfte mit fachwissenschaftlicher Ausbildung von mindestens acht Semestern in zwei Fächern, wenn sich die Lehrbefähigung auf Grund-, Haupt- und Realschulen erstreckt, bei einer dieser Befähigung entsprechenden Verwendung - so der Wortlaut der Bundesbesoldungsordnung - in A 13 als Eingangsamt eingestuft werden. Das gilt aber nur für Lehrer, deren Ausbildung vor dem I. August 1973 geregelt war, und betrifft damit das Berliner Lehrerbildungsgesetz.

Die Zuordnung, die im Land Brandenburg für Lehrkräfte mit einer Lehrbefähigung nach dem Recht der DDR vorgenommen worden ist, hat sich an dem Vergleich mit der Lehrerausbildung, die nach dem Recht des Landes Brandenburg mit In-Kraft-Treten des Ersten Schulreformgesetzes vorgesehen war, orientiert. Dies war die Ausbildung für die Sekundarstufe I bzw. für die Primarstufe. Bei beiden Befähigungen ist eine Einstufung in ein Amt der Besoldungsgruppe A 13 als Eingangsamt nicht vorgesehen. Das ist weder im neuen Bundesland Brandenburg noch im alten Bundesland Nordrhein-Westfalen der Fall.