Protocol of the Session on January 26, 2000

Die Zuordnung, die im Land Brandenburg für Lehrkräfte mit einer Lehrbefähigung nach dem Recht der DDR vorgenommen worden ist, hat sich an dem Vergleich mit der Lehrerausbildung, die nach dem Recht des Landes Brandenburg mit In-Kraft-Treten des Ersten Schulreformgesetzes vorgesehen war, orientiert. Dies war die Ausbildung für die Sekundarstufe I bzw. für die Primarstufe. Bei beiden Befähigungen ist eine Einstufung in ein Amt der Besoldungsgruppe A 13 als Eingangsamt nicht vorgesehen. Das ist weder im neuen Bundesland Brandenburg noch im alten Bundesland Nordrhein-Westfalen der Fall.

Insoweit geht Ihre Fragestellung von einem Sachverhalt aus, der nicht gegeben ist. Die Bundesbesoldungsordnung und die Länderbesoldungsordnung enthalten eine Vielzahl von Einstufungsregelungen für Lehrämter. die durchaus - darin stimme ich Ihnen zu - mit dem Ziel einer Vereinheitlichung zu hinterfragen wären. Eine Reform der Besoldungsregelung der Länder wird ein langer und außerordentlich schwieriger Prozess werden, der nicht ohne die einzelnen Länder beschritten werden kann. Die Länder haben, wie Sie wissen, für Fragen der Lehrämter die Regelungskompetenz.

Insofern zeigt sich auch an dieser Stelle, liebe Frau Wolff, dass die Frage des Föderalismus als eine Frage der Neuordnung in diesem Zusammenhang durchaus bedenkenswert ist. - Vielen Dank.

Ich danke auch. - Die Frage 74 ist vom Fragesteller zurückgezogen worden. Wir sind damit bei der Frage 75 (Ausnahmere- gelung bei der Vergabe öffentlicher Bau-, Liefer- und Dienstleis- tungsaufträge), gestellt vom Abgeordneten Herrn Bartsch. Bitte!

Im Jahr 1996 hat das Wirtschaftsministerium im Einvernehmen mit dem Ministerium für Stadtentwicklung. Wohnen und Verkehr, dem Ministenum der Finanzen, dem Ministerium des Innern und dem Ministerium für Umwelt, Naturschutz und Raumordnung Ausnahmeregelungen bei der Vergabe öffentlicher Bau-. Liefer- und Dienstleistungsaufträge zugunsten von Unternehmen aus Regionen der Europäischen Union mit Entwicklungsrückstand per Runderlass bestimmt. Dieser Runderlass ist zum 31. Dezember 1999 ersatzlos ausgelaufen, obgleich die ostdeutschen Unternehmen die Fol gen der deutschen Teilun g noch nicht in dem erforderlichen Maße überwunden haben.

Ich frage die Landesregierung, wie sie sich dazu positioniert, die Ausnahmeregelung bei der Vergabe öffentlicher Bau-, Liefer- und Dienstleistungsaufträge zugunsten von Unternehmen aus Regionen der Europäischen Union mit Entwicklungsrückstand über den 31. Dezember 1999 fortbestehen bzw. wieder aufleben zu lassen.

Herr Wirtschaftsminister, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Lieber Herr Bartsch, die Ausnahmeregelung bei der Vergabe öffentlicher Bau-, Liefer- und Dienstleistungsaufträge ist, wie 1996 vorgesehen, am 31. Dezember 1999 außer Kraft getreten. Gegen eine Verlängerung ihrer Geltungsdauer sprechen im Wesentlichen drei Gründe:

1. Nach vier Jahren sollten die Vergabestellen den regionalen Anbieter-markt hinreichend kennen. Es ist damals so argumentiert worden: Die Vergabestellen kennen den Bieter

markt noch nicht ausreichend und brauchen deswegen diese Übergangszeit. Damit sind sie in der Lage, so auszuschreiben, dass die regionalen Marktteilnehmer eine reelle, faire Chance zur Wettbewerbsteilnahme haben.

Mit dem Außer-Kraft-Treten des Runderlasses entfällt zwischen Brandenburg und dem Land Berlin ein gehöriges Maß an Konfliktpotenzial. Ich füge gleich hinzu: Das ist nur dann richtig, wenn die Ausnahmeregelung auch in Berlin ausläuft und nicht erneuert wird. Wir haben in Gesprächen mit der Verwaltung das Signal bekommen, dass das Gleiche auch für Berlin gilt. Sollte sich die Lage dort ändern, müssen wir über dieses Thema noch einmal nachdenken.

3. Die Landesregierung hat erwogen, die Beitra gsgrenzen der Verwaltungsvorschrift zu § 55 Landeshaushaltsordnung für Ausschreibungen anzuheben, sodass der Spielraum größer ist. Der Landesrechnungshof hat sich bei der Prüfung dieser Frage grundsätzlich für eine Beibehaltung der bestehenden Beitragsgrenzen ausgesprochen. Demzufolge hat er den befristeten höheren Grenzwerten des Landtagsbeschlusses vom 17. März 1999 eindeutig widersprochen. Es ist von daher außerordentlich schwierig - oder um es noch deutlicher zu sagen: Es bleibt kaum ein Spielraum für ein Fortbestehen bzw. für ein Wiederaufleben dieser Ausnahmeregelung nach der alten Konstruktion.

Zusammenfassung: Wenn Berlin und Brandenburg gemeinsam diesen Weg gehen, dann ist das richtig, weil dann Wettbewerbsgleichheit herrscht. Sollte sich vonseiten Berlins etwas ändern, kommen wir auf Sie zu, sodass wir die Frage neu besprechen können.

Herr Minister, es gibt Klärungsbedarf. Herr Christoffers, bitte sehr!

Herr Minister, ich habe eine Nachfrage: Gibt es Verhandlungen mit anderen neuen Bundesländern - außer mit Berlin -, um zu einer generellen Regelung, was die Auftragsvergabegrenzen betrifft, zu kommen?

Ich würde es nicht „Verhandlungen" nennen, aber es gibt Gespräche, von denen ich hoffe, dass sie zu einem vergleichbar sinnvollen Ergebnis führen.

Herzlichen Dank. - Wir sind damit bei der Frage 76 (Werbung für rechtsradikale Wochenzeitung „Junge Freiheit"), die der Abgeordnete Sarrach formulieren wird.

Die Hochschulleitung der Universität Potsdam ließ die Ausgabe 3/99 des Magazins ,„Gaudeamus!", eines Magazins des Ringes Christlich-Demokratischer Studenten - einer Organisation, die

der CDU nahe steht -, einziehen, weil diese Zeitung durch ihre sexistische Gestaltung und ihre Frauenfeindlichkeit aufgefallen ist und darin eine Werbung für die Zeitung „Junge Freiheit-, das Flaggschiff der Neuen Rechten, und Werbung für das „Ostpreußenblatt" enthalten waren.

Ich frage die Landesregierung: Ist diese Tatsache der Landesregierung bekannt? Wie bewertet sie es, dass mit einem Magazin des RCDS so verfahren werden musste?

Herr Minister für Wissenschaft, Forschung und Kultur. Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Abgeordneter Sarrach. der Rektor der Universität Potsdam hat das hier in Rede stehende Magazin einziehen lassen und hat damit seine Zuständi gkeit für die Wahrung der Ordnung und für die Ausübung des Hausrechtes zum Schutz der Zweckbestimmung der Universität Potsdam als eine öffentliche Einrichtung wahrgenommen. Dies ist in § 65 Abs. 1 Brandenburgisches Hochschulgesetz so geregelt.

Meinem Haus obliegt, wie Sie wissen, die Rechtsaufsicht. Nach erfolgter Prüfung bin ich zu dem Ergebnis gekommen, dass diese Maßnahme rechtmäßig war und es im Ermessen des Rektors liegt, solche Entscheidungen zu treffen.

Es gibt Klärungsbedarf. Herr Sarrach, bitte!

Sind der Landesregierung weitere Fälle bekannt, in denen in Publikationen von RCDS oder auch Jun ger Union für rechtsextreme Inhalte geworben wurde?

Nein, der Landesregierung sind keine weiteren Fälle bekannt. Im Übrigen hat sich der RCDS am 23. Dezember 1999 beim Rektor der Universität Potsdam entschuldigt.

Schönen Dank. - Wir sind bei der Frage 77 (Eingliederungs- effekte nach beruflicher Qualifikation), gestellt von der Ab geordneten Dr. Schröder.

Am Jahresende 1999 verkündete Arbeitsminister Ziel laut Pressemeldungen den sukzessiven Rückzug der Koalitionsregierung aus der Verantwortung für AB-Maßnahmen, welche noch vor geraumer Zeit von der allein regierenden SPD, insbesondere von der Amtsvorgängerin Hildebrandt, in hohem Maße befürwortet worden sind. Angestrebt werde nun ein Umsteuern zu

mehr beruflicher Qualifizierung für den ersten Arbeitsmarkt, da plötzlich festgestellt wird:

„Eine Arbeitsbeschaffungsmaßnahme nach der anderen ist für Arbeitslose nicht motivierend."

Um zu erfahren, wie motivierend berufliche Aus- und Weiterbildung für Arbeitslose ist, frage ich die Landesregierung: Welche Eingliederungseffekte nach der beruflichen Qualifizierung lassen sich nachweisen?

Herr Minister Ziel, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Sie haben da möglicherweise etwas missverstanden, Frau Dr. Schröder. Die Landesregierung hat keineswegs vor, die Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen zugunsten von Qualifizierungsmaßnahmen sukzessive zu opfern

Es ist richtig, dass wir die Priorität verstärkt auf Maßnahmen setzen werden, die die Chancen für den ersten Arbeitsmarkt erhöhen. Und das sind nun einmal Qualifizierung sowie Aus- und Fortbildung. Diese Bereiche werden wir besonders fördern. Aber wir werden für bestimmte Zielgruppen auch künftig Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen fördern, wenn diese Maßnahmen sinnvoll und motivierend für eine spätere Integration in den ersten Arbeitsmarkt sind. Das muss lokal am konkreten Projekt entschieden werden.

Es geht nicht darum, ABM und Qualifizierungsmaßnahmen gegeneinander zu stellen. Beides gehört seit langem zu unserer offensiven Arbeitsmarktpolitik in der Region, was allein schon die Gewichtung der Mittel für die einzelnen Bereiche unterstreicht. So setzte das Landesarbeitsamt z. B. im Vorjahr 920 Millionen DM für berufliche Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen, rund 750 Millionen DM für ABM und 840 Millionen DM für Strukturanpassungsmaßnahmen ein.

In diesem Vorgehen, eben einer stärkeren Orientierung auf Bildung und Qualifizierung, bestätigen uns auch empirische Untersuchungen des Nürnberger Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung.

Danach wachsen mit höherer Qualifikation die Chancen auf dem Arbeitsmarkt deutlich. Angesichts der gesellschaftlichen Entwicklung ist wohl davon auszugehen, dass diese Tendenz zunehmen wird. Dabei geht es nicht mehr allein um formale Abschlüsse, sondern um die Gesamtheit der Fähigkeiten und Fertigkeiten, des Wissens und des Könnens. Es geht uni eine hohe soziale und interkulturelle Kompetenz. Das umfasst ein lebenslanges Lernen, wie wir es mit der Präferierung einer beruflichen Ausbildungs- und Bildungsoffensive beabsichtigen.

Das ist ein Prozess, dessen Effekte sich nicht in jedem Fall in Statistiken pressen lassen. Das ließe sich vielleicht bewerkstelligen, wenn jeder, der sich qualifiziert hat, seine Arbeit über das Arbeitsamt vermittelt bekäme. Doch da gibt es bekanntlich viele Wege. Deshalb führt das Landesarbeitsamt Berlin-Bran

denbure keine übergeordnete Eingliederungsstatistik, keine solche Bilanz. Überdies betreibt jedes Arbeitsamt seine eigene regionale Arbeitsmarktpolitik, setzt je nach regionalen Bedingungen seine Akzente. Das erschwert die Vergleichbarkeit.

Gewisse Tendenzen lassen sich trotz fehlender offizieller Statistik dennoch ableiten. So geht das Landesarbeitsamt nach eigenen Hochrechnungen davon aus, dass sechs Monate nach Maßnahmeschluss die Quote der Eingliederung in den ersten Arbeitsmarkt nach ABM zwischen 30 und 40 % und nach Fortund Weiterbildung bei 60 bis 70 % liegt. Hier kann es allerdings maßnahmebezogen Abweichungen geben. Aber es ist schon eine gewisse Tendenz ablesbar.

Es gibt noch Klärungsbedarf. Frau Dr. Schröder. bitte!

Herr Minister Ziel, ich hatte Sie nach nachweislichen Eingliederungseffekten gefragt, nicht nach Vermittlungsquoten oder Abgangsraten. Ist Ihnen bekannt, dass Maßnahmeeffekte gesichert nur über multivariative Analysen nachweisbar sind und dass die wenigen vorliegenden wissenschaftlichen Untersuchungen einer „On the Job"-Qualifizierung eher negative Eingliederungseffekte feststellen?

Frau Kollegin, mit der Statistik ist es so, dass man natürlich anhand von Zahlen auch unterschiedliche Interpretationen vornehmen kann. Ich sage zu dem Stichwort „nachweisliche Effekte", das Sie eben gebraucht haben, Folgendes: Wir bemühen uns um einen wissenschaftlichen Umgang, was die Grundlagen solcher Effekte angeht. Wenn solche Statistiken nicht geführt worden sind, ist es schwierig, bestimmte Effekte ganz konkret zu benennen. Würden wir es tun, liefen wir Gefahr, etwas sehr frei interpretiert zu haben. Das wollte ich vermeiden.

Frau Birkholz, bitte!

Herr Minister, ich habe eine Nachfrage: Ist Ihnen bewusst, dass Sie mit der Streichung der Grundförderung für ABM genau diese sukzessive Rückführun g der AB-Maßnahmen vollziehen? Die Mittel bei den Arbeitsämtern werden nicht abfließen, weil eine Grundförderung bzw. Bezuschussung nicht mehr stattfindet.

Es ist richtig, Frau Kollegin, dass auch das MASGF an den Sparmaßnahmen der Landesregierun g für die Konsolidierung des Haushalts, die sicherlich notwendig ist, damit wir für die Zukunft wieder Spielräume haben, beteiligt ist. Aber wenn wir in den Bereichen von ABM-Grundförderung und verstärkter Förderung einen bestimmten Einsparanteil zu erbringen haben, darin kann man nicht sagen, wir hätten die notwendigen Maßnahmen vollständig gestrichen.

Ich will Ihnen eine Zahl nennen: In Brandenburg sind in den vergangenen Jahren etwa 60 000 Bürgerinnen und Bürger gefördert worden. Das ist in der Vergangenheit so gewesen und ich strebe an, das auch in Zukunft zu können. Allerdings stehen davor natürlich immer der Haushalt und das Ergebnis des Haushalts. Ich gebe auch zu, dass ich bei den Sparmaßnahmen insgesamt in diesem Bereich mit 30 Millionen DM dabei bin.

Wir sind damit bei der Frage 78 (Landesinitiativen zur Beseiti- gung der Jugendarbeitslosigkeit), gestellt von der Abgeordneten Frau Dr. Schröder. Bitte sehr!

Das nun auch von der Brandenburger Landesregierung formulierte Ziel, jedem Jugendlichen ein Arbeits- oder Qualifizierungsangebot zu unterbreiten, noch bevor sie oder er ein halbes Jahr arbeitslos ist, stellt die aktive Arbeitsmarktpolitik vor keine neue Zielsetzung. In die Beschäftigungspolitischen Leitlinien der Europäischen Kommission und in den Nationalen Aktionsplan der Bundesregierung fand dieses arbeitsmarktpolitische Leitbild längst Eingang. Woran es mangelt, ist die wirksame Strategie zur Zielerreichung.

Auch in der Begründung des Sofortprogramms zum Abbau der Jugendarbeitslosigkeit wurde die benannte Zielformulierung erneut bemüht, blieb jedoch leere Worthülse trotz solcher Leistungen wie Trainingsprogramme, Ausbildungsjahr in außerbetrieblicher Ausbildung, berufliche Nach- und Zusatzqualifizierung, Lohnkostenzuschüsse etc.

(Klein [SPD]: Wenn ich die Frage schon beantworte, wes- halb stelle ich sie dann überhaupt?)