Marion Walsmann
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Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, heute steht nun der Entwurf der Landesregierung für ein Thüringer Untersuchungshaftvollzugsgesetz zur Verabschiedung durch das Hohe Haus an. Ich darf aus diesem Anlass Danke sagen und ich danke Ihnen, den Damen und Herren Abgeordneten, für Ihre sachliche, sachkundige, konstruktive und überaus zügige Arbeit, die Sie bei der Beratung dieses Gesetzentwurfs geleistet haben.
Auch mit einer kleinen Einschränkung, denn, lieber Herr Höhn, man hat deutlich gemerkt, dass Sie ziemlich verkrampft einen Grund gesucht haben, der es rechtfertigt, dass die SPD-Fraktion dem Gesetzentwurf nicht zustimmen kann, obwohl gerade Anregungen aus den SPD-geführten Justizressorts der anderen Länder mit eingeflossen sind.
Da lässt Wahlkampf grüßen, der an dieser Stelle eigentlich überhaupt nichts zu suchen hat.
Sachsen-Anhalt steht demnächst auf der Tagesordnung.
Mein Dank gilt aber auch den Sachverständigen für ihre Ausführungen vor dem Ausschuss für Justiz, Bundes- und Europaangelegenheiten und nicht zuletzt den Damen und Herren der CDU-Fraktion, deren ausgewogener und konstruktiver Änderungsvorschlag auch noch einmal zu einer Verbesserung der Rechtslage führen wird, wenn wir es annehmen. Auf das Ergebnis unserer gemeinsamen Anstrengungen können wir, denke ich, mit Recht stolz sein. Von allen Ländern, die am sogenannten Erfurter Entwurf mitgearbeitet haben, kann einzig im Freistaat Thüringen der Gesetzentwurf schon heute in zweiter Lesung behandelt werden. Es wäre falsch, daraus zu folgern, bei dem Entwurf handele es sich um einen „Schnellschuss“, um das gleich vorwegzunehmen. Ich darf an dieser Stelle auf den Vorsitzenden des 1. Strafsenats am Thüringer Oberlandesgericht verweisen, der vor dem Justizausschuss bestätigt hat - Herr Höhn hat damals vielleicht zugehört im Gegensatz zu jetzt -,
es handele sich um ein - ich zitiere - „sehr gutes und sehr liberales Gesetz“, das wiederum „eine wesentliche Stärkung der Rechtsposition und der tatsächlichen Position der Untersuchungsgefangenen“ bewirke. Auch die Regelungen zum Datenschutz und zur Videoüberwachung haben die Sachverständigen sehr begrüßt.
Der Änderungsantrag der CDU-Fraktion hat zum Ziel, diese Regelungen auf die Strafvollzugsanstalten auszudehnen, damit ab 1. Januar 2010 in allen Thüringer Justizvollzugsanstalten einheitliches Recht in puncto Datenschutz und Videoüberwachung gilt, und das ist richtig. Dadurch wird der Vollzug auch gleichzeitig sicherer, und zwar für die Gefangenen ebenso wie für die Bediensteten im Thüringer Justizvollzug.
Meine Damen und Herren, ich will Ihnen ersparen, jetzt noch einmal auf alle Details des Gesetzes und der Beratung einzugehen. Ich möchte eigentlich nur noch einmal ein paar Kernpunkte, wesentliche Kernpunkte des Gesetzentwurfs aufzeigen, etwas ausführlicher auf die grundsätzlichen Bedenken eingehen, die von der Opposition - vorgestern wurde noch mal ein Änderungsantrag der Fraktion DIE LINKE eingereicht und im Rahmen der Sachverständigenanhörung auch schon vorgebracht - vorgetragen wurden.
Mit dem Thüringer Untersuchungshaftvollzugsgesetz wird der Vollzug der Untersuchungshaft auf eine gesetzliche Grundlage gestellt, die nicht nur die rechtliche und materielle Situation der Untersuchungsge
fangenen verbessert, sondern auch im erforderlichen Umfang Sicherheitsaspekte berücksichtigt. Die materiellen Verbesserungen, die das Gesetz für alle Untersuchungsgefangenen mit sich bringen wird, lassen sich in Schlagworten sehr klar umreißen, nämlich Einzelunterbringung, Arbeitsentgelt, Taschengeld und Außenkontakte.
Das Recht auf Einzelunterbringung während der Ruhezeit wird für alle Untersuchungsgefangenen gesetzlich festgeschrieben. Die monatliche Mindestbesuchszeit wird im Vergleich zur derzeitigen Rechtslage verdoppelt, für die jungen Untersuchungsgefangenen sogar vervierfacht. Arbeitende Untersuchungsgefangene bekommen dasselbe Entgelt wie Strafgefangene. Bisher verdienten sie nur gut die Hälfte. Bei jungen Untersuchungsgefangenen wird der Vollzug der Untersuchungshaft konsequent am Erziehungsgedanken ausgerichtet, das heißt, neben altersgemäßen Bildungs-, Beschäftigungs- und Freizeitmöglichkeiten werden ihnen auch andere entwicklungsfördernde Hilfen auch aus den Bereichen Kunst, Kultur und Sport angeboten. Neu, meine Damen und Herren, und deshalb wichtig ist auch, dass bedürftige Untersuchungsgefangene ebenso wie Strafgefangene Anspruch auf Taschengeld gegen die Vollzugsbehörde haben. Nur so können wir die Entstehung subkultureller Strukturen im Untersuchungshaftvollzug schon im Keim ersticken.
Eine kleine Anmerkung, Herr Hauboldt, wir haben keine Überbelegung. Wir sind im Moment in der glücklichen Situation, dass diese Situation lange zurückliegt.
Für die Vollzugspraxis bedeutet die neu geregelte Kompetenzverteilung zwischen Anstalt und Gericht einen wesentlichen und zentralen Fortschritt. Über die reinen vollzuglichen Belange entscheidet künftig nicht mehr der Richter, sondern der Anstaltsleiter. Das gilt auch für die Verhängung von Disziplinarmaßnahmen. Das macht deshalb Sinn, weil sich der Anstaltsleiter im Gegensatz zum Richter in der Anstalt aufhält; die Anstaltsleiter haben den Vorfall entweder selbst miterlebt und können sich ansonsten persönlich unmittelbar vor Ort darüber informieren, ihn zügig selbst aufklären, insbesondere auch durch persönliche Anhörung des betroffenen Untersuchungsgefangenen und etwaiger Zeugen. Aufgrund fehlender Orts- und Sachnähe kann der Richter sich weder zeitnah ein eigenes Urteil bilden noch eine sachgerechte Disziplinarentscheidung treffen. Wenn der Untersuchungsgefangene mit einer Entscheidung des Anstaltsleiters nicht einverstanden ist, steht ihm selbstverständlich der Rechtsweg dagegen offen. So weit zu den wesentlichen Kernpunkten.
Zur ersten Kritik: Ich möchte hier an erster Stelle auf das Stichwort, was gefallen ist, „Richtervorbehalt“ eingehen, mit dem sich die Oppositionsfraktion gegen die neue Zuständigkeitsverteilung verwahrt hat und gegen den insbesondere die Anordnungsbefugnis des Anstaltsleiters für den Arrest verstoßen soll - ich betone „soll“. Der sogenannte Richtervorbehalt, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist in Artikel 104 Abs. 2 Satz 1 des Grundgesetzes verankert. Die Vorschrift lautet - ich zitiere mit Erlaubnis: „Über die Zulässigkeit und Fortdauer einer Freiheitsentziehung hat nur der Richter zu entscheiden.“ Die Freiheitsentziehung, von der der Untersuchungsgefangene betroffen ist, beruht auf der richterlich angeordneten Untersuchungshaft. Daran ändert das Thüringer Untersuchungshaftvollzugsgesetz nichts. Gegenstand des Thüringer Untersuchungshaftvollzugsgesetzes ist ausschließlich - das ist dick unterstrichen - der Vollzug der richterlich angeordneten Untersuchungshaft, vereinfacht gesagt, das Ob der Freiheitsentziehung unterliegt dem Richtervorbehalt und das Wie der Freiheitsentziehung dagegen nicht. Das Bundesverfassungsgericht hat dies übrigens schon vor 15 Jahren bestätigt.
Zum zweiten Kritikpunkt: Entgegen der Auffassung der Opposition und des von ihr benannten Sachverständigen sind auch die Regelungen über die Durchsuchung von Untersuchungsgefangenen verfassungskonform. Auch nach dem jüngsten Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 4. Februar 2009 sind generelle Anordnungen für Untersuchungsgefangene zulässig, mit denen die Aufrechterhaltung der Ordnung in der Anstalt bezweckt wird, wenn sie dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz entsprechen, sprich, im Einzelfall Ausnahmen vorsehen, falls dies ohne Gefährdung des Zwecks der Untersuchungshaft und der Ordnung der Anstalt möglich ist. Die Anstaltsleiter werden diese Anforderung bei Erlass einer generellen Anordnung nach § 44 Abs. 3 des vorliegenden Thüringer Untersuchungshaftvollzugsgesetzes - jetzt noch im Entwurf - selbstverständlich berücksichtigen.
Dritter Punkt: Vertreter der Fraktionen und ein Sachverständiger haben die Befürchtung geäußert, die Befugnis des Anstaltsleiters zur Verhängung von Disziplinarmaßnahmen bedeute einen Verstoß gegen die Unschuldsvermutung. Auch diese Befürchtung ist unbegründet. Die Unschuldsvermutung steht der Disziplinierung eines Untersuchungsgefangenen nicht entgegen, weil es dabei eben nicht um seine Bestrafung im Rahmen des gegen ihn geführten Ermittlungsverfahrens oder Strafverfahrens geht, es wird vielmehr ausschließlich ein Angriff auf die Sicherheit und Ordnung der Anstalt geahndet, den er schuldhaft verübt hat. Verwirklicht der Untersuchungsgefangene dabei zugleich einen Straftatbestand, erstattet die Anstalt eine Strafanzeige. Das Disziplinarverfah
ren läuft dann parallel zu dem Ermittlungsverfahren.
Meine Damen und Herren, lassen Sie mich zum Abschluss noch ein Wort zu der geäußerten Befürchtung verlieren, das Gesetz verstoße gegen eine internationale Vorgabe - das war, glaube ich, von Ihnen, Herr Hauboldt, noch mal geäußert worden -, die ein Verbot des Einsatzes von Schusswaffen insbesondere gegen jugendliche Gefangene zum Gegenstand hat. Eine derartige internationale Vorgabe gibt es nicht. Die europäischen Regeln über straffällige Jugendliche, die Sanktionen oder Maßnahmen unterworfen sind, sehen im Gegenteil vor, dass Bedienstete auch in Vollzugsanstalten, in denen Minderjährige festgehalten werden, ausnahmsweise Waffen tragen dürfen, wenn dies aus Anlass eines konkreten Einzelfalls zur Aufrechterhaltung der Sicherheit erforderlich ist. Die Regelung in § 59 Abs. 4 des Regierungsentwurfs entspricht dieser internationalen Vorgabe in vollem Umfang.
Meine Damen und Herren, Ihnen liegt ein in sich stimmiger, inhaltlich ausgewogener Gesetzentwurf vor, der die rechtsstaatlich äußerst prekäre Materie des Vollzugs der Untersuchungshaft mit - wie ich doch meine - großer Souveränität und Nüchternheit regelt. Dass ein Sachverständiger tatsächlich angemerkt hat, der Entwurf könne pathetischer sein, habe ich als Kompliment aufgefasst. Ein Gesetz, das die Verwahrung eines Menschen regelt, dem die persönliche Freiheit entzogen wurde, obwohl er noch nicht verurteilt wurde, ist nach meinem Dafürhalten jedoch kein Ort für Pathos, sondern ein Ort, an dem die grundrechtlich geschützten Rechte des Untersuchungsgefangenen auf der einen Seite gegen das Interesse der Allgemeinheit an einer geordneten Durchführung des Strafverfahrens und dem Wunsch nach Sicherheit vor potenziellen Straftätern auf der anderen Seite sehr sorgfältig und sehr nüchtern austariert und abgewogen werden müssen.
Ich bin davon überzeugt, dass uns das mit dem vorliegenden Gesetz auch gelungen ist, und ich bitte Sie, den Änderungsantrag der Fraktion DIE LINKE abzulehnen und dem Gesetzentwurf in der Fassung der Beschlussempfehlung zuzustimmen. Danke schön.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten, so ein bisschen komme ich mir jetzt vor wie bei einem Mediationsverfahren.
Sie wollen über was sprechen, was Sie eigentlich gar nicht angemeldet haben, und die, über die gesprochen wurde und eine, die gesprochen hat, sind auch nicht mehr da. Also, es ist dann irgendwo ein bisschen schwierig. Ich will jedenfalls zu dem Thema, was in der Überschrift steht, etwas sagen, und es geht um die Sozialgerichtsbarkeit.
Das Thema ist auch aktuell, das haben wir ja in der Ausschussberatung auch gehabt, dass es sehr aktuell ist, und weil es aktuell ist, informiere ich darüber auch regelmäßig die Öffentlichkeit und da gibt es auch überhaupt keine Geheimnisse. Die gesamte Sozialgerichtsbarkeit in Deutschland - und da ist Thüringen keine Ausnahme - hat seit dem Inkrafttreten des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch einen immens gestiegenen Geschäftsanfall zu verzeichnen. Dass man da sogar von einer Klageflut an den Sozialgerichten spricht, das ist in der Tat so. Diese Situation ist für die Richterinnen und Richter an den Sozialgerichten, aber auch für die Beschäftigten im nichtrichterlichen Bereich, die ja gern mal nicht erwähnt werden, sowie für die betroffenen Rechtsschutz Suchenden und deren Prozessbevollmächtigte belastend und unbefriedigend, das ist unbestritten. Es geht doch zum Beispiel bei den Rechtsschutz Suchenden um existenzielle Ansprüche.
Sie haben schon angesprochen, dass es letztendlich nicht justizimmanente Probleme allein sind, sondern dass auch die Erfolgsquote zeigt, dass die Bescheidungspraxis auch noch erhebliche Optimierungspotenziale aufweist. Das ist aber eine andere Geschichte. Weil die Situation so ist, wie sie ist, habe ich in meiner Regierungserklärung schon am 5. Juni 2008 die Verbesserung der personellen Situation in der Sozialgerichtsbarkeit als einen Schwerpunkt meines politischen Handelns genannt und der hat weiter höchste Priorität. Es gibt im Übrigen keine neuen Erkenntnisse nach der JustizausschussSitzung, insofern haben wir das alles schon mal auch erörtert, das muss man auch deutlich sagen.
Die Zahlen, die Sie genannt haben, Herr Abgeordneter Höhn, was die Klagen angeht im Jahr 2008, sind neu eingegangen, in der Tat, 16.865 Klagen. Das sind 50 Prozent mehr Klageverfahren als 2004. Das ist vollkommen korrekt. Von den Neueingängen hatten allein rund 9.500 Verfahren eine Angelegenheit nach dem SGB II zum Gegenstand. Ähnliche Steigerungen der Klageverfahren lassen sich bundesweit feststellen. Diesem Verfahrensanstieg habe ich durch gezielte personelle Verstärkung Rechnung getragen und dabei habe ich in den vergangenen Monaten vor allem auf freiwillige Abordnung aus anderen Gerichtszweigen sowie auf die Gewinnung von Richtern kraft Auftrags aus der Staatsanwaltschaft und der Landesverwaltung gesetzt. Ich möchte an dieser Stelle einmal den Bediensteten danken, die sich abordnen lassen und damit ihren persönlichen Beitrag zur Entlastung der Sozialgerichtsbarkeit bringen. Ohne dieses überobligatorische Engagement wäre nämlich vieles nicht möglich.
Bereits bis zum Jahre 2007 wurde das Personal der Sozialgerichte deutlich aufgestockt.
Im vergangenen Jahr haben wir den richterlichen Dienst um weitere 20 Bedienstete verstärkt. Durch diese Personalverstärkung gelang es, die Eingangsbelastung der Thüringer Sozialgerichte, die im Jahr 2004 noch über dem Bundesdurchschnitt lag, unter den Bundesdurchschnitt zu senken. Das zeigt, dass wir in Thüringen mehr getan haben als die meisten anderen Länder. Gleichwohl, das sage ich sehr deutlich, genügt das eben immer noch nicht, um die weiteren steigenden Eingänge zu bewältigen. Auch 2009 wird es einen weiteren Personalmehrbedarf geben und da stimme ich mit den Vertretern der Berufsverbände überein. Da gibt es überhaupt keinen Dissens, wir sind im regelmäßigen Gedanken- und Gesprächsaustausch. Wir setzen deshalb weiter auf die freiwillige Abordnung von Richtern, Staatsanwälten und Beamten und werden dafür werben - und motivieren tun wir auch. Scheinbar scheint das Gespräch mit der Ministerin im Moment das Motivierendste zu sein, aber über andere Dinge denkt man natürlich auch nach.
Selbstverständlich bringt die Erhöhung der Zahl der richterlichen Arbeitskräfte auch eine Verstärkung des nicht richterlichen Bereiches mit sich und ist erforderlich. Bis zum Jahresende 2008 wurden bereits 18 Bedienstete anderer Gerichtsbarkeiten in die Sozialgerichtsbarkeit versetzt; dazu kam noch eine ganze Zahl von begrenzten Abordnungen. Weitere Maßnahmen zur Personalverstärkung sind vorgesehen, auch hier gilt mein Dank den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die sich abordnen lassen und damit eben eine erhöhte Belastung auf sich nehmen. Mit der Erhöhung des Personaleinsatzes stoßen wir bei manchen Sozialgerichten leider teilweise an ganz andere Grenzen, nämlich inzwischen sind die Gerichte personell so stark verstärkt, dass die Räumlichkeiten knapp werden. Das betrifft insbesondere die Sozialgerichte in Altenburg und Nordhausen. Derzeit werden daher die Möglichkeiten für die Unterbringung zusätzlichen Personals erkundet.
So soll z.B. das Sozialgericht Nordhausen bis zum Herbst 2009 komplett in neuen Räumlichkeiten untergebracht werden. Die Antwort auf die bundesweit kontinuierlich steigende Belastung der Sozialgerichte kann jedoch nicht nur sein, den Sozialgerichten immer mehr Personal- und Sachmittel zuzuweisen, zumal heute niemand sagen kann, wie sich die Situation tatsächlich entwickeln wird. Deshalb wäre es unverantwortlich, auch den anderen
Gerichtsbarkeiten gegenüber, zu viele Richter in der Sozialgerichtsbarkeit dauerhaft zu binden. Aus meiner Sicht muss man, um die Verfahrensflut besser bewältigen zu können, bei der Änderung der gesetzlichen Grundlagen ansetzen und dabei kann man sich auf zwei verschiedene Bereiche konzentrieren. Auf der einen Seite kann man bei den Hartz-IV-Regelungen ansetzen und zu diesem Zweck, und das ist ja auch schon genannt worden, hat die letzte Justizministerkonferenz im November 2008, darüber habe ich auch schon berichtet, eine Länderarbeitsgruppe ins Leben gerufen, die mögliche Maßnahmen zur Verminderung der Belastung der Sozialgerichtsbarkeit erarbeiten und im November dieses Jahres der Herbstjumiko vorlegen soll. Da kommen im Übrigen auch die Evaluierungsergebnisse aus Niedersachsen und Bremen zum Tragen, die da mit eingearbeitet werden sollen. Hier soll die ganze Bandbreite, die Bearbeitungskette von Hartz-IV-Antrag bei den Grundsicherungsstellen bis zum sozialgerichtlichen Verfahren, auf den Prüfstand gestellt werden. Thüringen wird sich sehr intensiv in dieser Arbeitsgruppe engagieren, das ist auch mit den Sozialrichterinnen und Sozialrichtern abgesprochen. Die Vorschläge dieser Arbeitsgruppe werden dann mit den Bundesarbeits- und -sozialministern beraten und bei positivem Ausgang in entsprechende Bundesratsinitiativen münden. Ich bin sicher, dass das zu guten Ergebnissen, wenn auch nach einem langwierigen Prozess führen wird. Mir ist aber auch daran gelegen, den Sozialgerichten schnell zu helfen. Deshalb habe ich in meinem Haus eine Arbeitsgruppe beauftragt, nach Möglichkeiten zu suchen, wie man durch Änderungen des sozialgerichtlichen Prozessrechts den Richterinnen und Richtern der Sozialgerichte Werkzeuge an die Hand geben kann, um die Verfahren zügig erledigen zu können, ohne den rechtsstaatlichen Verfahrensstandard einzuschränken. Dies wird sich ausdrücklich auf alle sozialgerichtlichen Verfahren und nicht nur auf die nach dem SGB II erstrecken. Besonders wichtig ist es mir, die sozialgerichtliche Praxis zu beteiligen und die dort bestehenden Erfahrungen für unsere Überlegungen fruchtbar zu machen. Da sind alle dabei und da gibt es auch eine enge Kooperation.
Kleine Korrektur zum Abschluss, nur mal zur Richtigstellung: Es gab eine Entscheidung des Bundessozialgerichts, nicht des Bundesverfassungsgerichts, denn die haben erst mal entschieden, dass vorgelegt wird vor dem Bundesverfassungsgericht, und in der Sache ist noch keine Entscheidung getroffen, sondern das obliegt dem Bundesverfassungsgericht, so dass man über Ausgänge noch nicht spekulieren sollte. Danke schön.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, der Regierungsentwurf eines Thüringer Gesetzes über den Vollzug der Untersuchungshaft, den wir heute hier erörtern, enthält die gesetzliche Grundlage für den Vollzug der Untersuchungshaft in Thüringen. Die Zuständigkeit für die Gesetzgebung in diesem Bereich ist mit der Föderalismusreform vom Bund auf die Länder übergegangen. Damit haben die Länder zum ersten Mal die Chance, den Vollzug der Untersuchungshaft selbstständig gesetzlich zu regeln. Entsprechende Versuche des Bundes waren in den vergangenen Jahren zwar mehrfach unternommen worden, aber aus den verschiedensten Gründen nie über das Stadium von Entwürfen hinausgekommen, obwohl die Justizministerkonferenz und andere Fachleute dies wiederholt gefordert hatten. Der Bund hatte den Untersuchungshaftvollzug bisher nicht in einem eigenen Gesetz, sondern nur bruchstückhaft in wenigen
Einzelbestimmungen geregelt, die zudem über mehrere Gesetze verstreut sind. Einige Bestimmungen findet man in der Strafprozessordnung, andere im Strafvollzugsgesetz und wieder andere stehen im Jugendgerichtsgesetz. Ich halte diesen Rechtszustand für verfassungsrechtlich unbefriedigend und bin auch der Meinung, dass es der kriminalpolitischen Bedeutung des Untersuchungshaftvollzugs nicht gerecht wird. Deshalb haben wir uns entschlossen, den Untersuchungshaftvollzug auf eine gesetzliche Grundlage zu stellen. Für uns ist es deshalb wichtig, länderübergreifend weitgehend einheitliche Standards sicherzustellen, nicht zuletzt um die notwendige reibungslose Zusammenarbeit auf diesem Gebiet nicht zu gefährden. Deshalb hatten wir im vergangenen Jahr eine Arbeitsgruppe mit Vertretern aus insgesamt 12 Bundesländern mit dem Ziel ins Leben gerufen, unter der gemeinsamen Federführung von Thüringen und Berlin einen Musterentwurf für ein Untersuchungshaftvollzugsgesetz zu erarbeiten. Der Entwurf des Thüringer Untersuchungshaftvollzugsgesetzes, der Ihnen heute vorliegt, beruht auf dem gemeinsamen Musterentwurf der 12-Länder-Arbeitsgruppe, dem sogenannten Erfurter Entwurf, den meine Kollegin von der Aue und ich am 3. November 2008 in Berlin vorgestellt haben.
Nach der erfolgreichen Zusammenarbeit beim Jugendstrafvollzug ist der Untersuchungshaftvollzug der zweite große Bereich, in dem mehrere Länder unter der Federführung Thüringens und Berlins einheitliche Regelungsinhalte festlegen. Thüringen ist nunmehr das erste Land der Arbeitsgruppe, in welchem die parlamentarische Beratung begonnen hat. Eine besondere Herausforderung bei der Erarbeitung des Gesetzentwurfs bestand darin, die Gesetzgebungskompetenzen von Bund und Ländern korrekt und sauber voneinander abzugrenzen. Nach der Föderalismusreform ist nur die Ausgestaltung des Untersuchungshaftvollzugs Ländersache, während das gerichtliche Verfahren, insbesondere das Strafverfahrensrecht und das Untersuchungshaftrecht nach wie vor Gegenstand der konkurrierenden Gesetzgebung des Bundes geblieben ist. Die Bundesregierung hat dem Bundesrat am 7. November 2008 den Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Untersuchungshaftrechts zugeleitet. Danach sollen ab dem 1. Januar 2010 nur noch die zur Sicherung des Strafverfahrens erforderlichen Beschränkungen und der Rechtsweg gegen gerichtliche und behördliche Maßnahmen in der Untersuchungshaft bundesrechtlich geregelt werden. Bundesrechtliche Regelungen zum Untersuchungshaftvollzug wird es ab 2010 nicht mehr geben. Für uns war dies eine zusätzliche und natürlich besondere Herausforderung, denn wir mussten dafür Sorge tragen, dass die von der Bundesregierung geplante Änderung der Strafprozessordnung zur Untersuchungshaft und dieser Entwurf eines Untersuchungshaftvollzugsgesetzes
kompatibel sind. Es darf nämlich keine Grauzone zwischen Untersuchungshaftrecht und Untersuchungshaftvollzugsrecht entstehen. Dieser Spagat, meine ich, ist uns gelungen. Wir haben die Bundesregierung dazu bewegen können, im Untersuchungshaftrecht keine standardmäßigen Beschränkungen für Untersuchungsgefangene vorzusehen. Vielmehr soll das Gericht jede einzelne Beschränkung einer Prüfung unterziehen, bevor es sie anordnet.
Der Gesetzentwurf der Bundesregierung zum Untersuchungshaftrecht fügt sich nunmehr fast passgenau in die Regelungen des Entwurfs zum Thüringer Untersuchungshaftvollzugsgesetz ein. Werden beide Gesetze zügig verabschiedet, was ich hoffe, wird es in Thüringen bereits ab 1. Januar 2010 eine lückenlose gesetzliche Regelung des gesamten Rechtsbereichs zur Untersuchungshaft geben.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, bei den Arbeiten am Entwurf haben wir uns vor allem an vier Leitlinien orientiert:
1. Der Regierungsentwurf ist geprägt von dem zentralen Gedanken, dass die Aufgabe des Untersuchungshaftvollzugs allein darin besteht, den in den Haftgründen Flucht, Fluchtgefahr, Verdunkelungs- und Wiederholungsgefahr zum Ausdruck kommenden Gefahren entgegenzuwirken. Wir haben daher bewusst kein Ziel des Untersuchungshaftvollzugs festgelegt, sondern in § 2 lediglich dessen Aufgabe bestimmt. Sie besteht allein darin, durch sichere Unterbringung der Untersuchungsgefangenen die Durchführung eines geordneten Strafverfahrens zu gewährleisten und der Gefahr weiterer Straftaten zu begegnen. Einen Behandlungsauftrag wie im Strafvollzug kann der Untersuchungshaftvollzug naturgemäß nicht haben.
2. Die gesamte Gestaltung des Vollzugs der Untersuchungshaft muss von der Unschuldsvermutung geprägt sein. Dies bedeutet, über den Freiheitsentzug hinausgehende Beschränkungen müssen so gering wie möglich ausfallen. Das bedeutet weiter, dass bereits der Anschein vermieden werden muss, die Untersuchungsgefangenen säßen etwa zur Verbüßung einer Strafe ein. Untersuchungsgefangene und Strafgefangene sind daher grundsätzlich getrennt unterzubringen. Allerdings darf sich die Unschuldsvermutung nicht zulasten der Untersuchungsgefangenen auswirken und ihre faktische Schlechterstellung gegenüber den Strafgefangenen muss ein Ende haben. Deshalb sollen Untersuchungsgefangene, ohne dazu verpflichtet zu sein - das möchte ich betonen -, geeignete Arbeits- und Ausbildungsmöglichkeiten wahrnehmen können. Die Entlohnung der Untersuchungsgefangenen wird auf das Niveau der Strafgefangenen angehoben. Nach dem Regierungsentwurf erhalten sie auch eine entsprechende Aus
bildungsbeihilfe, wenn sie während der Arbeitszeit an einer Bildungsmaßnahme teilnehmen.
3. Wir haben im Regierungsentwurf die Zuständigkeiten für die Ausgestaltung des Vollzugs und für die Angelegenheiten der Sicherheit und Ordnung neu bestimmt. Es soll nicht mehr das Gericht, sondern vielmehr die Anstalt als die sachnähere Behörde umfassend für alle vollzuglichen Entscheidungen zuständig sein. Das führt zu einer Vereinfachung und Beschleunigung der vollzuglichen Verfahren und zugleich zu einer Entlastung der Gerichte, die nunmehr keine vollzuglichen Entscheidungen mehr treffen müssen und sich voll und ganz auf das Strafverfahren konzentrieren können. Die Anstalt kann nach dem Regierungsentwurf auch selbstständig Disziplinarmaßnahmen und besondere Sicherungsmaßnahmen anordnen, soweit der Grund für die Anordnung rein vollzuglicher Natur ist. Dies ist verfassungsrechtlich unbedenklich, weil das Grundgesetz keinen Richtervorbehalt für die Ausgestaltung des Untersuchungshaftvollzugs vorsieht.
4. Der Regierungsentwurf gibt der Anstalt kein Recht zur Anordnung von Beschränkungen gegenüber Untersuchungsgefangenen aus Gründen des gerichtlichen Verfahrens. Die individuellen Einschränkungen nach Maßgabe der Strafprozessordnung können und müssen im Einzelfall vor Gericht oder von der Staatsanwaltschaft angeordnet werden. Da die Anstalt derartige verfahrenssichernde Anordnungen allerdings häufig durch vollzugliche Entscheidungen umsetzen muss, sieht der Entwurf dafür an verschiedenen Stellen Ermächtigungsgrundlagen vor. Man erkennt sie an der Formulierung, wenn es zur Umsetzung einer verfahrenssichernden Anordnung erforderlich ist, z.B. in § 12 Abs. 3 und in § 15 Abs. 5. Soweit das Gesetz eine solche Formulierung nicht enthält, dürfen den Untersuchungsgefangenen nur Beschränkungen auferlegt werden, die zur Aufrechterhaltung der Sicherheit, zur Abwehr einer schwerwiegenden Störung der Ordnung der Anstalt oder zur Umsetzung einer verfahrenssichernden Anordnung unerlässlich sind - das finden Sie in § 4 Abs. 2.
Sehr geehrte Damen und Herren, ich kann Ihnen hier leider nicht den materiellen Inhalt des Regierungsentwurfs in allen Einzelheiten vorstellen, ich glaube, das möchten Sie jetzt auch gar nicht, weil es die heutige Tagesordnung sprengen würde. Ich werde mich deshalb auf sechs Kernpunkte noch mal konzentrieren und beschränken.
Die Untersuchungsgefangenen sind während der Ruhezeit einzeln unterzubringen. Die Einzelunterbringung dient dem Schutz der Intim- und Privatsphäre und nicht zuletzt auch dem Schutz vor wechselseitigen Übergriffen. Da sind wir schon bei Nummer 2. Die Besuchsregelungen für Untersuchungsgefange
ne werden deutlich erweitert. Die Mindestbesuchsdauer für erwachsene Untersuchungsgefangene wurde von bisher einer Stunde auf zwei Stunden im Monat erweitert. Der Kontakt zu Angehörigen wird besonders gefördert. Besuche sollen darüber hinaus zugelassen werden, wenn sie persönlichen, rechtlichen oder geschäftlichen Angelegenheit dienen, die nicht schriftlich erledigt, durch Dritte wahrgenommen oder bis zur voraussichtlichen Entlassung aufgeschoben werden können. Als dritter Punkt in § 6 wird die Bedeutung der sozialen Hilfe hervorgehoben. Obgleich die Untersuchungsgefangenen ihre Angelegenheiten grundsätzlich eigenverantwortlich regeln, wollen wir sie bei der Lösung ihrer persönlichen, wirtschaftlichen und sozialen Schwierigkeiten nicht allein lassen. Im Interesse einer effektiven Hilfe sieht der Entwurf vor, dass die Anstalten mit außervollzuglichen Einrichtungen und Organisationen eng zusammenarbeiten.
Vierter Schwerpunkt: Der Entwurf greift auch den Gedanken der Untersuchungshaftvermeidung auf. Oftmals befinden sich Beschuldigte nur deshalb in Untersuchungshaft, weil sie keinen festen Wohnsitz nachweisen können. Die Beratung durch die Anstalt soll deshalb auch die Benennung von Stellen und Einrichtungen außerhalb der Anstalt umfassen, die hier Hilfe anbieten können. Ob dadurch die Dauer der Untersuchungshaft verkürzt wird, kann natürlich nur das Gericht und nicht die Anstalt entscheiden. Die Anstalt hat den Untersuchungsgefangenen - sofern sie dies wünschen - auch bei ihren Bemühungen um einen Täter-Opfer-Ausgleich zu unterstützen.
Als fünften Kernpunkt: Der Regierungsentwurf räumt bedürftigen Untersuchungsgefangenen erstmals einen gesetzlichen Anspruch auf Taschengeld ein. Wir wollen verhindern, dass die Untersuchungsgefangenen ohne jegliche finanzielle Mittel zur Befriedigung privater Bedürfnisse dastehen und dadurch in subkulturelle Abhängigkeiten von anderen Gefangenen geraten, weil dies nicht zuletzt auch die Sicherheit der Anstalt gefährdet.
Und last, but not least: Der Vollzug der Untersuchungshaft an jungen Untersuchungsgefangenen wurde durch die Aufnahme eines Achten Abschnitts in den Entwurf integriert und konsequent am Erziehungsgedanken ausgerichtet. Als junge Untersuchungsgefangene gelten Gefangene unter 24 Jahre, die zur Tatzeit das 21. Lebensjahr noch nicht vollendet hatten. Dabei ist vorgesehen, dass junge Untersuchungsgefangene grundsätzlich getrennt von den übrigen Gefangenen untergebracht werden. Die Erziehung steht bei der Gestaltung des Untersuchungshaftvollzugs an jungen Untersuchungsgefangenen im Vordergrund. Wegen der Unschuldsvermutung darf die Erziehung allerdings nicht auf eine
Auseinandersetzung mit dem Tatvorwurf gerichtet sein. Erziehung in der Untersuchungshaft bedeutet, dass die jungen Untersuchungsgefangenen in der Entwicklung ihrer Persönlichkeit unterstützt und angeleitet werden, aber nicht die Tat aufgearbeitet wird.
Nur wenn geklärt ist, welcher Erziehungs- und Förderbedarf besteht, können sinnvolle Maßnahmen ergriffen werden. Deshalb ist schon bei der Aufnahme der Förder- und Erziehungsbedarf der jungen Untersuchungsgefangenen zu ermitteln; das finden Sie in § 69 des Entwurfs.
Jungen Untersuchungsgefangenen sollen neben altersgemäßen Bildungs-, Beschäftigungs- und Freizeitmöglichkeiten sonstige entwicklungsfördernde Hilfen angeboten werden. Solche Hilfestellungen haben zwar nur Angebotscharakter, die Anstalt hat aber darauf hinzuwirken, dass die jungen Untersuchungsgefangenen von den Angeboten möglichst Gebrauch machen.
Bei den Besuchsregelungen werden junge Untersuchungsgefangene gegenüber den übrigen Untersuchungsgefangenen privilegiert. Ihnen werden - genauso wie den Jugendstrafgefangenen - mindestens vier Stunden Besuch im Moment gewährt.
Auch beim Sport wird der Standard aus dem Jugendstrafvollzugsgesetz beibehalten, soweit dies im Rahmen der Vollzugsaufgabe möglich ist.
Damit will ich es bei den einleitenden Ausführungen im Rahmen der ersten Lesung bewenden lassen. Detaillierte Einzelfragen können wir sicher im Ausschuss noch eingehend erörtern. Ich darf mich bedanken.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Hauboldt beantworte ich für die Landesregierung wie folgt.
Zu Frage 1: Gerichtliche Maßnahmen zum teilweisen oder vollständigen Entzug der elterlichen Sorge werden über die Jugendämter an das Statistische Landesamt und von dort an das Statistische Bundesamt gemeldet. Sie sind Bestandteil der jährlich veröffentlichten Statistiken der Kinder- und Jugendhilfe des Statistischen Bundesamts. Die im TLZ-Artikel konkret angeführte Steigerung für Thüringen mit 30 Prozent ergibt sich aus einem Vergleich der Daten aus 2006 180 Fälle und 2007 234 Fälle. Sie ist auch in einer Presseerklärung des Statistischen Bundesamts vom 18.07.2008 enthalten. Dort wird berichtet, dass die Zahl der Sorgerechtsentzüge bundesweit um 13 Prozent gestiegen ist. Neben Ländern, in denen die Zahl der Sorgerechtsentziehungen zurückgegangen ist, wie z.B. in Sachsen-Anhalt, Berlin und Schleswig-Holstein, finden sich auch Länder wie Niedersachsen und Rheinland Pfalz, die wie Thüringen einen Anstieg aufweisen.
Zu Frage 2: § 1666 BGB ist in der von Ihnen angesprochenen Neufassung erst am 12.07.2008 in Kraft getreten. Praktische Erfahrungen konnten daher weder seitens der Familiengerichte noch der Jugendämter mitgeteilt werden. Die Praxis war jedoch am Gesetzgebungsverfahren umfassend beteiligt und hatte das Reformvorhaben grundsätzlich begrüßt.
Zu Frage 3: Hier sind die fachlichen Empfehlungen zur Kooperation von Jugendamt und von Familiengericht hervorzuheben, die eine interdisziplinär besetzte Arbeitsgruppe bestehend aus Vertretern des Justizministeriums, des Ministeriums für Soziales,
Familie und Gesundheit, der kommunalen Spitzenverbände sowie Jugendamtsleitern und Familienrichtern erarbeitet hat. Diese Empfehlungen beschreiben die Schnittstelle zwischen Jugendamt und Familiengericht und geben Orientierungen für die Praxis auf der örtlichen Ebene. Sie richten sich in erster Linie an Familiengerichte und Jugendämter, die noch nicht nach bestimmten Kooperationsmodellen, wie z.B. dem Cochemer Modell arbeiten. Diese fachlichen Empfehlungen wurden durch den Landesjugendhilfeausschuss in seiner Sitzung am 3. März 2008 verabschiedet. Sie werden laufend überarbeitet und an die jeweils geltende Rechtslage angepasst.
Zu Frage 4: Ich gehe davon aus, dass sich Ihre Frage auf das auf Bundesebene geplante Kinderschutzgesetz - nicht Jugendschutzgesetz, wie Sie gesagt hatten - bezieht, welches derzeit als Referentenentwurf vorliegt und im Januar 2009 das Bundeskabinett passieren soll. Thüringen begrüßt grundsätzlich die geplanten Neuerungen. Das sind im Wesentlichen drei Punkte.
Erstens: Zunächst soll eine bundeseinheitliche Rechtslage bei der Abwägung der Schweigepflicht von Berufsgeheimnisträgern, betroffen sind insbesondere Kinderärzte, mit dem Kinderschutz geschaffen werden.
Zweitens: Des Weiteren soll das Jugendamt bei Vorliegen gewichtiger Anhaltspunkte für eine Kindeswohlgefährdung verpflichtet werden, das gefährdete Kind und in der Regel auch dessen persönliches Umfeld in Augenschein zu nehmen.
Und Drittens: Schließlich soll eine Regelung geschaffen werden, die es im Falle eines Wohnortwechsels gewährleistet, dass dem nunmehr zuständigen Jugendamt alle für eine Gefährdungseinschätzung notwendigen Informationen übermittelt werden. Unmittelbare Bezugspunkte zu der von Ihnen angesprochenen Mitwirkung der Gerichte beim Kinder- und Jugendschutz bestehen damit nicht.
Im Übrigen möchte ich insofern auf die Beantwortung der Frage 3 und ergänzend auf die Bemühungen der Landesregierung verweisen, verschiedene Formen der vernetzten Zusammenarbeit zu unterstützen, um ein flächendeckendes Angebot im Freistaat zu gewährleisten. So bestehen in der deutlichen Mehrzahl der Amtsgerichtsbezirke in Thüringen feste Arbeitskreise, die sich häufig am sogenannten Chochemer Modell orientieren und sich aus Vertretern von Jugendämtern, Beratungsstellen, freien Trägern, Verfahrenspflegern, Rechtsanwälten sowie Familienrichtern und zum Teil auch aus Polizei und Staatsanwaltschaft zusammensetzen.
Darüber hinaus beteiligt sich Thüringen gemeinsam mit Baden-Württemberg, Bayern und Rheinland-Pfalz an der Förderung des Bundesmodellprojektes „Guter Start ins Kinderleben“ zur frühen Förderung elterlicher Erziehungs- und Beziehungskompetenzen in prekären Lebenslagen und Risikosituationen. Hier werden u.a. auch an den Thüringer Standorten in Gera und im Kyffhäuserkreis interdisziplinäre Kooperationsformen und Vernetzungsstrukturen entwickelt und erprobt. Ich verweise zudem auf die auf der Tagesordnung befindlichen Gesetzentwürfe zum TOP 3 b und in TOP 10 zur Weiterentwicklung der Zusammenarbeit von Jugendhilfe und Schule. Danke schön.
Ja, das ist korrekt und ich kann vielleicht noch eine Ergänzung machen. Hinsichtlich dieses Gesetzes zur Erleichterung familiengerichtlicher Maßnahmen bei Gefährdung des Kindeswohls - unter anderem bei der Neufassung des § 1666 BGB - wird die Überarbeitung derzeit auch noch mit den beteiligten Behörden und Institutionen wieder neu abgestimmt. Also, das ist ein fortlaufender Prozess.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten, zur zweiten Lesung steht heute der Gesetzentwurf der Landesregierung für ein Thüringer Gesetz zur Regelung der allgemeinen Beeidigung von Dolmetschern und Ermächtigung von Übersetzern sowie zur Änderung weiterer Justizvor
schriften an. Mit Blick auf die Uhr und der sehr intensiven Sacherörterung, die wir im Ausschuss geführt haben und auch hier, die in den Redebeiträgen ja auch noch mal kam, möchte ich darauf verzichten, jetzt noch einmal die Eckpunkte darzustellen und in epischer Breite alles zu wiederholen. Ich meine, die Ausschussberatungen haben wirklich in sehr angenehmer Art und Weise gezeigt, dass seitens der Fraktionen ein reges Interesse an dieser Gesetzgebungsmaterie bestand.
Ich muss allerdings zugeben, das hätte ich nach der ersten Lesung am 4. Juli 2008 nicht erwartet, dass doch so ein intensives Interesse bestand.
Resümierend kann ich jedoch Folgendes festhalten: Die Landesregierung begrüßt zunächst jene Änderungen in der Beschlussempfehlung des Ausschusses für Justiz, Bundes- und Europaangelegenheiten, die einen Beitrag dazu leisten, stärker als ursprünglich im Regierungsentwurf vorgesehen die elektronischen Medien zu nutzen. Die Anträge auf Beeidigung und Ermächtigung der Dolmetscher bzw. Übersetzer nach § 16 Abs. 1 Satz 1 sollen nach der Beschlussempfehlung nicht mehr zwingend schriftlich gestellt werden müssen. Die Änderung ermöglicht es in Zukunft, Anträge auch in elektronischer Form zu stellen. Ferner sieht die Beschlussempfehlung die Möglichkeit vor, eine Veröffentlichung der Dolmetscherliste im Internet vorzunehmen. Dies ermöglicht eine einfache und kostengünstige Bereitstellung des Verzeichnisses an die Gerichte, Staatsanwaltschaften und Notare. Darüber hinaus ist das Verzeichnis auch für andere Behörden, Institutionen oder Privatpersonen einsehbar. Durch den hohen Verbreitungsgrad des Internets werden hierdurch für die allgemein vereidigten Dolmetscher und ermächtigten Übersetzer noch mehr Einsatzmöglichkeiten geschaffen. Diese Änderung würde es zudem der Landesregierung ermöglichen, ein Angebot der hessischen Justizverwaltung anzunehmen. Diese hat nämlich angeboten, eine einheitliche Internetplattform für die Veröffentlichung der Beeidigungen und Ermächtigungen für alle Länder zur Verfügung zu stellen.
Ich sage deutlich, die Landesregierung begrüßt ausdrücklich den vorliegenden Plenarantrag der CDUFraktion zur Änderung der Beschlussempfehlung. Hier geht es nicht um die Frage besser oder schlechter, es geht schlicht und einfach darum, dass mit dem Änderungsantrag der CDU-Fraktion die Verabschiedung eines in einem wesentlichen Teil rechtswidrigen Gesetzes verhindert wird. Dieses Ziel verfolgt zwar auch der heute Morgen eingereichte Änderungsantrag der Fraktion DIE LINKE, indem sie einen § 16 Abs. 5 einfügen will, abgesehen davon, dass es sich bei diesem neuen Absatz um den ursprünglichen § 16
Abs. 3 Nr. 3 des Regierungsentwurfs handelt, den Sie ja gerade in der letzten Sitzung des Justizausschusses so nicht gewollt haben, lehnt die Landesregierung nach wie vor Ihre Intention ab, ein gesondertes Prüfungsverfahren einzuführen. Denn sowohl der Aufwand als auch die Kosten für ein solches Prüfungsverfahren stehen in keinem Verhältnis zu dem sich daraus noch nicht einmal empirisch nachweisbaren Nutzen für die Dolmetscher. Hier geht es nicht darum, dass Ihr Änderungsantrag Arbeit macht, dafür ist die Landesregierung da und das kann sie, sondern es wäre schlicht und einfach unwirtschaftlich und nicht vertretbar, eine Infrastruktur für dieses Prüfungsverfahren für so eine geringe Anzahl von Prüfungen zu etablieren. Außerdem darf ich Sie daran erinnern, dass es bisher in keinem Land, das eine solche Prüfungsinfrastruktur aufgebaut hat, möglich ist, für alle Sprachen eine Prüfung anzubieten. Von daher bin ich dankbar, dass die CDU-Fraktion sich entschlossen hat, die Beschlussempfehlung des Ausschusses für Justiz, Bundes- und Europaangelegenheiten im Sinne einer sparsamen und wirtschaftlichen Haushaltsführung zu ändern. Ich danke ausdrücklich der SPDFraktion, Herrn Höhn, für die Unterstützung dieses CDU-Änderungsantrags
und ich bitte jetzt seitens der Landesregierung um Zustimmung. Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Hausold beantworte ich für die Landesregierung wie folgt:
Zu Frage 1: Die Staatsanwaltschaft Mühlhausen, Schwerpunktabteilung für Wirtschaftsstrafsachen, führte mehrere Ermittlungsverfahren wegen Unterschlagung, Untreue und Insolvenzstraftaten im Verfahrenskomplex Patrol-Sicherheitsdienst GmbH. Das Amtsgericht Mühlhausen hat am 27.08.2008 seinen Untersuchungshaftbefehl gegen den Geschäftsführer
der Patrol-Sicherheitsdienst GmbH gegen strenge Auflagen außer Vollzug gesetzt. Die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Mühlhausen dauern noch an. Der Verfahrensabschluss ist derzeit noch nicht absehbar.
Zu Frage 2: Mangels statistischer Erfassung liegen der Landesregierung diesbezüglich keine Informationen vor.
Zu Frage 3: Diese Frage werden letztlich die hierzu berufenen Gerichte und nicht die Landesregierung zu beurteilen haben.
Zu Frage 4: Nach jetzigem Erkenntnisstand gibt es keine Anhaltspunkte, dass das gesetzliche Instrumentarium unzureichend ist.
Ich hatte ja ausgeführt, der Verfahrensabschluss ist noch nicht absehbar, also ist auch noch kein Termin anberaumt. Zu dem anderen kann ich nur sagen: Ist mir nicht bekannt.
Nach meinen Erkenntnissen oder dem, was ich mitgeteilt bekommen habe, nicht. Es ist nicht zutreffend.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Hauboldt beantworte ich für die Landesregierung wie folgt:
Zu Frage 1: In der veröffentlichten Statistik sind alle Strafgefangenen und Sicherungsverwahrten einschließlich der vorübergehend abwesenden erfasst. Transportgefangene, Untersuchungs- und Abschiebegefangene oder sonstige Gefangene sind nicht erfasst.
Zu Frage 2: Die Zeitspanne zwischen Verurteilung und Haftantritt wird statistisch nicht erfasst. Aus diesem Grund können keine Angaben zu deren durchschnittlicher Dauer gemacht werden.
Zu Frage 3: Dabei handelt es sich um eine empirische Annahme. Diese kann unter anderem darauf gestützt werden, dass die Verurteilungen zu Freiheitsstrafen ohne Bewährung in der Zeit von 1997 bis 2007 - die Zahlen von 2008 liegen derzeit noch nicht vor - tendenziell zugenommen hat.
Zu Frage 4: Der Rückgang der Häftlingszahlen hat jedenfalls mittelfristig noch keinen Einfluss auf die baulichen Vorhaben der Landesregierung, insbesondere erfordert die Überwindung der Mehrfachbelegung in den sogenannten Altanstalten die planmäßige Fortführung baulicher Maßnahmen.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Blechschmidt beantworte ich für die Landesregierung wie folgt:
Zu Frage 1: Im Rahmen der Geschäftsanfallstatistik wird bei den Staatsanwaltschaften nur die Gesamtzahl der geführten Todesermittlungsverfahren erhoben. Diese Verfahren dienen der Feststellung der Todesursache bei nicht natürlichen Todesfällen bzw. nach dem Auffinden eines unbekannten Toten im Rahmen der Prüfung, ob ein strafrechtliches oder strafbares Fremdverschulden vorliegt. Eine gesonderte statistische Erfassung von Todesfällen, die auf die Einnahme verbotener leistungssteigernder Substanzen zurückzuführen ist, erfolgt nicht. Die polizeiliche Kriminalstatistik registriert seit dem 01.01.2007 Todesfälle im Zusammenhang mit Doping mit einem gesonderten Schlüssel. Eine aus Anlass dieser Anfrage geführte Recherche erbrachte bislang keinen Eintrag.
Zu Frage 2: Auch hier können mangels statistischer Erhebung keine Angaben gemacht werden.
Zu Frage 3: Spezialisierte Arbeitsstrukturen bestehen insoweit, als bei den Thüringer Staatsanwaltschaften jeweils Sonderdezernate zur Bearbeitung von Ermittlungsverfahren wegen Verstoßes gegen das Betäubungs- und Arzneimittelgesetz bestehen.
Die dadurch erzielte Bündelung von Fach- und Ermittlungskompetenz führt zu einer effektiven Verfahrensbearbeitung und hat sich auch bewährt. Die personelle Ausstattung der Sonderdezernate erfolgt im Rahmen der Geschäftsverteilung durch die jeweiligen leitenden Oberstaatsanwälte auf der Grundlage des jährlichen Geschäftsanfalls und der Vorgaben eines bundeseinheitlichen Personalschlüssels und bei der Thüringer Polizei ist den Kriminalpolizeiinspektionen die grundsätzliche Bearbeitungszuständigkeit zugewiesen. Das Landeskriminalamt kann die Ermittlungen in Fällen von besonderer Bedeutung übernehmen.
Zu Frage 4: Mit dem Gesetz zur Verbesserung der Bekämpfung des Dopings im Sport vom 24.10.2007, das am 1. November 2007 in Kraft getreten ist, wurden die bestehenden gesetzlichen Vorschriften zur Dopingbekämpfung ergänzt und verschärft. Hinzuweisen ist auf die Übertragung von Ermittlungsbefugnissen bei ungesetzlichem Handel mit Arzneimitteln auf das Bundeskriminalamt, die Einführung der Strafbarkeit des Dopingmittelbesitzes in nicht geringer Menge, die Erweiterung der Strafbarkeit auf gewerbsmäßiges oder bandenmäßiges Handeln zur Bekämpfung nationaler und internationaler krimineller Dopingnetzwerke sowie die Einführung des erweiterten Verfalls bei Dopingstraftaten. Nicht zuletzt ist die Verpflichtung eingeführt worden, Warnhinweise auf zum Doping geeigneten Arzneimittelverpackungen anzubringen. Die Thüringer Landesregierung hat die gesetzliche Neuregelung im Bundesrat unterstützt und sieht insoweit derzeit keinen weiteren Handlungsbedarf in gesetzgeberischer Hinsicht. Danke.
Dass sie keine Relevanz hat, würde ich nicht so formulieren, sondern sie hat Relevanz und deshalb steht sie auch im Augenmerk der weiteren Begutachtung und Beobachtung.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, die Mündliche Anfrage der Abgeordneten Sedlacik beantworte ich für die Landesregierung wie folgt, allerdings sehr kurz, denn ich beantworte die Fragen 1 bis 4 zusammenhängend:
Im Thüringer Justizvollzug werden Gefangene mit nicht deutscher Herkunft und Gefangene, die nicht aus Thüringen stammen, bei der Zuweisung von Beschäftigungsmöglichkeiten nicht benachteiligt. Weder dem Thüringer Justizministerium noch den Justizvollzugsanstalten des Landes liegen hierzu Beschwerden vor. Da Statistiken über das Herkunftsland oder die ethnische Zugehörigkeit der beschäftigten Gefangenen nicht geführt werden, ist eine Beantwortung der Einzelfragen nicht möglich.
Im Übrigen erlaube ich mir zur Beschäftigtensituation der Gefangenen auf die Antwort der Landesregierung zu den Fragen 29 bis 36 der Großen Anfrage der Fraktion der Linkspartei.PDS - Drucksache 4/2330 - vom 09.01.2007 in Drucksache 4/2594 zu verweisen.
Ich weise noch mal darauf hin, dass die Landesregierung sehr umfangreich auch auf diese Nachfragen schon in der Beantwortung der Großen Anfrage Stellung genommen hat. Ich kann nur noch mal dazu ausführen, dass es den Justizvollzugsanstalten obliegt, allen Strafgefangenen eine ihren Fähigkeiten, Fertigkeiten und Neigungen angemessene Arbeit zuzuweisen. Das gilt eben auch für die Teilnahme an beruflichen und schulischen Bildungsmaßnahmen, die im Thüringer Justizvollzug in erfreulicher Weise auch bisher nicht bestritten in großem Umfang angeboten werden können. Zurzeit bestehen in den sechs Thüringer Justizvollzugsanstalten ca. 600 Aus- und Fortbildungsplätze.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Hauboldt beantworte ich für die Landesregierung wie folgt:
Gestatten Sie mir, bevor ich zu den Einzelfragen komme, eine Vorbemerkung. Ich habe gemäß § 74 Abs. 3 der Geschäftsordnung angekündigt, in der nächsten Sitzung des Ausschusses für Justiz, Bun
des- und Europaangelegenheiten am 25. September ausführlich zum Thema „Pilotprojekt zur gerichtsinternen Mediation in Thüringen“ zu berichten, in dem Sie, Herr Abgeordneter Hauboldt ja ordentliches Mitglied sind. Vor diesem Hintergrund und da Sie wissen, wenn ich sage ausführlich berichten, dann meine ich das auch so, werde ich mich bei der Beantwortung dieser Mündlichen Anfrage jetzt kurz fassen.
Zu Frage 1: Grob umrissen unterscheidet man die außergerichtliche Mediation und die gerichtsinterne Mediation. Im Hinblick auf die außergerichtliche Mediation lässt sich sagen, dass diese in Thüringen in der Regel von professionellen Mediatoren betrieben wird. Im Hinblick auf die gerichtsinterne Mediation ist die Frage nicht eindeutig zu beantworten, da der Begriff der Mediation nicht abschließend und eindeutig definiert ist. Gemeinhin wird darunter ein auf Freiwilligkeit der Parteien beruhendes Verfahren verstanden, bei dem ein Vermittler ohne Entscheidungsgewalt die Kommunikation zwischen den Parteien systematisch mit dem Ziel fördert, eine von den Parteien selbst verantwortete Lösung ihres Konflikts zu ermöglichen. Elemente der Mediation gelangen aber auch im Rahmen der in § 278 Abs. 2 Zivilprozessordnung vorgesehenen Güteverhandlung vor dem Prozessgericht zum Einsatz. Nach Abs. 5 Satz 2 dieser Vorschrift kann das Gericht den Parteien eine außergerichtliche Mediation vorschlagen, wovon in Einzelfällen Gebrauch gemacht wird. Auch das bei einigen Familiengerichten praktizierte Cochemer Modell weist Züge einer Mediation auf. Die gerichtsinterne Mediation, die mit dem Thüringer Projekt „Güterichter“ erprobt werden soll, ist in der Thüringer Justiz bislang allerdings nicht auf der Grundlage eines entsprechendes Konzepts oder Projektes praktiziert oder angeboten worden. Gerade dies soll mit dem Projekt an bestimmten Gerichten aber erfolgen.
Zu Frage 2: Das Projekt wird unter wissenschaftlicher Begleitung von Prof. Dr. Unberath von der FriedrichSchiller-Universität in Jena und Prof. Dr. Greger von der Universität Erlangen/Nürnberg durchgeführt.
Zu Frage 3: Das Modellprojekt ist für die Dauer von drei Jahren ausgelegt. Die für den Bürger sichtbare Umsetzung wird zu Beginn des nächsten Jahres bei den Pilotgerichten anlaufen und bis Mitte/Ende 2011 andauern. Erst nach Abschluss und abschließender Auswertung des Projekts wird über das weitere Verfahren entschieden werden.
Zu Frage 4: Projekte in anderen Bundesländern haben gezeigt, dass sich durch den Einsatz gerichtsinterner Mediationen selbst und gerade in hoch komplexen und emotional belasteten Verfahren schnelle und von den Parteien sehr positiv bewertete Lö
sungen erzielen lassen. Einen Überblick über die laufenden Projekte - darauf darf ich Sie verweisen - finden Sie auf den Internetseiten des Bundesministeriums der Justiz, das ist nämlich eine stattliche Anzahl. Danke.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Hausold beantworte ich für die Landesregierung wie folgt:
Die Landesregierung wird sich wegen der verfassungsrechtlich garantierten Unabhängigkeit der Gerichte nicht zu anhängigen Verfahren äußern. Vor diesem Hintergrund muss ich die Beantwortung der aufgeworfenen Fragen auf eine abstrakte Darstellung der geltenden Rechtslage beschränken. Danach unterliegen Zahlungen auch auf solche Arbeitsentgeltansprüche, die aus der Zeit vor der Insolvenzeröffnung stammen, nicht in jedem Fall der Insolvenzanfechtung nach § 129 Abs. 1 und § 130 Abs. 1 Nr. 1 Insolvenzordnung. Dies ist vielmehr an bestimmte Voraussetzungen gebunden:
Erstens müssen sie innerhalb der letzten drei Monate vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens erfolgt sein.
Zweitens muss der Schuldner zum Zeitpunkt der Zahlung zahlungsunfähig gewesen sein und
drittens - und das ist entscheidend - muss der Gläubiger zu dieser Zeit die Zahlungsunfähigkeit oder gemäß § 130 Abs. 2 Insolvenzordnung wenigstens Umstände gekannt haben, die zwingend auf die Zahlungsunfähigkeit oder den Eröffnungsantrag schließen ließen.
Aber auch jenseits dieser durchaus strengen Anforderungen sind Arbeitnehmer nicht schutzlos. Insoweit sei lediglich darauf verwiesen, dass § 123 Abs. 2 Insolvenzordnung Verbindlichkeiten aus einem Nachverfahren zur Eröffnung erstellten Sozialplan zu gemäß § 53 Insolvenzordnung vorab aus der Masse zu berichtigenden Masseverbindlichkeiten qualifiziert und dass nach § 183 ff. SGB III für Arbeitsentgeltansprüche aus den letzten drei Monaten vor Insolvenzeröffnung ein Insolvenzgeld gewährt wird.
Die Fragen 2 und 3 beantworte ich zusammenhängend: Unter der alten Konkursordnung haben Arbeitsentgeltansprüche einen weitergehenden Schutz genossen. Sie waren für die letzten sechs Monate vor Eröffnung als sogenannte unechte Masseschulden gemäß § 59 Abs. 1 Nr. 3 Konkursordnung dem Gesetz nach privilegiert. Diese von der Rechtsprechung ohnehin schon eingeschränkte Privilegierung wurde mit der Insolvenzordnung in einer bewussten rechtspolitischen Entscheidung abgeschafft. Hin
tergrund dessen war das Bestreben, möglichst alle Gläubiger gleich zu behandeln und sofern möglich, zugleich das Unternehmen zu erhalten. Diese Konzeption ist vernünftig und wird von der Landesregierung mitgetragen.
Zu Frage 4: Seit der Neuregelung des Insolvenzrechts zum 01.01.1999 sind keine Novellierungsvorschläge im Sinne einer Rückkehr zu der Privilegierung von Arbeitsentgeltforderungen nach der Konkursordnung Gegenstand eines Gesetzgebungsverfahrens geworden. Im Übrigen darf ich auf die Antworten der Landesregierung auf die Mündlichen Anfragen der Abgeordneten Hausold und Blechschmidt zu dieser Thematik in der Plenarsitzung am 20.09.2007 und 12.12.2007 verweisen.
Es gab eine klare Aussage zu der Beantwortung der Fragen 2 und 3 in diesem Zusammenhang. Es ist kein Grund ersichtlich, warum bestimmte Arbeitnehmer gegenüber anderen Arbeitnehmern nur deshalb bevorzugt werden sollen, weil der Arbeitgeber ihnen Zahlungen gewährte, die er anderen Arbeitnehmern vorenthielt. Und da habe ich ja auch schon ausgeführt, dass diese Privilegierung ohnehin keinen rechtlichen Bestand hatte.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren Abgeordneten, in einem Punkt Ihres Antrags, sehr geehrte Damen und Herren von der SPD-Fraktion, namentlich Herr Matschie, stimme ich ja mit Ihnen überein. Bisher stehen weder der Termin für die Europawahl noch der Termin für die Bundestagswahl fest. Das kam nicht so ganz klar bei Ihnen rüber, Herr Matschie, aber es steht eben nicht fest der Termin für die Bundestagswahl. Die übrigen Punkte in Ihrem Antrag weise ich namens der Landesregierung allerdings mit Entschiedenheit zurück. Die Landesregierung wird in verantwortungsvoller Art und Weise und zu gegebener Zeit den Zeitpunkt für die Kommunalwahl und den Zeitpunkt für die Landtagswahl festlegen.
Auf die dabei tragenden Erwägungen werde ich auch gleich zu sprechen kommen, allerdings einige Bemerkungen, denke ich, zu den rechtlichen Rahmenbedingungen sind angezeigt, wie mir Ihr Wortbeitrag doch hier gezeigt hat. Die Entscheidung über den Termin für die Bundestagswahl trifft der Bundespräsident und der wird sich im Rahmen der zeitlichen Vorgaben des Artikel 39 Abs. 1 Satz 3 Grundgesetz, um es genau zu sagen, auch davon leiten lassen, wie die Ferienzeiten in den einzelnen Bundesländern liegen. Das bedeutet, dass nicht jeder rechtlich mögliche Termin - wie schon bei den vorangegangenen Bundestageswahlen - auch tatsächlich in Betracht kommt. Vergleichbar ist die Situation bei der Europawahl. Die Bundesregierung bestimmt nach Maßgabe der von der Europäischen Gemeinschaft festgelegten Zeitspanne den Tag der Wahl. Nach Lage der Dinge wird die Wahl zum Europäischen Parlament in dem Zeitraum vom 4. bis zum 7. Juni 2009 stattfinden. Eine Entscheidung über den Wahltag hat die Bundesregierung allerdings noch nicht getroffen und im Bundesgesetzblatt bekannt gegeben. Bei der Entscheidung über die Termine der Landtags- und der Kommunalwahlen werden auch organisatorische und Kostenfragen natürlich mit in den Entscheidungsprozess der Landesregierung einfließen. Das sind aber nicht die einzigen Kriterien.
Es ist zudem unbedingt zu berücksichtigen, dass der eigenständige Charakter einer jeden Wahl bewahrt bleibt. Wie Herr Ministerpräsident Althaus bereits unlängst ausgeführt hat, haben die Wähler ein Recht darauf, sich bei Landtags- und Bundestagswahlen auf den konkreten Inhalt der Wahl zu konzentrieren. Wir brauchen einen deutlichen und inhaltlichen Unterschied zwischen beiden Wahlen, da
ansonsten landestypische Themen in der allgemeinen bundespolitischen Debatte unterzugehen drohen. Deshalb dürfen wir es auch nicht zulassen, dass die eine Wahl durch die andere Wahl in den Hintergrund gedrängt wird. Im Rahmen dieses Entscheidungsprozesses kann auch die Frage der Wahlbeteiligung mit in den Blick genommen werden. Die Annahme der SPD, eine Zusammenlegung allein würde bereits eine hohe Wahlbeteiligung garantieren, ist zu kurz gegriffen und dafür fehlen auch die notwendigen Beweise. Wenn dem so wäre, hätte man das Allheilmittel gegen geringe Wahlbeteiligung schon längst gefunden und alle Wahltermine in der Bundesrepublik Deutschland müssten auf einen Termin gelegt werden. Mit solchen Kunstgriffen würde es sich die Politik aber zu leicht machen. Dem Problem der vielfach zu beobachtenden sinkenden Wahlbeteiligung begegnen wir jedenfalls nicht mit so einfachen formalen Wahlrezepten, wie sie die SPD-Fraktion vorschlägt. Was die Menschen in unserem Land erwarten, ist eine inhaltlich überzeugende Politik, eine Politik, die für die Thüringerinnen und Thüringer und gut für den Freistaat ist. Da bin ich nun einmal anderer Auffassung als DIE LINKE-Fraktion, sondern ich meine, dass die CDU-Landesregierung tagtäglich eine gute Politik praktiziert.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, zur ersten Landtagsbefassung steht heute der Gesetzentwurf der Landesregierung für ein Thüringer Gesetz zur Regelung der allgemeinen Beeidigung von Dolmetschern und Ermächtigung von Übersetzern sowie zur Änderung weiterer Justizvorschriften an. Es handelt sich hierbei um ein Artikelgesetz, das aus vier Einzelgesetzen und einer Rechtsverordnung besteht. In aller Kürze zu den einzelnen Bestandteilen.
Erstens - Ergänzung des Thüringer Gesetzes zur Ausführung des Gerichtsverfassungsgesetzes um die Dolmetscher- und Übersetzerregelungen: Das Bundesverwaltungsgericht hat im vergangen Jahr die Verwaltungsvorschrift über die allgemeine Beeidigung von Dolmetschern und Ermächtigung von Übersetzern des Landes Rheinland-Pfalz als eine Berufsausübung im Sinne des Artikel 12 Abs. 1 Satz 2 des Grundgesetzes bewertet, die einer normativen Regelung durch den Gesetzgeber bedarf. Auch Thüringen hat bislang die Voraussetzungen für die allgemeine Beeidigung von Dolmetschern und die Ermächtigung von Übersetzern lediglich in einer Verwaltungsvorschrift geregelt. Da wegen des vorgenannten Urteils diese Verwaltungsvorschrift nicht mehr anwendbar ist und infolgedessen allgemeine Beeidigungen nicht mehr vorgenommen werden können, ist dringend eine gesetzliche Grundlage zu schaffen. Dies soll mit dem hier vorliegenden
Gesetzentwurf geschehen. Dabei haben wir die bisher in Thüringen geltende Verwaltungsvorschrift nicht einfach in Gesetzesform gegossen, sondern an die Bedürfnisse der Praxis angepasst. Soweit notwendig, haben wir auch die Vorgaben der EU-Dienstleistungsrichtlinie berücksichtigt. Durch die Einführung eines für ganz Thüringen gemeinsam geführten Verzeichnisses der allgemein beeidigten Dolmetscher und ermächtigten Übersetzer in elektronischer Form wurde zudem ein weiterer Schritt zur Modernisierung der Thüringer Justiz getan.
Zweitens - Ergänzung des Thüringer Gesetzes zur Ausführung des Gerichtsverfassungsgesetzes um die Aufbewahrungsbestimmungen: Die Aufbewahrung des Schriftguts der ordentlichen Gerichtsbarkeit, der Fachgerichtsbarkeiten, der Staatsanwaltschaften und Justizvollzugsbehörden ist bislang durch Verwaltungsvorschriften geregelt. Aus dem Volkszählungsurteil des Bundesverfassungsgerichts, welches Gesetzeskraft hat, folgt, dass die Datenverwendung und -verarbeitung eine bereichsspezifische Befugnisnorm erfordert. Die Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder fordern daher, die Dauer der Aufbewahrung, die Aussonderung und Vernichtung, insbesondere von Strafakten, durch ein formelles, den Grundsätzen des Volkszählungsurteils entsprechendes Gesetz zu regeln. Dieses soll nun hiermit geschehen.
Die Bestimmungen wurden zwischen den Landesjustizverwaltungen sowie den Datenschutzbeauftragten von Bund und Ländern und der Arbeitsgruppe Archive und Recht der Archivreferentenkonferenz abgestimmt und von der Justizministerkonferenz 2007 in Berlin zur Kenntnis genommen. Das Gesetz sieht die Ermächtigung zum Erlass einer Ministerverordnung vor, um es nicht mit Einzelregelungen zu überfrachten und zum Erhalt einer flexiblen Handhabung bei Änderungen.
Dritter Teil - Änderung des Thüringer Justizkostengesetzes: Darüber hinaus bedarf es der Novellierung des Thüringer Justizkostengesetzes. Im Wesentlichen geht es darum, Bestimmungen an geänderte Bundesgesetze anzupassen, redaktionelle Änderungen vorzunehmen und auch gegenstandslose Bestimmungen aufzuheben. Eine inhaltliche Änderung betrifft die Einführung einer Pauschalgebühr für die Überlassung gerichtlicher Entscheidungen auf Antrag nicht am Verfahren beteiligter Personen. Diese ersetzt die bisher für diese Fälle geltende Auslagenregelung und dient im Wesentlichen der Verwaltungsvereinfachung. Die Gebühr wird 12,50 € betragen. Bereits in sieben Bundesländern ist für eine solche Überlassung eine Pauschalgebühr eingeführt. Die anderen Länder beabsichtigen, ebenfalls eine entsprechende Pauschalgebühr einzuführen.
Vierter Teil - Änderung des Gerichtsstandortgesetzes mit Folgeänderung der Thüringer Verordnung über gerichtliche Zuständigkeiten in der ordentlichen Gerichtsbarkeit: Das bedeutet, im Übrigen sollen das Thüringer Gerichtsstandortgesetz und die Thüringer Verordnung über Zuständigkeiten in der ordentlichen Gerichtsbarkeit an die geänderte Bundesgesetzgebung in der notwendigen Art und Weise angepasst werden. Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, die Thüringer Justiz ist durch drei wesentliche Elemente geprägt: Sie ist unabhängig, sie ist modern und sie ist leistungsfähig. Auf diese Elemente kann die Thüringer Justiz heute stolz sein und das ist sie auch. Ich durfte mit dem Thüringer Justizministerium ein gut aufgestelltes Ressort übernehmen und danke Herrn Ministerpräsidenten Althaus für das mir entgegengebrachte Vertrauen.
Lassen Sie mich an dieser Stelle insbesondere meinem Vorgänger Harald Schliemann für seine verantwortungsvolle und erfolgreiche Justizpolitik zum Wohle Thüringens danken.
Mit dieser Regierungserklärung knüpfe ich in weiten Bereichen an bereits Erreichtes an. Ich möchte aber gleichzeitig neue justizpolitische Impulse setzen.
Meine Damen und Herren, die Etablierung einer unabhängigen und leistungsfähigen Justiz in unserem Freistaat ist eine einmalige Erfolgsgeschichte. Das konnte nicht über Nacht geschehen. Es hat seit 1990 viel Energie und Mühe gekostet, eine funktionsfähige Justiz in Thüringen zu errichten. An dieser Stelle möchte ich all denen ganz persönlich danken, die am Aufbau mitgewirkt haben. Die auch in der Verfassung verankerte Unabhängigkeit der Justiz wird nicht umsonst als eine der höchsten Errungenschaften des modernen Rechtsstaats bezeichnet. Sie schafft Rechtssicherheit und Rechtsfrieden. Die Bürger unseres Landes wissen das zu würdigen - wie ich in vielen Gesprächen mit den Bürgerinnen und Bürgern erfahren habe -, und zwar deshalb, weil sie den deutlichen Unterschied zu einer noch gar nicht so lange zurückliegenden willkürlichen Justiz des SED-Unrechtsstaats erlebt haben.
Die Bindung an Gesetz und Recht stellt einen Grundpfeiler der unabhängigen Justiz im Freistaat Thüringen dar. Das gewährleistet sowohl Sicherheit als auch Freiheit. Sicherheit garantiert das Funktionieren des Gemeinwesens. Die Thüringerinnen und Thüringer wissen das zu schätzen, dass sie in einem der sichersten Länder der Bundesrepublik Deutschland leben.
Hierzu leistet die Justiz mit ihren Gerichten, mit den Staatsanwaltschaften und auch den Justizvollzugsanstalten einen unverzichtbaren Beitrag.
Dieser Standortvorteil Recht trägt zudem maßgeblich dazu bei, Thüringen national und international wettbewerbsfähig zu machen. Um diesen Standortvorteil Recht weiterhin zu behalten und auszubauen, muss die Justiz bestmöglich personell und sächlich ausgestattet sein und insbesondere alle technischen Innovationen im Arbeitsalltag optimal nutzen. Anders gesagt: Wir brauchen eine moderne Justiz. Wenn sich die Kommunikationsformen einer Gesellschaft wandeln, dann kann die Justiz nicht bei Papier und Bleistift bleiben. Deshalb hat die Thüringer Justiz sich bereits frühzeitig die elektronische Datenverarbeitung nutzbar gemacht. E-Justice ist der Schlüsselbegriff, der hier oft bemüht wird. Auf diesem Sektor haben wir bereits viel erreicht, zum Beispiel die Ein
führung des elektronischen Handelsregisters und die des elektronischen Grundbuches. Gleichwohl werden wir uns nicht auf unseren Lorbeeren ausruhen.
Meine Damen und Herren, die besten elektronischen Kommunikationsmittel können nur funktionieren, wenn sie von gut ausgebildeten und motivierten Mitarbeitern bedient werden. Die Möglichkeit des digitalen Datenaustauschs für sich allein reicht nicht aus. Die Leistungsfähigkeit der Justiz im Freistaat beruht vor allem auf dem Engagement aller Bediensteten, der Richter, der Staatsanwälte, der Rechtspfleger, der Gerichtsvollzieher, der Justizvollzugsbediensteten, der sozialen Dienste und auch der vielen Ehrenamtlichen. Ich nenne beispielgebend die Schöffen und ehrenamtlichen Richter. In all diesen Bereichen wird Hervorragendes geleistet. Daneben leisten auch die anderen Organe der Rechtspflege, insbesondere die Anwälte und Notare, einen unverzichtbaren Beitrag zum Funktionieren der Rechtspflege hier in Thüringen. Darauf aufbauend habe ich mir folgende justizpolitische Schwerpunkte gesetzt:
1. Ich werde die personelle Ausstattung der sozialen Dienste und der Sozialgerichtsbarkeit verbessern.
2. Ich trete für eine effektivere Bekämpfung der Jugendkriminalität ein. Deshalb werde ich mich beispielsweise in Zusammenarbeit mit dem Innenminister dafür einsetzen, dass in Erfurt eine Jugendstation errichtet wird.
3. Ich werde mich dafür einsetzen, dass der Status des Thüringer Generalstaatsanwalts geändert wird. Das Amt soll nicht länger als politisches Amt ausgestaltet sein. Ich halte es für wichtig, dass dieses Amt gerade auch in einem neuen Land von jedem Anschein einer unzulässigen politischen Einflussnahme freigehalten wird. Ich danke hier ausdrücklich meiner Fraktion, der CDU-Fraktion, dass sie sich dieses Anliegen heute schon zu eigen gemacht hat mit einem eigenen Antrag.
4. Priorität hat für mich aber auch der Bürokratieabbau. Die in meinem Haus angesiedelte Stabsstelle für Deregulierung, Rechtsvereinfachung und Rechtsfolgenabschätzung wird zu diesem Zweck in den nächsten Monaten gemeinsam mit den Ressorts die landesrechtlich geregelten Informationspflichten mit dem Ziel durchforsten, Kostentreiber zu identifizieren, die Wirtschaft oder Bürger besonders belasten. Diese Kostentreiber wird die Landesregierung dann auf den politischen Prüfstand stellen.
5. Die Leistungsfähigkeit wird üblicherweise an der Anzahl der erledigten Verfahren pro Richter oder Staatsanwalt gemessen. Doch Statistik, meine Damen und Herren, ist nicht alles. Eine gut arbeitende Justiz muss vor allem zur Steigerung des Rechtsfriedens in der Bevölkerung maßgeblich beitragen. Das geschieht sehr erfolgreich in der Thüringer Justiz, wenn man sich zum Beispiel die Zahl der bei Gericht abgeschlossenen Vergleiche ansieht. Dabei will ich aber nicht stehen bleiben. Man muss sich eines ganz klar vor Augen führen: Im Rechtsfrieden spiegelt sich das Vertrauen der Bevölkerung in den Rechtsstaat wider. Um dieses Vertrauen weiter zu stärken, werde ich deshalb in Thüringen ein Pilotprojekt zur gerichtsinternen Mediation initiieren.
6. Ein weiterer Schwerpunkt meines Handelns wird die Optimierung des Justizvollzugs sein. Ein Meilenstein in dieser Hinsicht ist mit dem für Mitte 2009 geplanten Spatenstich für den Neubau der Jugendstrafanstalt in Rudisleben verbunden.
Meine Damen und Herren, ich habe in den letzten Wochen bei meinen Antrittsbesuchen sehr viel Zuspruch von den Bediensteten der Justiz für die vorstehend genannten Schwerpunkte meiner Arbeit erfahren. Ich möchte mit meiner Arbeit die Thüringer Justiz weiter voranbringen und damit zum Erfolg dieser Landesregierung beitragen, eine Arbeit und eine Politik, die gut für Thüringen und Thüringer ist - jetzt und in Zukunft.
Nun zu den Einzelheiten - zum Justizvollzug: Meine Damen und Herren, wie ich bereits sagte, liegt mir die Optimierung des Justizvollzugs ganz besonders am Herzen, denn ein konsequenter und verantwortungsvoller Strafvollzug ist nicht zuletzt aktiver Opferschutz. Auf diesem Gebiet haben wir bereits viel erreicht.
Auf der einen Seite nenne ich den hohen Sicherheitsstandard unserer Gefängnisse. Dadurch schützen wir die Bevölkerung wirksam vor Straftätern. Seit dem Jahr 1995 gab es keine Ausbrüche mehr aus den bestehenden Thüringer Justizvollzugsanstalten. Ein derartiges Sicherheitsniveau wird in keinem anderen Land erreicht. Um dieses Sicherheitsniveau nicht zu gefährden, lehne ich die Übertragung hoheitlicher Aufgaben auf private Unternehmen im Strafvollzug ab. Ich sage das hier ganz deutlich: Wer in sicherheitsrelevanten Bereichen des Strafvollzugs hoheitliche Aufgaben auf private Dritte überträgt, um so Kosten zu sparen, macht Experimente zulasten der Sicherheit. Das ist mit mir nicht zu machen.
Zudem zeigen gerade die jüngsten Berichte aus Hessen, dass eine Teilprivatisierung nicht unbedingt Kosten senkt.
Die zweite Seite des Opferschutzes sind die Sozialisierungs- und Resozialisierungsmaßnahmen in den Thüringer Justizvollzugsanstalten, die die Gefangenen auf ein Leben in sozialer Verantwortung und ohne Straftaten vorbereiten sollen. Das ist keine leichte Arbeit und erfordert von den Bediensteten mitunter einen mehr als langen Atem, denn ein Teil der Gefangenen ist behandlungsunwillig oder aufgrund erheblicher Sozialisierungsdefizite behandlungsunfähig. Ein anderer Teil leidet unter intensiven Persönlichkeitsstörungen oder den Folgen vom Drogenentzug.
Deshalb möchte ich mich an dieser Stelle bei allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im Justizvollzugsdienst für ihren täglichen Einsatz bedanken. Es liegt mir sehr am Herzen, dass die Arbeitsbedingungen für die Bediensteten im Justizvollzug stetig verbessert werden, sowohl baulich als auch personell.
So haben wir den Erweiterungsbau der Justizvollzugsanstalt Tonna im Jahr 2006 fertiggestellt. Mit den 207 neu hinzugekommenen Haftplätzen verfügt die JVA Tonna nunmehr insgesamt über 677 Haftplätze. Wir können mit einigem Stolz sagen, dass wir in Thüringen mit der JVA Tonna eine der modernsten Justizvollzugsanstalten in Deutschland haben. Anfang Mai dieses Jahres haben wir den Erweiterungsbau der JVA Goldlauter eingeweiht. Die in Modulbauweise entstandenen 95 neuen Haftplätze tragen entsprechend zur Verbesserung der Unterbringungssituation bei. Diese aktive Sicherheitspolitik führen wir auch in Zukunft konsequent fort. Derzeit laufen die Planungen und Vorbereitungen zum Neubau einer Jugendstrafanstalt in Rudisleben. Der Spatenstich für diese moderne Anstalt mit 300 Haftplätzen und weiteren 40 Plätzen für den Arrestvollzug ist für Mitte 2009 vorgesehen. Für Anfang 2012 ist die Inbetriebnahme geplant. Bis zu diesem Zeitpunkt wird die Jugendstrafanstalt in Ichtershausen mit ihrer Außenstelle in Weimar weiterbetrieben. Daneben gibt es Überlegungen, nach 2012 im östlichen Teil Thüringens eine weitere große Justizvollzugsanstalt für erwachsene Gefangene zu errichten.
Je nach Belegungssituation könnte diese Anstalt dann die bestehenden Anstalten in Gera und Hohenleuben ersetzen.
Meine Damen und Herren, neben der baulichen Situation haben wir auch die personelle Situation im Justizvollzug wesentlich verbessert. In den Jahren
2004 bis 2007 wurden allein für den mittleren Justizvollzugsdienst insgesamt 164 Anwärter eingestellt.
Da, denke ich, kann man wirklich mal klatschen.
Dabei bleiben wir aber nicht stehen. Zum 1. Oktober 2008 werden mindestens weitere 20 Anwärter für die Laufbahn des mittleren allgemeinen Vollzugsdienstes eingestellt und auch zum 1. Oktober 2009 ist die Einstellung von 20 Anwärtern vorgesehen. In der Laufbahn des gehobenen Vollzugsdienstes befinden sich aktuell fünf Personen in Ausbildung und die Einstellung von jeweils vier weiteren Anwärtern in 2008 und 2009 ist beabsichtigt.
Zur Steigerung der Beförderungschancen und damit zur Motivation der Bediensteten im Justizvollzug wurden mit dem Doppelhaushalt 2008/2009 insgesamt 161 Stellenhebungen beschlossen.
Meine Damen und Herren, Sozialisierung und Resozialisierung sind nicht ohne qualifizierte Fachdienste vorstellbar. Ich messe deshalb den Fachdiensten im Vollzug eine besondere Bedeutung zu. Im Jahr 2007 wurden zwei Psychologen und sechs Sozialpädagogen zusätzlich eingestellt. In den Jahren 2008 und 2009 werden weitere 16 Neueinstellungen im Bereich aller Fachdienste, darunter auch ein Kriminologe, folgen.
Meine Damen und Herren, die Fachdienste allein können eine hinreichende Resozialisierung der Gefangenen nicht immer sicherstellen. Deshalb lege ich großen Wert auf eine gute berufliche und schulische Bildung der Inhaftierten, denn erst ein hinreichender Bildungsgrad befähigt dazu, später in der Freiheit richtig Fuß zu fassen, sei es in einer Lehre oder in einem Beruf. Die Thüringer Justiz hat deshalb ein neues Bildungsprogramm BISS - Berufliche Integration Straffälliger und Strafentlassener - erarbeitet. Dieses Projekt, das von zwei privaten Bildungsträgern durchgeführt wird und einer wissenschaftlichen Evaluation unterliegt, umfasst nunmehr auch die Aufgabe der beruflichen und sozialen Integration nach der Entlassung in die Freiheit. Erste Erfahrungen eines Bildungsträgers lassen eine optimistische Einschätzung zu. So konnten bei einer Maßnahme von 13 Haftentlassenen sieben in anschließende Arbeitsverhältnisse vermittelt werden. Das entspricht einer Erfolgsquote von 60 Prozent.
Diese inhaltlich neuen Maßnahmen der beruflichen und sozialen Integration sind vor allem im Jugend
strafvollzug unverzichtbar, denn dort ist aufgrund der Einführung eines gesetzlich normierten Nachsorgemanagements im Thüringer Jugendstrafvollzugsgesetz die Begleitung der Strafentlassenen auch während der Zeit nach der Entlassung vorgesehen. Dieses Übergangsmanagement ist ein wesentliches Betreuungsinstrument, um einen effektiven Schutz der Bevölkerung vor gefährlichen Rückfalltätern sicherzustellen.
Nun zu gesetzgeberischen Aktivitäten: Mit dem Thüringer Jugendstrafvollzugsgesetz, das am 1. Januar 2008 in Kraft getreten ist, wurde der erste Baustein der Gesetzgebungsaktivitäten auf dem Gebiet des Strafvollzugs in Thüringer Zuständigkeit gelegt. Der nächste Baustein wird das Thüringer Untersuchungshaftvollzugsgesetz sein. Aufgrund der guten Erfahrungen bei der Erarbeitung des Jugendstrafvollzugsgesetzes hat sich wiederum eine Länderarbeitsgruppe unter Federführung Thüringens konstituiert, an der diesmal sogar 12 Länder teilnehmen. Wir haben uns zum Ziel gesetzt, dem Landtag binnen Jahresfrist einen Regierungsentwurf vorzulegen. In der nächsten Legislaturperiode sollen dann der Entwurf eines Thüringer Gesetzes über den Vollzug der Sicherungsverwahrung und der Entwurf eines Thüringer Strafvollzugsgesetzes folgen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, neben der Optimierung des Justizvollzugs ist mir die Effektivierung der Kriminalitätsbekämpfung ganz besonders wichtig. Die aktuellen Zahlen aus der Kriminalitätsstatistik des Bundes zeigen, dass sich gerade die Qualität der Jugendkriminalität gewandelt hat. Erschreckende 43 Prozent aller Gewaltdelikte in Deutschland werden von Personen unter 21 Jahren verübt. Angesichts solcher Zahlen können wir nicht einfach tatenlos zusehen und so tun, als könne alles so bleiben, wie es ist. Dies würden die Bürgerinnen und Bürger in Thüringen zu Recht nicht verstehen. Es ist Aufgabe und Verpflichtung von Exekutive und Legislative, auf Missstände zu reagieren und diese zu beseitigen. Wir sind dazu verpflichtet, die innere Sicherheit zu gewährleisten und dazu gehört auch, die Thüringerinnen und Thüringer vor Straftaten zu schützen.
Deshalb setze ich mich für eine Optimierung des Jugendstrafrechts ein. Wir dürfen den straffälligen Jugendlichen nicht das Gefühl vermitteln, dass ihre Taten folgenlos bleiben, dass der Staat nicht reagiert. Wir müssen diesen jugendlichen Straftätern den Ernst ihrer Lage vor Augen führen. Das Jugendstrafrecht bietet mit der Diversion eine Möglichkeit, bei ersten und nicht allzu schweren Straftaten dem Jugendlichen das Unrecht seiner Tat erzieherisch vor Augen zu führen. Wo solche Maßnahmen wir
kungslos bleiben oder wegen der Schwere der Tat nicht in Betracht kommen, wollen wir die Einführung des sogenannten Warnschussarrestes, um ihnen die Sanktionen, die folgen können, spürbar zu machen.
Zudem fordere ich, dass auf Heranwachsende regelmäßig das allgemeine Strafrecht angewendet wird. Ein 18- bis 20-jähriger Straftäter, der wählen gehen darf, der eine Firma gründen darf, der heiraten darf, ist in der Regel reif genug, um die Folgen seiner Tat zu begreifen.
Ich spreche mich zudem für die Anhebung des Höchstmaßes der Jugendstrafe für Heranwachsende von 10 auf 15 Jahre aus, sollte auf Heranwachsende im Ausnahmefall Jugendstrafrecht anzuwenden sein.
Diese Forderungen mündeten zuletzt in eine von Thüringen mitgetragene Entschließung des Bundesrates zur Bekämpfung der Jugendkriminalität vom 15. Februar dieses Jahres.
Wir haben hier in Thüringen bereits ein innovatives Projekt zur Bekämpfung der Jugendkriminalität, auf das wir stolz sein können. Ich spreche von der sogenannten Jugendstation in Gera. Dort arbeiten Staatsanwaltschaft, Polizei und die Jugendgerichtshilfe unter einem Dach zusammen. Ziel dieser Konzentration ist es, geeignete Verfahren schnell und unbürokratisch abzuschließen, um bei den delinquenten Jugendlichen die Strafe der Tat unmittelbar auf dem Fuß folgen zu lassen. Die Zahlen in der Jugendstation sprechen für sich: Zwischen 60 und 75 Prozent der Verfahren können innerhalb eines Monats abgeschlossen werden. Zum Vergleich: In einem normalen Jugenddezernat sind es nur ungefähr 50 Prozent. Aufgrund dieser Erfolge werde ich mich zusammen mit dem Innenminister dafür einsetzen, dass auch hier in Erfurt eine Jugendstation eingerichtet wird. Ich hoffe, dass die Stadt Erfurt diesem Projekt gegenüber so aufgeschlossen sein wird, wie es die Stadt Gera ist.
Aber nicht nur die Staatsanwälte, Polizisten und Jugendgerichtshelfer arbeiten daran, das Strafrecht effektiv umzusetzen. Die Verfahren vor den Jugendrichtern werden zügig bearbeitet und abgeschlossen. Mit einer durchschnittlichen Verfahrensdauer von unter dreieinhalb Monaten steht Thüringen bundesweit auf einem der vordersten Plätze. Neben der Bekämpfung der besorgniserregenden Jugendkriminalität steht die Politik in der Pflicht, das Rückfallrisiko, insbesondere bei Sexualstraftätern, so gering wie möglich zu halten. Deshalb setze ich mich auf
Bundesebene sowohl für eine Verschärfung des Rechts der Führungsaufsicht als auch für die Stärkung des Instruments der Sicherungsverwahrung ein.
Meine Damen und Herren, oft muss ich mir den Vorwurf anhören, die Justiz tue mehr für den Täter als für die Opfer. Ich sage hier ganz deutlich: Dieses Vorurteil entspricht nicht mehr der Realität. Die Thüringer Landesregierung hat zahlreiche Initiativen ergriffen und Vorhaben unterstützt, um den Opferschutz zu stärken. Aktuelles Beispiel ist die Bundesratsinitiative zur Stärkung des Opferschutzes, deren Einbringung in den Bundestag Thüringen nachdrücklich unterstützt hat. Mit diesen Gesetzentwürfen sollen die Möglichkeiten der Beiordnung eines sogenannten Opferanwalts erweitert werden. Daneben liegt mir aber auch ganz besonders die verstärkte Inanspruchnahme des Täter-Opfer-Ausgleichs am Herzen. So kann etwa das Jugendgericht einen jugendlichen Straftäter anweisen, sich um eine Schadenswiedergutmachung beim Opfer seiner Tat zu bemühen. Mein Appell richtet sich insoweit an die örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe, auch künftig am Täter-Opfer-Ausgleich als ambulante Maßnahme für straffällige junge Menschen festzuhalten.
Nutzen Sie dabei die Fördermöglichkeiten, die Ihnen die Richtlinie „Örtliche Jugendförderung“ eröffnet. Gerade bei Maßnahmen wie dem Täter-OpferAusgleich sieht die Richtlinie eine Landesförderung in Höhe von bis zu 60 Prozent der anfallenden Kosten vor.
Mit der probeweisen Einrichtung von forensischen Ambulanzen in den drei Fachkliniken für Psychiatrie und Neurologie in Mühlhausen, Hildburghausen und Stadtroda verfolgt Thüringen einen weiteren Aspekt zur Stärkung des Opferschutzes. In diesen Ambulanzen können aus dem Maßregelvollzug entlassene Straftäter nachbetreut werden. Ziel ist es, Rückfalltaten psychisch auffälliger Täter zu vermeiden.
Ein weiterer Ansatzpunkt, den die Landesregierung derzeit prüft, ist der Aufbau einer Sexualstraftäterdatei. Ziel ist es, der Polizei Informationen zur Verfügung zu stellen, damit diese wirksam die Bevölkerung vor den entlassenen Sexualstraftätern beschützen kann. Dass dies erforderlich ist, zeigen leider insbesondere die schrecklichen Kindesmissbrauchsfälle in den letzten Jahren. Wir beschränken uns bei unseren Bemühungen nicht auf die Bekämpfung des sexuellen Missbrauchs von Kindern. Die Landesregierung verfolgt vielmehr ein viel umfassenderes Kinderschutzkonzept. Auf Landesebene wird derzeit an einer Vereinbarung mit den kom
munalen Spitzenverbänden gearbeitet, um die Kooperation beim Kinderschutz zu verbessern. Im Bereich des Bundesrechts unterstützen wir den Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Erleichterung familiengerichtlicher Maßnahmen bei Gefährdung des Kindeswohls.
Meine Damen und Herren, wirksamer Kinderschutz setzt ein effektives Zusammenwirken von Familiengericht und Jugendamt voraus. Hier können sich Familiengerichte und Jugendämter künftig an fachlichen Empfehlungen zur Zusammenarbeit beider Institutionen orientieren, die von einer interdisziplinär besetzten Arbeitsgruppe entworfen wurden und die der Landesjugendhilfeausschuss am 3. März 2008 beschlossen hat. Die Empfehlungen können dabei helfen, die Koordination zwischen den Beteiligten zu verbessern und Reibungsverluste zu vermeiden. Dieses Ziel verfolgt auch das Cochemer Modell, das in Thüringen an mehreren Amtsgerichten erfolgreich praktiziert wird. Es dient dazu, Umgangs- und Sorgerechtsstreitigkeiten zwischen den Eltern möglichst umgehend zu beenden und dabei Lösungen zu finden, die dem Kindeswohl am besten gerecht werden.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, Kriminalitätsbekämpfung und Bekämpfung von Extremismus sind untrennbar verbunden. Gleichgültig ob es sich um Links- oder Rechtsextremismus handelt, beide Formen des Extremismus stellen eine Gefährdung unserer freiheitlich-demokratischen Grundordnung dar, die wir nicht tatenlos hinnehmen dürfen. Es hat sich jedoch gezeigt, dass wir derzeit unser Augenmerk besonders auf die Bekämpfung des Rechtsextremismus legen müssen. Ich möchte hier exemplarisch eine Veranstaltung erwähnen, welche wir in diesem Jahr für Thüringer Jugendrichter und Jugendstaatsanwälte anbieten, die sich mit rechtsextrem orientierten straffälligen Jugendlichen befassen. Im Fokus der Veranstaltung wird dabei das Aggressionsschwellentraining stehen. Den Fortbildungsteilnehmern soll damit ein Instrument an die Hand gegeben werden, um mit den Jugendlichen in eine konfrontative Auseinandersetzung mit der rechten Ideologie eintreten zu können. Das Aggressionsschwellentraining ist eine präventive Methode, die wir auch im Justizvollzug mit Erfolg anwenden, um konsequent gegen rechtsextremistische Tendenzen vorzugehen. Daneben verfolgen wir auch mehrere repressive Ansätze. So verbieten wir in den Anstalten den Besitz von rechtsextremistischem Schriftgut und Tonträgern. Personen mit rechtsextremistischem Hintergrund wird regelmäßig Besuchsverbot erteilt. Das sind aber nicht die einzigen Felder, auf denen wir den Extremismus bekämpfen. So bestehen bei allen Staatsanwaltschaften schon seit Jahren Sonderdezernate für die Bearbeitung von Verfahren mit extremistischem und fremdenfeindlichem Hintergrund.
Der Einsatz rechtlicher Mittel ist die eine Seite; die Bekämpfung von Rassismus, Antisemitismus und Intoleranz erfordern jedoch auf der anderen Seite auch eine ständige politische und gesellschaftliche Auseinandersetzung. Es ist deshalb eine Aufgabe der gesamten demokratischen Gesellschaft, sich täglich für die Akzeptanz der Rechtsordnung einzusetzen.
Ich rufe deshalb alle Mitbürgerinnen und Mitbürger auf, verfassungsfeindlichen Tendenzen im Alltag durch Zivilcourage entgegenzutreten. Wegschauen ist keine Lösung. Die Politik muss hier Vorbild sein. Bei der Vermittlung von Werten wie Toleranz und Mitmenschlichkeit sind aber auch Elternhaus und Schule in der Pflicht, moralische Maßstäbe zu setzen und weiterzugeben.
Meine Damen und Herren, die Justiz kann nur dann ihre Aufgaben wirksam erfüllen, wenn sie leistungsfähig ist. Das ist heutzutage nicht mehr ohne die Nutzung moderner elektronischer Kommunikationsformen denkbar. Nur eine moderne Justiz kann eine leistungsfähige Justiz sein. Deshalb hat die Thüringer Justiz bereits frühzeitig auf das sogenannte E-Justice gesetzt. Auf diesem Gebiet haben wir bereits viel erreicht.
So haben wir letztes Jahr mit Sachsen und Sachsen-Anhalt ein gemeinsames elektronisches Mahngericht mit Sitz in Staßfurt eröffnet. Die Antragsteller profitieren von kürzeren Bearbeitungszeiten und der Möglichkeit, ihre Anträge dem Amtsgericht auf Datenträgern oder online zu übersenden. Dies bietet insbesondere Unternehmen mit hohen Antragszahlen Vorteile. Mit der Errichtung des gemeinsamen Mahngerichts wurde auch sichergestellt, dass der Wirtschaftsstandort Thüringen attraktiv bleibt und Thüringen den Weg zu einer schlanken und effizient gestalteten modernen Justiz konsequent weiterverfolgt.
Zudem konnten wir bereits Ende 2004 die digitale Neuerfassung sämtlicher Grundbücher abschließen. Die zugelassenen Nutzer, insbesondere Notare, Rechtsanwälte und Kreditinstitute haben damit unabhängig von den Öffnungszeiten der Grundbuchämter die Möglichkeit, elektronische Grundbücher über das Internet einzusehen sowie Grundbuchausdrucke zu fertigen. So können beispielweise während der notariellen Beurkundung auftretende Fragen sofort geklärt, Kreditgeschäfte schneller abgewickelt und sonst anfallende Kosten zur Erteilung von Grundbuchausdrucken gespart werden.
Dabei wollen wir aber nicht stehen bleiben. Thüringen beteiligt sich deshalb an den Planungen für ein
bundesweit einheitliches, datenbankgestütztes EDVGrundbuch.
Weiter haben wir zum 1. Januar 2007 die Führung der Handels-, Genossenschafts- und Partnerschaftsregister am Amtsgericht Jena konzentriert und unter Beachtung europäischer Vorgaben auf die elektronische Form umgestellt. Damit kann jedermann jederzeit kostengünstig Einsicht ins Handelsregister nehmen, ohne an Öffnungszeiten gebunden zu sein.
Mit dem elektronischen Register wurde zudem der elektronische Rechtsverkehr eingeführt, so dass Anmeldungen zu diesen Registern nunmehr jederzeit online möglich sind.
Um an zukunftsweisenden Entwicklungen auf diesem Sektor teilzuhaben, haben wir uns mit den anderen Justizverwaltungen zu einem gemeinsamen Registerportal zusammengeschlossen. Unter der griffigen Adresse www.handelsregister.de kann jeder Interessierte Einblick in die Handelsregister aller Bundesländer nehmen.
Die Entwicklung vollzieht sich im IT-Bereich so schnell, dass wir uns auf unseren Lorbeeren nicht ausruhen dürfen. Deshalb gibt es in meinem Haus bereits Vorüberlegungen, auch das Vereinsregister elektronisch zu führen und zu konzentrieren. Wichtig ist mir aber dabei, dass die Bürgernähe und Bürgerfreundlichkeit bei der Registeranmeldung nicht leidet. Sehr dankbar bin ich für die Rückmeldungen aus der rechtspflegerischen Praxis, die ich anlässlich des Rechtspflegertages am 29. Mai dieses Jahres hier in Erfurt erfahren durfte. Die wertvollen praktischen Erfahrungen der Rechtspfleger, denen ich an dieser Stelle meinen ganz persönlichen Dank für ihre Arbeit ausspreche,
aber auch meine Unterstützung für Ihre Anliegen anbieten möchte, werden in diesen Entscheidungsprozess mit einfließen.
Meine Damen und Herren, Bürgernähe und Bürgerfreundlichkeit sind für mich wesentliche Elemente der Justiz in der heutigen Gesellschaft. Die Justiz hat nicht nur einen Rechtsprechungsauftrag, die Justiz hat auch einen Dienstleistungsauftrag, und zwar für die Bürgerinnen und Bürger dieses Freistaats. Diesem Dienstleistungsauftrag kann die Justiz jedoch nur dann hinreichend nachkommen, wenn sie angemessen ausgestattet ist. Ich sagte deshalb zu Beginn meiner Ausführungen, dass ein Schwerpunkt meines Handelns in der weiteren Verbesserung der personellen Situation, insbesondere in der Sozialgerichtsbarkeit, liegen wird. Ich bin allen mei
nen Kabinettskollegen sehr dankbar dafür, dass sie sich bereit erklärt haben, mit mir nach verantwortbaren Wegen für eine weitere personelle Unterstützung der Sozialgerichtsbarkeit zu suchen auch aus ihren Geschäftsbereichen heraus. Das kann die Opposition auch. Dies ist auch dringend notwendig. Zwar wurde der Personalbestand der Sozialgerichtsbarkeit seit dem Übergang der Zuständigkeit für die Verfahren nach dem SGB II - die sogenannten Hartz IV Streitigkeiten - seit dem 1. Januar 2005 kontinuierlich erhöht, jedoch steigt die Zahl der Verfahren immer weiter an. Hier muss im Interesse aller Rechtsuchenden weiter gehandelt werden.
Nicht außer Acht gelassen werden darf ferner die hinreichende Betreuung von Straftätern im Rahmen der Bewährungshilfe und Führungsaufsicht. Hier setzt die unverzichtbare Arbeit der sozialen Dienste an; eine Arbeit, die darauf gerichtet ist, die Straffälligen zu befähigen, ein Leben ohne Straftaten zu führen. Daneben leisten die sozialen Dienste aber auch einen wichtigen und vielfältigen Beitrag im Bereich der Gerichtshilfe, so zum Beispiel in der Unterstützung der Gerichte bei Entscheidungen über die Gestaltung von Bewährungsauflagen oder Weisungen sowie deren Überwachung. Erst am 23. Mai dieses Jahres habe ich an der Landesdienstberatung der sozialen Dienste in Tambach-Dietharz teilgenommen. Dort wurde nochmals verdeutlicht, dass die Belastungssituation der sozialen Dienste in Thüringen alles andere als zufriedenstellend ist. Mitunter kommen mehr als 100 Probanden auf einen Bewährungshelfer. Das muss geändert werden.
Aus diesem Grund ist ein weiterer wesentlicher Schwerpunkt meines Handelns die personelle Verstärkung der sozialen Dienste in der Thüringer Justiz. An dieser Stelle danke ich meiner Kollegin Birgit Diezel, dass sie mich bei der Erreichung dieses Ziels unterstützen wird.
Danken möchte ich aber ganz besonders auch den Mitarbeitern der sozialen Dienste in Thüringen für ihre herausragende Einsatzbereitschaft und dem mitunter nicht immer leichten Dienst. Neben den hauptamtlichen Sozialarbeitern sind auch die in den Vereinen der Bewährungs- und Straffälligenhilfe angestellten Sozialarbeiter eine große Stütze des Betreuungssystems. Ihre Arbeit werde ich nach Kräften unterstützen und danke ihnen an dieser Stelle für ihr freiwilliges Engagement, genauso wie den ehrenamtlichen Vorständen, die für diese Vereine die Vorarbeit leisten.
Ein weiterer wesentlicher Aspekt, um die Personalsituation zu verbessern, war und ist die Umsetzung der Behördenstrukturreform. Deren Ziel ist es, die Arbeitsfähigkeit der Gerichte auf Dauer zu sichern. Wir haben deshalb insbesondere die kleineren Einheiten vergrößert, damit diese künftig besser auf Personalengpässe und Belastungsunterschiede reagieren können.
Sehr verehrte Damen und Herren, die Behördenstrukturreform führt jedoch nicht nur zu einer Entspannung der Personalsituation, sie bringt auch eine wesentliche Verbesserung der baulichen Situation in der Thüringer Justiz mit sich. Wir haben das Prinzip der Einräumigkeit im neuen Gerichtsstandortgesetz vom 23. Dezember 2005 konsequent umgesetzt. Das bedeutet, dass es in jedem Kreis und in jeder kreisfreien Stadt nur ein Amtsgericht geben soll. Die Umsetzung der Behördenstrukturreform ist schon weit vorangeschritten.
Die Zweigstelle des Amtsgerichts Meiningen in Schmalkalden wurde am 1. Mai 2006 in das Justizzentrum in Meiningen integriert. Zum 1. Juli 2007 konnte die Zweigstelle des Amtsgerichts Heilbad Heiligenstadt in Leinefelde-Worbis in das neu restaurierte Amtsgerichtsgebäude in Heiligenstadt einziehen. Schließlich konnte am 15. Oktober 2007 die Zweigstelle des Amtsgerichts Sondershausen in Artern in das Amtsgerichtsgebäude in Sondershausen umziehen.
Die Amtsgerichte in Mühlhausen und Rudolstadt sollen in den Jahren 2010 und 2011 saniert werden. Damit werden die Voraussetzungen geschaffen, um die Zweigstellen in Bad Langensalza und Saalfeld bis 2011 aufzulösen. Die Rückführung der anderen Zweigstellen der Amtsgerichte in Ilmenau und Bad Lobenstein soll ebenfalls bis zum 31. Dezember 2011 vollzogen sein. Die dazu erforderlichen Planungen sind bereits weit gediehen. In Mühlhausen konnte unter Beteiligung des Unstrut-Hainich-Kreises und eines privaten Investors der Landgerichtsstandort auf Dauer gesichert werden. Damit wurde eine zentrale Forderung aus dem Behördenstrukturkonzept der Landesregierung umgesetzt. Das dortige Justizzentrum wurde am 31. August 2006 feierlich eingeweiht. Durch den Verzicht auf einen Landesbau konnte das Land zudem eine Investition von ca. 20 Mio. € einsparen.
An dieser Stelle möchte ich allen Bediensteten dafür danken, dass diese Umzüge reibungslos funktioniert haben und bewerkstelligt wurden. Nur durch den überobligatorischen Einsatz der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der betroffenen Gerichtsstandorte konnte der Justizbetrieb anderenorts umgehend wieder aufgenommen werden.
Gerade erst im Dezember letzten Jahres haben wir ein weiteres großes Projekt in Angriff genommen. Zur Errichtung eines Justizzentrums in Gera wurde am 28. Dezember 2007 der Vertrag zur Anmietung des ehemaligen Post- und Fernmeldeamts in Gera abgeschlossen. Der Mietvertrag hat eine Laufzeit von 20 Jahren. Das über 10.000 m2 große Objekt soll am 1. November 2009 der Justiz übergeben werden. Es werden darin folgende Justizbehörden aufgenommen: die Staatsanwaltschaft Gera einschließlich der bisherigen Außenstellen Jena und Rudolstadt, die Strafrechtsabteilungen von Land- und Amtsgericht, das Verwaltungsgericht und die Sozialen Dienste Gera. Die übrigen Abteilungen von Land- und Amtsgericht sowie das Arbeitsgericht sollen in den landeseigenen Liegenschaften in der RudolfDiener-Straße untergebracht werden, wo sie sich ja auch jetzt schon zum Teil befinden. Mit dieser Anmietung können acht Mietobjekte und zwei landeseigene Liegenschaften - darunter das Tinzer Schloss - aufgegeben werden. Im Herzen der Stadt wird so ein bürgerfreundliches Justizzentrum entstehen, das einen wertvollen historischen Gebäudebestand neu belebt und damit auch städtebaulich Akzente setzt.
Nach der Rückführung der Außenstelle Jena der Staatsanwaltschaft Gera kann das Arbeitsgericht Jena in das dortige Justizzentrum integriert werden. Damit wird ein weiterer Baustein der Behördenstrukturreform in naher Zukunft umgesetzt werden.
Meine Damen und Herren, die Thüringer Landesregierung setzt die Behördenstrukturreform ressortübergreifend um. Standorte, die wir freiziehen, werden größtenteils durch andere Behörden nachgenutzt. Umgekehrt kann die Justiz freigezogene Gebäude anderer Geschäftsbereiche nutzen. Ein gutes Beispiel für diese ressortübergreifenden Nachnutzungskonzepte ist die Neustrukturierung des Justizstandortes Suhl. Aufgrund der Integration des ehemaligen Amtsgerichts Schmalkalden in das Justizzentrum in Meiningen konnte der Katasterbereich aus Suhl in das in Schmalkalden frei gewordene Gebäude umziehen. Für die Justiz bietet sich durch diesen Umzug des Katasteramtes die einmalige Gelegenheit, das völlig zersplitterte und unzureichend untergebrachte Amtsgericht in Suhl in der sehr gut sanierten Liegenschaft des ehemaligen Katasteramtes an einem Standort zu konzentrieren. Die Arbeiten dazu werden dieses Jahr abgeschlossen.