Birke Bull
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Herr Dr. Bergner, da Sie tatsächlich ein streitlustiger Kollege sind, will ich gern dazu beitragen, dass sich Ihre Redezeit etwas verlängert.
Es geht um ein grundsätzliches Problem. Sie haben in Ihrer Rede dem Problem der Investitionen und der Betrachtungsweise von Investitionen einen ziemlich großen Raum eingeräumt, insbesondere mit Blick auf die Auseinandersetzung mit Professor Schwödiauer, die wir im Parlament geführt haben.
Zu meiner Frage. Professor Schwödiauer selbst hat in der Auseinandersetzung mit der Enquetekommission den Begriff der Investitionen insofern problematisiert, als er gesagt hat, dass der engere Begriff der Investitionen nicht auf die Förderung wirtschaftsnaher Infrastruktur beschränkt werden sollte; vielmehr sollte man darüber nachdenken, dass in politischer Hinsicht Investitionen in Anführungsstrichen - auch in soziale Bereiche, in Bildung erfolgen können; Investitionen im herkömmlichen Sinne können nicht zwangsläufig auf die Frage beschränkt werden: Was ist nachhaltig und was ist nicht nachhaltig in einer Gesellschaft?
Ich sage das, weil Sie so getan haben: Die Wissenschaft produziert Fakten und die Politik müsste sich zwangsläufig nur noch nach diesen Fakten richten, und alles wird gut.
Herr Kollege Böhmer, ich gebe Ihnen ja Recht darin, dass die Lösung des Problems der Massenarbeitslosigkeit quer durch alle Bereiche der Politik geht und entsprechend angefasst werden muss. Das nennt sich dann „Beschäftigungspolitik“. In dieser Weise haben Sie den Einstieg in Ihren Redebeitrag auch gewählt.
Nun macht aber der Gesetzgeber auch vor der CDU nicht Halt und findet keine Gnade und wählt die Worte „aktive Arbeitsmarktpolitik“ im Bereich der Gesetzesfindung. Dem Land stehen auf dieser rechtlichen Basis ca. 150 Millionen DM zur Verfügung.
Ich möchte jetzt gern von Ihnen wissen, da wir uns ja hier nicht im Bundestagswahlkampf befinden, was denn nach Auffassung der CDU mit diesen 150 Millionen DM
passieren soll. Eine Bemerkung hat die Ministerin dazu schon gemacht. Sie betrifft die Frage der betrieblichen Arbeitsmarktpolitik. Ich hätte gern von der CDU die Alternativen zu der jetzt vorliegenden Konzeption der Arbeitsmarktpolitik gehört.
Es wird nicht schwer werden, Herr Schulze.
Verehrter Herr Kollege, ich bin durchaus bereit, Ihnen bei Erkenntnisgewinn den einen oder anderen Lorbeer zu gewähren. Lob sollte jedoch, denke ich, in homöopathischen Dosen verteilt werden.
Meine Frage lautet: Können Sie sich erinnern, ob es in der bereits angesprochenen qualifizierten Aussprache, der Anhörung im Innenausschuss, jemanden gab, der trotz des Sprichworts „In der Kürze liegt die Würze“ dem CDU-Gesetzentwurf seine Zustimmung gegeben oder sein Lob ausgesprochen hat?
Mit der Entscheidung der Landesregierung, eine Landesmusikakademie als ein Einsäulenmodell im Kloster Michaelstein einzurichten, ergeben sich zwangsläufig Fragen zur Zukunft der Jazz- und Rockakademie in Bernburg.
Ich frage die Landesregierung:
1. Welche Perspektiven sieht die Landesregierung für einen erfolgreichen Fortbestand der Jazz- und Rockakademie am Standort Bernburg?
2. Welchen Stellenwert soll die Jazz- und Rockmusik innerhalb der Landesmusikakademie erhalten, wenn die Landesregierung beabsichtigt, die Jazz- und Rockakademie in die zukünftige Landesmusikakademie im Landkreis Wernigerode zu integrieren?
Meine Damen und Herren! Ich möchte nur ganz wenige Bemerkungen dazu machen.
Erstens - das wird Sie nicht verwundern -: Der Antrag der FDVP ist für uns selbstverständlich nicht zustimmungsfähig. Die Begründung dafür ist heute schon mehrfach gesagt worden. Sie liegt in Ihrem politischideologischen Hintergrund, und der ist für uns grundsätzlich genug, um zu sagen: Ich kann mich zu Ihren Anträgen nicht verhalten wie zu einem Warenhauskatalog und sagen: Das ist brauchbar und das ist nicht
brauchbar. Den Antrag mag ich nicht herauslösen aus Ihrem politischen Kontext.
Zweitens. Ihnen liegt der Alternativantrag der CDU-Fraktion vor. Dazu auch einige wenige Bemerkungen. Familienpolitik ist durchaus ein überaus wichtiger und auch kontroverser Bereich auf der politischen Bühne. Ich würde auch ganz gern in der Sache streiten, beispielsweise über die Frage des Familienbegriffs.
Dabei meine ich gar nicht einmal so sehr, was überhaupt „Familie“ umfasst, welche Personen das sind, sondern ich möchte auch einmal streiten über das Spannungsfeld von Subsidiaritätsprinzip auf der einen Seite, also die Familie zu sehen als letztes Glied in der Verantwortung, und von der Gefahr auf der anderen Seite, die damit verbunden ist, einer Lastenabwälzung auf die Familie sowohl in materieller als auch in ideeller Hinsicht. Dabei möchte ich nur die beiden Stichworte „Gewalt“ und „Missbrauch“ nennen.
Ich möchte auch ganz gern einmal darüber diskutieren, ob es nun nach Jahrzehnten immer noch notwendig ist, Frauenpolitik unter der Überschrift der Vereinbarkeit von Beruf und Familie zu behandeln. Ich meine, es wäre origineller gewesen, wenn Sie hier einmal eine Art männerpolitischen Antrag vorgelegt hätten. Gut, ich will die Mehrheitsverhältnisse in Ihrer Fraktion berücksichtigen und Ihnen das nachsehen.
Der letzte Punkt ist die Frage nach der materiellen Unterstützung, die ja auch Bestandteil Ihres Antrages ist. Wenn ich mich richtig erinnere, haben wir in der vergangenen Legislaturperiode schon einmal über einen Antrag der CDU-Fraktion diskutiert, der die Einmalzahlung eines Betrages bei der Geburt eines Kindes zum Gegenstand hatte.
Meine Damen und Herren! Ich möchte die Frage der materiellen Substanz hier keinesfalls kleinreden, ich will aber auch deutlich sagen: 1 000 DM haben oder nicht haben - ich kenne gar nicht mehr den Betrag, den Sie damals gefordert haben - beeinflusst hierzulande doch wohl nicht in einem ernst zu nehmenden Maße den Kinderwunsch. Das muss man auch einmal nüchtern zu Kenntnis nehmen. Die großen Quantensprünge auf diesem Gebiet sind eben nur auf der Bundesebene machbar.
Für die Vereinbarkeit von Elternschaft und beruflicher Entwicklung - ich sage bewusst „Elternschaft“; es geht nicht nur um die Frauen, sondern auch um die Männer ist die Kernfrage aus meiner Sicht tatsächlich das Netz der Kindertagesstätten. Da in den letzten Wochen und Monaten immer vom Image des Landes Sachsen-Anhalt die Rede war, sollten wir den Mut haben zu sagen, unser Netz an Kindertagesstätten - die Basis dafür ist das Kindertagesstättengesetz - ist durchaus auch nach der Novellierung des Gesetzes für das Land Sachsen-Anhalt auf der Habenseite zu buchen. Das sollten wir deutlich sagen.
Ich wiederhole es: Die Familienpolitik ist eine ganz wichtige Säule für die Gesellschaftspolitik. Ich muss Ihnen ehrlich sagen, ich verstehe die CDU-Fraktion nicht. Wenn es Ihnen so wichtig ist, verstehe ich nicht, weshalb Sie sich immer wieder in das Fahrwasser - ich sage es lax - der braunen Soße begeben müssen.
Insofern ist Ihr Antrag für uns nicht zustimmungsfähig, auch nicht überweisungsfähig. Ich empfehle für meine Fraktion, dass wir uns dem Vorschlag der Ministerin anschließen und im Rahmen der Selbstbefassung über den vorgelegten Familienbericht diskutieren
und Schlussfolgerungen ziehen, die auf der Landesebene dazu möglich sind.
Frau Wiechmann, erst einmal möchte ich Ihnen sagen, dass Ihr übler Rassismus nicht nur geistig schwer zu ertragen ist, sondern mittlerweile auch körperlich.
Meine Damen und Herren! Wir haben über dieses Thema vor einiger Zeit ausführlich diskutiert. Es gab anlässlich der Novellierung des Bundeserziehungsgeldgesetzes auch eine Anhörung im Ausschuss für Gleichstellung, Kinder, Jugend und Sport. Die Grundlage dafür bildete damals ein Antrag der PDS, der durchaus die Intention hatte, Elemente des Konzepts „Erziehungsgehalt“ von Leipert und Co. in die Diskussion über die Reform dieses Gesetzes einzubringen.
Zur großen Verwunderung von Frau Kollegin Liebrecht habe auch ich mich damals für einige Elemente dieses Konzepts ausgesprochen. Mir ging es jedoch lediglich darum, zunächst darüber zu diskutieren; denn einige Kritikpunkte sind bereits von der Frau Ministerin angebracht worden.
Ich will meine heutige Rede auch dafür nutzen, klar und deutlich zu sagen, weshalb ich mit dem vorliegenden Antrag der FDVP-Fraktion sozusagen null politische Schnittmengen habe.
Erstens. Ich habe mich gestern auf die Internetseite der FDVP-Fraktion gequält. Das hätte ich mir eigentlich sparen können; denn das Familienbild der Rechtsaußenfraktion ist ja soeben ausführlich illustriert worden. Gott sei dank richten sich die Bürgerinnen und Bürger in abnehmendem Maße nach konservativen und rechtskonservativen Parteiprogrammen
und wählen selbstbestimmt ihre Form von Familie.
Eines will ich Ihnen sagen: Bekanntermaßen kommen Leipert und Co. aus dem grünen Spektrum; und die haben mit Ihren familienpolitischen Vorstellungen so viel zu tun wie ein Fisch mit einem Fahrrad.
Zweitens - ich vermute, das wird Ihre Verständnisfähigkeit überfordern -: Wir haben damals lange darüber diskutiert, dass es auch eine frauenpolitische Kritik an diesem Konzept von Christian Leipert und Michael Opielka
gibt. Sie schlagen vor, dass die Inanspruchnahme des Erziehungsgehalts gleichberechtigt möglich sein soll, gleichberechtigt für Vater und Mutter. Das klingt gut.
Man muss jedoch dazu sagen, dass vor dem Hintergrund der Lage auf dem Arbeitsmarkt und vor dem Hintergrund fest gefügter Rollenbilder - auch darüber haben wir an dieser Stelle schon oft und lange diskutiert - sowie vor dem Hintergrund geschlechtsspezifischer Arbeitsteilung de facto sehr wohl die Gefahr besteht, die Frau Dr. Kuppe vorhin geschildert hat, nämlich genau die, dass eben diese Grundübel gesellschaftspolitisch verfestigt werden. Ich will allerdings nicht verschweigen ich wiederhole es -: Ich bin dennoch dafür, dieses Konzept fair zu diskutieren.
Ich will an dieser Stelle aber auch sagen, dass ich enttäuscht war davon, dass die Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten - jetzt muss ich sie einmal in Kollektivhaft nehmen, wenngleich ich weiß, dass es unterschiedliche Auffassungen gibt
damals nicht den Mut gefunden haben - ich sage es einmal so -, die Tendenz zu einer übersteigerten Erwerbsneigung von Vätern zu bremsen und ihnen auch etwas Lust und Frust an der Erziehungsarbeit beizubringen.
Zusammenfassend will ich sagen: Werte - nein, das ist gelogen - Kollegen von der Rechtsaußenfraktion, wenn ich in Ihrem Antrag lese „für deutsche Familien“ - davon ist ja auch ausführlich geredet worden -, dann rollen sich meine Fußnägel hoch.
Dieses deutsch-nationale Vokabular hat den globalpolitischen Horizont von knienden Ameisen. Ich sage Ihnen: Allein deshalb würde ich diesen Antrag ablehnen.
Frau Kollegin Stange, ich habe Ihren Ausführungen entnommen, dass Sie den Abstand zwischen Transferleistung und Arbeitseinkommen für zu gering halten, um Sozialhilfeempfängerinnen und -empfänger zur Arbeit zu bewegen, und dass die politischen Vorstellungen der CDU - das habe ich doch richtig verstanden - dahin laufen, Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe zusammenzuführen und dies auf einem niedrigeren Niveau.
Ich frage Sie: Wenn Sie auf diese Weise sämtliche Sozialhilfeempfängerinnen und -empfänger motiviert haben zu arbeiten, wo sollen die dann beschäftigt werden?
Ich kann mich Ihrer Argumentation nicht ganz verschließen. Ich habe dazu eine Verständnisfrage. Sie betrifft Ihre Argumente gegen eine politische Lösung, wie sie Frau Dirlich geschildert hat.
Es soll aus unserer Sicht - ich weiß nicht, ob das im Antrag klar ausgedrückt ist - nur eine vorübergehende, für diesen Fall konkrete politische Lösung gefunden werden. Ich habe Sie so verstanden, dass Sie es als eine dauerhafte Institution, die von uns dort eingeführt werden soll, verstanden haben. Es geht ja wirklich nur um eine politische Lösung für diesen einzugrenzenden Fall der so genannten Altgeschiedenen.
Herr Minister, ich will mir jede Ironie und auch den Zynismus verkneifen, weil ich denke, dass es in dieser Debatte nicht um die Verunglimpfung von Arbeitslosen und Empfängerinnen von sozialen Leistungen des Staates geht, sondern dass es sich um eine grund-legende Debatte handelt.
Deshalb frage ich Sie: Wie wollen Sie es erreichen bzw. wie soll es gelingen, angesichts von reichlich 267 000 Erwerbslosen in diesem Land auf der einen Seite und von reichlich 9 000 als frei gemeldeten Stellen auf der anderen Seite durch Motivationsschübe bei denen, die erwerbslos sind, die Anzahl der angebotenen Stellen signifikant zu erhöhen, es sei denn - meine zweite Frage -, Sie wollen den Vorlauf für ein umfassendes Angebot an Arbeitsplätzen im Niedriglohnsektor schaffen?
Frau Kollegin, ich will vorausschicken, dass ich eine gewisse Ambivalenz in Bezug auf die Frage, ob man straffällig gewordene Männer zu dem Glück der Beratung zwingen soll oder nicht, erkennen kann. Ich brauche aber jetzt etwas Aufklärung in der Sache.
Nach meiner Erinnerung war Hauptgegenstand des Antrages der CDU einst genau diese Frage, während nach meinem Verständnis Gegenstand des jetzigen Antrages der SPD die Frage der polizeilichen Befugnisse ist. Darin sehe ich doch einen gewissen neuen Aspekt, zu dem man gegebenenfalls sicherlich auch kontrovers diskutieren kann; aber ich sehe keine Deckungsgleichheit zu dem einstigen Anliegen der CDU. Oder liege ich damit falsch?
Meine Damen und Herren von der Rechtsaußenfront, mit welcher intellektuellen Schlichtheit Sie unausgesetzt hochkomplizierten gesellschaftlichen Problemen zu begegnen versuchen, ist eine wahre Wonne, das spottet jeder Beschreibung.
Das musste einmal raus, wie mein verehrter Kollege Daehre gestern meinte.
Meine Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Präsidentin! Gegen Pornografie in solcher Undifferenziertheit zu Felde zu ziehen halte ich schlichtweg für Unsinn. Ich vermute im harmlosesten Fall dahinter die zweifelhafte Ideologie vom sauberen deutschen anständigen Mann und von der sauberen deutschen anständigen Frau.
Pornografie ist eben nicht das, was der Stammtisch dafür hält und sich gleichzeitig im Hinterzimmerchen verkniffen reinzieht.
Pornografie ist aber auch nicht die grafische oder fotografische Darstellung wohlgeformter erotischer Männerkörper. Pornografie ist in der Sexualwissenschaft tatsächlich die bildliche und sprachliche Darstellung aller Formen der Sexualpraxis. Es geht also tatsächlich um den Akt an sich. Damit wird die Spannbreite auch schon sichtbar.
Auf der einen Seite, meine Damen und Herren, finde ich die bildliche, sprachliche und darunter auch künstlerische Darstellung dessen, was sich wöchentlich, monatlich, jährlich, wie auch immer abspielt zwischen Frauen
und Männern, zwischen Männern oder zwischen Frauen, sehr wohl geeignet, die sexuelle Sphäre der Gesellschaft aus Mief und Verklemmtheit herauszuholen.
Denn es handelt sich weiß Gott nicht nur um Schmuddelkino. Als ein deutliches Indiz für Mief und Verklemmtheit empfinde ich es sehr wohl, dass es Pornos nur für Männer gibt und die wiederum ihre Art der Sexualität für den Nabel der Welt halten.
Auf der anderen Seite gehören aber auch Entwürdigung, Demütigung bis hin zu physischer Vernichtung zum Erscheinungsbild der Pornografie. Hier ist dann sehr wohl die Politik gefragt.
Die hat dann wiederum zwei Möglichkeiten: Entweder kann sie am Ende der Kette eingreifen, und zwar Pornografie zum Teil als Produkt von Demütigung und Gewalt verbieten, oder aber, wie Kollege Remmers es bereits angedeutet hat, am Anfang der Kette reagieren und gegen die strukturellen Hintergründe angehen, nämlich gegen Hierarchie- und Abhängigkeitsverhältnisse unter anderem zwischen Frauen und Männern, zwischen Kindern und Erwachsenen, zwischen Heterosexuellen und Homosexuellen. Das ist weitaus komplizierter und langwieriger, dafür aber nachhaltiger.
Der Hang zu einfachen Lösungen ist in dieser Gesellschaft allerdings außerordentlich groß. Wie der Rechtsaußenantrag zeigt, ist auch der Hang der Politik, einfache Lösungen zu bieten, ebenso groß. Der Ruf nach einem Verbot bedient genau diese Mentalität. Das ist im Übrigen vergleichbar mit der Denkweise, die nach dem Verbot der NPD ruft, und spielt auch in die Problematik der Illegalisierung von Drogen hinein.
Sicherlich ist es legitim, deutliche Zeichen zu setzen. Ich halte das auch für notwendig. Ich bitte darum, nicht falsch verstanden zu werden. Es geht nicht darum, sämtliche Normen abzuschaffen.
Die sind aber in der Bundesrepublik seit über 20 Jahren gesetzt. Pornografie mit Tieren ist verboten. Pornografie mit Kindern ist ebenso verboten. Tötung und Körperverletzung sind eindeutig Angelegenheit des Strafgesetzbuches. Ein generalisiertes Verbot von Pornografie beruht nach meiner Auffassung nicht nur auf einer zweifelhaften Moralvorstellung, sondern ist im Zeitalter von Internet auch völlig unrealistisch.
Die beschriebenen Extremformen - ich muss mich mit Ihrem Antragstext auseinandersetzen - sind bereits strafrechtlich relevant. Den zweifelsohne vorhandenen Grauzonen, meine Damen und Herren, ist aber nicht, wenigstens nicht allein mit dem Strafgesetzbuch beizukommen.
Hier müssen in der gesellschaftlichen Debatte kräftig die Fenster zum Durchlüften geöffnet werden. Es gehört die extreme bis leichte Schieflage im Geschlechterverhältnis auf den Prüfstand. Mädchen und Jungen - das halte ich für einen ganz wichtigen Punkt - muss gleichermaßen ein Selbstbewusstsein vermittelt werden, dass sie auch wirklich in die Lage versetzt, in ihrer sexuellen Selbstbestimmung Stoppschilder, und zwar unmissverständ- liche Stoppschilder zu setzen.
Eine Illegalisierung missliebiger Zustände, meine Damen und Herren, illegalisiert deren strukturelle und individuelle Hintergründe gleich mit, macht sie unsichtbar. Das kann nicht der richtige Weg sein.
Ich denke, das Thema wird durchaus kontrovers diskutiert, nicht nur zwischen rechts und links. Es ist ange
deutet worden, auch Feministinnen diskutieren dieses Thema sehr kontrovers, sehr unterschiedlich. Ich fände eine solche Debatte spannend. Von Ihrem Antrag, meine Damen und Herren von Rechtsaußen, kann man eben nicht sagen, er sei unter Ihrem Niveau. Er ist Ihr Niveau
und ist deshalb ungeeignet für eine tiefgründige, gewissenhafte und verantwortungsvolle Debatte.
Ich möchte beantragen, den Antrag zur Mitberatung auch in den Ausschuss für Gleichstellung, Kinder, Jugend und Sport zu überweisen.
Meine Damen und Herren! Zu dem Gegenstand des vorliegenden Antrags haben wir bereits im Dezember 1998 ausführlich debattiert. Da mich aber auch einer der werten Kollegen in meiner Fraktion am Dienstag gefragt hat, was das denn soll, habe ich mir überlegt, daß ich doch noch einmal drei Sätze zu den grundlegenden Anliegen sagen müßte.
- Nicht mehr, okay.
Gender-Mainstreaming liegt im politischen Trend. Ich denke, das dürfte sich in den Parteien herumgesprochen haben. Das heißt ins Deutsche übersetzt nichts anderes als: Die Geschlechterfrage lauert überall, oder anders gesagt: Jede politische Frage ist zu einer Hälfte eine Männerfrage und zur anderen Hälfte eine Frauenfrage.
Wenn es allerdings zur Sache geht, meine Damen und Herren, erlebt das beliebte Spiel „Schraps hat den Hut verloren“ fröhlichen Urstand, weil es sehr bequem ist. Ich erinnere an unsere Debatte zu den gleichstellungspolitischen Eckwerten zur Verwaltungsreform. Damals hat der Innenminister hier die Hände gehoben und gemeint, er könnte überhaupt nichts tun; man müßte warten, bis ein Wertewandel in die Gänge kommt.
Der Wirtschaftsminister seinerseits wünscht sich unausgesetzt, daß seine Beschäftigungspolitik im Rahmen der Wirtschaftsförderung geschlechtsneutral sein möge. Sie ist es aber nun einmal nicht. Fakt ist, knapp 30 % der geschaffenen Arbeitsplätze gehen an Frauen.
Der Kultusminister hat als Schraps - mit Verlaub gesagt - schon einmal ganz schlechte Karten; denn ich denke, die Schule ist eine der gesellschaftlichen Institutionen, die mit ziemlicher Intensität gerade soziale Geschlechter prägen und vor allem die vorgefundenen real existierenden Geschlechterverhältnisse nahezu ungebrochen fortsetzen.
Ich will das nur an einem Beispiel verdeutlichen. Sie alle kennen die Geschlechterpyramide bei der Betreuung von Kindern und Jugendlichen. Die Ansprechpartner in Kindertagesstätten und in der Grundschule sind zu ca. 90 % weiblich. Das umgekehrte Verhältnis finden wir an Hochschulen. Die Betreuungskräfte, die Ansprechpartner von Studierenden sind nur noch zu 10 bis 15 % weiblich, in der Regel männlich.
Soziale Kompetenz wird aber am intensivsten im Kindergarten und in der Grundschule vermittelt. Das heißt, soziale Kompetenz bekommen Mädchen und Jungen in aller Regel von Frauen vermittelt.
Das wiederum heißt, daß ihre eigene persönliche Erfahrung bezüglich der Rollenzuschreibung, nämlich daß die Gesellschaft die Verantwortung für soziale Kompetenz in aller Regel den Frauen zuschreibt, sich wiederfindet, fortgesetzt wird und zementiert wird.
Wenn man diesen Kreislauf durchbrechen will, hat das Konsequenzen. Ich will auch das an einem Beispiel erläutern.
Wenn man, wie im Kultusministerium, Modellversuche plant, um die soziale Kompetenz von Mädchen und Jungen in der Schule zu erhöhen, dann kann Chancengleichheit in dem Falle nicht nur heißen, alle dürfen teilnehmen, keiner muß draußen bleiben. Es geht vielmehr
darum, soziale Kompetenz auch vor dem Hintergrund dessen zu schulen, daß sie natürlich zwischen den Geschlechtern sehr unterschiedlich verteilt ist. Die Geschlechterrolle, die soziale Geschlechterzuschreibung zwischen Mädchen und Jungen gehört auf den Prüfstand, und zwar kritisch.
Zum Antrag selbst. Seit 1996 gibt es meines Wissens ein hausinternes Konzept zur Chancengleichheit von Mädchen und Jungen. Die Landesregierung war beauftragt, in den Ausschüssen für Bildung und Wissenschaft sowie für Gleichstellung, Kinder, Jugend und Sport zu berichten.
Im Ausschuß für Bildung und Wissenschaft ist es - ich formuliere es vorsichtig - den Vertreterinnen und Vertretern der Landesregierung eher gelungen, eine Erfolgsbilanz zu ziehen. Im Ausschuß für Gleichstellung, Kinder, Jugend und Sport ist das bekanntermaßen etwas schwieriger.
Ich will an der Stelle am Rande erwähnen, daß es durchaus hilfreich wäre, in einer Zusammenarbeit, gerade was die Berichterstattung anbelangt, sich nicht gegenseitig die Taschen vollzuhauen, sondern wirklich mit dem Pro und Kontra sachlich umzugehen. Ich denke, auch die Mitglieder des Gleichstellungsausschusses können sehr wohl damit umgehen, wenn es vernünftige sachliche Gründe dafür gibt, warum das eine oder andere nicht stattgefunden hat oder bestimmte Dinge ausfallen müssen.
Unter dem Strich ist klar geworden, daß das Konzept „Chancengleichheit für Mädchen und Jungen“ in den letzten Jahren offensichtlich auf Sparflamme gelaufen ist. Deshalb stellen wir diesen Antrag, der die Landesregierung auffordert, das Konzept unter den beschriebenen Qualitätsmerkmalen und mit Blick auf die beschriebenen Inhalte fortzuschreiben. In den genannten Ausschüssen soll darüber berichtet werden.
Zum Änderungsantrag der SPD. Damit haben wir als Fraktion kein Problem, vorausgesetzt, er ist als Ergänzungsantrag gedacht. Deshalb würde ich vorschlagen, im Antrag der PDS den ersten Abschnitt gegen den Änderungsantrag der SPD auszutauschen. In dem Satz „Inhalte des Konzeptes sollen sein“ schlage ich vor, die Worte „unter anderem“ einzufügen. Dann würde die Einleitung lauten: „Inhalte des Konzeptes sollen unter anderem sein“.
Ich bitte um Zustimmung. - Vielen Dank, meine Damen und Herren.
Frau Kollegin, wenn wir davon ausgehen, daß die Prägung von Berufswünschen, von Berufsbildern vor allem in der Schule stattfindet, wie erklären Sie sich dann, daß Mädchen - ich habe die Prozentzahlen nicht im Kopf, ich muß mich dafür entschuldigen - vorwiegend in mädchentypische, schlechter bezahlte Berufe drängen, die vorwiegend mit den Bildern „dienen“ und „assisti-eren“ beschrieben werden, und daß Jungen vorwiegend im naturwissenschaftlichen Bereich zu finden sind? - 85 %, bekomme ich gerade gesagt. - Das ist die erste Frage.
Die zweite Frage: Das Thema hatten wir heute früh schon einmal. Es ist allgemein bekannt, daß die Gewalt körperlicher Natur vor allem eine Sache von Jungen ist
und daß Mädchen Gewalt in anderer Weise ausüben. Welche Alternative sehen Sie, diesem Problem beizukommen, daß das Gewaltverhalten von Jungen und Mädchen sehr, sehr verschieden ist?
Meine Damen und Herren! Sie wissen genau wie ich: Wir haben bereits vor fast einem Jahr gemeinsam über die Reform des Bundeserziehungsgeldgesetzes an dieser Stelle beraten. Im Dezember 1999 hat sich der federführende Ausschuß mit dieser Frage befaßt, und wir haben uns vorgenommen, im zweiten Quartal dieses Jahres, wenn die Reform des Bundeserziehungsgeldgesetzes aktuell auf der Tagesordnung steht, diese Debatte fortzusetzen. So gesehen, taugt der uns vorliegende Antrag aus unserer Sicht bestenfalls zum Änderungsantrag innerhalb der Arbeit des Gleichstellungsausschusses.
Ich denke, wir sind uns mehrheitlich darüber einig, daß notwendige Reformen des Bundeserziehungsgeldgesetzes weitaus komplexer sein müssen, als es die bloße Forderung nach einer Erhöhung des Erziehungsgeldes ist. Im übrigen finde ich den jetzt angedachten Vorschlag der Bundesregierung, die Inanspruchnahme auch in der Höhe flexibel zu gestalten, weitaus spannender als den hier vorliegenden Antrag. Der vorliegende Antrag greift also auch inhaltlich erheblich zu kurz.
Im übrigen vermag ich nicht einzuschätzen, inwieweit die DVU-Fraktion in der Lage ist, der jeweils vorliegenden Tagesordnung in Gänze zu folgen. Ich denke, wir sollten bei der bewährten Verfahrensweise bleiben, mit eigenen politischen Vorhaben entweder rechtzeitig selbst initiativ zu werden oder aber dann zu reagieren, wenn andere die Initiative ergreifen. Für ein Nachkarten sollte es, meine Damen und Herren, gute Gründe geben. Diese liegen aus unserer Sicht hierbei nicht vor. Wir werden den Antrag ablehnen.
Frau Ministerin, die zwangsweise Zuführung oder Verpflichtung gewalttätig gewordener Männer zu Beratungsangeboten ist eine Frage, die bundesweit, zumindest in der politischen Klasse, sehr kontrovers diskutiert wird. Mich interessiert der Standpunkt der Landesregierung und die Argumentation dazu.