Protocol of the Session on October 13, 2000

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Hiermit eröffne ich die 45. Sitzung des Landtages von SachsenAnhalt der dritten Wahlperiode. Dazu begrüße ich Sie, verehrte Anwesende, auf das Herzlichste.

Ich kann die Beschlussfähigkeit des Hohen Hauses feststellen. Sie ist gegeben.

Wir setzen nunmehr die 24. Sitzungsperiode fort. Wie gestern vereinbart wurde, beginnen wir die heutige Beratung mit dem Tagesordnungspunkt 17:

Erste Beratung

Geiseltalsee für Tourismus und Erholung

Antrag der Fraktion der PDS - Drs. 3/3650

Änderungsantrag der Fraktion der CDU - Drs. 3/3716

Einbringer für die Fraktion der PDS ist Herr Professor Dr. Trepte. Danach folgt eine Fünfminutendebatte in der Reihenfolge Landesregierung, DVU-FL, CDU, SPD, FDVP und PDS. Ich bitte Herrn Professor Trepte, das Wort zu ergreifen.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Ent- stehung des Geiseltalsees im Landkreis MerseburgQuerfurt ist eines der Vorzeigeprojekte der Renaturierung ehemaliger Braunkohletagebaugebiete von überregionaler, ja von bundesweiter Bedeutung oder wird ein solches werden.

In allen regionalen und überregionalen Planungsdokumenten ist die vorrangige Nutzung des künftigen Geiseltalsees für Erholung und für Tourismus ausgewiesen. Daher sind im Landesentwicklungsplan, im regionalen Entwicklungskonzept der Region Halle und auch im Teilgebietsentwicklungsprogramm für den Planungsraum Geiseltal entsprechende Flächen als Vorbehalts-, Vorrang- und Vorsorgegebiet für Tourismus und Erholung ausgewiesen.

Der entscheidende Punkt in diesem Zusammenhang ist, dass die Erfüllung dieser Planungsziele nicht nur eine gravierende Potenzialstärkung für den kommunalen Zweckverband Geiseltal oder für den Landkreis Merseburg-Querfurt darstellt. Entscheidend ist, dass die Nutzungsziele des Geiseltalsees maßgebliche Entwicklungsbedingung für die künftige Metropolregion Halle/Leipzig/ Merseburg sind.

Meine Damen und Herren! Die Verwirklichung dieser Nutzungsziele setzt dauerhaft den öffentlichen Zugang zu den ausgewiesenen Uferbereichen und den Wasserflächen voraus. Weiterhin ist zu sichern, dass die Gestaltung der Uferbereiche und die dort entstehende Infrastruktur diesem Nutzungszweck entsprechen. Dies kann nur gesichert werden, wenn diese Flächen, zumindest aber die ausgewiesenen Teilflächen, Eigentum der öffentlichen Hand, in diesem Falle insbesondere Eigentum des kommunalen Zweckverbandes Geiseltalsee, bleiben bzw. werden.

Die eigentliche Gefährdung dieser raumordnerischen Zielstellungen resultiert aus der möglichen und eventuell beabsichtigen Privatisierung der für Erholung und Tourismus ausgewiesenen Ufer- und Wasserflächen. Die Pri

vatisierung kann zur Einschränkung bzw. zur Verhinderung des öffentlichen Zugangs zu den Flächen führen.

Mit dem Verkauf der Flächen ist durch die Bundesregierung die Lausitzer und Mitteldeutsche Bergbauverwaltungsgesellschaft, die LMBV, beauftragt worden. Offenbar läuft die Veräußerungsstrategie der LMBV auf die Erzielung maximaler Veräußerungserträge hinaus.

In den Erläuterungen zur Titelgruppe 61 - Braunkohlesanierung - in Kapitel 08 02 ist aufgeführt, dass die LMBV aus der Verwertung sanierter und zur Sanierung anstehender Grundstücke jährlich 100 Millionen DM aufbringen muss. Unter diesem Zwang wird sie maximale Erträge bei der Veräußerung dieser Flächen erzielen wollen.

Die Kommunen des Zweckverbandes Geiseltalsee können unter derartigen Bedingungen mit privaten Investoren kaum oder gar nicht konkurrieren, da ihre Finanzausstattung einerseits zu schwach ist und da sie andererseits beim Erwerb solcher Grundstücke an die Verkehrswerte gebunden sind.

Die Landesregierung - das ist das Ziel unseres Antrages - soll gegenüber der Bundesregierung dahin gehend Einfluss nehmen, dass die Veräußerung der ausgewiesenen Flächen an die Kommunen gesichert wird. Die Landesregierung soll gewährleisten, dass die für Sanierung und Revitalisierung der Bergbaufolgelandschaft Geiseltal verausgabten Landesmittel von knapp 100 Millionen DM tatsächlich auch dem öffentlichen Nutzen zugute kommen. - Ich danke Ihnen.

(Zustimmung bei der PDS und von Frau Fischer, Leuna, SPD)

Danke sehr. - Für die Landesregierung jetzt spricht Minister Herr Gabriel.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die vorliegenden Anträge haben alle das Ziel, eine gezielte Entwicklung um den Geiseltalsee herum zu ermöglichen. Es ist klar, dass sich die Veräußerung der Flächen durch die LMBV an dem öffentlichen Interesse ausrichten muss und dass der kommunale Zweckverband Geiseltalsee entsprechend einbezogen sein muss.

An dieser Stelle ist zunächst der Hinweis erlaubt, dass Bund und Land rund 362 Millionen DM für die Sanierung ausgegeben haben. Diese öffentlichen Mittel sind in erheblichem Maße in der Region geblieben und haben dort auch für Beschäftigung gesorgt.

Wenn wir über touristische Nutzung reden, dann sind gewerbliche Nutzung und Nutzung zu Wohnzwecken nicht weit entfernt. Diese Zwecke können nach meinem Dafürhalten dort durchaus auch ausgewogen vorge- sehen werden.

Das Land hat über den Landesentwicklungsplan, das regionale Entwicklungsprogramm für den Regierungsbezirk Halle und das Teilentwicklungsprogramm für das Planungsgebiet Geiseltalsee für dieses Jahr, an denen die Kommunen jeweils angemessen beteiligt worden sind, eine Reihe von planerischen Rahmenbedingungen nicht nur unterstützt, sondern geschaffen, so dass der Entwicklung freier Lauf gegeben ist.

Freier Lauf heißt aber, dass die kommunalen Zuständigkeiten nicht außer Kraft gesetzt werden können. Die entsprechenden Flächennutzungspläne und die Bauleitpläne müssen von den Kommunen in Abstimmung mit ihrer Bürgerschaft und mit möglichen Investoren erarbeitet werden. Das ist dann die Grundlage für die nächsten Schritte.

Es gibt ein paar Teilerfolge. Man hat sich vor Ort über ein Wegenetz geeinigt. Es ist auch ein Abkommen mit der LMBV im Grunde unterschriftsreif.

Aber klar ist auch: Die LMBV muss verkaufen, soll verkaufen. Es ist viel öffentliches Geld hineingeflossen. Ich denke, die Zielstellung der LMBV ist nicht, maximale Preise zu erzielen, wenn sie natürlich auch gut verwerten soll, aber Verkehrswerte sind Eckpfeiler, die einen guten Kompromiss darstellen, wenn man die Interessen aller sieht.

Allerdings habe ich den Eindruck, dass gerade bei der Erarbeitung der Bauleitplanung vor Ort zögerlich vorgegangen wurde. Man darf auch nicht verkennen, dass jetzt schon zehn Jahre ins Land gegangen sind. Seit zehn Jahren ist klar, hier wird saniert, hier wird renaturiert und hier sind Entwicklungschancen. Zehn Jahre lang haben es die Bürger mit den Unternehmern, mit ihren kommunalen Strukturen nicht geschafft, das planerisch auf den Punkt zu bringen.

Natürlich ist es ein Unterschied, ob es sich um ein überplantes Gebiet, um ein möglicherweise vorgesehenes Naturschutzgebiet oder um eine landwirtschaftliche Nutzfläche handelt. In Abhängigkeit davon wird für ein Grundstück jeweils ein anderer Quadratmeterpreis zu erzielen sei.

Mir scheint es wirklich angebracht, über diese Punkte mit den Beteiligten noch einmal zu reden. Uns alle eint, glaube ich, das Interesse, eine gezielte, aber auch zeitnahe Entwicklung hinzubekommen. Deswegen kann ich es nur begrüßen, dass wir uns im Ausschuss noch einmal über ein paar Details unterhalten werden. - Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Danke sehr. - Die Fraktion der DVU-FL hat auf einen Redebeitrag verzichtet. Somit spricht jetzt für die CDUFraktion Herr Hacke. Bitte, Herr Hacke.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die CDU-Fraktion kann sich den hier vorliegenden Antrag inhaltlich voll zu Eigen machen und schließt sich dem eigentlichen Anliegen, die Landesregierung zur Umsetzung der Ziele der Raumplanung anzuhören, uneingeschränkt an.

Allerdings sind wir der Meinung, dass der Kreis der Anzuhörenden unbedingt erweitert werden sollte, wenn wir den Einfluss des Parlamentes bei der Umsetzung und Sicherung der Ziele der Raumordnung und der Regionalplanung wirkungsvoll und nachhaltig geltend machen wollen.

Besonders interessant wäre es in diesem Fall, Einzelheiten zu der von der Landesregierung angekündigten und in Vorbereitung befindlichen Vereinbarung zwischen der LMBV und den betroffenen Kommunen zu erfahren. Womöglich lassen sich in dieser Vereinbarung vernünf

tige Kompromisse zwischen den unterschiedlichen Interessen herstellen. Die CDU-Fraktion ist jedenfalls bereit, mit Nachdruck auf die einzelnen Interessenträger einzuwirken.

Nicht uneingeschränkt einverstanden sind wir allerdings mit der Begründung, die dem vorliegenden Antrag beigefügt ist. Sie, Herr Professor Dr. Trepte, gehen davon aus, dass die eigentliche Gefährdung der raumordnerischen Zielplanung grundsätzlich in der Privatisierung von Flächen am Geiseltalsee liege.

Nun, diese Befürchtung scheint mir weniger sachlich als vielmehr rein ideologisch begründet zu sein. Ihre Meinung, dass das Privateigentum der Buhmann allen Übels und mit der im öffentlichen Interesse liegenden Raumplanung nicht in Einklang zu bringen sei, kann von mir nicht geteilt werden. Im Gegenteil, ich kann mir nicht vorstellen, dass eine umfassende Entwicklung von Tourismus und Erholungsmöglichkeiten ohne private Investoren möglich ist.

(Zustimmung von Frau Weiß, CDU)

Die derzeitigen Investitionen in den touristischen Regionen Sachsen-Anhalts sprechen sicherlich eine deutliche Sprache und belegen meine Behauptung.

Sie, Herr Professor Dr. Trepte, gehen weiter davon aus, dass die Kommunen bereit sind, einige Flächen zum Verkehrswert zu kaufen, aber nicht zum Maximalpreis, wie in Ihrer Begründung steht.

Nun, was ist eigentlich der Verkehrswert? Der Verkehrswert ist auf jeden Fall nicht der Preis, den sich ein Verkäufer oder ein potenzieller Käufer wünschen würde. Der Verkehrswert ist der Wert, der sich am Markt realistisch ohne Spekulationsaufschlag erzielen lässt.

Gerade an diesem Punkt scheiden sich die Geister der lokalen Akteure. Nach meiner Kenntnis sind die Kommunen nicht bereit oder finanziell nicht in der Lage, ihr Vorkaufsrecht in vollem Umfang auszuschöpfen und ausreichende Flächen zum Verkehrswert zu erwerben.

Deshalb sollte nach meiner Meinung sorgsam geprüft werden: Welche Flächen benötigen die Kommunen unbedingt für die vorzuhaltende Infrastruktur? Wie können diese Flächen zu beiderseits akzeptablen Preisen über einen angemessenen Zeitraum erworben werden? Wie kann sichergestellt werden, dass dem Sanierungsfonds ausreichende Erlöse zufließen und somit weitere Sanierungsmaßnahmen in Sachsen-Anhalt finanziell gesichert werden? Welche Möglichkeiten haben die Kommunen, durch das Ausschöpfen von Gesetzen, Verordnungen und Satzungen ihre Planungshoheit durchzusetzen und Fehlentwicklungen in der Region zu vermeiden? Wie können schließlich viele Investoren gewonnen werden, die die kommunalen Planungsvorstellungen in die Realität umsetzen?

Ich denke, wenn diese Fragen durch eine Vereinbarung zwischen der LMBV und dem kommunalen Zweckverband einvernehmlich geklärt werden, wird der Umsetzung der bisher verabschiedeten Entwicklungspläne nichts mehr im Wege stehen.

Wir würden allen Beteiligten vorschlagen, sich einmal an einen Tisch zu setzen, um - vielleicht sogar unter Moderation dieses Parlamentes - nach tragfähigen, für alle akzeptablen Lösungen zu suchen.

Aus diesem Grund, meine Damen und Herren, bitten wir sie, als ersten Schritt dazu unserem Antrag, der den

Antrag der PDS-Fraktion nur um den Kreis der Anzuhörenden erweitert, zuzustimmen. - Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Herr Abgeordneter, sind Sie bereit, eine Frage des Abgeordneten Herrn Professor Trepte zu beantworten?

Ja.