Angelika Birk

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Last Statements

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die erste Feuerprobe von Hartz IV ist bestanden. All denjenigen, die heute - wie die FDP - ganz leise Töne haben, möchte ich sagen: Was haben Sie nicht geunkt und wie oft haben Sie nicht gesagt, das alles würde gar nicht funktionieren und am liebsten würden Sie die Bundesagentur für Arbeit auf einen Schlag zerschlagen!
Dass auch wir andere Vorstellungen von der Bundesagentur für Arbeit haben, daraus mache ich kein Geheimnis. Plötzlich hören Sie sich ganz leise an und sagen, Sie seien immer schon für die Reformen gewesen. So ist es immer! Das Mäntelchen hängt gut im Wind.
Lassen Sie uns aber zur Sache kommen. Das gefürchtete Chaos bei der Einführung von Hartz IV ist ausgeblieben, und zwar dank hochkonzentrierter Anstrengungen aller Beteiligten. Beigetragen haben hierzu aber nicht nur die schon von meinen Vorrednern genannten zuständigen Verwaltungen, sondern vor allem auch die Beratungseinrichtungen der Wohlfahrtsverbände sowie viele alte und neue ehrenamtliche Arbeitslosen- und Sozialhilfeinitiativen. Zum Teil
wurden sie hierfür in der Presse gewürdigt. Ihnen allen sei auch gedankt.
Ihre Arbeit wird durch Hartz IV keineswegs überflüssig. Auch zukünftig wollen jedenfalls wir von den Grünen die Initiativen der Selbsthilfe bewegen, Bedürftige finanziell unterstützen, nicht mit Reichtümern, aber mit Mietzuschüssen und Ähnlichem, damit sie ihre freiwillige Arbeit für bürgerschaftliches Engagement weitermachen können. Bürgerschaftliches Engagement ist nicht nur eine Sache der Schönen und der Reichen, sondern es ist eine Sache aller Menschen. Das muss hier gewürdigt werden.
Ich ziehe meinen Hut vor all dem, was hier geleistet worden ist, aber ich komme auf eine Reihe von Problemen, die im Augenblick noch gelöst werden müssen. Sie waren auch Gegenstand der Beratungen im Ausschuss. An dieser Stelle einer Bilanz sollten wir uns noch einmal vergegenwärtigen, was zu tun ist. Es ist natürlich noch eine Menge zu tun. Die grundsätzlich in Nürnberg gefertigten Leistungsbescheide weisen am Anfang vielfach noch rechtliche Mängel auf. Aus ihnen sind die Einzelberechnungen auf den Individualfall nicht immer gut nachzuvollziehen. Außerdem gibt es auch erhebliche Datenschutzprobleme. Das ist auch verschiedentlich in Landtagsausschüssen thematisiert worden. Zu diesen beiden ersten Punkten hat die Bundesagentur für Arbeit in ihrem Vermerk durch die Regionaldirektion an den Landtag Verbesserungen angekündigt. Wir werden dies beobachten.
Das Thema Krankenversicherung für nicht verheiratete Partnerinnen und Partner, bei denen einer der beiden als Erwerbsloser aufgrund des Einkommens des anderen kein ALG II erhält, soll jetzt zwar gelöst werden - dazu gibt es ja Vorschläge, die auch durch die Presse gingen -, die bisherige Regelung hierzu hilft aber noch nicht in allen Fällen. Das zeigt einmal mehr, dass sich die Hartz-Gesetzgebung - wie viele Gesetze in unserem Staat - immer noch an der überholten Norm des Haushaltsvorstands orientiert. In der Realität trifft diese Regelung vor allem Frauen, denen eine ökonomisch eigenständige Existenz nicht zugestanden wird. Hier sehen wir erheblichen Nachbesserungsbedarf.
Das ist kein Geheimnis, das haben wir vor der Reform gesagt und das sagen wir auch nach der Reform.
Offen geblieben ist in der bisherigen Landtagsanhörung die Höhe der Fördermittel der Bundesagentur 2004 und 2005. Herr Rohwer, Sie haben ja auch darauf hingewiesen: Jetzt muss das Fördern losgehen. Vom Zahlenverhältnis her ist die Infrastruktur der
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter geschaffen. Das ist gut so. Das hatte ich - ehrlich gesagt - in diesem Tempo nicht erwartet. Ich bin positiv überrascht. Aber jetzt kommt es natürlich darauf an, dass auch wirklich alle einen Ansprechpartner finden. Dazu gehören für uns auch die Berufsrückkehrerinnen und erwerbslose Frauen, die wegen des Partnereinkommens kein ALG II erhalten, denn auch sie wollen natürlich beraten und gefördert werden. Sie wollen den Einstieg in den Arbeitsmarkt schaffen. Sie sind ja nicht weniger motiviert als andere, die ALG II erhalten.
Vielerorts werden Schuldner- und Suchtberatungen jetzt ebenfalls neu strukturiert. Wir begrüßen, wenn im Bedarfsfall die neuen, für die ALG IIEmpfängerinnen zuständigen Stellen den Weg zur Sucht- und Schuldnerberatung ebnen. Das war ja ein Ziel: Hilfe aus einer Hand.
Wir warnen allerdings davor, jetzt unbesehen die Leistungen der örtlichen Drogen- und Suchtberatungen alle auszuschreiben und damit das bisherige Beratungsangebot für alle Hilfeempfänger und überhaupt alle Ratsuchenden, also auch für diejenigen, die nicht arbeitslos sind, infrage zu stellen. Es ist klar, dass es nicht in jedem Ort fünf Suchtberatungen gibt - welche für Arbeitslose, welche für Erwerbstätige und welche für Junge und für Alte -, sondern das natürlich meistens in den Händen der Wohlfahrtsverbände liegt.
Ich komme zu meinen beiden letzten Anmerkungen: Die Ein-Euro-Jobs - ein unglücklicher Name, wie wir alle finden - sollten nach unserer Ansicht nicht auf die Wirtschaft ausgedehnt werden, sondern es gibt eine gute Initiative der Wohlfahrtsverbände, hier Rahmenbedingungen zu schaffen. Da müssen wir auch öffentlich im Gespräch bleiben, denn auch diese Menschen sollen ein Minimum an Arbeitsrechten haben.
Die demokratische Kontrolle der durch die Sozialgesetzgebung neu geschaffenen Institutionen muss auch vor Ort geschehen. Wir ermutigen die Kommunen deswegen nachdrücklich, hierfür Beiräte aus Wohlfahrtsverbänden, Gewerkschaften und kommunalen Abgeordneten vorzusehen, wie es auf unsere Initiative in Berlin hin in dem Gesetz ermöglicht worden ist.
Die Dokumentation der Finanzströme - das war ja auch ein Argument des Ministers - ist tatsächlich ein heißes Eisen. Sie ist wichtig und sie ist genau zu machen. Dazu gehört für uns auch die Dokumentation des Bedarfs an Kinderbetreuung. Denn es ist natürlich klar, wenn man Gesetze wie das Kindertagesbetreu
ungsgesetz auf den Weg bringen will, wenn man das Recht Erwerbssuchender auf Kinderbetreuung ernst nimmt, dann muss man natürlich auch hierzu genau dokumentieren.
Ich möchte an dieser Stelle ausdrücklich noch einmal das Kombilohnmodell der Landesregierung in ASH loben. Das ist eine gute Alternative zu anderen Instrumenten.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Nachdem wir vorhin eine relativ sachliche Diskussion zum Thema Hartz IV hatten, musste die FDP offensichtlich noch einmal ganz tief in die Klamottenkiste des Wahlkampfes greifen. Wenn es nach der FDP ginge - kann ich da nur antworten -, hätten wir Ihrer Programmatik zufolge keinen Kündigungsschutz mehr, jedenfalls keinen, der diesen Namen verdient; unser Krankenversicherungssystem wäre aufgelöst; jeder müsste sein Lebensrisiko privat tragen; die Arbeitszeit wäre deutlich heraufgesetzt; reiche Leute und Unternehmen würden noch weniger Steuern bezahlen;
die Einnahmen aus der Ökosteuer würden ganz fehlen und damit lägen die Rentenbeiträge um mehrere Prozentpunkte höher, was die FDP dann sicher - hätte sie das Sagen - dazu veranlassen würde, auch die Rentenversicherung ohne Alternative zu zerschlagen.
Ich orientiere mich damit einfach einmal an dem, was man von Ihnen - wenn man Ihnen genau zuhört, Herr Dr. Garg - an Programmatik auf den Podien hört,
und daran, was auch aus dem Programm der FDP herauszulesen ist.
Es nutzt nichts, sich immer wieder hier hinzustellen und einige Zahlen von vorgestern vorzulesen, sich selbst aber überhaupt nicht der Aufgabe zu stellen zu sagen, was Sie denn machen würden, um diese Probleme zu lösen.
Denn diese Maßnahmen - würden wir sie so durchziehen, wie die FDP sie sich vorstellt - hätten den Konzentrationsprozess großer Konzerne und Banken, der viele Arbeitsplätze gekostet hat und auch vor Deutschland nicht Halt macht, eher beschleunigt als aufgehalten. Heute Morgen haben wir eine Bankendebatte geführt. Wir wissen, wie dazu die Positionen hier im Haus sind. Wir haben uns für den Erhalt der Sparkassen ausgesprochen. Das ist zum Beispiel etwas, wo man landespolitisch entscheiden kann, ob man es so oder so machen möchte. Hier an dieser Stelle haben Sie ganz deutlich andere Prioritäten gesetzt. Ihnen sind in solchen Fällen im Zweifel erwerbslose Bankangestellte oder Leute, die kein Konto mehr bekommen, einfach egal.
Die Binnenkonjunktur würde natürlich bei so einem Szenario noch mehr lahmen. Ich gebe zu, sie lahmt zu sehr, da müssen wir etwas tun. Aber auf jeden Fall wäre der Beitrag der FDP kein Beitrag gegen die Arbeitslosigkeit.
Wir Grünen kümmern uns darum, dass die wichtigsten Ressourcen in unserem Land - die Natur, die Energie und die Bildung - gestärkt und genutzt werden, und zwar so, dass auch noch zukünftige Generationen etwas davon haben.
So haben wir in den letzten Jahren Tausende von Arbeitsplätzen in den erneuerbaren Energien ermöglicht. Der aktive Erhalt von Natur und Kultur macht unser Land für Touristen und aufstrebende kleine und mittelständische Unternehmen attraktiv. Wir fördern Existenzgründungen und es ziehen
mehr Leute aller Altersschichten, junge Menschen genauso wie ältere Menschen, hierher, die es attraktiv finden, hier zu wohnen.
Dieses Land muss also doch etwas haben. Wenn das wirklich nur ein Jammertal wäre, würde doch keiner hierher kommen.
Schleswig-Holstein hat - lange bevor es auf Bundesebene das Bündnis für Ausbildung gab - bundesweit die zweitbeste Vermittlungsquote für die Auszubildenden aufzuweisen - und das schon seit Jahren. Hier hat sich die Ministerpräsidentin persönlich erfolgreich engagiert und an diesem Maßstab messe ich sie und nicht daran, ob sie nun hellseherische Fähigkeiten hat.
Herr Dr. Garg, ich habe Ihnen sehr genau zugehört. Sie haben das Zitat vorgelesen. Die Ministerpräsidentin hat nicht gesagt: Ich bin hier diejenige, die die Arbeitsplätze schafft, sondern sie hat die Maßnahmen genannt, um möglichst dieses Ziel zu erreichen. Sie hat ein Ziel genannt, sie hat nicht gesagt, dass dieses Ziel auf jeden Fall und auf Biegen und Brechen so zu erreichen sein wird.
Kein Politiker kann so vermessen sein zu behaupten, er könnte die Wirtschaft wie an einem Hebel regieren. Wir sind hier doch nicht im Staatssozialismus.
Offensichtlich scheinen Sie nebenbei diese Vorstellung auch noch bedienen zu wollen.
Um einmal einen kleinen Beitrag der Landesregierung zu nennen, der in das Gebiet fällt, in dem Sie sich auskennen, Herr Dr. Garg: Allein in den letzten vier Jahren hat das Land in der Altenpflege mit über 10 Millionen € 9.000 Menschen als Altenpflegehelferinnen und -helfer oder Altenpflegerinnen und -pfleger ausgebildet. Das ist ein Beitrag zur Humanisierung der Pflege und gegen die Arbeitslosigkeit.
Da haben wir eigenes Geld in der Hand gehabt, da haben wir Bündnisse geschmiedet und es ist auch noch Geld von der Arbeitsagentur hinzugekommen. Aber zu einem sehr großen Teil, nämlich mit diesen über 10 Millionen €, hat das Land das selbst getragen. Ich möchte Sie fragen: Was hätten Sie mit den 10 Millionen € gemacht? Hätten Sie sie nicht in die Altenpflege investiert? - Ich weiß, auf solche konkreten Fragen bleiben Sie einfach eine Antwort schuldig.
Gerade weil eine gute Ausbildung die Voraussetzung für die Teilnahme am Erwerbsleben ist, haben wir Grüne ein Konzept zur grünen Schulreform entwickelt, das Gott sei Dank nicht nur ein grünes Konzept geblieben ist, sondern sehr viele Bündnispartner hat. Wir freuen uns darüber, dass wir hier im Haus für die Grundlage der Schulreform eine Mehrheit haben. Ich glaube, dass wir damit mehr für die Zukunftsfähigkeit dieses Landes tun, als CDU und FDP mit den kleinlichen Nörgeleien an diesem und jenem. Denn mit einem ständischen Schulsystem preußischer Tradition, wie Sie es nach wie vor vertreten, werden wir die Kinder nicht gut auf den Arbeitsmarkt vorbereiten können.
Ich kann Ihnen an dieser Stelle sagen: Diese Debatte hätten wir uns natürlich sparen können,
aber da Sie offensichtlich nicht davor zurückschrecken, auf Kosten der Langzeitarbeitslosen hier Ihre Polemik gegen die Ministerpräsidentin zu richten, müssen Sie sich als Antwort auch starken Tobak gefallen lassen.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Erstmalig hat sich Deutschland auch im elementarpädagogischen Bereich dem internationalen Vergleich gestellt. Diesmal wurden nicht die Kinder getestet, sondern die Politik. Deutschland war für die internationalen Expertinnen und Experten besonders interessant, weil hier nach wie vor zwei Welten der Auffassung von frühkindliche Erziehung aufein
ander prallen. Im Westen die durch den Kalten Krieg offenbar noch verstärkte und noch immer nicht überwundene Haltung: „Nur Mutti ist die Beste!“ Im Osten die selbstverständliche junge Tradition: Auch Kleinkinder profitieren von ergänzender Erziehung und Bildung durch Profis.
Dahinter steht heute nicht mehr der Oktroi eines undemokratischen sozialistischen Staates, sondern sogar von erwerbslosen Müttern die selbstverständliche Erwartung, auch wenn sie erwerbslos sind - das sind sie im Osten leider viel zu viel -, dass sie das Recht auf Berufstätigkeit haben und damit das Recht, ihre Kinder in hervorragend eingerichtete Kindertageseinrichtungen zu schicken, und zwar schon bevor die Kinder laufen lernen. Die zunehmende Erwerbslosigkeit der Mütter im Osten, die sich inzwischen an die im Westen angleicht, hat nicht zur Folge gehabt, dass die Mütter sagen: Die Kinder bleiben bei uns zu Hause. Das finde ich einen sehr interessanten Tatbestand, der zeigt, dass im Osten offensichtlich eine völlig andere Auffassung herrscht über das, was Bildung und Erziehung in den frühen Jahren bedeutet.
Darüber hinaus ist Deutschland auch deshalb für die externen Fachleute interessant, weil in kaum einem anderen Staat die Kompetenzen, wer über die Formen öffentlicher Kleinkindererziehung entscheidet, auf so viele verschiedene Instanzen verteilt sind.
Dieses Thema hat durch das gestrige Urteil des Bundesverfassungsgerichts erneute Aktualität bekommen. Wir haben dieses Gerichtsurteil noch nicht in Gänze auswerten können. Aber es deutet sich an, das es auf viele Gesetze, nicht nur auf die Hochschulgesetzgebung, einen Schatten wirft. Ich sage das mit Bedauern. Denn wir Grüne ziehen aus der Studie die Konsequenz, dass es einen verbindlichen bundesweiten Rahmen braucht, um die Chancengleichheit zu wahren.
Wir stimmen mit der Studie überein, dass eine entscheidende Aufgabe eben nicht nur der Eltern, sondern auch der öffentlichen Hand ist, für Chancengleichheit, Bildung, Erziehung und Betreuung von sehr jungen Kindern zu sorgen. Diese Verantwortung - das hat die Bundesregierung deutlich gemacht - beginnt schon bei den Kindern unter drei Jahren. Von der Kommission ist auch festgestellt worden - darin stimmen wir mit ihr überein -, dass offensichtlich eine nachsteuernde Bundesgesetzgebung notwendig gewesen ist - schlicht, weil die Kommunen es versäumen, ihre Aufgaben wahrzunehmen.
Insofern fühlen wir uns durch die Studie darin bestärkt, dass die Elementarpädagogik als Fach endlich auch in Deutschland an Hochschulen einzurichten ist. Es ist schon merkwürdig, dass ein so wichtiger Gegenstand, wie die Kinder lernen und wie man sie dabei unterstützen kann, hier in Deutschland keiner wissenschaftlichen Erforschung und ständigen Erprobungen von neuen Praxismodellen wert ist. Wir müssen immer wieder nach München zu Herrn Fthenakis gucken, um wirklich gute wissenschaftliche und praxisorientierte Beobachtungen und Erforschungen zu erfahren. Es ist doch eigentlich ein bisschen merkwürdig, dass wir hier nicht auf mehr Kompetenzen überall zurückgreifen können.
Die Studie stellt auch fest - hier fühlen wir uns ebenfalls bestätigt -, dass Kinder mit Migrationshintergrund, aber auch Kinder mit Handicaps in den Kindertagesstätten nicht überall angemessen integriert sind. Hier sehen wir Handlungsbedarf. Hier hat Schleswig-Holstein viele Schritte nach vorn gemacht. Aber gerade aufgrund des Finanzdrucks in den Kommunen droht, das Erreichte gefährdet zu werden.
Deshalb haben wir gesagt: Hier müssen wir Weichen stellen. Unser Fazit. - Alle anderen haben überzogen. Ich erlaube mir auch noch eine Minute.
- Ich habe das verfolgt. Sie haben das auch zugegeben.
Für Kinder muss der Besuch in der Kindertagesstätte ebenso selbstverständlich und verbindlich sein wie der Schulbesuch. Den Einstieg hierzu sehen wir in einem kostenlosen Kindertagesstättenjahr für alle 5Jährigen.
Kinder brauchen Kindersprachförderung. In dem letzten Jahr vor der Schule ist sie besonders notwendig. Ich freue mich, wenn uns die CDU mit ihren Ausführungen dann folgt.
Kindergärten sind aber keine Schulen. Im Gegenteil. Schulen können von vielen guten Kindergärten lernen. Darauf hat die Ministerin für Bildung aufmerksam gemacht.
Schule und Kindergärten brauchen die Kooperation auf gleicher Augenhöhe.
Auch in Schleswig-Holstein müssen wir das Angebot für Kinder unter drei Jahren aufstocken. Hier müssen wir flexibel vorgehen. Da folge ich der Opposition. Das heißt aber nicht das Billigmodell für Tagesmütter, sondern das heißt, Kinderkrippen und Tagesmütter müssen zusammenarbeiten und auch Tagesmütter brauchen eine Qualifikation und
angemessene Bezahlung.
Schließlich unterstützen wir den Einstieg in die Elementarpädagogik. Wir glauben, dass insbesondere die pädagogischen Leitungskräfte berufsbegleitend eine Hochschulqualifikation beginnen können. Selbstverständlich ist dazu die Erfahrung der Fachhochschulen zu integrieren.
Der Landtag hatte dies gefordert. Einige von uns haben sich aber auch geärgert, dass es immer noch ein Hintertürchen für die Zigarettenindustrie gibt, nämlich das Aufstellen von Automaten, die man mit Chipkarten bedient.
Aber immerhin: Wer als Veranstalter unter 16-Jährigen das Rauchen gestattet, hat Bußgeld zu zahlen.
Was dies für die Praxis bedeutet, erläutert die 2003 vom Bundesfamilienministerium veröffentlichte Broschüre, in der auf Seite 26 ausgeführt wird, dass sich das Verbot
„nicht nur an Gewerbetreibende, sondern auch an Eltern, Erzieher und Lehrer in ihrer Verantwortung für Jugendliche richtet, die nicht veranlassen oder fördern dürfen, dass unter sechzehnjährige Mädchen oder Jungen in der Öffentlichkeit rauchen. Ein Veranlassen oder Fördern sei auch die Duldung durch aufsichtspflichtige Personen. Das Rauchverbot für noch nicht 16-Jährige gilt auch in Schulen, Einrichtungen der Jugendarbeit und Krankenhäusern, auch in dortigen Raucherzimmern, soweit sie öffentlich zugänglich sind.“
Das ist eindeutig. Die Schule hat durch das Jugendschutzgesetz einen klaren Präventions- und Interventionsauftrag, zumindest für die unter 16-Jährigen.
Dies habe ich in den vergangenen Debatten für meine Fraktion, wenn auch nicht mit diesem Zitat, wiederholt hier an diesem Pult ausgeführt.
Unterstrichen wird der Auftrag der Schulen, dem Suchtverhalten auch anderer Art als dem Rauchen vorzubeugen, durch einen Erlass des schleswigholsteinischen Bildungsministeriums seit Anfang der 90er-Jahre.
Aus diesem Grund haben wir Grünen bisher keine Veranlassung gesehen, einen zusätzlichen Erlass für die Schulen zu formulieren. Gerade angesichts der immer jüngeren Erstraucherinnen und Erstraucher, vor allem an Hauptschulen, sahen und sehen wir aber die Notwendigkeit, die bisherigen Kampagnen und Projekte gerade an diesen Schulen zu verstärken. Die Koordinierungsstelle für Schulische Suchtvorbeugung, KOSS, und auch das IFT, das Institut für Therapie und Gesundheitsforschung des Bundes hier in Kiel, haben mit ihrem Programm „Gläserne Schule“ oder der Kampagne „Be smart - don’t start“ hierzu hervorragende, bundesweit beachtete Konzepte geliefert und jährlich Hunderte von Schulklassen in
Schleswig-Holstein auch erreicht und Multiplikatoren fortgebildet.
Funktionieren wird die rauchfreie Schule nur, wenn es gelingt, über solche Aktivitäten alle Beteiligten vom Leitbild der rauchfreien Schule zu überzeugen, sodass sie auch persönlich mitwirken. Darauf hat uns zum Beispiel jüngst die GEW hingewiesen, die sich von einem neuen Erlass keine Verhaltensänderung verspricht.
Auch wir Grünen sind inzwischen durchaus dafür bekannt, dass wir uns gegen eine Überregulierung der Schule von oben wenden. Warum plädieren wir nun trotzdem, anders als bisher, für einen neuerlichen ministeriellen Erlass zum Leitbild „Rauchfreie Schule“?
Die öffentliche Diskussion der letzten Wochen zu diesem Thema hat uns gezeigt - das zeigen im Übrigen auch die Zitate von Herrn Dr. Klug -, dass Jugendschutz und Schule immer noch zwei Welten sind. Leider gibt es offenbar an Schulen immer noch zu viele pädagogische Kräfte, die sich für dieses Thema nicht zuständig fühlen, die glauben, ihre Aufgabe erschöpfe sich in Fachunterricht, die ihre Mitverantwortung für die Erziehung der Kinder und Jugendlichen ausblenden, die offenbar auch Jugendschutzreformen nicht zur Kenntnis nehmen.
Die Frage: „Was soll ich denn machen?“, die hier vorhin anklang, könnte ich genauso in anderen Fällen stellen. Was soll ich denn machen, wenn ein Schüler eine Schülerin verprügelt? Was soll ich denn machen, wenn es an meiner Schule zu Brandstiftung kommt? In jedem Fall wird es ein Verhaltensrepertoire geben. Dass der Schulverweis nicht die Lösung ist, ist ja wohl überdeutlich. Gerade die Schülerinnen und Schüler, die an der Hauptschule besonders schnell zur Zigarette greifen, sind auch diejenigen, die häufig andere schulische Probleme haben, und bei denen man als allererstes dem Schuleschwänzen vorbeugen und nicht den Weg in die Schulabsenz ebnen sollte. Das wäre geradezu eine Einladung zur Suchtkarriere.
Insofern teilen wir auch nicht die Drohgebärde anderer Bundesländer, von der zum Teil auch in den Medien berichtet wurde, dass dies die Lösung zur Durchführung eines Rauchverbots an den Schulen ist.
Ein Erlass zur rauchfreien Schule sollte vielmehr dazu auffordern, sich immer wieder dem Faktischen, vor allem aber auch heimlichem Rauchverhalten von Kindern und Erwachsenen an der Schule ehrlich und
aktiv zu stellen und alle dafür zu gewinnen, dass sie nicht rauchen.
Ich glaube, in diesem Sinne haben Herr Eichstädt und ich uns sehr gut verstanden, und in diesem Sinne könnten wir auch einem Erlass folgen. Ich hoffe, wir finden hierfür mehr Zustimmung als bisher.
Ich hoffe, Frau Tengler, dass Sie mit dieser Lösung zufrieden sind. Es kommt darauf an, dass sich Persönlichkeiten tatsächlich aktiv für die rauchfreie Schule stark machen. Das ist - das ist immer noch meine Überzeugung - wichtiger als bedrucktes Papier.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Dr. Klug, Ihr Manuskript liegt noch hier.
Ich möchte von meiner Seite zur Stärkung der Mitwirkungsrechte von Elternvertretungen in Kindertagesstätten nicht diesem Manuskript folgen, sondern meinem eigenen Gedankenduktus. Da steht ganz oben an: Auch die Kommunen müssen Eltern im Kindertagesstättenbereich mehr Rechte einräumen. Das ist unser gemeinsames Anliegen. Natürlich wollen wir diese Rechte auch auf Landesebene. Hier haben wir mit einem guten Schritt schon gezeigt, wie ernst wir es meinen: Seit etwa einem Jahr ist in der Runde, in der über Kostenfragen und die Bildungsleitlinien entschieden wird, nicht nur der Kreis der Wohlfahrtsverbände und der Kommunen beisammen, sondern auf ausdrückliche Einladung des Bildungsministeriums eben auch der Landeselternvertreter. Das ist gut so, das sollten wir gesetzlich entsprechend untermauern. Berlin und Hamburg haben beispielsweise eine entsprechende gesetzliche Verankerung der Elternvertretung.
Nun kam hier das Argument, unser Verhalten folge nur Parteitaktik. Herr Dr. Klug. Über die Verfassung haben wir im Gegensatz zu diesem Thema in dieser Legislaturperiode mit Anhörungen ausführlich beraten und intensiv diskutiert, sodass wohl jeder und jede hier im Saal ziemlich genau weiß, wenn die Abstimmung freigegeben wird, wie jeder abstimmen wird und warum. Das ist bei diesem heutigen Gesetz allerdings nicht der Fall. Wir haben die Kommunen nicht angehört, wir haben die Elternvertretungen nicht angehört und wir haben auch die Wohlfahrtsverbände
nicht gesprochen. Es gibt da aber schon ein paar Dinge, die zu klären sind.
Wir haben zum Beispiel gemerkt, dass es gar nicht so unwichtig ist, ob wir sagen: Jedes Elternpaar hat eine Stimme oder jeder Elternteil hat für sich eine Stimme. Das haben uns die Alleinerziehenden vermittelt, dass diese Frage im Schulbereich durchaus eine Rolle spielt und dass wir hier noch einmal das Schulgesetz zukünftig ändern müssen. So eine Genauigkeit wollen wir auch bei diesem vorliegenden Gesetz walten lassen. Wir müssen gucken, dass es wirklich gerecht zugeht.
Außerdem geht es um die Frage der Ansiedlung der Elternvertretung: Wo sollen die Rechte zum Tragen kommen? Vor Ort im Jugendhilfeausschuss, auf Landesebene im Jugendhilfeausschuss und, da ja nun der Bildungsauftrag gestärkt worden ist, sicher auch dort, wo im Bildungsbereich entschieden wird. Da stellt sich die Frage: Gleichstellung mit den Elternvertretungen der Schulen oder darüber hinaus auch noch Rechte im Jugendhilfebereich, der ja nach einem ganz anderen gesetzlichen Modus funktioniert?
Wir haben ein Interesse daran, dass dieses Thema direkt nach der Wahl aufgegriffen und entschieden, nicht etwa ausgesessen wird. Denn was im Landkreis Segeberg passiert ist, dass einer allein erziehenden Mutter mit geringem Einkommen 120 € Gebühren für den Kindertagesstättenbesuch abverlangt werden und sie ihr Kind deshalb jetzt, wenige Monate vor dem Schuleintritt aus der Kindestagesstätte wieder abmeldet, hätte bei einer funktionierenden und gesetzlich verankerten Elternmitvertretung in Bad Segeberg zumindest nicht einfach verfügt werden können. Ein entsprechender Beschluss hätte entsprechende Ausschüsse passieren müssen und es hätte auch die örtliche Elternvertretung dazu gehört werden müssen. Ich weiß, dass das allein eine Landratswillkür nicht aushebeln kann, aber es wäre eine Möglichkeit gewesen, ein solches Thema überhaupt einem örtlichen Diskurs zuzuführen.
Es geht uns ja immer auch um Transparenz und Öffentlichkeit sowie die Möglichkeit, viele Eltern an so wichtigen Fragen zu beteiligen.
Insofern unterstützen wir das Anliegen, das - glaube ich - vom ganzen Haus geteilt wird. Trotzdem müssen wir Sorgfalt in der Beratung walten lassen. Wir sehen uns nach der Wahl hoffentlich in größerer Stärke seitens unserer Fraktion hier wieder.
Dann werden wir dieses Gesetz mit der notwendigen Eile, aber auch mit der notwendigen Sorgfalt beraten.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! An diesem schönen, friedlichen Morgen möchte natürlich auch ich kein Wasser in den Wein gießen. Ganz im Gegenteil! In den Auseinandersetzungen um die Qualität der Kindertagesstätten ist die Organisationskraft der Eltern landesweit gewachsen. Das freut uns. Seit einiger Zeit gibt es eine stabile Elternvertretung auf Landesebene. Wir haben uns dafür eingesetzt, dass diese in der Arbeitsgruppe der Landesregierung zur Qualitätsentwicklung der Kindertagesstätten gleichberechtigt mit den anderen Kostenträgern entscheidet.
Inzwischen liegen auch schon Bildungsempfehlungen vor. Wir dürfen auf die Untersuchungen bezüglich der Kostenentwicklung in den Kreisen und der Kostenverteilung unter den Kostenträgern gespannt sein. Hier wird uns demnächst sicherlich eine Botschaft erreichen. Das ist für die Entscheidungsfindung betreffend Kindertagesstättengesetz - diese Entschei
dung steht im nächsten Jahr an - nicht unerheblich. Der vorliegende Gesetzentwurf wurde eingebracht, bevor die große, schon geplante Kindertagesstättennovelle vorgelegt wird. In Letztere hätten zumindest wir auch eine entsprechende Regelung aufgenommen. Sie von der FDP kommen uns nun zuvor.
Es ist aber natürlich auch konsequent,
nicht lange zuzuwarten, die rechtliche Verankerung elterlicher Mitwirkung auf Landesebene und die Stärkung der Elternrechte vor Ort voranzutreiben. Herr Klug, ich kann verstehen, was Sie dazu motiviert hat.
In vielen Kreisen und Kommunen gibt es ja im Augenblick erbitterte Auseinandersetzungen über Kosten und die Wahrung von Kindertagesstättenstandorten. Wir haben es auf Landesebene eigentlich nicht verstanden, dass die kommunale Autonomie zu dieser Art von Standortdiskussion missbraucht wird. Wir sehen das mit Sorge. Insofern brauchen wir auch starke Elternvertretungen vor Ort. Wir wissen, dass die Eltern in Schleswig-Holstein einen besonders hohen Beitrag zum Funktionieren der Kindertagesstätten leisten. Dies wird deutlich, wenn wir mit anderen Ländern vergleichen. Insofern ist es nur konsequent, dass entsprechende Mitwirkungsrechte beispielsweise im Jugendhilfeausschuss gesetzlich verankert werden.
Der Gesetzentwurf stellt einen pragmatischen Vorschlag dar, die Elternmitwirkung zu stärken. Wir schlagen hierzu eine Anhörung vor. Von unserer Seite aus werden wir uns jedenfalls dafür einsetzen, dass das Anliegen des Gesetzentwurfs bald realisiert wird.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben es mehrfach gehört: Ältere Menschen schätzen Schleswig-Holstein. Schätzen wir aber die Älteren? Die Antwort auf die Große Anfrage der SPD zur Situation älterer Menschen widerlegt mit Zahlen und Argumenten zunächst einmal eine Reihe gängiger Vorurteile gegenüber der alternden Generation.
Zum ersten Vorurteil: Die alternde Gesellschaft ist eine Last für die Wirtschaft. Das ist falsch. Die Tatsache, dass immer mehr Menschen ein längeres Leben überwiegend gesund genießen können, was die Antwort auf die Große Anfrage belegt, ist ein zivilisatorischer Fortschritt. Es ist Glück, nicht gleich nach Abschluss der Berufsphase zu sterben, wie das in früheren Jahrzehnten für viele Menschen eher die Regel war. Diese zivilisatorische Errungenschaft wird nur dann zur Last, wenn sich die Gesellschaft - einschließlich Markt und Staat - darauf nicht einstellt. Selbst einfache Fragen und Wünsche zu Lebensstil und Konsumwünschen unterschiedlicher sozialer Gruppen von Senioren sind bisher wenig erforscht. Deshalb war es natürlich auch in Schleswig-Holstein nicht so leicht möglich, Konzepte für neue Produkte, Dienstleistungen und Konsumstile vorzulegen.
Dieser Form der Unterschätzung und Diskriminierung der Älteren gilt es zu begegnen. Es gilt, wie Herr Beran es schon sagte, die Welt vom Handydesign bis hin zum öffentlichen Raum altersgerecht zu
gestalten. Das Alter öffnet vielen zum ersten Mal eine lange Lebensphase, in der man sich - jenseits der Zwänge des Broterwerbs - Dingen intensiv nur aus Freude und Interesse heraus widmen kann. Für viele sind dies auch freiwillige gemeinnützige Tätigkeiten, allerdings oft nicht mehr in der Form des traditionellen Ehrenamtes. Die 68er-Generation und die Feministinnen der 70er-Jahre werden auch das Leben im Alter emanzipieren. Das heißt auch, offensiv mit dem Tabu Alterseinsamkeit umzugehen. Hierzu kann eine statistische Auswertung sicherlich Hinweise liefern, ein Rezept aber, wie die zukünftigen Alten ihr Leben gestalten wollen, ist damit noch nicht aufgeschrieben. Das müssen die Menschen selbst entscheiden. Politik kann hier Hilfestellung geben, aber sie darf keine Vorschriften machen.
Die Ministerpräsidentin hat die politische Dimension der alternden Gesellschaft als Herausforderung angenommen. Deshalb zeichnen der schon vor einiger Zeit erschienene Bericht der Landesregierung zum demographischen Wandel und die Antwort auf die Große Anfrage der SPD ein gutes Bild über die statistischen Grundlagen für die zukünftig über 60-jährigen Menschen.
Ich komme zum zweiten Vorurteil, das durch die Statistik widerlegt wird: Alte Menschen sind arm und liegen dem Staat auf der Tasche. Fakt ist, die hauptsächliche Einkommensquelle der über 65-Jährigen in Schleswig-Holstein ist die Rente. Nur 2,6 % aller über 65-Jährigen stehen ohne Rente und ohne Einkommen da. Dies sind meist Ehefrauen.
Auch das dritte Vorurteil, alte Menschen seien reich und würden nichts abgeben, stimmt nicht. Knapp 20 % der über 65-Jährigen haben in SchleswigHolstein ein Einkommen von weniger als 500 Euro im Monat. Dies muss bedenklich stimmen. Die Forschung darüber, welchen Anteil ihres Einkommens die wohlhabenden älteren Menschen in Geschenke und Unterstützung an ihre erwachsenen Kinder und Enkel investieren, steckt noch in den Anfängen. Es gibt viele Anzeichen dafür, dass dies ein erheblicher ökonomischer Beitrag ist, der entsprechende volkswirtschaftliche Impulse auslöst. Auch hierzu Genaueres zu wissen, wäre interessant, wenn man Zukunft gestalten will. Die Forschung hierzu ist aber - wie gesagt - bundesweit noch kümmerlich. Wir müssen hier alle Länder in die Pflicht nehmen.
Zum vierten Vorurteil: Am gefährlichsten ist es, wenn ältere Menschen sich allein auf der Straße bewegen. Das ist ganz falsch. Es gibt zwar eine etwas höhere Zahl an Verkehrsopfern in dieser Bevölkerungsgruppe, aber alte Menschen „bauen“ statistisch gesehen die wenigstens Autounfälle, wenn sie am Steuer sit
zen. Die Gewaltdelikte in der Öffentlichkeit gegen ältere Menschen sind viel geringer als die Delikte gegen junge Männer und Frauen. Allerdings sind ältere Menschen - insbesondere hoch betagte - gefährdet, Trickbetrügereien am Telefon oder Gewalt in der Pflege zum Opfer zu fallen. Hier gibt es eine hohe Dunkelziffer. Insgesamt haben alte Menschen mehr Angst vor Gewalt. Deshalb ist es gut, dass Schleswig-Holstein dieser Angst und auch dem Wunsch, sich sicherer zu bewegen, mit den Konzepten der kriminalpräventiven Räte begegnet ist. Es ist auch gut, dass sich in der Pflege viel getan hat. Darauf komme ich noch.
Die Landesregierung und der Landtag haben sich früher als andere darauf eingestellt, dass SchleswigHolstein im wahrsten Sinne des Wortes altert. Die Landesregierung verstärkt deshalb bewusst die Infrastrukturangebote für ältere Menschen. Dies gilt insbesondere für den gesundheitlichen Bereich und für den Bereich der Wohnungsbauförderung.
Geriatrie ist das Thema von Aus- und Fortbildungen in den medizinischen Berufen. Ein geriatrisches Versorgungsnetz wird aufgebaut. Hier wollen wir noch mehr erreichen. Wir sollten im Ausschuss darüber sprechen, wie weit wir gekommen sind und was die nächsten Schritte sind.
Schleswig-Holstein hat als erstes Bundesland alle stationären Pflegeeinrichtungen durchforstet, Pflegenottelefone und Pflegeberatungen aufgebaut. Die Zahlen zur Heimdauer, die Frau Kleiner genannt hat, stimmen auch mich nachdenklich. Hier sollten wir überlegen, wie wir handeln. Das ist aber keine Frage von Schuldzuweisungen, sondern eine Frage des Ergreifens der nächsten Schritte. Auch hierzu hat die Landesregierung Vorschläge gemacht.
Im Kultur- und Weiterbildungsangebot, aber vor allem auch im Wohnungswesen beginnen sich viele Akteure auf die ältere Generation einzustimmen. Schleswig-Holstein hat im Vergleich zum Bundesdurchschnitt fast doppelt so viele Servicewohnanlagen für ältere Menschen. Zum barrierefreien Bauen verpflichtet bekanntlich das Landesgleichstellungsgesetz. Seit wenigen Wochen bietet die Wohnungsbauförderung der Landesregierung Unterstützung für neue Wohnformen, die Pflegewohngemeinschaften leichter ermöglichen und auch die Gründung von Kleingenossenschaften ermöglichen. Die Landesregierung kommt damit wiederholten Forderungen des Altenparlaments nach.
Natürlich gibt es auf diesem Sektor noch reichlich zu tun, aber das ist nicht nur eine Frage der Landesregierung, sondern auch eine Frage vieler gesellschaftlicher Akteure.
Erstens: Der Verbraucherschutz und das Tourismusangebot für ältere Menschen müssen differenziert ausgebaut werden. Verheerende Noten haben beispielsweise verschiedene Automaten des öffentlichen Nahverkehrs und der Banken von der alten Generation erhalten. Mehr Servicequalität ist gefragt. Ein Fahrplan für ganz Schleswig-Holstein ist dazu ein Beitrag, für den wir Grünen uns stark machen.
Das Altenparlament fordert, dass Tourismusangebote gezielter für ältere Menschen gestaltet werden und dass insbesondere auch pflegebedürftige Menschen die Chance haben, als Konsumenten und Touristen möglichst ohne fremde Hilfe zurechtzukommen. Hierzu sei in Schleswig-Holstein auch die Wissenschaft gefordert. Ich habe mich deshalb, wie es das Altenparlament vorgeschlagen hat, mit einer entsprechenden Anregung, Forschung und Lehre hierauf auszurichten, an den neuen Fachbereich Touristik an der Fachhochschule Heide gewandt.
Zweitens: Diagnose, Behandlung und pflegerischen Versorgung von Menschen mit Demenzerkrankungen. Hier muss es dringend radikale Verbesserungen geben. Diese Erkrankung trifft inzwischen schon fast 9 % der über 65-Jährigen. Hierbei fällt besonders negativ ins Gewicht, dass nur 20 % der Pflegebedürftigen insgesamt zu Hause von ambulanten Pflegediensten versorgt werden. Offenbar sind die Konditionen für den ambulanten Pflegesektor seitens der Pflegekassen immer noch so schlecht, dass sich nur zögernd Alternativen zum Heim etablieren. Ich werbe hiermit bekanntlich besonders für Wohngemeinschaften mit intensiver Pflege, wie sie sich in der Metropole Berlin und neuerdings auch in Hamburg etabliert haben. Auch hier gibt es erste Träger, die hierzu Angebote planen. Ich kann an dieser Stelle nur an die Pflegeklassen appellieren, diese Formen zu fördern und nicht zu blockieren.
- Es gibt sie schon, aber es sind noch zögerliche Anfänge, es müssen mehr werden. Aus Gesprächen weiß ich, dass das ein schwieriges Thema mit den Pflegekassen ist. Investiv wird gern gefördert, aber wenn es um die Pflegesätze geht, wird das Thema schwierig.
Das Thema Hospizversorgung sehe ich ähnlich kritisch wie die Vertreterin der Opposition, Frau Kleiner. Wir können uns mit 49 Plätzen zwar schon sehen lassen, aber ich glaube, es werden in Zukunft nicht genug sein. Ob es 100 oder 125 sein werden, ist schwierig abzuschätzen. Dass hier ein Ausbau in allen Regionen des Landes gefragt ist, darüber dürfte kein Zweifel bestehen.
Ich komme zu einem dritten Punkt: Wir müssen im öffentlichen Bewusstsein noch klarer verankern, dass auch Migrantinnen und Migranten alt werden. Die Landesregierung hat mit den Wohlfahrtsverbänden zwar schon wiederholt zu den sich daraus ergebenden Fragestellungen Fortbildungen organisiert. Dennoch finden viele Migrantenfamilien bisher noch weniger als andere Unterstützung für die Probleme, die sich aus der Pflege hoch betagter Angehöriger ergeben.
Hier sind wiederum nicht nur Einzelne in der Regierung gefordert, sondern Verbände, Vereine, die kommunalen Verwaltungen, die Ärzteschaft, die Krankenhäuser.
Trotz all dieser noch zu beackernden Handlungsfelder ziehen ältere Menschen gern nach Schleswig-Holstein und dies in wachsender Zahl. Das zeigt: Reife Menschen schätzen das Potenzial an Natur, Kultur und medizinischer Versorgung unseres Landes. Sie nutzen die Fußläufigkeit beispielsweise in meiner Wahlheimat Lübeck oder in Travemünde. In eines wollen sie keineswegs abgeschoben werden: ins Getto. Sie vertrauen darauf, in Schleswig-Holstein im Alter gut leben zu können. Herr Beran hat das anschaulich dokumentiert.
Diese Wertschätzung unseres Landes durch die ältere Generation sollte für die Verantwortlichen in Wirtschaft, Kultur, öffentlichem Leben und Politik Ansporn sein, auf vielfältige und bestmögliche Weise den Bedürfnissen der älteren Generation Rechnung zu tragen. Diese Bedürfnisse werden genau wie die Bedürfnisse anderer Generationen je nach sozialer Gruppe sehr verschieden sein. Hier ist eine konzertrierte Aktion gefragt mit ähnlicher gesellschaftlicher Dimension wie bei der anstehenden Schulreform.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen, insbesondere meine Herren von der Opposition! So geht es natürlich nicht. Sie heben in Ihrem Gesetzentwurf schon jetzt das Durchschnittsgehalt, auf dessen Grundlage die Leistungszulagen erst zu berechnen sind, schon einmal
kräftig an. Sie versprechen mal wieder mehr Geld, ohne zu sagen, woher es kommen soll.
Der Finanzminister wird dazu noch das Nötige sagen können.
Ich möchte eindeutig den Vorwurf, in SchleswigHolstein käme es durch die Durchschnittsberechnung der Professorengehälter zu einer Benachteiligung zurückweisen. Nachdem Sie, Herr Dr. Klug, zum ersten Mal dieses Argument eingebracht hatten, hat uns Herr Körner in einem sehr deutlichen Vermerk nachgerechnet und vorgestellt, wie es sich wirklich verhält, und auch gezeigt, dass Ihre Vorwürfe so nicht zutreffen.
Wenn Sie den Länderwettbewerb hochhalten - das kommt ja vor allem von Ihrer Seite -, gibt es immer die Situation, dass es Länder gibt, die beispielsweise aufgrund von gewachsener Tradition mit Forschungseinrichtungen des Bundes gesegnet sind, was nicht unbedingt etwas mit der aktuellen Regierungsleistung zu tun hat, und andere, bei denen das weniger der Fall ist. Natürlich gibt es dann Gewinner und Verlierer. Wenn Sie diesen Wettbewerb als Nonplusultra der Bildungspolitik gerade im Hochschulbereich hochhalten, müssen Sie sich auch auf die Konsequenzen einstellen. Es kann nicht jeder der Erste sein. Wer A sagt, muss auch B sagen.
Wir finden, dass eine ausgleichende Gerechtigkeit durch einheitliche Rahmenvorgaben des Bundes für Wissenschaft und Forschung durchaus wohltun könnte. Auch wir sind natürlich nicht daran interessiert, dass gute Leute nicht mehr nach Schleswig-Holstein kommen. Aber - wie schon gesagt - es lohnt sich gar nicht, sich noch länger mit Ihren Vorwürfen auseinander zu setzen; sie sind einfach nicht stichhaltig und sie sind in sich inkonsequent.
Wir machen Ernst mit dem Leistungsprinzip bei den Professorengehältern. Das neue Besoldungsgesetz sieht ein differenziertes System von Leistungen und Zulagen vor. Grundlage dafür ist eine Evaluation von Forschung und Lehre. Und insbesondere bei der Letzteren, bei der Lehre, gibt es noch erheblichen Entwicklungsbedarf, was die Evaluation betrifft. Wir sind da mit der Landesregierung im Dialog, denn wir möchten, dass nicht nur immer die wenigen Drittmittelinstitute von dem neuen System profitieren, sondern wir möchten, dass tatsächlich auch die Lehre gewürdigt wird. Immerhin ist das eine der Hauptaufgaben der Hochschulen.
Uns kommt es darauf an, dass die Leistungszulagen nach einem transparenten System vergeben und dokumentiert werden. Deswegen haben wir als Regierungsfraktion dies ausdrücklich im Gesetz festgehalten. Das hat einen Hintergrund. Es ist bekannt, dass beispielsweise nach wie vor Frauen auf den ungesicherteren Stellen sind und natürlich dann auch eher auf den Stellen, die gar nicht erst in den Genuss und in die Nähe von Leistungszulagen kommen, weil sie vom System her dazu gar nicht vorgesehen sind. Wenn wir das ändern wollen, müssen wir immer wieder dokumentieren. Wir müssen dokumentieren, aufgrund welcher Kriterien jemand eine Leistungszulage bekommt, aufgrund welcher Kriterien er oder sie berufen wird. Es soll rechtzeitig gegengesteuert werden, damit Leistungszulagen, die nur für Ruf- und Bleibeverhandlungen verwendet werden, ohne dass eine sichtbare Qualitätssteigerung erfolgt, ausgeschlossen sind.
Wir kennen doch das System: Der eine gibt dem anderen einen Ruf, der andere gibt dem einen Ruf, beide führen Bleibeverhandlungen - der eine in München, der andere in Kiel. Beide haben hinterher mehr Geld und müssen weniger tun und organisieren sich den nächsten Ruf. Das ist nicht leistungsgerecht, das ist einfach nur eine „Seilschaft“. Dagegen gilt es vorzugehen.
Das kann man nur mit Transparenz und Nachvollziehbarkeit in den Gremien der Hochschulen, aber auch gegenüber der Öffentlichkeit. Insofern - so denke ich - braucht hier niemand vor Transparenz Angst zu haben, der tatsächlich an Leistung interessiert ist.
Wir haben - darauf hat der Kollege Weber hingewiesen - außerdem im Gesetz für die Fachhochschulen eine angemessene Übergangsregelung geschaffen. Die Details sind hier schon erklärt worden. Danach können jetzt tätige Professorinnen und Professoren auch nach dem neuen System einen Aufstieg schaffen, der ihnen nach dem alten System avisiert war. Insgesamt ist es auch den Fachhochschulen möglich, attraktive W 3-Stellen in ausreichender Zahl auszuweisen.
Nun kann man sagen, dies hätte man alles der Hochschulautonomie überlassen sollen. Aber ich kann nur sagen, aufgrund der dringenden Bitten der Hochschulen, hier Vorgaben zu machen, und der eigenen Vorschläge, die gekommen sind, aufgrund der Tatsache, dass wir uns in vielem noch im Übergang befinden, was die Autonomie betrifft, gilt es hier behutsam vorzugehen. Es mag sein, dass wir in fünf Jahren das Gesetz ändern und dann viel mehr Autonomie zulas
sen können. Aber der Vorschlag von der Opposition zeigt ja, dass daran gar kein Interesse besteht. Es ging einfach nur generell um das Versprechen: Wir geben euch mehr Geld. Das ist uns einfach zu billig.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich bin meinen Vorrednerinnen und Vorrednern dankbar, dass sie noch einmal den Blick in die anderen Bundesländer gelenkt haben. Denn unser Bildungsprovinzialismus - wenn ich das einmal so deuten darf - verhindert oft, dass wir sehen, was wenige hundert Kilometer von uns entfernt passiert. Es ist in der Tat bemerkenswert, dass einerseits bedauerlicherweise die neuen Bundesländer sehr vorschnell unser dreigegliedertes Schulsystem übernommen haben, andererseits aber doch nicht vollständig. Das haben die Ausführungen der Kollegen Weber und Höppner deutlich gemacht. Ich frage mich, wie Sie
von der CDU mit Ihren Beiträgen im Landtag von Thüringen, Mecklenburg-Vorpommern oder Sachsen ankämen. Ich glaube, die Kollegen würden Sie überhaupt nicht verstehen. Deswegen haben Sie auch betreten geschwiegen, als diese Beispiele vorgetragen wurden.
Ich will trotzdem nicht sagen, dass wir uns mit dem zufrieden geben können, was wir in anderen CDUregierten Ländern vorfinden. Sehen wir uns einmal das viel zitierte Bayern an. In einer Analyse von Thomas Hinz, Frithjof Zerger und Jochen Groß wird das bayerische Ergebnis eingehend mit Statistiken belegt und nach PISA vertiefend ausgewertet. Man kommt zu dem Schluss, dass sich Bayern im Hinblick auf den Schulbesuch durch eine frühe Selektion im dreigliedrigen Schulsystem auszeichnet. Durchlässigkeit besteht im bayerischen Schulsystem nach unten. Der Schulbesuch verlagert sich von der 7. bis zur 9. Klasse zulasten der Gymnasien. Dies galt vor sechs Jahren und gilt auch heute noch. Früh verfehlte Chancen können kaum mehr wettgemacht werden. Es wird nachgewiesen, dass weit oberhalb des Bundesdurchschnitts gerade bei Mädchen und Jungen, deren Vater ohne Schulabschluss ist, auch die jeweiligen Söhne und Töchter - mehr als im Bundesdurchschnitt - in Bayern keinen Schulabschluss erreichen. Das spricht für sich. Diese Zementierung wollen wir nicht fortschreiben.
Wir können nicht sagen, dass unsere Schulergebnisse besser sind als die von Bayern. Aber wir sollten uns daran nicht ein Beispiel nehmen, sondern uns die Frage stellen - die stellt sich Rot-Grün -: Wie kommen wir zu besseren Ergebnissen? Diese Frage scheinen Sie nicht beantworten zu wollen.
Ich freue mich, dass Sie immerhin in den Dingen, die wir in dieser Legislaturperiode angeschoben haben, nämlich Zusammenarbeit von Jugendhilfe und Schule, mehr Interesse und Aufmerksamkeit für den Bildungsauftrag in Kindergärten, mehr Investitionen, mehr Aufmerksamkeit, mehr Wertschätzung der Grundschule, insbesondere im Bereich der Ganztagsschule, einen Schritt nach vorn gemacht haben. Ohne unsere Anstöße wäre das hier im Parlament überhaupt nicht Thema geworden.
PISA hat uns Rückenwind gegeben. Bedauerlicherweise bedurfte es einer solchen internationalen Inspektion, bis man in Deutschland den Argumenten, die wir schon vor 20 Jahren vorgebracht haben, endlich Glauben schenkt.
Anstatt an dieser Stelle zu den ideologischen Grabenkämpfen der 70er-Jahre zurückzukehren und die Argumente von Ihrer Seite, die schon damals falsch waren, einfach nur zu wiederholen, gilt es nach vorn zu gucken und uns an denen zu orientieren,
die in den 70er-Jahren gelernt haben, die nicht nur eine Aussage hinsichtlich ihrer eigenen Schulbilanz gemacht haben, sondern Schritte nach vorn gemacht haben. - Ich sehe hier nur ein Blinken. Die Redezeit war hier überhaupt nicht eingeteilt.
Es blinkt hier schon seit einiger Zeit; es hat schon geblinkt, als ich begonnen habe. Das zur Technik hier.
Ich bin mit meinem Beitrag aber auch zu Ende. Ich möchte an dieser Stelle nur darauf hinweisen, dass unsere Rechnungen ergeben haben, dass etwa ein Fünftel an Potenzial aufgrund der Demographie und aufgrund der Umorganisation, die wir vorgeschlagen haben, im Schulwesen frei wird, um es für die Förderaufgaben und die Verlagerung in die ersten Lebensjahre zur Verfügung zu stellen, wo es Not tut.
Ich möchte von Ihrer Seite, von der CDU, endlich einmal einen Beweis haben, wie Sie Ihr Konzept finanzieren wollen, wie Sie Ihre Stellen finanzieren wollen. Diesen Beweis sind Sie uns bisher schuldig geblieben.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die CDU ist ja manchmal für Überraschungen gut. Ich kann zusammenfassend sagen: Ihr striktes Rauchverbot, mit dem Sie sich im Vorfeld zur Landtagstagung in den Medien bemerkbar gemacht haben, hat sich mit diesem Dreizeiler, den Sie uns vorlegen, offenbar in Rauch aufgelöst.
- „Heiße Luft“ kommt hier als Stichwort von Herrn Astrup.
Das Thema ist zu ernst, um es bei diesem Kalauer zu belassen. Ich wundere mich schon über die merkwürdige Wandlung des Antrages und die entsprechende Medienarbeit. Offenbar gibt es auch in Ihrer Fraktion mehrere Meinungen dazu.
Aber das Thema ist ernst. Insofern nützt es nichts, hier nur bei oberflächlichen Betrachtungen zu bleiben.
Eine Verstärkung der schon laufenden Kampagnen des Bundes und des Landes begrüßen wir natürlich.
Sie fordern ja eine Kampagne. Wir möchten Sie darauf aufmerksam machen, dass es verschiedene Kampagnen gibt. Das sind keine Eintagsfliegen. - Bitte lassen Sie mich ausreden; es besteht kein Grund zur Aufregung.
Es gibt mehrere Kampagnen. Ich gebe Ihnen Recht, sie müssen verstärkt werden. Denn eines hat die Reaktion auf Ihren Antrag auch mir gezeigt: Die Schulleiterinnen und Schulleiter haben zum Teil nicht so klar wie der Schulleiterverband in seiner Äußerung das Bewusstsein dafür, dass der Jugendschutz Jugendlichen unter 16 Jahren das Rauchen selbstverständlich untersagt und sich das Leitbild der rauchfreien Schule selbstverständlich vom Jugendschutz ableitet, selbst an Schulen wie der Berufsschule, an der kaum mehr 16-Jährige zu finden sind.
Um das gesundheitliche und jugendschutzrechtliche Leitbild zu verstärken, brauchten wir eigentlich keinen Erlass. Offensichtlich sind aber viele Schulleiterinnen und Schulleiter in ihrem eigenen Selbstverständnis nicht so weit, die Konfrontation in dieser
Frage einzugehen, ihre Schulkonferenz zu fordern, sich den Kampagnen anzuschließen. Deswegen haben sich zum Beispiel in Lübeck Eltern bei mir gemeldet und gesagt: Seit Jahren versuchen wir, die Schulleitung dazu zu bringen, dem Leitbild der rauchfreien Schule nachzukommen; sie tut es nicht, es interessiert sie nicht, sie verfolgt andere Schwerpunkte. - Das ist natürlich ein Problem. Da gebe ich Ihnen völlig Recht. Aber glauben Sie, dass wir dieses Problem mit einem Erlass lösen?
Auf der anderen Seite gibt es Schulleiterinnen und Schulleiter, die sagen: Wir finden es Klasse, wenn ein Erlass kommt; dann können wir endlich sagen, das Bildungsministerium befiehlt uns das, und jetzt wird es so gemacht. - Was ist das für ein Verständnis von Schulleitung, was ist das für ein Verständnis von autonomer Schule, wenn es offensichtlich einen Erlass braucht, um das, was in einschlägigen Gesetzen steht, in der eigenen Schule durchzusetzen!
Es geht um das Thema Mündigkeit und es geht um das Thema Motivation. Ein reiner Erlass würde nur dann etwas nützen, wenn Sie neben jeden Schüler und neben jeden Lehrer einen Polizisten stellten.
Es ist ein Unterschied, ob wir uns über einen rauchfreien Bahnhof oder über eine rauchfreie Schule unterhalten, in dem Sinne, wie Sie das fordern.
Der rauchfreie Bahnhof ist in der Realität nicht überall durchgesetzt. Das kann ich als Reisende nur bestätigen.
- Die Aufregung zeigt mir, dass dieses Thema Sie offensichtlich zu reichhaltigen Fantasien motiviert. Hören Sie einmal in Ruhe zu!
Mir ist daran gelegen, dass wir zur rauchfreien Schule kommen, aber mir ist nicht daran gelegen, dies mit unwirksamen Instrumenten zu verhindern.
Erstens ist der rauchfreie Bahnhof noch längst nicht überall Realität, auch wenn die Schilder da stehen.
Zweitens ist ein Bahnhof ein Ort des vorübergehenden Aufenthalts. Die meisten werden sich nicht länger als eine halbe Stunde in einem Bahnhof aufhalten. Die Schule aber ist ein Aufenthaltsort für den ganzen Tag. Dort Rauchfreiheit durchzusetzen - was auch mein Ziel ist -,
bedarf der gemeinsamen Entschlusskraft der Schulkonferenz. Selbst das Einschränken des Rauchens auf bestimmte Räume - wenn es gelingt, dass nur die Erwachsenen in bestimmten Räumen rauchen, ist das schon ein großer Teilerfolg - bedarf in einer mündigen Schule der Einsicht und Zustimmung oder einer absoluten Überwachung und Letzteres können wir nicht sinnvoll wollen. Es geht um den Kampf über die „Meinungshoheit in den Köpfen“. Das ist insoweit durchaus verwandt mit dem Thema, das wir vorher diskutiert haben, mit dem Thema Kopftuch.
Auch dort werden Sie mit einem Verbot das Gegenteil von dem erreichen, was Sie wollen.
Wenn Sie das alles lächerlich finden und denken, mit einem Erlass und einem Verbot könnten Sie Heranwachsende im 21. Jahrhundert zu mündigen Bürgern erziehen, in einer so schwierigen und wichtigen Entscheidungsfrage, was die eigene Gesundheit betrifft, dann irren Sie sich.
Sämtliche Kampagnen der Krankenkassen, sämtliche Handlungsansätze der Prävention setzen nicht mehr auf Verbote und das ist gut so.
- Ich komme zum Ende. - Wenn wir trotzdem an dieser Stelle angesichts der Tabakwerbung, angesichts massiver Gelder, die in die Produktion von Tabakwaren gesteckt werden, noch am Anfang stehen, lassen Sie uns über Verbote nachdenken für Zigarettenautomaten, Zigarettenwerbung und so weiter. Da sind wir gern an Ihrer Seite, aber nicht an dieser Stelle, wo es völlig unsinnig ist und keinen Erfolg bringt.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! In einem stimmen wir wohl überein: Ganztagsschulen in Schleswig-Holstein - ein voller Erfolg. Erst wollte die CDU das Angebot des Bundes, 4 Milliarden € Investitionsförderung der Bundesregierung, im Bundesrat ablehnen. Inzwischen nimmt jedes Bundesland die Zuschüsse gern. Denn die Schulen und Kommunen drängen vor Ort mit Macht auf den Ausbau von Ganztagsschulen. Insofern könnten Sie sich im Land vor Ort mit Ihrer Position, Herr de Jager, nicht blicken lassen.
Man würde Ihnen um die Ohren hauen, wenn Sie das, was losgetreten wurde und von unten wächst, wieder anhalten möchten.
Anfang der Legislaturperiode gab es in SchleswigHolstein 22 so genannte gebundene Ganztagsschulen mit Ganztagsunterricht für alle Schülerinnen und Schüler. Inzwischen gibt es nur eine gebundene Ganztagsschule mehr, aber insgesamt die schon genannten sage und schreibe zusätzlich 134 offenen Ganztagsschulen, in denen die Kinder wenigstens an drei Tagen Mittagessen, Bildungs- und Freizeitangebote erhalten, also insgesamt 157.
Hinzu kommen noch weitere 45 Schulen, die dieses Angebot immerhin an zwei Tagen bereitstellen.
Die 135 Millionen € gehen weg wie warme Semmel. Wir haben jetzt schon Mühe - in diesem Zusammenhang fand ich die Auswahlkriterien der Ministerin sehr einleuchtend -, eine gerechte Verteilung der Restmittel zu organisieren.
Zahlreiche Kooperationsrahmenverträge sind zwischen Land und Anbietern geschlossen worden und auch das Thema „gesundes Mittagessen“ steht vielerorts ganz praktisch auf der Agenda.
Richtig war die vom Landtag eingeforderte Schwerpunktsetzung der Förderung auf Grund-, Haupt- und Gesamtschulen - ich freue mich, dass wir damals einhellig geurteilt haben - und auch die Einforderung einer Schulentwicklungsplanung seitens der Kommunen sowie die Möglichkeit, dass auch freie Schulen von den Angeboten des Landes und des Bundes profitieren.
Die Grafik im Bericht auf Seite 18 belegt eindrucksvoll: Grund- und Hauptschulen machen mehr als ein Drittel der genehmigten offenen Ganztagsschulen aus, aber auch die Sonder- und Förderschulen haben sich einen erheblichen Teil der Mittel ergattert. Das finde ich sehr ermutigend. Trotzdem muss ich darauf drängen, dass wir uns die Möglichkeiten genau anschauen. Denn nach wie vor gibt es Förderschulen, die sagen, dass die Angebote - obwohl sie mehr Geld als andere Schularten bekämen - schwierig zu finanzieren seien.
Wir müssen darauf achten, dass diese Nachmittagsangebote wirklich allen offen stehen und nicht Gebühren unter der Hand die Teilnahme ausschließen. Deshalb begrüßen wir es, dass die Landesregierung eine Beratungs- und Koordinierungsstelle zur Vernetzung und Qualitätssicherung der Ganztagsschulen eine schlanke Infrastruktur auf den Weg bringt, die angesichts des Booms notwendig ist.
Denn - und darin sind wir uns meiner Meinung nach einig - es geht nicht nur um Quantität, sondern um Qualität. Ich freue mich, dass die FDP inzwischen eingesehen hat, dass Lebens- und Lernort die Devi
se sind und dass es nicht darum geht, in kleinlichem Gezänk zu schauen, welche Aufgaben der Kommune und welche dem Land obliegen. Wir müssen vielmehr schauen, wie sich die Entwicklung insgesamt nach vorne vollzieht.
Natürlich muss man sich auch die Finanzen anschauen. Aber das Gesamte immer erst von den Finanzen her aufzuzäumen, heißt, dass wir uns bremsen und dem pädagogischen Elan, der inzwischen im Lande festzustellen ist, nicht Rechnung trügen.
Ich möchte an dieser Stelle stellvertretend für ganz ungewöhnliche und trotzdem ganz alltägliche Beispiele herausgreifen, wie denn auch die Ganztagsschule inzwischen zarte schulartübergreifende Netzwerke gerade in den Regionen, in denen man das gar nicht erwartet, erarbeitet.
Ich nenne beispielhaft das Schulzentrum Rellingen am Hamburger Rand. Das ist ein ganz traditionelles Schulzentrum, wo die bisherigen Schularten nebeneinander bestanden. Diese haben sich nun zusammengetan und über die Zusammenarbeit in der Ganztagsschule wächst mehr, obwohl es noch nicht institutionalisiert ist.
Eine ähnliche, ganz ungewöhnliche Kooperation finden wir bei der Förderschule in Kiel-Ellerbek vor, die mit einem Gymnasium versucht, ein gemeinsames Nachmittagsangebot für die Gymnasiasten und für die Gymnasiastinnen und für die zum Teil sehr schwer behinderten Förderschülerinnen und Förderschüler zu gestalten. Diese Dinge waren so vor wenigen Jahren noch nicht denkbar.
Das bestätigt uns darin, dass das gemeinsame Lernen aller Kinder neun Jahre lang bis zum ersten Schulabschluss das Ziel ist. Über die Ganztagsschule wird es sehr viel einfacher, darüber praktisch zu reden und den Reden auch Taten Folgen zu lassen. Insofern ist Schleswig-Holstein auf dem richtigen Weg. Ich möchte allen danken, die dazu beigetragen haben. Es sind nämlich vor allem die Lehrerinnen und Lehrer, die Eltern und die Schüler und Schülerinnen vor Ort, aber auch pragmatische Kommunalpolitiker, die nicht aufs Parteibuch schauen, sondern wirklich wollen, dass sich etwas bewegt.
Ich hoffe, wir können in der nächsten Legislaturperiode in diesem Tempo fortfahren.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir wollen alle in die Mittagspause, aber das kann man so nicht stehen lassen, Herr Wadephul. Was denn nun? Gerade hat Ihr Kollege de Jager - da waren Sie wohl nicht im Raum - uns erzählt: gebundene Ganztagsschulen und nichts anderes und alles andere sei Kinderverderben, wenn ich das einmal so zusammenfassen darf, und jetzt kommen Sie und machen hie und ho, und man weiss nicht so recht, einerseits Herr de Jager, andererseits Herr Dr. Klug. Sie müssen sich schon entscheiden, für wen Sie da stehen, mehr für die FDP oder mehr für Ihre eigenen Leute.
Wenn Sie jetzt auch noch auf das Erstgeburtsrecht in dieser Frage zu sprechen kommen, ich erinnere mich sehr gut: Ich habe damals als Sie in Ihrer Partei diese Themen ganz vorsichtig diskutiert haben, gesagt, Herr Wadephul: Willkommen im Boot. Ich habe das sehr ernsthaft gesagt, aber Sie haben offenbar nicht mitbekommen, dass wir schon länger in diese Richtung segelten. Sie merken das immer erst, wenn Sie selbst bei diesem Gedanken angekommen sind. Das ist Ihr Problem. Das Land ist längst weiter als Sie. Sie merken es erst, wenn Sie selbst auf eine Idee
kommen, die andere schon auf Plakate geschrieben haben und in die Tat umsetzen.
Insofern können wir ganz getrost sagen: Mit diesem Tempo werden Sie nicht regieren.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Modernes Management und demokratische Selbstverwaltung gehören zusammen. Von diesem Gedanken haben wir uns leiten lassen und nach längerer kontroverser Debatte die vorliegenden Änderungsanträge gemeinsam mit unserem Koalitionspartner formuliert. Mit unseren Änderungsvorschlägen ermöglicht das Gesetz den Hochschulen genau diese moderne Verwaltung mit Zielvereinbarungen und flexiblen Managementstrukturen. Außerdem verpflichtet sich die Landesregierung, einmal in der Legislaturperiode einen Hochschulplan zur Kenntnis zu geben und auch in diesem hohen Hause zu diskutieren. Aus diesem Hochschulplan soll das Forschungs- und Lehrprofil des gesamten Landes ersichtlich werden.
Die Hochschulen sind gut beraten, rechtzeitig für diesen landesweiten Hochschulplan die Entwicklungspläne ihrer jeweiligen Hochschule vorzulegen. Insoweit muss also in den einzelnen Hochschulen überlegt werden: Was ist unser Hochschulprofil? Dann wird dies dem Ministerium vorgelegt, anschließend wird es öffentlich debattiert und auf dieser Grundlage wird das Prozedere der Zielvereinbarung aktualisiert.
Ich denke, dies ist ein Weg, der den Hochschulen tatsächlich zu mehr Autonomie verhilft und sie ande
rerseits dennoch nicht aus der gesellschaftlichen Debatte entlässt. Genau so wollten wir es haben.
Endlich wird mit dem Gesetz auch die neue Klinikstruktur der Unikliniken in Leistungszentren, wie dies in modernen Großkrankenhäusern schon längst üblich ist, gesetzlich verankert. Dies ist wichtig, um Rechtssicherheit zu schaffen.
Das Gesetz beinhaltet außerdem die Umwandlung der Muthesius-Hochschule zur Kunsthochschule. Durch die Einbeziehung der Studierenden in diesen Umwandlungsprozess hat die Hochschulleitung der Muthesius-Hochschule gezeigt, dass für sie Hochschuldemokratie und Qualitätssicherung nicht nur leere Schlagworte sind.
Auch wenn es nicht zum Gesetz gehört, wohl aber zum Handhaben eines Gesetzes, will ich dies auch noch in der Fortsetzung beleuchten. Derzeit laufen die Bewerbungsverfahren für eine Reihe von Kunstprofessuren. Diese Professuren sind zunächst befristet, zum Teil wird sogar von Teilzeitprofessuren ausgegangen. Die Muthesius-Hochschule lässt sich außerdem von einem hochkarätigen internationalen Gremium bei der Personalauswahl beraten. Weil die Hochschule nun auch inhaltlich ein anderes Profil erhält, geht sie diesen Weg. Ich halte das für vorbildlich und finde, solche Beispiele sollten Schule machen. Deswegen werden wir demnächst das dritte und für diese Legislaturperiode letzte gesetzliche Reformpaket für die Hochschulen beraten, das Gesetz über leistungsgerechte Besoldung.
An dieser Stelle möchte ich all jenen danken, die zum bisherigen Gesetzeswerk beigetragen haben. Insbesondere aus den Hochschulen kamen eine Reihe sehr sinnvoller und pragmatischer Ergänzungen, die wir gern aufgenommen haben.
Auf meine Vorredner möchte ich nur ganz kurz und wie folgt eingehen. Wenn der Föderalismus und die Länderhoheit, wie in den letzten Monaten geschehen, dazu missbraucht werden, um im Grunde genommen eine andere Hochschulpolitik mit einem anderen Professorenbild gegen die Modernisierung, gegen die Junior-Professur, mit einem anderen Studierendenbild, gegen den demokratischen Zugang zu den Hochschulen für alle zu propagieren, und wenn dabei in Kauf genommen wird, dass Deutschland unter Umständen in eine vorbismarcksche Situation zurückfällt, in der in dem einen Bundesland nicht mehr anerkannt wird, was in einem anderen gang und gäbe ist, so ist das das Austragen eines Konflikts auf dem Rücken von Wissenschaft und Forschung und insbesondere auf dem Rücken von Studierenden.
Ich denke, wir sollten uns ohne die Föderalismusdebatte vorwegzunehmen, die uns in diesen Tagen auch noch ins Haus steht, insoweit einig sein, dass Lehre, Forschung und Studierende gemeinsame bundesweite Rahmenbedingungen brauchen. Innerhalb dieser Rahmenbedingungen kann dann jedes Bundesland sein eigenes Profil haben und kann auch die jeweilige Hochschule innerhalb eines jeden Bundeslandes ihr eigenes Profil entwickeln. In einer solchen Ordnung macht es dann auch Sinn, das, was gemeinsam geregelt werden muss, gemeinsam zu verabschieden, und das, was jeder für sich machen kann, für sich zu tun. Es kann aber nicht sein, dass in einem Land Studiengebühren erhoben werden und in einem anderen nicht. Es kann auch nicht sein, dass JuniorProfessoren 50 km weiter nichts mehr gelten. Das ist ein Missbrauch der Föderalismusdebatte und das wissen Sie auch ganz genau.
Ein Letztes dazu. Sie, Herr de Jager, meinen, dass wir uns im internationalen und nationalen Ranking nicht sehen lassen könnten. Vor zwei Tagen - Herr de Jager, Sie haben diesen Termin leider nicht wahrgenommen; Frau Scheicht hat ihn für Ihre Fraktion wahrgenommen - war das Fraunhofer-Institut voll des Lobes über die neuen Aktivitäten im Bereich der adulten Stammzellenforschung an der Hochschule zu Lübeck. Es sieht darin zukunftsweisende Projekte. Dies ist nur ein Beispiel dafür, dass wir in SchleswigHolstein mit höchstrangigen Institutionen gut zusammenarbeiten. Die Bedingungen müssen sich ändern, damit dies nicht nur Einzelbeispiele bleiben, sondern damit überall solche positiven Nachrichten zu verzeichnen sind. Deshalb ändern wir die Gesetze. Deshalb tun wir dies in einem großen konsensualen Prozess mit den Hochschulen gemeinsam. Auf diesen sind wir stolz. Anderswo sind Studierende zu Recht auf den Barrikaden. Schauen Sie nur nach Hamburg und schweigen Sie, Herr de Jager!
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Große Anfrage der CDU zeigt, dass diese Fraktion noch von einem sehr traditionellen Pflegeverständnis ausgeht. Frau Kleiner, immerhin fördert Ihre Große Anfrage, zutage, dass sich einige von den Christdemokraten regierte Landkreise immer noch nicht um das Thema Pflege kümmern. In Dithmarschen und Eckernförde funktioniert die Heimaufsicht nicht. In Ostholstein wird gerade - trotz hoher Landeszuschüsse - die hervorragend arbeitende Pflegeberatungsstelle geschlossen. In einer Reihe von Landkreisen wurde das Angebot des Landes zur Finanzierung einer bürgernahen Pflegeberatung gar nicht erst aufgegriffen. Statt hierfür der Landesregierung die Schuld zu geben, wie Sie das in der Vergangenheit häufig getan haben, Frau Kleiner, wäre die CDU gut beraten, vor Ort ihren Landräten und Kreistagsabgeordneten Dampf zu machen. Hier hätten Sie unsere volle Unterstützung!
Frau Kleiner, nun haben Sie heute sehr versöhnliche Töne angeschlagen. Wahrscheinlich bedurfte es dazu
tatsächlich der ausführlichen Rechtsberatung, die ein Stück weit auch durch die Antworten auf die Große Anfrage zum Thema Heimordnung erfolgte. Ich gebe zu, das Thema ist in der Vergangenheit - und ich betone gerade von den Beteiligten vor Ort - vernachlässigt worden. Ich habe wiederholt deutlich gemacht, dass auch ich immer noch nicht mit den Ergebnissen zufrieden bin. Ich glaube aber, dass es richtiger ist, an einem Strang zu ziehen, als sich wechselseitig die Schuld zuzuschieben.
Die Pflege braucht drei große Reformvorhaben: Die Heime brauchen mehr Personal und eine bessere interne Organisation. Hier erwarten wir, dass die Landesregierung - auch wenn sie nicht zuständig ist - genau wie in der Vergangenheit an der Seite der Kostenträger steht und nicht locker lässt, damit wir zu neuen Personalrichtwerten kommen. Diese sollten sich an den Erfahrungen von dem Modellversuch PLAISIR orientieren. Auch wenn die bundesweiten Verhandlungen zur Übernahme dieses Modells gescheitert sind: Das, was man in Schleswig-Holstein einmal an einem Modellversuch gelernt hat, kann von niemandem durch Befehl vergessen werden. Es geht darum, jetzt einen schlauen Weg zu finden, wie wir das, von dem wir wissen, dass es Not tut, umsetzen können, ohne dass wir uns in Verhandlungen mit einem kanadischen Anbieter herumschlagen müssen.
An dieser Stelle wird noch einmal deutlich, was es bedeutet, wenn geistiges Eigentum zu Privatbesitz wird. Dieses geistige Eigentum, nämlich eine vernünftige Pflegeorganisation, ist von allgemeinem Interesse und dient dem allgemeinen Wohl. Ich kann nicht verstehen, wie jemand das Recht hat, den Fortschritt hier mit unmäßigen Förderungen zu blockieren. Das scheint aber offenbar so zu sein. Wir müssen nun schlauer sein und trotzdem zum Ziel kommen.
Um eine möglichst lange Pflege im eigenen Haushalt zu gewährleisten und um den 36.000 Menschen in diesem Lande, die an Demenz erkrankt sind, endlich zu helfen, brauchen wir ganz andere und neue Formen der ambulanten, der teilstationären und der stationären Pflege sowie mehr Angebote in der Gerontopsychiatrie. Hierauf zielt auch unser Antrag, mit dem wir uns in dieser Landtagstagung noch beschäftigen werden, nämlich zu neuen Wohnformen für ältere Menschen. Ich denke, hier braucht es viel Phantasie von verschiedenen Ministerien und Kostenträgern, damit wir endlich zeitnah zu neuen Angeboten kommen.
Die Pflegeausbildung braucht eine völlige Neuorientierung. Immer noch sind wesentliche Tätigkeiten und Leistungen der Pflege im wahrsten Sinne des Wortes sprachlos. Ausschließlich an mechanischen Handlun
gen orientierte Begrifflichkeiten, wie sie sich auch bisher im Pflegegesetz finden, verfehlen Sinn und Zweck der Pflege. Auf einer Tagung der Diakonie in Lübeck wurde neulich eindringlich berichtet, dass Menschen, die beispielsweise anderthalb Stunden einem Sterbenden beigestanden haben, dafür in der Pflegedokumentation keine Begrifflichkeit nach ihrem Verständnis gefunden haben. Offensichtlich sind - ich sage es einmal in meiner Sprache - noch immer nicht alle Pflegedokumente so gestaltet, das es dafür eine Rubrik zum Ankreuzen gibt. Bei der Reform der Dokumentation ist einmal das schnellere Dokumentieren das Ziel. Ich denke aber, das Ziel sollte darüber hinaus sein, dass, was die Pflege ausmacht, tatsächlich auch dokumentieren zu können. Hier müssen wir auch auf Bundesebene zu rechtlichen Reformen kommen. Ich sehe, dass die Landesregierung hier wegweisend handelt.
Schleswig-Holsteins Modellversuch geht bei der problemorientierten und berufsübergreifenden Pflegeausbildung in Flensburg neue Wege. Frau Kleiner, ich komme hier zu einem Punkt, den Sie auch angesprochen haben, nämlich die wissenschaftliche Verankerung der Pflegeausbildung, Fortbildung und Forschung. Hier gibt es bisher lediglich zaghafte Gespräche an der Uni Lübeck mit dem Medizinischen Uniklinikum. Ich glaube, wir müssen mutiger vorangehen. Unsere Fraktion möchte die Landesregierung ausdrücklich auffordern, in dem Prozess zu einer neuen Basis zu kommen und ihn zu beschleunigen. Es ist absurd, dass wir die tollen Modellversuche machen, sie aber anderswo - in Baden-Württemberg - erforscht werden. Dort fehlt es dann an der guten Praxis. Mir ist im Zweifelsfall die gute Praxis lieber als die Theorie, aber ich denke, wir brauchen beides.
Ich komme zu meinem letzten Satz. - Die Landesregierung hat gezeigt, dass sich die Pflege durch entschlossenes Handeln gemeinsam mit Verbündeten tatsächlich entscheidend verbessert hat. Wir sind bereit, jetzt die nächsten Schritte zu machen. Dies bedeutet, noch viele Steine aus dem Weg zu räumen. Ich hoffe, wir haben hierbei die Unterstützung des ganzen Hauses.