Erkrankt sind Frau Ministerin Heide Moser, Frau Abgeordnete Anna Schlosser-Keichel, Frau Abgeordnete Gisela Böhrk, Herr Abgeordneter Klaus-Dieter Müller und Frau Abgeordnete Christel AschmoneitLücke. Wir wünschen ihnen von hier aus gute Besserung.
Ich möchte zunächst auf der Tribüne Gäste vom Sozialverband Deutschland, Kreisverband Plön, begrüßen. - Herzlich willkommen!
Antrag der Fraktionen von SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Drucksache 15/2908 Bericht der Landesregierung
Wird das Wort zur Begründung gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Ich bitte Herrn Minister Dr. Rohwer, den Bericht abzugeben.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir haben uns in Schleswig-Holstein für dieses Jahr ein ehrgeiziges, aber ungemein wichtiges Ziel gesetzt: Trotz der schwierigen konjunkturellen Lage soll und muss jeder ausbildungsfähige und ausbildungswillige Jugendliche auch in diesem Jahr einen Ausbildungsplatz erhalten.
Wir sind alle fest davon überzeugt, dass wir unsere Möglichkeiten als Wirtschafts- und Lebensstandort nur nutzen können, wenn jeder Jugendliche seine Chance hat, eine gute Ausbildung zu absolvieren und anschließend einen Arbeitsplatz zu bekommen. Das ist unsere entscheidende politische Aufgabe.
Die Qualität eines Wirtschaftsstandortes, eines Bildungsstandortes erweist sich auch darin, inwieweit er dieses Ziel erreichen kann.
Es ist in diesem Jahr - ohne Frage - noch schwieriger als in den vergangenen Jahren, nicht nur konjunkturell, sondern weil über 1.000 Schulabgänger mehr als in den vergangenen Jahren einen Ausbildungsplatz suchen.
Trotzdem ist an dieser Stelle auch schon einmal der Zeitpunkt gekommen, um Dank zu sagen. Denn wir liegen in Schleswig-Holstein in den bisherigen Monaten des Jahres 2003 deutlich besser als im Bundesdurchschnitt. Die Industrie- und Handelskammern verzeichnen in ihrem Bereich im bisherigen Jahresverlauf ein Minus von 0,6 % gegenüber dem Vorjahr, das heißt, wir liegen fast schon auf Vorjahresniveau und in jedem Monat wird diese Differenz kleiner. Es gibt gute Chancen, dass sich das Minus am Jahresende auf null reduziert haben wird.
Ich möchte an dieser Stelle ausdrücklich die Industrie- und Handelskammer Flensburg hervorheben, die in diesem Jahr sogar ein Plus von 1,5 % an Ausbildungsplätzen erzielt.
Meine Damen und Herren, wir alle wissen, dass es im Handwerksbereich besonders schwierig ist und trotzdem wird im Handwerk nach wie vor mehr als anderswo ausgebildet, deutlich über dem Bedarf. Auch hier zeigt sich, dass das Bemühen der schleswigholsteinischen Handwerksbetriebe erfolgreich ist. Denn aus dem Minus von 5 und 6 % Anfang des Jahres ist inzwischen ein Minus von nur noch 2,7 % geworden, 176 Verträge.
Es gibt - wie Sie vielleicht wissen - einige Bereiche, die schon bei null sind, und es gibt berechtigte Hoffnungen bei den Handwerksbetrieben und im Handwerkskammerbereich, dass wir auch hier in den nächsten Wochen und Monaten noch auf eine Plusminus-null-Bilanz kommen. Dafür gebührt allen Betrieben ein herzliches Dankeschön.
Ich möchte hier ruhig einmal einige Unternehmen nennen, die sich aufgrund unterschiedlicher Initiativen, auch von mir persönlich, in diesem Jahr entschlossen haben, deutlich über der Quote des vergangenen Jahres auszubilden, etwa mobilcom, Coop, RWE Nord, e.on Hanse, Stadtwerke Lübeck, Damp
Meine Damen und Herren, ich danke auch allen anderen, die sich dafür einsetzen, wie Lion Clubs und Rotary Clubs. Wir haben im Moment eine breite Bewegung, die über das ganze Land geht und die - wie ich finde - sehr erfolgreich ist. Das ist der beste Weg, in diesem Jahr eine positive Ausbildungsbilanz zu erreichen. Alle in Schleswig-Holstein ziehen an einem Strang. Das nenne ich ein erfolgreiches Schleswig-Holstein-Modell. Das straft auch diejenigen Lügen, die immer eine Ausbildungsabgabe fordern.
Trotzdem sage ich an dieser Stelle - das verbinde ich mit einer Bitte-: Noch haben wir unser Ziel nicht ganz erreicht. Es gibt immer noch unversorgte Jugendliche. Es gibt immer noch freie Lehrstellen. Das heißt, wir haben noch das Problem, dass einige offenbar nicht wissen, was noch da ist, und dass einige offenbar nicht wollen, was noch da ist. Meine herzliche Bitte an die Betriebe, alle Möglichkeiten zu nutzen, aber auch die Bitte an die Jugendlichen, flexibel zu sein, sich zu informieren und die Chancen zu nutzen, selbst wenn es einige Kilometer von ihrem Wohnort entfernt ist.
Jede Ausbildung ist besser als keine Ausbildung. Deswegen sage ich auch an dieser Stelle: Das Ausbildungsprogramm, das das Land aufgelegt hat, das bisher eine Erfolgsbilanz ist - wir haben unser Ziel schon übererfüllt -, ist natürlich auch nur immer eine Ergänzung zu den betrieblichen Aktivitäten. Eine berufsvorbereitende Maßnahme ist nicht so gut wie eine Lehrstelle, aber sie ist besser als gar nichts. Es ist wichtig, dass jeder Jugendliche in diesem Jahr eine entsprechende Perspektive bekommt und nicht auf der Straße bleibt.
Deshalb danke ich an dieser Stelle noch einmal allen Beteiligten. Wir sind auf einem guten Weg. Ich will aber auch noch die Fragen beantworten, die im Antrag gestellt worden sind. Zum Thema Berufsgrundbildungsjahr ist nach der Entwicklung der letzten fünf Jahre gefragt worden. Im Berufsgrundbildungsjahr ist die Zahl von 627 im Jahr 1998 auf 351 im Jahr 2003 gesunken. Im ausbildungsvorbereitenden Jahr sind die Zahlen um 22 % gestiegen, auf 1.079 Plätze, und in den berufsqualifizierenden Vollzeitbildungsgängen an Berufsfachschulen und Fachschulen um 17,6 % auf 6.830. Das zeigt, wie man sich auch in diesem Bereich bemüht. Ich möchte an dieser Stelle ausdrücklich unseren Berufsschulen danken, denn unsere Berufsschulen haben in diesem Jahr schon deutlich mehr
Schülerinnen und Schüler aufgenommen, nämlich 2,4 % mehr, das sind 821 Schülerinnen und Schüler mehr - und das bei der bekannten engen Kapazität der Berufsschulen und der Lehrkräfte.
Summa summarum: Wir können eine recht gute Zwischenbilanz ziehen. Aber meine Bitte bleibt, dass wir alle die nächsten Wochen noch nutzen, um am Jahresende möglichst die Bilanz zu ziehen: Jeder, der wollte, jeder, der die Fähigkeit, hat, hat einen Ausbildungsplatz gefunden. Ich bitte Sie alle in diesem Sinne um weitere Unterstützung.
Ich danke dem Herrn Minister für den Bericht und eröffne die Aussprache. Für den Antragsteller erteile ich Herrn Abgeordneten Jacobs das Wort.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Antwort auf die Frage, ob es gelingen werde, alle Ausbildungswilligen mit einem Ausbildungsplatz zu versorgen, war in den letzten Jahren immer spannend und mit einer Zitterpartie verbunden. Es bedeutete teilweise auch Schwerstarbeit für alle Beteiligten im Bündnis für Ausbildung.
Ich möchte mich zunächst bei allen Betrieben bedanken, die Ausbildungsplätze bereitgestellt haben. Außerdem bedanke ich mich bei allen, die durch Klinkenputzaktionen dazu beigetragen haben, dass mehr Plätze bereitgestellt worden sind.
Der Bericht des Ministers bestätigt, dass die Schere zwischen Ausbildungsplatzangebot und -nachfrage immer weiter auseinander klafft. Herr Minister, wir erwarten in unserem Antrag Auskunft über die Zunahme der Vollzeitklassen. Sie haben sich aber auf die Schülerzahlen beschränkt. Ich will mich zunächst einmal damit zufrieden geben, da auch diese Zahlen deutlich machen, dass sich das duale System der beruflichen Bildung zurzeit in einer Schieflage befindet, weil einerseits die Zahl der Ausbildungsplätze zurückgeht und andererseits die Zahl der Vollzeitklassen an den Berufsschulen drastisch wächst.
Berufsschulen sind einmal entstanden, um den fachtheoretischen Unterricht der dualen Ausbildung abzudecken. Vollzeitklassen waren nachgeordnet und
spielten zunächst kaum eine Rolle beziehungsweise sind nach und nach eingerichtet worden, um das Fachwissen der Lehrkräfte optimaler zu nutzen.
Heute ist festzustellen: An unseren Berufsschulen - und das sagt der Bericht - gibt es mehr Vollzeitklassen als Klassen des dualen Systems. Die Finanzierungslasten der dualen Ausbildung ruhen inzwischen hauptsächlich auf den Schultern des Staates. Es besteht dringender Handlungsbedarf, um die ursprünglichen Finanzierungsanteile der an der dualen Berufsausbildung Beteiligten wieder zu erreichen.
Der Minister sagt, eine Ausbildungsplatzabgabe sei kontraproduktiv. Auch wir Sozialdemokraten sehen eine umlagenfinanzierte Ausbildung als Ultima Ratio.
Um einer Ausbildungsplatzmisere zu begegnen, müssen zunächst andere Maßnahmen ergriffen beziehungsweise vorgeschaltet werden. Es müssen insbesondere für lernschwächere oder - wie sie auch genannt werden - praktisch begabte Jugendliche neue Ausbildungsmöglichkeiten geschaffen werden.
(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Joachim Behm [FDP]: Das ge- nau wollen die Gewerkschaften nicht!)