Ekkehard Klug
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Last Statements
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Über PISA wurde und wird viel geredet und viel geschrieben und darunter ist Richtiges und Falsches. Falsch ist zum Beispiel die in der Öffentlichkeit oft zu hörende oder zu lesende Behauptung, in den beiden PISA-Studien seien für Deutschland „die im internationalen Vergleich nur mittelmäßigen Fähigkeiten der 15-jährigen Schülerinnen und Schüler“ festgestellt worden. SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN haben das zwar in ihrem Antrag so formuliert und die Union hat es ohne viel geistige Anstrengung auch so wortwörtlich abgeschrieben, das macht aber die Sache nicht richtiger. Selbstverständlich sind die Rankingpositionen, die in internationalen PISA-Ländervergleichen auftauchen, Durchschnittswerte. Gott sei Dank gibt es auch bei uns, und zwar in allen Schularten, Schüler mit guten Leistungen und herausragenden Fähigkeiten. Man braucht etwa nur auf die jährlich stattfindenden „Jugend forscht“-Wettbewerbe hinzuweisen.
- Sie haben diese Pauschalbehauptung doch in Ihrem Antrag genauso aufgestellt, wie das im CDU-Papier steht.
Differenzierung ist eben nicht nur beim Schulsystem wichtig, sondern auch bei der Beurteilung und Analyse solcher Studien.
Es kommt doch darauf an, Gutes zu bestärken und das Verbesserungsbedürftige wirklich zu verbessern. Das Problem in unserem deutschen Schulwesen liegt doch darin, dass die große Spannweite zwischen den leistungsstärkeren und den schwächeren Schülern größer ist als anderswo und dass der Anteil der Gruppe der leistungsschwächeren Schüler, die so genannte Risikogruppe, bei uns viel größer ist als in vielen anderen Ländern; bei den extrem leseschwachen mit über 22 %. Beim innerdeutschen PISA-Ländervergleich hatte Schleswig-Holstein dann noch einen Wert, Frau Erdsiek-Rave - Textverständnis, Lesefähigkeit, unterste Stufe - mit über 26 % über Bundesdurchschnitt. Das war ein hoher Anteil, der zeigt, wo gerade ein Ansatzpunkt ist, um durch eine bessere Förderung gerade der leistungsschwächeren Schüler dann eben bei den folgenden Untersuchungen den Durchschnittswert deutlich anzuheben.
Da ist der größte Spielraum oder das größte Potential, um für Deutschland wirklich etwas zur Verbesserung der Rankingposition im internationalen Vergleich zu tun. Es geht vor allem darum, etwas für bessere Bildungschancen der jungen Leute zu tun. Was man machen müsste, ist die gezielte Förderung für leistungsschwächere Schüler mit einem verbesserten Bildungsangebot. Es wurde schon gesagt: Die amtierende Landesregierung hat in den letzten Jahren exakt das Gegenteil getan.
Vor einem halben Jahr haben wir den Bericht zur Unterrichtversorgung diskutiert. Wir haben festgestellt, dass im Jahr 2003 nur zwei Schularten weniger Lehrerstunden hatten als im Jahr 2002. Das waren die Förderschulen und die Hauptschulen. Alle anderen Schularten wurden mit mehr Lehrerstunden ausgestattet. Bei den leistungsschwächsten Schülern kürzen Sie Lehrerstunden. Für das neue Schuljahr stehen im Landeshaushalt 200 neue Lehrerstellen zur Verfügung. Was machen Sie? - Nicht eine einzige dieser 200 Lehrerstellen ist an die Hauptschulen gegangen. Da ist es pure Heuchelei, wenn Sozialdemokraten
behaupten, sie würden etwas für Benachteiligte tun. Mit ihrer Politik praktizieren Sie exakt das Gegenteil!
Natürlich gibt es das Problem des Zusammenhangs zwischen sozialer Herkunft und Bildungsergebnis. Der Ruf nach Zerschlagung des gegliederten Schulwesens ist aber die falsche Antwort darauf. Die PISAForscher haben es deutlich gemacht.
- Lesen Sie es im Bericht nach, statt solche dummen Sprüche zu klopfen, Herr Hentschel!
Sie unterteilen die Gesellschaft in vier Gruppen der sozialen Schichtung. Sie stellen fest: In den Gymnasien ist der Abstand zwischen denen, die aus dem unteren Viertel der sozialen Schichtung stammen, und denen, die aus dem oberen Viertel stammen, mit 24 Kompetenzpunkten am geringsten. In den Gesamtschulen liegt dieser Wert mit 76 Kompetenzpunkten am größten. Haupt- und Realschulen liegen in der Mitte.
Die Konsequenz ist, dass die Gesamtschulen es mit längerem gemeinsamen Lernen am wenigsten schaffen, die durch soziale Herkunft bedingten Nachteile der Schüler auszugleichen.
Das wird noch mehr für eine Kümmer- und Schmalspurvariante zutreffen, die Sie Gemeinschaftsschule nennen und die Sie den Bürgern in einem bildungspolitischen Winterschlussverkauf verkaufen wollen. Diese Schulen hätten mit den Ressourcen, die da sind, eine um ein Siebtel schlechtere Lehrerversorgung als die jetzigen Gesamtschulen im Land. Damit können sie eben nicht differenzieren und fördern. Fast 17,5 Schülerinnen und Schüler pro Lehrerstelle auf der einen Seite und 15 Schülerinnen und Schüler pro Lehrerstelle bei den Gesamtschulen auf der anderen Seite machen eine ganz klare Differenz aus. Das würde bedeuten, dass Sie eine Gesamtschule light hätten. Deshalb nennen Sie diese Schule auch nicht Gesamtschule. Wer etwas dafür tun will, dass die soziale Herkunft nicht so stark auf das Bildungsergebnis durchschlägt, der muss in den ersten zehn Lebensjahren der Kinder ansetzen, der muss im Vorschulbereich, in den Kindergärten und in den Grundschulen ansetzen.
Bildungsdefizite entstehen in den ersten zehn Lebensjahren. Da liegen die Chancen. Früh starten, das ist die Devise. Hier kann es am ehesten gelingen, im Sinne von sozialen Chancen - -
- Das ist völliger Quatsch! Wer das soziale Problem entschärfen will, der muss unten ansetzen.
Ich nenne einen letzten Punkt: PISA II hat durchaus auch Fortschritte gezeigt, nämlich die Verbesserungen im mathematisch-naturwissenschaftlichen Bereich. Daraus ergibt sich ganz klar die Botschaft: Dort, wo seit Ende der 90er-Jahre viele Anstrengungen unternommen worden sind, die Unterrichtsqualität zu verbessern, gibt es Erfolge. In der zweiten Hälfte der 90er-Jahre sind hierzu Maßnahmen eingeleitet worden. Dazu zählen das Sinusprojekt, das Programm zur Effizienzsteigerung des mathematischnaturwissenschaftlichen Unterrichts, um das sich gerade in Kiel unser Institut für Pädagogik der Naturwissenschaften verdient gemacht hat. Darauf können wir stolz sein. In diesen Fächern ist erkennbar, dass im Laufe der Jahre signifikante Verbesserungen der Leistungen eingetreten sind.
Daraus ist abzuleiten, dass wir auf bessere Unterrichtsqualität hinarbeiten müssen, und zwar durch entsprechende effiziente und moderne Fachdidaktik und moderne Lehr- und Lernmethoden, die wirken. Wir müssen die Aus- und Fortbildung der Lehrer darauf ausrichten. Wenn wir auf ein besseres Unterrichtsangebot und auf eine höhere Unterrichtsqualität hinarbeiten, dann zeigt dies auch den gewünschten Effekt. Das wäre richtig, nicht aber das Herumbasteln an Schulstrukturen. Das ist ein Täuschungsmanöver und ist eine Seifenblase. Sie betätigen sich als politische Windmacher und Rauchverkäufer, wenn Sie dem Bürger diese famose Einheitsschule als ein großes Zukunftsmodell versprechen.
Sie werden mit einer solchen Politik das Gegenteil dessen erreichen, was Sie vorgeben erreichen zu können.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Bildung beginnt in Familie und Kindergarten. Die vorschulische Bildung ist das Fundament unseres Bildungswesens und dessen erste öffentliche Institution ist die Kindertagesstätte. Sie darf deshalb nicht bloß ein Betreuungsort sein, sondern sie muss viel stärker als in der Vergangenheit zu einer Bildungseinrichtung werden.
Die Neubewertung der Kitas hinsichtlich ihrer Bedeutung für die Bildung der Kinder - nach und neben der Förderung der Familie - ist die vielleicht wichtigste Veränderung in unserer deutschen Bildungslandschaft. Vom Denken her kommt das geradezu einer Umwälzung gleich in einem Land, wo bislang Studienplätze kostenlos zu haben gewesen sind, wo aber für Kindergartenplätze den Eltern sehr viel Geld abverlangt worden ist, nämlich doppelt so viel wie im Durchschnitt der Länder der OECD, sagt uns der Länderbericht der Organisation OECD. Der eigene Beitrag der Eltern zu den Kita-Plätzen ist doppelt so hoch wie im OECD-Durchschnitt, und das bei einem schlechteren Angebot - wenn man auf die Gruppengrößen in Deutschland schaut, die wesentlich höher liegen als in anderen europäischen Nachbarländern. Das Angebot ist schlechter, es ist aber für die Eltern wesentlich teurer. Meine Damen und Herren, Frau Höfs, liebe Kollegen von der SPD, eigentlich müssten wir uns dafür einsetzen, ein kostenloses Kindergartenangebot zu erreichen. Das muss kommen.
Natürlich muss man hier aber auch sagen, dass die Länder und Kommunen dazu derzeit nicht in der Lage sind. Dafür bedarf es einer gesamtnationalen Kraftanstrengung und natürlich einer Änderung der Finanz
verteilung für diesen Zweck. Aber darauf hinzuarbeiten, ist das Gebot der Stunde.
Die SPD kämpft jedenfalls nach wie vor lieber für die Kostenfreiheit von Studienplätzen. So viel vielleicht noch einmal als Anmerkung zu diesem Thema.
Die wissenschaftlichen Erkenntnisse der letzten zehn Jahre, vor allem der Neurowissenschaften - ich habe das schon in der Debatte zu unserem Antrag zum Thema Hochschulstudium für Erzieherinnen zitiert -, ergeben ganz klar, welche Bedeutung die ersten Lebensjahre für die Entwicklung der Kinder haben. Das sind wissenschaftliche Grunddaten, die auch die Neubewertung der Vorschulbildung ganz wesentlich begründen. Die sprachliche Ausdrucksfähigkeit, Bewegungskompetenz, die Fähigkeit, sich auf den anderen einzulassen, also auch das soziale Verhalten, die Annahme des Gesollten als letztlich freiwillige Handlungsnorm, all dies wird bereits im Kindergartenalter angelegt. Was hier unterbleibt, konfrontiert Schule und Gesellschaft mit einer Vielzahl von später nur schwer auszugleichenden Entwicklungsdefiziten.
Deshalb ist es die Aufgabe der Kitas mit einem erweiterten Bildungsauftrag, solche Bildungsbremsen gar nicht erst entstehen zu lassen.
Selbstverständlich bedeutet das nicht die Vorverlegung der Schule im Sinne von Vorverlegung von Unterricht in den Kindergartenbereich hinein. Das ist es nicht. Es geht hier um eine altersgerechte frühkindliche Pädagogik, wie sie auch von den Fachleuten in den letzten Jahren mit zunehmender konkreter Unterfütterung entwickelt worden ist. Übrigens sind Länder wie Bayern - das darf man vielleicht hier auch einmal anmerken - in diesem Bereich führend. SchleswigHolstein hat sich mit den Bildungsstandards für den Kindergartenbereich im Grunde einer Entwicklung angeschlossen, die anderswo schon weiter ist.
Es geht also darum, für die anspruchsvolle Bildungsarbeit in Kitas auch entsprechend qualifiziertes Personal aus- und fortzubilden. Dazu müssen wir uns - da teile ich die Auffassung, die hier schon vertreten worden ist - weiter auf die Fachkräfte, die Erzieherinnen und Erzieher aus den Fachschulen, stützen und ihre Kompetenzen durch Verbesserung im Ausbildungsbereich erhöhen.
Daneben ist aber in Zukunft auch ein Hochschulstudium - wie es in fast allen anderen europäischen Ländern üblich ist - nötig. Wir freuen uns, dass die SPD sich da inzwischen, seit Mai letzten Jahres, umorientiert hat. Anfang November hat Frau Ministerpräsidentin Simonis zwar auf dem Erzieherinnentag der GEW die Ablehnung unseres Antrages auf ein Hochschulstudium für Erzieher noch einmal wiederholt. Ein paar Tage später war der OECD-Länderbericht, das so genannte Baby-PISA, auf dem Markt. Die SPD hat sich dann erfreulicherweise umorientiert. Willkommen an Bord, liebe Genossen! Ich freue mich, dass Sie sich da eines Besseren besonnen haben. Und wir lassen auf der Ruderbank auch noch Platz für die Freunde von der Union.
Eine letzte Anmerkung, ganz kurz. Natürlich gibt es viele Punkte, die man auch noch kritisch anmerken muss. Einer davon ist, dass seit Hartz IV ehemalige Sozialhilfeempfänger wegen höherer Kita-Beiträge ihre Kinder aus Kindertagesstätten abmelden. Das ist die Berichterstattung in den „Lübecker Nachrichten“. Das ist ein Manko, ein Missstand, eigentlich eine bildungspolitische Katastrophe, die dringend einer Korrektur bedarf.
Hier geht es darum, nachzusteuern, anstatt sich nur mit rot-grünem Eigenlob zu beweihräuchern nach dem Motto: Hartz IV ist etwas ganz Tolles. Wenn Sie da einen Fehler gemacht haben, geben Sie das zu und korrigieren Sie das!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Punkt eins. Die FDP-Fraktion hat für den jetzt laufenden Doppelhaushalt, gestaffelt für 2004 und 2005, eine Anhebung des Landeszuschusses für die Kindertageseinrichtungen beantragt. Die Haushaltsberatungen wurden Ende 2003 begonnen. Wir hätten heute einen Landeszuschuss von 65 Millionen € und nicht einen gedeckelten Zuschuss von 60 Millionen €, wenn Sie unserer Initiative gefolgt wären.
- Das Geld reicht aus? Sehen Sie doch einmal in die Regionalzeitungen. Da wird immer wieder über steigende Elternbeiträge berichtet. Und dass kommunale Gebietskörperschaften und Kreise aufgrund ihrer Finanznot ihre Mitfinanzierung zum Teil zurückgenommen haben, haben wir hier wiederholt kritisiert. Das haben auch Sie kritisiert.
- Natürlich hat es auf Kreisebene die Entscheidung gegeben, solche Kürzungen vorzunehmen. Das ist ein Problem und Sie haben zu diesem Problem durch die Deckelung des Landeszuschusses mit beigetragen.
- Ach, Sie sind ja solche Musterknaben!
- Es hat gar keinen Sinn mehr, sich mit diesem Zirkus hier zu befassen.
Meine Damen und Herren, zu der zitierten Berichterstattung in den „Lübecker Nachrichten“. Das muss man sich wirklich einmal auf der Zunge zergehen lassen. Die Landesregierung beschwichtigt - wörtliches Zitat -:
„Wir haben uns in Gesprächen mit den Kreisen und kreisfreien Städten dafür eingesetzt, die Gebühren wenn überhaupt nur äußerst moderat zu erheben.“
Das sagt der Sprecher Ihres Ministeriums, Frau Erdsiek-Rave. Also erzählen Sie hier doch nicht so einen Unsinn. Sie haben damit doch selbst den Weg für solche Erhöhungen von Beiträgen auch für ALG IIEmpfänger ausdrücklich offen gelassen. Dies solle moderat geschehen - so moderat sind Sie natürlich. Hier erzählen Sie das eine, tun aber das andere.
Vielleicht noch eine Anmerkung zum famosen Gesetz der rot-grünen Bundesregierung über Krippenplätze für die Kinder im Alter von null bis drei Jahren. Da kann ich nur auf die sozialdemokratische Schulsenatorin der Hansestadt Lübeck verweisen. Ich zitiere Frau Borns in den „Lübecker Nachrichten“ am 29. Oktober 2004: „Das neue Kita-Gesetz ist ein schlechter Witz.“ - Für eine Finanzierung hat Ihre Koalition auf Bundesebene angebliche Einsparungen der Kommunen durch Hartz IV in Größenordnungen von 1,5 Milliarden € veranschlagt.
Dann sagt der Städteverband Schleswig-Holstein: Nach validen Berechnungen sind die Gesamtkosten bundesweit bei 4 Milliarden € anzusiedeln. - Dann sagt der Städteverband Schleswig-Holstein weiter: Allein in Nordrhein-Westfalen hat der Städteverband durch Erhebungen der kommunalen Gebietskörperschaften festgestellt, dass auch noch Investitionskosten - allein in Nordrhein-Westfalen 3,5 Milliarden € - zu finanzieren seien.
Das ist die solide Art von Politik und Umsetzung der Versprechen, die Sie abgeben. Hören Sie auf mit Ihrem Theater, wirklich!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Liberalen unterstützen die Zielsetzung des Antrages, Schulen zu rauchfreien Zonen zu machen. Den im letzten Absatz der Antragsvorlage vorgeschlagenen Weg, dieses Ziel über ein Rauchverbot zu erreichen, halten wir aber für eine vordergründige Scheinlösung, die in der Schulwirklichkeit viel mehr Probleme aufwerfen wird, als dass sie zur tatsächlichen Lösung in der Sache beitragen kann.
Lassen Sie mich dazu zwei Zitate anführen. Das erste stammt aus den „Elmshorner Nachrichten“ vom 22. Januar dieses Jahres. Da heißt es:
„Für fast alle Schulleiter stellen geeignete Maßnahmen zur Durchführung des Verbots das größte Problem dar. Sabine Hamer von
der Realschule Ramskamp: ‚Was sollen wir denn machen, wenn Schüler und Schülerinnen trotzdem rauchen? Ein Schulverweis kann es doch wohl nicht sein.’“
Sabine Hamer ist frühere Landtagsabgeordnete der SPD. Viele von uns erinnern sich gut an ihre Zeit hier im Landeshaus.
Im „Stern“ Nr. 40/2004 erklärte der Vorsitzende des Deutschen Lehrerverbandes, Josef Kraus:
„Aus meiner Erfahrung muss ich warnen: Vorsicht von Verboten, die Sie nicht durchsetzen können! Wer Rauchen verbietet, muss scharf kontrollieren. Und er muss Sanktionen zur Hand haben: von Mahnschreiben an die Eltern bis zu einem vorübergehenden Unterrichtsausschluss.“
Mein Fazit nach diesen Zitaten lautet: Es ist sehr billig, den Schulen die Durchführung eines Verbots aufzutragen, sie aber bei dessen Durchsetzung im Regen stehen zu lassen.
Im Übrigen schadet ein solches Vorgehen auch der Autorität desjenigen, der die Norm setzt, wie natürlich auch der Autorität derjenigen, die diese Norm durchsetzen sollen, ohne dies beim besten Willen in der Praxis hinreichend gewährleisten zu können.
Das ist der Kernpunkt der Problematik der von Ihnen vorgeschlagenen Lösung. Deshalb - nicht deshalb, weil wir etwa gegen eine rauchfreie Zone in Schulen seien -, also wegen der Problematik einer Verbotslösung, stimmen wir gegen Ihren Antrag.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Eltern werden erweiterte Mitwirkungsrechte in Angelegenheiten der Kindertagesstätten bekommen. Weil die derzeitigen Noch-Regierungsfraktionen den FDPGesetzentwurf heute jedoch nicht verabschieden wollen, wird es bis zu einer gesetzlichen Regelung wohl noch etwas länger dauern.
Die rot-grünen Regierungsfraktionen betreiben hier offenkundig eine Verzögerungstaktik. Inhaltliche Einwände hat man nicht. Es gibt nur Gründe formaler Natur. Dazu muss ich allerdings sagen: Bei anderen - auch im Rahmen dieser Plenartagung auf der Tagesordnung stehenden - Gesetzgebungsvorhaben unterschiedlicher Art ist man keineswegs so pingelig gewesen wie bei unserem Antrag, die Elternmitwirkung im Kindertagesstättenbereich zu verbessern.
Wir haben im Dezember in zweiter Lesung einen Gesetzentwurf zum Hochschulzulassungsgesetz eingebracht. Die Anhörung hat in diesem knappen Zeitraum durchaus funktioniert. Es wird in dieser Plenarsitzung eine Abstimmung über umfängliche Verfassungsänderungen geben, zu denen überhaupt keine Anhörung stattgefunden hat.
Wenn man das Revue passieren lässt, dann muss man sagen, dass hier vonseiten der Regierungsbank beziehungsweise der Bänke der Regierungsfraktionen mit zweierlei Maß gemessen wird.
Dass die Hoffnungen der Eltern der Kita-Kinder auf eine rasche Gleichstellung ihrer Mitwirkungsrechte mit den Rechten der Eltern von Schulkindern nun nicht so rasch erfüllt werden, jedenfalls voraussichtlich nicht in dieser Wahlperiode, ist meiner Überzeugung nach eher auf Parteitaktik als auf sachliche Notwendigkeiten zurückzuführen.
Es ist ganz einfach: Der Erfolg des Gesetzentwurfs der FDP, der - wie gesagt - inhaltlich nicht umstritten ist, passt Rot-Grün vier Wochen vor der Landtagswahl nicht ins parteitaktische Kalkül. Das nehmen wir einfach einmal so zur Kenntnis. Die Mehrheitsverhältnisse sind halt jetzt noch so.
Wir stellen - das erkläre ich ausdrücklich, Frau Präsidentin - unseren Gesetzentwurf in der zweiten Lesung so, wie wir ihn eingebracht haben, ausdrücklich zur Abstimmung. Falls der Gesetzentwurf scheitert, werden wir ihn in der neuen Wahlperiode unverzüglich wieder einbringen.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Im Vorschulbereich sind Elternvertretungen bislang nur auf der Ebene der einzelnen Kindertageseinrichtungen gesetzlich abgesichert. Die FDP-Landtagsfraktion will deshalb die Elternmitwirkung im Kita-Bereich durch eine Änderung des Kindertagesstättengesetzes auf der Kreis- und der Landesebene verankern. Dazu dient der von uns eingebrachte Entwurf.
Wir beantragen erstens, dass im Kita-Gesetz ein § 17 a eingefügt wird, der die Einrichtung von Kreis- und Landeselternvertretungen aus dem Bereich der Kindertagesstätten regelt. Damit erhalten die Kitas - das ist der Sinn der Sache - analog zu den Regelungen der Elternmitwirkung im Schulbereich ein gesetzlich verbrieftes Recht auf Information und Anhörung bei allen Fragen, die die Entwicklung und die Situation der Kindertagesstätten betreffen. Die Träger der öffentlichen Jugendhilfe auf dem kommunalen Sektor und die zuständigen Landesministerien sind dann
verpflichtet, jeweils die Elternvertretungen zu informieren und bei allen anstehenden Entscheidungen anzuhören. Nach der derzeitigen Lage ist das, soweit solche Anhörungsbeteiligungsfragen auftauchen, sozusagen eine Frage der freiwilligen Überzeugung der zuständigen Behörden.
Der zweite Artikel unseres Entwurfs sieht außerdem vor, dass die Vorsitzenden der regionalen Elternvertretungen mit beratender Stimme einen Sitz im jeweiligen Jugendhilfeausschuss erhalten, sodass auch über diese zweite Form der Beteiligung der Elternschaft über die Ebene der einzelnen Kita hinaus auf einer höheren regionalen Ebene mehr Elternmitwirkung erreicht wird.
Als Zusammenschlüsse örtlicher Elternvertretungen von Kitas hat sich die Elternschaft aus diesem Bereich in jüngster Zeit stärker organisiert. Es ist mittlerweile auch eine Landeselternvertretung gebildet worden. In den Gesprächen, die wir mit dieser Landeselternvertretung in den letzten Monaten geführt haben, ist der Wunsch an uns herangetragen worden, so etwas wie eine Gleichstellung mit den Elternvertretungen im Schulbereich zu erreichen. Wir halten diesen Wunsch der Elternschaft aus dem Bereich der Kitas für absolut gerechtfertigt. Wir halten es für geboten, unsere landesgesetzlichen Regelungen in diesem Sinne zu novellieren.
Wir sind der Meinung, dass im Zusammenhang mit der viel höheren Gewichtung, auch der Bedeutung, die die Kindertageseinrichtungen für die frühkindliche Bildung haben - das ist ein Erkenntnisprozess, der sich in der Politik mittlerweile durchzusetzen beginnt -, die Beteiligung der Elternschaft bei der weiteren Entwicklung von Kindertagesstätten ein ganz wesentliches Element darstellt. Der Wunsch aus der Elternschaft, eben diese formell abgesicherten Beteiligungsrechte zu erhalten, ist gerechtfertigt und wir bitten Sie darum, diesem Gesetzentwurf unserer Fraktion zuzustimmen.
Herr Präsident! Ich beantrage eine alternative Abstimmung mit unserem Ursprungsantrag Drucksache 15/3640.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Sinn der neuen Form der Professorenbesoldung, der so genannten W-Besoldung, besteht darin, dass man in Zukunft bei der Bemessung der Gehälter von Professorinnen und Professoren stärker leistungsbezogene Komponenten haben will, dass also Leistungsbezüge gewährt werden und somit auch Anreize für besondere wissenschaftliche Leistungen geschaffen werden. Das ist ein vernünftiges Ziel, das wir immer unterstützt haben.
Das Problem ist, dass sich gerade unter dem engen Korsett der Vorgaben des von der Landesregierung vorgelegten Landesgesetzes die Frage stellt, ob diese Ziele unter diesen Umständen im Land tatsächlich erreicht werden können. Auf einige Punkte ist schon hingewiesen worden.
Auf die Probleme eines im Vergleich der Bundesländer sehr niedrigen Besoldungsdurchschnitts habe ich schon in der ersten Lesung hingewiesen. Es ist sehr vernünftig, dass die CDU-Fraktion diese Problematik in ihrem Änderungsantrag aufgreift und Schleswig-Holstein in eine wettbewerbsfähigere Position im Verhältnis zu den anderen Bundesländern setzen will. Wir unterstützen dies nachdrücklich. Das entspricht auch der Auffassung, die wir schon in der ersten Lesung vertreten haben.
Ein ganz wesentlicher Punkt ist die Frage, unter welchen Voraussetzungen Leistungsbezüge gewährt werden. Hier hat die Landesregierung in ihrem Vorschlag eine Formulierung gewählt, die sehr viel restriktiver ist als die Vorgaben, die andere Bundesländer machen. Staatssekretär Körner hat in der Aussprache im Bildungsausschuss dazu ganz offen eingeräumt, dass die Landesregierung ausdrücklich die Gewährung von Leistungsbezügen auf ganz wenige Einzelfälle beschränken wolle. Das wirft die Frage auf, ob die Reduktion im Faktischen auf ganz wenige Einzelfälle dem Ziel der Reform gerecht wird, Anreize zu schaffen. Wenn die meisten sowieso nicht damit rechnen können, irgendwann in diesen Bereich hineinzukommen, ist der Anreiz von vornherein faktisch gar nicht gegeben. Das ist das zweite Problem.
Das dritte Problem - auch darauf ist von mir schon in der ersten Lesung hingewiesen worden - ist die - wenn man das etwa an den Empfehlungen des Zentrums für Hochschulentwicklung misst - sehr starke Neigung der Landesregierung, Detailvorschriften zu machen beziehungsweise Verordnungsermächtigungen in das Gesetz einzubauen, die es der Landesregierung ermöglichen, solche Detailvorschriften in Zukunft zu erlassen, was etwa die Kriterien für die Gewährung von Leistungsbezügen betrifft und andere einzelne Dinge. Auch das widerspricht eigentlich dem Ziel, die Ausgestaltung der neuen Form der Professorenbesoldung im Rahmen der Hochschulautonomie möglichst den Universitäten und Fachhochschulen selbst zu überlassen. Auch dies ist ein Kritikpunkt, der aus unserer Sicht weiter besteht.
Einen kleinen Schritt in Richtung auf eine Verbesserung hat die Koalitionsmehrheit im Ausschuss vorge
nommen, und zwar in der Weise, dass sie die prozentuale Beschränkung für Professorenstellen der Besoldungsgruppe W 3, die ursprünglich für den Fachhochschulbereich auf nur 10 % ausgewiesen war, auf immerhin 25 % erhöht hat. Das ist anzuerkennen. Das ist eine Verbesserung. Das wird auch von den Fachhochschulen so gesehen.
Darüber hinaus ist auf das hinzuweisen, was der Kollege de Jager vorhin zum Thema Vertrauensschutz für die Fachhochschulprofessuren gesagt hat, die vor einigen Jahren berufen worden sind in der Erwartung, dass ihnen im Lauf ihrer Tätigkeit ein Aufstieg von der Besoldungsgruppe C 2 nach C 3 möglich sein würde. Ein Vertrauensschutz für diese Gruppe der Fachhochschulprofessuren ist nach dem vorliegenden Gesetzentwurf der Landesregierung nicht gewährleistet. Der Änderungsantrag der CDU-Fraktion heilt diese Problematik auch in diesem einzelnen Punkt, übrigens auch nach dem Vorbild von Regelungen, die andere Bundesländer in vorbildlicher Weise getroffen haben. Für Fachhochschulprofessoren, die bereits zu einem bestimmten Stichtag berufen waren, wird bei einem Wechsel in die W-Besoldung eine Art Besitzstandswahrung geschaffen, und zwar auch, was die Anpassung an den Gehaltsstand nach C 3 anbetrifft, die sie nach ihrer Berufung eigentlich erwarten konnten. Das ist eine Übergangsregelung, die wir für sinnvoll halten.
- Ich komme zum letzten Satz. - Alles in allem möchte ich sagen, dass dieser Gesetzentwurf in der vorliegenden Fassung den Anforderungen an ein modernes Dienstrecht im Hochschulbereich nicht genügt. Wir werden dem Gesetzentwurf der Landesregierung deshalb nicht zustimmen. Den Änderungsanträgen der Unionsfraktion werden wir unsere Zustimmung geben.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Skandinavien soll es also richten. Blicken wir einmal in das Land nördlich unserer Grenze.
Der „Nordschleswiger“ hat vor ein paar Tagen einen - wie ich finde - sehr bemerkenswerten Beitrag zum Thema PISA 2003 in Deutschland und in Dänemark veröffentlicht. Ich zitiere:
„Obwohl beide Länder gänzlich verschiedene Schulsysteme haben, leiden sie an den selben Symptomen: schwache Leistungen,
soziales Erbe, das nicht gebrochen wird. Wer aus einem Bildungshaushalt mit Büchern in den Regalen und Kunst an der Wand kommt, schneidet in Deutschland wie in Dänemark besser ab und Einwandererkinder, die gerade ins Land kamen, sind südlich wie nördlich der Grenze besser dran als Einwandererkinder der zweiten Generation.“
Meine Damen und Herren, es sind also ähnliche Befunde. Die dänischen Werte liegen jeweils näher an den zugegebenermaßen schlechten deutschen Resultaten als an den hervorragenden finnischen Ergebnissen, obwohl doch Dänemark dieses angeblich hervorragende Einheitsschulsystem, das Sie jetzt bei uns als schulpolitisches Rezept verkaufen, schon seit langer Zeit besitzt.
Meine Damen und Herren, wer angesichts solcher Befunde hier noch ein Schulsystem à la Dänemark als Patentrezept verkaufen will, der verschreibt zur Beseitigung der Probleme nur weiße Salbe, der macht eine Placebo-Politik.
Der Sinn liegt auf der Hand: Das ist der einfachste Weg, vom eigenen politischen Versagen abzulenken.
Als vor drei Jahren die innerdeutschen PISAErgebnisse veröffentlicht worden sind, wurde doch zutage gefördert, dass in Schleswig-Holstein der Anteil der extrem leseschwachen Schüler mit 26,5 % fast doppelt so hoch ist wie in Bayern, wo er 14,5 % beträgt; es ist zutage gefördert worden, Frau ErdsiekRave, dass es neben Schleswig-Holstein, dem Saarland und Bremen kein anderes deutsches Land gibt, in dem Kinder aus Zuwandererfamilien so schlechte Chancen im Schulbereich haben wie in SchleswigHolstein, dass ihr Leistungsstand nirgendwo sonst so niedrig ist.
Vor dieser Realität, für die Sie die politische Verantwortung tragen, schlägt sich die verantwortliche Ministerin, Frau Erdsiek-Rave, in die Büsche, und zwar nach dem Motto: Sie selbst sei dafür nicht verantwortlich; verantwortlich sei das Schulsystem. Das solle geändert werden. Dafür lässt man sich natürlich zehn Jahre Zeit. Dann kann dies kein Mensch nachprüfen, denn dann sind Sie längst in Pension. Sie werden schon nächstes Jahr in Pension geschickt, Frau Erdsiek-Rave, das ist der Trick bei der ganzen Geschichte!
Frau Erdsiek-Rave, am 16. September erklärten Sie in einem Interview im „Tagesspiegel“: „Das System führt dazu, dass wir zu wenig für Schwache tun.“ - Angesicht Ihrer eigenen Bilanz ist das, was Sie da gesagt haben, pure Heuchelei. Die Wahrheit lautet: Frau Erdsiek-Rave hat mit ihrer Politik dafür gesorgt, dass für die Schwächeren nichts getan wurde.
Frau Ministerin, wer ist dafür verantwortlich, dass von den 200 zusätzlichen Lehrerstellen, die dieser Haushalt in diesem Jahr zur Verfügung stellt, nicht eine einzige Stelle bei den Hauptschulen gelandet ist? Das ist kein Novum für das Jahr 2004 und auch kein Einzelfall. Das ist eine systematische Benachteiligung und Schlechterstellung einer Schulart, deren Schüler besondere Förderung brauchen. Das ist seit Jahren Prinzip sozialdemokratischer Schulpolitik in diesem Land!
Frei nach dem Motto: „Haltet den Dieb!“, wird jetzt gesagt: In der Hauptschule gibt es ein Problem - schaffen wir sie ab! Das sagt Frau Bulmahn. Sie haben sich dazu erfreulicherweise etwas differenzierter geäußert. Es ist eine Fehlkalkulation zu glauben, dass ein Einheitsschulsystem das eindeutige Problem der sozialen Schieflage in unserem Bildungssystem, das wir angehen müssen, beseitigen könnte.
Lesen Sie doch einmal in der im Internet verfügbaren Kurzfassung von PISA 2003 auf Seite 23 nach. Dort wird der Ergebniszusammenhang sehr deutlich herausgestellt. Schülerinnen und Schüler derselben Schulform besitzen - je nach ihrem elterlichen Hintergrund - einen Kompetenzvorsprung von bis zu zwei Schuljahren. Dann wird es interessant: Vergleicht man etwa das oberste mit dem untersten Quartil der sozialen Herkunft in den integrierten Gesamtschulen, so ergibt sich eine Differenz von 76 Kompetenzpunkten. Bei den Hauptschulen und den Realschulen sind es 50 Kompetenzpunkte, bei den Gymnasien 24 Kompetenzpunkte. Mit anderen Worten: Ausgerechnet in der Gesamtschule gelingt es am wenigsten, zwischen den Kindern aus dem unteren Viertel der sozialen Schichten und denen aus dem oberen Viertel, was den Leistungsstand anbetrifft, einen Ausgleich zu erreichen.
An den Gymnasien klappt das am besten. Die Konsequenz ist: Wir müssen versuchen, mehr Kinder aus ärmeren Familien an die Gymnasien zu bekommen.
Wir müssen beispielsweise versuchen, Kinder aus Zuwandererfamilien, die mit ihren Begabungspotenzialen in der Lage wären, auch an den Gymnasien erfolgreich die Schule zu besuchen, verstärkt in diese Schulen zu bekommen.
Das setzt voraus, dass man ihnen zum Beispiel die deutsche Sprache frühzeitig so vermittelt, dass sie auch in der Lage sind, in unserem Schulwesen erfolgreich mitzuarbeiten.
Es war die SPD, die Anfang der 90er-Jahre noch unter Frau Rühmkorf die Vorbereitungsklassen für Kinder aus Zuwanderungsfamilien abgeschafft hat. Das ist ein eklatantes Versagen. Es ist jedoch nicht nur ein Problem in Schleswig-Holstein, sondern dieses Problem haben wir bundesweit, denn wir geben Kindern aus Einwandererfamilien nicht hinreichende Bildungschancen, weil ihnen in den vergangenen zehn bis zwanzig Jahren der Zugang zur deutschen Sprache nicht so eröffnet worden ist, wie es notwendig gewesen wäre.
Frau Erdsiek-Rave, ich darf Ihnen vorhalten, was Ihre frühere nordrhein-westfälische Amtskollegin, Frau Gabriele Behler, in der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ vor wenigen Tagen erklärt hat. Ich zitiere:
„Die deutsche Gesamtschule mit ihren Leistungsergebnissen und mit ihrem gescheiterten Versuch, den Zusammenhang von sozialer Herkunft und Kompetenz zu verringern, ist nicht gerade ein attraktives Gegenmodell zum gegliederten Schulsystem.“
Dies wird von ihr festgestellt. Weiterhin kommt sie zu dem Thema, dass manche den Befreiungsschlag suchen, jetzt ein neues Schulsystem zu entwickeln. Hierzu sagt sie:
„Das ist das eigentlich Schädliche an dieser Debatte. Sie lenkt von zentralen Problemen der Qualitätssicherung und der Entwicklung ab, denn wenn der Misserfolg am System liegt, dann kann man es sich in seiner Welt bequem einrichten.“
- In seiner ideologischen Welt, Herr Kollege! Den ganzen Beitrag können Sie nachher gern weiter nachlesen.
- Das stimmt nicht.
- Unsinn!
- Nun lenkt mal nicht weiter ab! Wenn man das Problem der sozialen Schieflage aufnehmen will, dann muss man in den ersten zehn Lebensjahren der Kinder ansetzen. Man muss im Vorschulbereich und in der Grundschule ansetzen.
Deshalb muss es auch eigentlich Sozialdemokraten zu denken geben, dass ihre famose Hartz-IVGesetzgebung dazu führt, dass die Sozialhilfeempfänger vom nächsten Jahr an für ihre Kinder höhere Kita-Beiträge zahlen müssen. In Kiel wurden gerade 60 € bis 90 € pro Monat an höheren Kita-Beiträgen festgelegt. Wird das nicht dazu führen, dass gerade die Eltern, deren Kinder eine Förderung im Kindergarten am nötigsten hätten, ihre Kinder aus den Kitas abmelden? Diese Art von sozialdemokratischer Politik mit solchen Konsequenzen führt dazu, dass wir in unserem Bildungswesen nicht weiter vorankommen können.
Das rot-grüne Patentrezept für soziale Gerechtigkeit, allen soll es gleich schlecht gehen, ändert nichts daran, dass wir bei internationalen Untersuchungen unbefriedigende Bildungsergebnisse haben. Das wird eher dazu führen, dass diese Ergebnisse in Zukunft noch schlechter sein werden. Das ist das Fatale! Wenn man nämlich die Schularten abschafft, die für Spitzenergebnisse sorgen, dann wird man eine Nivellierung nach unten erreichen.
Die Förderung in einem Gesamtschulsystem für Kinder unterschiedlicher Begabungen und unterschiedlicher Leistungsstufen wird überhaupt nur dann möglich sein, wenn Sie ein solches System sehr aufwendig und mit sehr viel Personal ausstatten.
Hier ist die Analyse Ihrer Politik auch sehr bemerkenswert: Wie sieht es in Schleswig-Holstein aus? Sie könnten ein solches Einheitsschulsystem nur mit den Ressourcen entwickeln, die im gegliederten Schulwesen da sind. Da haben wir im statistischen Durchschnitt nun einmal eine Lehrerstelle auf 17,5 Schülerinnen und Schüler. Das kann man ganz leicht ausrechnen. Bei den Gesamtschulen, die im Lande existieren, kommen auf eine Lehrerstelle 15 Schülerinnen und Schüler.
Mit anderen Worten: Das famose System der Einheitsschule - oder der Gemeinschaftsschule, wie Sie es nennen, - ist personell mit einem Siebtel schlechter auszustatten als die heute in Schleswig-Holstein existierenden Gesamtschulen. Sie werden überhaupt nicht in der Lage sein, in einem solchen System, wie Sie es erschaffen wollen, differenzierte Förderangebote einzurichten, wie es sie an den Gesamtschulen gibt.
Im letzten Bericht zur Unterrichtsversorgung ist dies zweifelsfrei nachzulesen. In der Sekundarstufe I verwenden die Gesamtschulen Schleswig-Holsteins 18 % ihrer Lehrerstunden für so genannte besondere Maßnahmen, das heißt für individuelle Förderung neben dem regulären Unterrichtsangebot. Das ist nur mit einem erheblichen Personalaufwand zu machen.
Dies wäre bei dem, was im gegliederten Schulsystem an Ressourcen da ist, bei Ihrem Modell der Einheitsschule nicht möglich. Herr Präsident, ich komme zum letzten Satz: Deshalb ist das, was Sie vorhaben und was Sie den Wählern als großes Patentrezept verkaufen, nichts anderes als eine Mischung aus Täuschungsmanöver und Seifenblase.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich habe mich nach dem Beitrag des Kollegen Höppner noch einmal kurz gemeldet, weil ich gern zu einem Punkt noch etwas sagen möchte. Ich bitte Sie eindringlich: Handeln Sie nicht nach zweierlei Maß!
Wenn Verbände und Organisationen, die Ihren bildungspolitischen Vorstellungen nahe stehen, eine Fülle von Veranstaltungen machen, sich auch öffentlich äußern, sich auch Schulleiter öffentlich äußern, sind Sie begeistert. Das kann ich politisch noch nachvollziehen. Wenn sich Lehrerverbände wie der Realschullehrerverband oder der Philologenverband schulpolitisch in einer Weise äußern, die Ihnen nicht schmeckt, kommen Sie mit der Keule des Beamtenstatus. Das ist der sozialdemokratische Obrigkeitsstaat.
Wenn die als Angehörige des öffentlichen Dienstes, die nicht Ihrer Meinung sind, nach dem Motto gewarnt werden: „Ihr seid Beamte, haltet euch mal zurück, muckt nicht auf!“, und wenn man sich über die anderen freut, ist das die Zweigleisigkeit, die die Staatspartei SPD zunehmend beschreitet. Davor hüten Sie sich bitte, meine Damen und Herren.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Bericht beschreibt eine größere Anzahl positiver Beispiele, die zeigen, wie die Kooperation von Schule und Jugendhilfe in jüngster Zeit tatsächlich im Lande verbessert worden ist, auf der örtlichen Ebene natürlich vielfach auf Initiative von einzelnen Schulen, aber auch kommunalen Gebietskörperschaften - das ist richtig -, aber durchaus auch, wie mir jedenfalls bekannt ist, in einer Reihe von Fällen mit Unterstützungs- und Fördermitteln des Landes in verschiedenen Bereichen. Es ist sozusagen eine Art best practice list, die Beispiele herausstellt. Mein eigener Eindruck ist auf der Basis des Berichts, aber auch durch eigene Anschauung im Einzelfall bestätigt, dass hier wirklich viele gute Dinge in Gang gekommen sind. Ich war kürzlich beispielsweise in dem hier auch im Bericht genannten Schulstandort Sude-West, einer Grundschule in Itzehoe, die ein Ganztagskonzept entwickelt hat, die sich als Grundschule zu einem ganztags geöffneten Haus des Lernens unter Einbeziehung von vielfältigen Kooperationspartnern weiterentwickelt, die das Angebot an dieser Ganztagsschule gerade in einem durchaus schwierigen Einzugsgebiet deutlich verbessern.
Das sind wirklich positive Beispiele, die man herausstellen sollte.
Andererseits - damit komme ich zu einer kritischen Anmerkung - kann man zu diesem Bericht sicherlich mit Recht sagen, dass so etwas wie eine Übersicht über das, was tatsächlich an finanziellen Förderungen aus den verschiedenen Töpfen für diese Projekte verfügbar ist und was in die einzelnen Projekte fließt, in dem Bericht schlicht und ergreifend fehlt. Diese Übersicht brauchten wir eigentlich, um darüber diskutieren zu können, welche Möglichkeiten es gibt, aus den verschiedenen Förderinstrumentarien heraus Weiterentwicklungen in diesen Bereichen in Zukunft anzustoßen. Wir wissen, dass die Kommunen in ihren finanziellen Möglichkeiten allein oft überfordert sind.
Es geht darum, was vom Jugendministerium beigesteuert werden kann, wie im Falle der Grundschule Sude-West, die ich besucht habe, oder was das Bildungsministerium aus den verschiedenen Förderungsmöglichkeiten - Ganztagskonzept und ähnliches - machen könnte. Es geht auch um das, was aus
EU-Mitteln fließen kann. Wir haben in einer früheren Landtagsdebatte einmal über die Möglichkeiten gesprochen, den Europäischen Sozialfonds anzuzapfen, um Projekte der Schulsozialarbeit zu unterstützen. Dies fällt alles in diesen Bereich hinein. Dies müsste noch hinzugefügt werden, um diesen Bericht abzurunden.
Aus eigenen Besuchen vor Ort kann ich sagen, man findet immer wieder Beispiele einer sehr großen Offenheit und Bereitschaft bei den Kommunen etwa dann, wenn vor Ort die Entscheidung getroffen wird, dass eine Schule, die sich zur Ganztagsschule weiterentwickelt, eine Unterstützung aus den benachbarten Jugendzentrum in der Weise bekommt, dass Mitarbeiter aus dem Jugendzentrum nachmittags zumindest mit einem Teil ihrer Arbeitszeit für die Arbeit in diesem Ganztagsangebot zur Verfügung stehen. Dies sind ganz tolle Beispiele. Man stößt, wenn man solche Beispiele als positive Entwicklung herausstellt und anpreist und sagt, dem könnten andere folgen, bei einem Jugendamtsleiter gelegentlich auch auf Zurückhaltung und Skepsis nach dem Motto: Ja, es geht, aber ob das so sinnvoll ist. - Es gibt also auch im Bereich der Jugendbehörden noch Leute, die man überzeugen muss, so meine persönliche Erfahrung
Jugendhilfe ist eine kommunale Aufgabe vor Ort. Sie ist nicht in der Hand des Landes. Man muss im Zusammenhang mit unseren Kollegen aus den Kommunalparlamenten darauf hinwirken, dass die Offenheit für Zusammenarbeit noch größer wird.
Die letzte Anmerkung! Alle bildungspolitischen Sprecher haben am 20. September hier im Hause an einem Gespräch mit dem Beratungslehrerverband teilgenommen, der mit seinen Beratungslehrern an 200 Schulen im Sinne von Vernetzung von Schulen im Bereich der Jugendhilfe tätig ist. Dort haben wir zum Beispiel gehört, dass es zumindest in Teilen des Landes in letzter Zeit Probleme gibt, was die Beteiligung der Schule an Erziehungshilfekonferenzen betrifft. Immer dann, wenn es im Einzelfall ernsthafte Probleme gibt - so hat man uns gesagt -, wird beispielsweise gerade im Bereich der Landeshauptstadt Kiel der Schulbereich eher ausgesperrt. Die Zusammenarbeit hat sich im letzten Jahr deutlich verschlechtert. Das Amt für soziale Dienste, so wurde uns bei diesem Gespräch gesagt, sei in Kiel eher eine Art Closedshop, und das ist nicht im Sinne einer ver
nünftigen Entwicklung der Zusammenarbeit von Schule und Jugendhilfe.
Vielleicht brauchen wir, Frau Ministerin, so etwas wie eine Evaluierung der Zusammenarbeit dieser beiden Bereiche gerade in dem kritischen Fall der Erziehungshilfekonferenzen. Wie funktioniert das vor Ort und in welcher Weise werden die Schulen bei der Arbeit der Jugendbehörden vernünftig beteiligt und einbezogen? Dieser Punkt sollte nach dem Gespräch, das wir mit dem Beratungslehrerverband hier im Hause geführt haben, in den Beratungen im Ausschuss noch einmal angegangen werden.
Herr Präsident, Sie brauchen die Glocke nicht zu benutzen. Ich bin damit fertig und danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Mit dem Thema Kopftuchverbot verbinden sich komplizierte und nicht leicht zu beantwortende verfassungsrechtliche Fragen. Die CDU hat dabei leider ausdrücklich darauf verzichtet, selber einen konkreten Gesetzentwurf vorzulegen. Das ist schade, denn angesichts der schwierigen und teils widersprüchlichen Rechtslage lässt sich eigentlich nur anhand eines konkreten Gesetzestextes eine Entscheidung treffen, ob die vorgeschlagene Regelung wirklich annehmbar ist.
Die Union macht es sich sehr einfach, wenn sie nur einen Entschließungsantrag präsentiert, der für ein gesetzliches Kopftuchverbot plädiert, ohne zu sagen, wie dieser Gesetzentwurf denn aussehen soll.
Deswegen hat sich meine Fraktion nach den gestrigen Beratungen, die wir dazu geführt haben, entschlossen, den Antrag abzulehnen.
Auch der Jurist und CDU-Bundestagsabgeordnete Ronald Pofalla - neuerdings Mitglied der Fraktionsspitze der Union - gehört zu denjenigen, die davon ausgehen, dass landesgesetzliche Regelungen in dieser Frage postwendend wieder vor den Richtern in Karlsruhe landen würden. In der Zeitschrift „NJW“, Heft 17, aus 2004, schreibt er - ich zitiere -:
„Spätestens dann wird es in Karlsruhe erneut darum gehen, ob die neu geschaffenen Gesetze mit dem verfassungsrechtlich garantierten Recht auf Religionsfreiheit in Einklang zu bringen sind. Das Bundesverfassungsgericht wäre in diesem Fall gut beraten, beide Senate als Plenum entscheiden zu lassen, um weitere Widersprüchlichkeiten in der Rechtsprechung zu vermeiden.“
Zu den fachkundigen Gutachtern, die in der Anhörung, die wir als Landtag durchgeführt haben, Stellung genommen haben, gehört die Berliner JuraProfessorin Susanne Baer von der HumboldtUniversität. Frau Baer und ihr Mitarbeiter Michael Wrase gelangen in ihrer Stellungnahme zu dem Fazit, dass dem Landesgesetzgeber nach derzeitiger Verfassungsrechtsprechung zwei Handlungsalternativen prinzipiell offen stünden.
Eine dieser Möglichkeiten ist demnach eine Neutralitätslösung, die darin besteht, dass - ich zitiere - „das Tragen religiöser Kleidungsstücke oder Symbole im Schuldienst oder für Beamte allgemein“ untersagt wird. Das gilt dann eben für alle und kann nicht bloß für ein Kopftuch gelten. Das ist die Option Nummer eins: generelle Neutralität.
Die zweite Möglichkeit - das sagen die Gutachter Frau Professor Baer und ihr Mitarbeiter Herr Wrase - ist eine Toleranz- beziehungsweise Integrationslösung, bei der man solche äußeren Zeichen religiöser Überzeugung - ich zitiere - „in einem vertretbaren Umfang“ zulässt. Es heißt dann weiter - und das finde ich wirklich interessant -:
„Für diesen Fall besteht kein Bedarf für eine gesetzliche Regelung. Das geltende Beamtenrecht genügt, um einer konkreten Gefahr“
„religiöser Beeinflussung zu begegnen. So kann die Einstellung einer Lehramtsbewerberin, die kein Gewähr für eine jederzeit neutrale und tolerante Haltung während des Unterrichts bietet, aufgrund fehlender Eignung für den öffentlichen Dienst abgelehnt werden. Insbesondere wäre eine Lehrerin, die Frauen als ‚unrein’ erklärt, wenn diese kein Kopftuch tragen, und in ihrer Schule diskriminierende Abgrenzungen zwischen Menschen verschiedener Glaubensrichtungen vornimmt, für den Schuldienst nicht geeignet.“
Das ist natürlich - wie wir alle wissen - genau auf den Fall Ludin gemünzt.
Ich muss sagen: Nach derzeitigem Diskussionsstand haben ich und meine Fraktion eine Präferenz für die zweite Option. Wir wollen in solchen Fällen sehr wohl von staatlicher Seite auch einschreiten und einschreiten können. Aber wir sagen: Dazu bedarf es nicht unbedingt einer gesetzlichen Regelung - und schon gar nicht einer gesetzlichen Regelung, die dann postwendend in Karlsruhe von den Bundesverfassungsrichtern ausgehebelt würde.
Meine Damen und Herren, ich möchte abschließend darauf hinweisen, dass das, was an Gesetzen in den einzelnen Bundesländern verabschiedet worden ist, von vielen Juristen im Hinblick auf ihre Verfassungskonformität und Kompatibilität mit EU-Recht infrage gestellt wird. Dazu gehört unter anderem auch die Gutachterin Frau Dr. Laskowski von der Universität Hamburg, die auch in unserer Anhörung Stellung genommen hat. Ich finde, dass Frau Laskowski über diese Thematik Kopftuchverbot im engeren Sinne hinaus eine sehr wichtige zusätzliche Anmerkung gemacht hat, die ich zum Abschluss zitieren möchte. Sie sagt nämlich - und das geht wirklich weit über das enge Themenfeld Kopftuchverbot für Lehramtsbewerberinnen hinaus -:
„Der Blick muss sich künftig stärker auf die in Deutschland lebenden Frauen und Mädchen mit Migrationshintergrund richten. In den gesellschafts- und rechtspolitischen Fokus müssen endlich die täglich gegenüber diesen Frauen stattfindenden Repressalien treten, die sich in erzwungenen Kopftüchern, Zwangsheirat, Gewalt etc. ausdrücken und in erster Linie von männlichen Familieangehörigen in den bereits existierenden islamischen Nebengesellschaften mitten in Deutschland ausgeübt werden.“
Ich denke, hier werden wirklich Fragen an unser Verfassungsverständnis, unser Rechtsverständnis und unser politisches Verständnis aufgeworfen, die viel weitreichender und wichtiger sind als das, was sich mit dem Thema Kopftuchverbot im engeren Sinn verbindet.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der Zufall - oder das Schicksal - der Abfolge der Tagesordnungspunkte will es so, dass wir ein Verbot nach dem nächsten diskutieren, wobei es sich dabei aber selbstverständlich um Dinge unterschiedlicher Ebenen handelt.
Das Leitbild einer rauchfreien Zone können wir als FDP-Fraktion voll und ganz unterstützen.
Ich glaube, es ist wirklich eine Frage der Entwicklung von Einsicht und der Wirksamkeit von Aufklärung und Erziehung in der Schule, solche Präventionsprogramme, wie sie zu Recht angesprochen sind, durchzuführen. Obwohl Sie den Begriff Verbot in der Formulierung Ihres Antrags nicht auftauchen lassen, stellt sich die Frage, wie man konkret dahin kommt. Ist der Weg des Verbots, den andere Bundesländer gegangen sind, wirklich der richtige Weg?
Die Diskussionen darüber sind auch außerhalb des Landes sehr hitzig geführt worden. Es stellt sich auch immer die Frage, wie man ein Verbot, wenn man es einführen würde, tatsächlich durchsetzen kann. Ich kann mich aus meiner eigenen Schulzeit noch gut an die Zeit erinnern, als es das Rauchverbot gab. Gleichwohl wurde in den Pausen in den Schulgebäuden, auf den Toiletten, kräftig gepafft. Dann kamen die Raucherecken als große Neuerung. Es gab abgegrenzte Bereiche.
Ich zitiere aus der Stellungnahme, die der Schulleiterverband in einer Anhörung vorgelegt hat, die wir vor
zwei Jahren im Ausschuss zu diesem Thema durchgeführt haben. Heute ist es so:
„Die Schulen unseres Landes sind keine Zonen freien Rauch- und Alkoholgenusses. In den Schul- und Hausordnungen sind durch gemeinsame Beschlüsse der Lehrkräfte, der Elternvertreter und der Schülervertreter in den Schulkonferenzen das Rauchen und das Trinken alkoholhaltiger Getränke verboten. Ausnahmen werden gemeinsam festgelegt.“
Man kann auch darüber diskutieren, ob man den Schulen nicht empfehlen sollte, sich im Zweifelsfall noch einmal Gedanken über das Thema Ausnahmen zu machen. Frauke Tengler, es geht immer auch um die Frage, wie man etwas zweifelsfrei durchsetzt und wie die Realität außerhalb des Schulgebäudes möglicherweise aussieht. Natürlich können sich Schüler in der Pause auch in einen Bereich außerhalb des Schulgeländes begeben und da ihre Zigarette paffen. Ich zitiere noch einmal aus der Stellungnahme des Schulleiterverbandes:
„Der Schulleiterverband Schleswig-Holstein ist der Meinung, wer ein Verbot erlassen will, muss sich auch über die Kontrollmöglichkeiten zur Durchsetzung und über Sanktionen Gedanken machen. Beides wird täglich von den an Schulen Beschäftigten vermisst, wenn sie den Paragraphen neun des Gesetzes zum Schutz der Jugend in der Öffentlichkeit mit der Realität außerhalb des Schulgeländes vergleichen.“
So ist die Realität. Das ist so. Herr Eichstädt, ich halte den Vorschlag für richtig, in beiden Ausschüssen mit diesem Thema noch einmal intensiv zu Rate zu gehen. Ich halte es für richtig, dass wir uns Gedanken darüber machen, was in diesem Bereich wirklich verbessert werden kann. Ich hoffe, dass wir mit den engagierten Kolleginnen und Kollegen von der Union zu einem Konsens kommen werden.
Ich möchte ausdrücklich bekräftigen: Das grundlegende Ziel einer rauchfreien Zone unterstützen wir ausdrücklich, nur ist der leichte Schritt zum Verbot aus unserer Sicht nicht der richtige Ansatzpunkt.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Reform der bundessstaatlichen Ordnung -, kurz: Föderalismusreform - ist zu Recht - ich glaube, das Zitat stammt von Peter Glotz - als Mutter aller Reformen bezeichnet worden. Denn ohne eine klare Trennung und Neuverteilung von Aufgaben und Zuständigkeiten zwischen Bund und Ländern wird in Deutschland weiter sehr viel Sand im staatlichen Getriebe bleiben. Die Handlungs- und Gestaltungsfähigkeit aller staatlichen Ebenen wäre weiter eingeengt. Das Schwarze-Peter-Spiel wechselseitiger Schuldzuweisungen ginge weiter.
Auch wenn sich das sehr komplexe Thema nur schwer in der Öffentlichkeit vermitteln lässt, müssen wir den Bürgern sagen, dass das Schicksal der Föderalismusreform über die Zukunftschancen in Deutschland entscheiden wird. Es ist nicht so, dass sich unser Staat den in Jahrzehnten gewachsenen Kompetenzdschungel weiter leisten kann. Politische Blockaden
zwischen Bund und Ländern, doppelte und dreifache Verwaltungszuständigkeiten und die Bindung knapper Finanzmittel in zahlreichen Mischfinanzierungssystemen fordern zunehmend einen hohen Preis. All dies hemmt und lähmt den Fortschritt, den ein Staat, der immer mehr von seiner eigenen Substanz lebt, eigentlich dringend braucht.
Jetzt, da die Beratungen der vom Bundestag und Bundesrat gebildeten Reformkommission in die entscheidende Endphase eingetreten sind, meldet sich natürlich die Riege der Bedenkenträger besonders laut zu Wort - Besitzstandswahrer und Angsthasen, die organisierten Interessen in großen Verbänden, aber natürlich auch die einzelnen Vertreter der politischen Institutionen auf Bundesebene und in den Ländern.
Jeder weiß natürlich, dass eine verfassungsändernde Mehrheit am Ende nur durch Kompromisse erreichbar sein wird. Wie in allen Verhandlungssituationen hat aber derjenige von vornherein schon verloren, der nicht in der Lage ist, seine Verhandlungsposition ganz klar zu definieren. Die Präsidenten der Landesparlamente und die Vertreter der Landtagsfraktionen in der Bundesstaatskommission haben nach unserer Auffassung diese Positionsbeschreibung, die für die Verhandlungen erforderlich ist, in der Münchener Erklärung überzeugend und richtig vorgenommen. Die FDPLandtagsfraktion stellt sich deshalb ausdrücklich hinter die Erklärung. Wir haben uns in den letzten zwei Wochen schon etwas darüber gewundert, welche Schwierigkeiten die SPD-Landtagsfraktion damit gehabt hat, den von Landtagspräsidenten Heinz-Werner Arens angeregten gemeinsamen Resolutionsentwurf mitzuzeichnen. Das ist jetzt dadurch geheilt worden, dass heute als Tischvorlage dann doch die Bekräftigung der Münchener Erklärung jedenfalls zu - sage ich einmal - 95 % erfolgt ist. Kleine Abweichungen habe ich bei der Durchsicht sehr wohl festgestellt.
- 94 %. Holger Astrup hat wie immer auf seinem Computer ganz genau nachgerechnet.
Natürlich gibt es in allen politischen Lagern auf der Bundesebene auf der einen Seite und der Länderebene auf der anderen Seite - das ist auch schon gesagt worden - zum Teil unterschiedliche Positionen. Die sind gerade in der letzten Zeit in der SPD zwischen dem SPD-Parteivorsitzenden Franz Müntefering, einem der beiden Co-Vorsitzenden der Bundesstaatskommission, auf der einen Seite und dem Bundeskanzler Gerhard Schröder auf der anderen Seite sehr deutlich geworden. Ich zitiere aus dem „Spiegel“ vom 25. Oktober 2004:
„Längst vermutet man in der SPD-Fraktion,“
- gemeint ist die SPD-Bundestagsfraktion -
„dass der Kanzler unter Umständen gar kein Interesse an einer konsequenten Entfernung der Kompetenzen haben könnte. Schließlich gehört es zu seiner Linie, die Opposition in möglichst viele Entscheidungen der Regierung einzubinden.“
Im Kern geht es bei der Föderalismusreform um einen sehr einfachen Zusammenhang, den niemand, der Fortschritte erreichen will, ignorieren kann. Wenn der Bundestag künftig in deutlich mehr Bereichen als bisher Gesetze beschließen können soll, die nicht der Zustimmung des Bundesrates, das heißt der Länderregierungen bedürfen, dann muss der Bund im Gegenzug auch bereit sein, den Ländern und damit auch den Landesparlamenten mehr eigenständige Gestaltungsbereiche einzuräumen. So einfach ist das.
Der Bund ist aber lange Zeit nur bereit gewesen, so bedeutende Kompetenzbereiche wie das Notar- und Jagdwesen und den öffentlichen Freizeitlärm, also die Öffnungszeiten in Biergärten, in die alleinige Länderzuständigkeit zu geben. Ein Kompromiss mit Geben und Nehmen ist so sicherlich nicht zu erreichen. Auch die jüngsten Angebote der Bundesjustizministerin Zypries gehen in diese Richtung. Da ist dann noch das Schornsteinfegerrecht dazugekommen und es sind auch noch echte politische Kuckuckseier dazugekommen, wie zum Beispiel der Vorschlag, dass die Küstenländer den Küstenschutz allein übernehmen sollen. Das ist auch schon angesprochen worden. Solche Offerten liegen ganz auf der Linie einer Bundespolitik, die immer wieder Lasten auf die anderen staatlichen Ebenen abzuwälzen geneigt ist. Ein letztes Beispiel ist die Einrichtung von Kinderbetreuungseinrichtungen für den Altersbereich von null bis drei Jahren. Finanziert werden soll das Ganze - wie Sie wissen - mit angeblichen Einsparungen aus dem Bereich von Hartz IV.
- Die sucht man noch. Sie brauchen nur die Zeitungen aufschlagen, dann lesen Sie überall, dass die Kommunen Mehrkosten haben. Die veranschlagte Summe ist auch nur ein Bruchteil dessen, was die kommunalen Spitzenverbände an Betriebskosten, vor allem auch Investitionskosten, für solche Einrichtungen ausgerechnet haben. Dieses Spiel muss in unserem
föderalen System aufhören, wenn wir politisch in den nächsten Jahren weiterkommen wollen.
- Das ist mein letzter Satz, Frau Präsidentin. - Wir brauchen eine klare Zuordnung von Aufgaben und Zuständigkeiten. Der Kern einer funktionierenden Föderalismusreform ist, dass danach niemand in unserem Staat Beschlüsse auf Kosten anderer fassen kann.
Ich hoffe, dass wir trotz aller Schwierigkeiten bei diesem Reformprozess doch noch zu nennenswerten Fortschritten kommen werden.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ganztagsangebote eröffnen neue Chancen für die Bildung. Dies gilt gerade auch für das Konzept der offenen Ganztagsschule. Sie bietet nicht „mehr vom selben“, das heißt nicht die Verlagerung von Unterricht in den Nachmittag hinein, sondern ein zusätzliches Bildungsangebot anderer Art neben dem Unterricht, der weiterhin im Wesentlichen am Vormittag stattfindet.
Es gibt jetzt landesweit viele gute Konzepte für offene Ganztagsangebote, gute Konzepte, die weit mehr sind - Herr Kollege de Jager - als eine bloße Reduktion auf „Betreuung“.
Insofern ist auch die oft vonseiten der Union - wie heute wieder zu hören - geäußerte Kritik gegen das Konzept der offenen Ganztagsschule nach meiner Überzeugung nicht stichhaltig.
Notwendig ist allerdings eine erweiterte finanzielle Förderung solcher Ganztagsangebote durch das Land. Ich verweise auf Rheinland-Pfalz, wo man im Endausbaustadium für 300 Schulen landesweit 60 Millionen € per anno an Zuwendungen des Landes eingeplant hat. Da sind wir mit eineinhalb Millionen € Zuschüssen noch sehr weit davon entfernt. Meine Fraktion hat bei den Haushaltsberatungen für den Doppelhaushalt 2004/2005 deshalb konsequent eine Aufstockung dieser Landesförderung beantragt.
Wir brauchen auch eine Zuweisung von Leitungszeit für die Organisation.
- Ja. Die ist knapp bemessen. Die Organisation eines guten Ganztagsangebotes braucht Zeit. Diese Kritik muss ich anfügen. Die Grundidee einer offenen Ganztagsschule ist aber absolut vernünftig.
Mit Kooperationspartnern aus dem Bereich der kommunalen Jugendhilfe, aus Jugendverbänden, Sportvereinen, Musikschulen, Kirchengemeinden - diese Aufzählung ist keineswegs vollständig - erschließen offene Ganztagsschulen Kindern und Jugendlichen Erfahrungsfelder, die ihnen in der heutigen gesellschaftlichen Realität sonst vielfach verschlossen bleiben. Dass dies frei von prüfungs- und lehrplanbezogenen Anforderungen bleibt, ist nicht nur kein Nachteil, sondern meines Erachtens sogar ein Vorteil.
Die Eltern behalten dadurch die Entscheidungsfreiheit, ob sie ihre Kinder für ein Ganztagsangebot anmelden wollen. Es kann gute Gründe dafür geben, dass man sich nicht für ein solches Angebot entscheidet - sei es, weil manche den Nachmittag für die Familie nutzen wollen, sei es, weil es Schüler gibt, die diese Zeit für andere Interessen brauchen, etwa für eine Aktivität in einem Sportverein oder in einer Musikschule. Gleichwohl wissen wir, der Bedarf an Ganztagsangeboten ist sehr groß. Die Wahlmöglichkeit muss aber bestehen bleiben.
Im Konzept einer gebundenen Ganztagsschule ist das nicht möglich, meine Damen und Herren von der CDU. Denn wenn am Nachmittag Unterricht stattfindet, ist die Möglichkeit, sich auch gegen eine Ganztagslösung zu entscheiden, nicht mehr gegeben. Dann würde man als Schülerin oder als Schüler einen Teil des Unterrichts nicht mitbekommen. Eine gebundene Ganztagsschule - das muss man der CDU sagen - muss eine Pflichtveranstaltung sein. Damit versperrt Ihr Konzept die Wahlmöglichkeit, die für die Eltern nach Überzeugung der FDP weiter gewährleistet bleiben muss.
- Es gibt welche. Aber im Regelfall halten wir für ein breites Ganztagsangebot im Land das Konzept der offenen Ganztagsschule für besser. Wenn man nur auf gebundene Ganztagsschulen setzt, könnte man diese Schulen wegen der viel höheren Kosten sehr viel langsamer errichten und man schafft an vielen Standorten die Wahlmöglichkeit für die Eltern de facto ab. Das muss ich als Kritikpunkt an Ihre Adresse sagen. Wir sagen: Im Regelfall ist das Konzept der offenen Ganztagsschule ein besseres Konzept.
Ausdrücklich dazu gesagt sei, dass wir nachbessern müssen, was die Ausstattung angeht.
Bildungsdefizite und Defizite im erzieherischen Bereich entstehen unter den heutigen gesellschaftlichen Rahmenbedingungen vor allem auch deshalb, weil Kinder und Jugendliche in der Familie und in deren sozialem Umfeld oft nicht mehr in dem gleichen Maße wie früher Förderung und Unterstützung erhalten. Kontaktarmut von Einzelkindern, die Tendenz, sich eher mit elektronischen Medien zu befassen, als sich in gemeinschaftlichen Zusammenhängen zu bewegen, seien hier nur als Stichworte genannt. Auch als Alternative zur „Clique“ sind pädagogisch
sinnvolle Aktivitäten in Ganztagsangeboten von ganz großem Wert.
Indem sie Kinder und Jugendliche in emotionaler Hinsicht und im Hinblick auf ihr Sozialverhalten stärken, ihnen also im besten Sinne auch „Gemeinschaftsgeist“ vermitteln können, haben sie nach unserer Überzeugung mittelbar auch eine positive Auswirkung auf die Leistungs- und Anstrengungsbereitschaft im Kernbereich der Schule, nämlich dem Unterricht.
- Ich komme zum Schluss, Herr Präsident. - Das Konzept der offenen Ganztagsschule eröffnet vielfältige Gestaltungsmöglichkeiten. Ich wünsche mir, einen Bereich weiter auszubauen, nämlich die Eröffnung von mehr Erfahrungsfeldern auch im Bereich der Arbeitswelt, der Berufsorientierung. Die große Chance bei offenen Ganztagsangeboten ist, dass man das zeitlich nicht zulasten der Unterrichtszeit gehen lassen müsste. Hier sind konzeptionell noch weitere Entwicklungen notwendig und sinnvoll. Der entscheidende Punkt, dass man auf diesem Weg die Motivation, die Leistungsbereitschaft und die Anstrengungsbereitschaft der Schüler für die eigentliche Aufgabe der Schule, den Unterricht, erhöht, ist mittelbar der große auch pädagogische Nutzen eines solchen Ganztagsangebots.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nach Artikel 5 unserer Landesverfassung haben die dänische Minderheit und die friesische Volksgruppe in Schleswig-Holstein Anspruch auf Schutz und Förderung. Das Land wird dieser verfassungsrechtlichen Vorgabe auf vielfältige Art und Weise gerecht: materiell durch eine Vielzahl von Fördermaßnahmen, in rechtlicher Hinsicht zum Beispiel auch durch die Verpflichtungen, die unser Land im Rahmen der Europäischen Charta der Regional- oder Minderheitensprachen eingegangen ist. Die Abgeordneten des SSW haben darüber hinaus mit ihrem Gesetzentwurf eine spezielle landesrechtliche Regelung zur Förderung des Friesischen im öffentlichen Raum beantragt. Nach den dazu von den Ausschüssen des Landtages durchgeführten Anhörungen bestehen aus der Sicht meiner Fraktion nach wie vor Zweifel, ob eine solche gesetzliche Regelung wirklich erforderlich ist. Tat
sächlich regelt das Gesetz nämlich nichts, was nicht auch bereits ohnehin möglich ist. Ich verweise dazu auf die Stellungnahme des Innenministeriums in der Anhörung. Ich zitiere aus dem Protokoll:
„AL Dr. Lutz, Innenministerium, wirft die Frage auf, inwieweit vor dem Hintergrund der bereits bestehenden Regelungen ein Friesisch-Gesetz überhaupt notwendig sei. Artikel 10 der Sprachen-Charta regele die Vorlage von Urkunden in Friesisch, die Annahme von Ortsnamen in Friesisch, den Einsatz von Angehörigen des öffentlichen Dienstes mit Sprachkenntnissen des Friesischen und den Gebrauch oder die Annahme von Familiennamen in Friesisch."
Im Übrigen verweist Herr Dr. Lutz dann auf eine Diskrepanz zwischen dem Gesetzentwurf auf der einen Seite und der Sprachen-Charta auf der anderen Seite, was zum Beispiel die Frage angeht, wer die Kosten von Übersetzungen in die friesische Sprache zu übernehmen hat. Auch das ist also ein Problem, das wir vielleicht bedenken sollten.
Weiter heißt es in dem Protokoll:
„Die Regelungen hinsichtlich der Dienstsiegel und sonstigen Hoheitszeichen seien lediglich bekräftigend."
Es heißt dann weiter:
„Er schließt mit dem Resümee, aus Sicht des Innenministeriums bestünden keine durchgreifenden Bedenken gegen die im Gesetzentwurf aufgeführten Regelungen, da es sich um Kann-Regelungen handele. Alles spitze sich allerdings auf die Frage zu, ob ein solches Gesetz für Schleswig-Holstein überhaupt notwendig sei."
Angesichts dieser Feststellungen wird die Mehrheit des Landesparlaments sehr wahrscheinlich ein Gesetz beschließen, das nur bekräftigt, was ohnehin bereits möglich ist beziehungsweise in der Verfassung oder in rechtsverbindlichen Verträgen an Verpflichtungen eingegangen wurde. Ob ein solches Vorgehen wirklich angemessen und sinnvoll ist, lässt sich bezweifeln. Es handelt sich um einen sicherlich schwer zurückzuweisenden Akt mit Symbolcharakter, der verdeckt, dass in dieser Problematik herzlich wenig passiert ist, gerade auch in den letzten Jahren. Ich darf daran erinnern, dass es teilweise sogar schmerzhafte Rückschritte gegeben hat, etwa die Halbierung der Wissenschaftlerstellen im Bereich Friesisch an den Universitäten des Landes im Laufe der letzten Jahre, nämlich eine Halbierung von vier auf zwei Stellen.
Meine Damen und Herren, konkrete Schritte zur Förderung des Friesischen vom Kindergarten über den Kulturbereich, im Schulbereich bis hin zur Universitätsebene sind jedenfalls unendlich viel wichtiger als eine bloße symbolische Bekräftigung verschiedener vorhandener Möglichkeiten.
Schließlich stellt sich auch die Frage, ob der Landtag wirklich gut beraten ist, Gesetze zu beschließen, die in der Sache nichts Neues bringen. Eingedenk dieser Überlegungen hat sich die FDP-Fraktion dazu entschlossen, nicht den einfacheren und zudem natürlich in Wahlkampfzeiten wesentlich bequemeren Weg zu gehen, den wahrscheinlich viele Kollegen in der bevorstehenden Abstimmung gehen werden, dann nämlich ein bis zwei Augen zuzudrücken. Weil wir deutlich machen wollen, dass wir in der Sache nicht gegen das sind, was dieser vorliegende Gesetzentwurf bloß noch bekräftigt, werden wir uns - jedenfalls die deutliche Mehrheit unserer Fraktion - in der Abstimmung der Stimme enthalten.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Hochschulgesetzgebung wird auch nach dieser zweiten Lesung zu mehreren Vorlagen noch eine Baustelle bleiben. Allfällige Konsequenzen aus der Diskussion über eine Föderalismusreform sprechen ebenso für diese Annahme wie das im kommenden Jahr zu erwartende Urteil des Karlsruher Bundesverfassungsgerichts zum Thema Studiengebühr. Übrigens hat zu diesem Verfassungsrechtsstreit laut „Spiegel online“ kein einziges SPD-regiertes Bundesland eine schriftliche Stellungsnahme vorgelegt und auch zu der gestern in Karlsruhe durchgeführten mündlichen Anhörung wurde kein Vertreter der sozialdemokratisch regierten Länder angemeldet. Frau Erdsiek-Rave, offenbar sehen die SPD-Länder die Bundesbildungsministerin, Frau Bulmahn, in dieser Sache auf verlorenem Posten.
Offen sind zudem dringend notwendige Konsequenzen aus dem Mitte des Jahres ergangenen Verfas
sungsgerichtsurteil zur Junior-Professur und zu den befristeten Beschäftigungsverhältnissen an den Hochschulen. Bei der Anhörung, die der Bildungsausschuss des Landtages im August zum Thema Hochschulgesetznovelle durchgeführt hat, ist diese Dringlichkeit vonseiten der Rektorate, aber auch der Vertreter der Personalräte, insbesondere der wissenschaftlichen Mitarbeiter, nachdrücklich in den Vordergrund gestellt worden. Wir haben hier schlicht und ergreifend, insbesondere was die befristeten Beschäftigungsverhältnisse im Hochschulbereich angeht, momentan eine sehr problematische Situation. Presseberichte darüber, dass sich Hochschulen bei der Einstellung von befristet beschäftigten Mitarbeitern stark zurückhalten, sprechen da Bände.
Nach Auffassung der FDP-Fraktion sollte auf jeden Fall keine Zwölfjahresregelung oder ein ähnliches Korsett, wie es bestanden hat, in irgendeiner Form wieder aufleben. Wir brauchen ein Hochschuldienstrecht, das große Flexibilität ermöglicht, wie es in anderen Staaten der EU der Fall ist.
Zu den unterschiedlichen Gesetzentwürfen, die in die Beschlussvorlage des Bildungsausschusses Eingang gefunden haben, will ich kurz in drei Punkten Stellung beziehen.
Erstens. Die Aufwertung der Muthesius-Hochschule zur Kunsthochschule wird auch von der FDP-Fraktion unterstützt.
Zweitens. Die Hochschulgesetznovelle der Landesregierung lehnen wir mit Blick auf mehrere Kritikpunkte ab. Ein Vorschlagsrecht der Rektoren für das Amt der Prorektoren halten wir nicht für sinnvoll, weil es die Rechte der Hochschulgremien einschränkt und einer angemessenen Vertretung aller Bereiche einer Hochschule entgegenwirken kann. Außerdem sollten die Hochschulsenate unseres Erachtens auch allgemeine Empfehlungen zur Verwendung von Personal- und Sachmitteln geben können. Schließlich sind wir der Auffassung, dass die Hochschulen künftig über eine vollständige Personalhoheit verfügen sollten und nicht nur über eine Personalhoheit für einen Teil der Professorenstellen. Das haben wir in der Vergangenheit hier wiederholt deutlich gemacht. Insoweit sind unsere inhaltlichen Positionen klar, Herr Kollege de Jager.
Meine Damen und Herren, mit Blick auf die Kritikpunkte lehnen wir die Ausschussvorlage zum HSGEntwurf der Landesregierung ab, auch wenn wir einzelne Punkte befürworten. Zwar ist das, was von den Koalitionsfraktionen zum Thema der Ermöglichung privatrechtlicher Dienstverträge für Oberärzte im Bereich des Universitätsklinikums Schleswig-Hol
stein noch nachgebessert worden ist, zu begrüßen, aber auf der anderen Seite überwiegen aus unserer Sicht die Kritikpunkte so sehr, dass wir der Gesetzesvorlage insgesamt nicht zustimmen können.
Drittens. Zur Hochschulgesetznovelle der CDUFraktion habe ich in der ersten Lesung im April schon ausführlich Stellung genommen. Soweit die Union eine Stärkung der Hochschulautonomie sowohl im Bereich der Personalhoheit als auch bezüglich des Auswahlrechts von Studienplatzbewerbern anstrebt, rennt sie bei uns offene Türen ein. Das sind alles Dinge, die wir in den letzten Jahren in mehreren Anträgen als politische Forderungen zur Diskussion gestellt haben. Insoweit ist das von uns bereits in der ersten Lesung voll unterstützt worden.
Problematisch sind aber andere Teile der CDUGesetzesvorlage. Ich denke insbesondere an die Einführung eines Landeshochschulrats oder an die von der Union vorgesehene Regelung für § 20 a HSG, die eine projektbezogene Vergabe von Teilen der Landesmittel für den Hochschulbereich zum Inhalt hat. Würde man einen Teil der Landeszuschüsse für solche Projekte reservieren, stünde dies nach unserer Auffassung in einem wirklich eklatanten Widerspruch zu dem in den letzten Jahren erfolgreich beschrittenen Weg hin zu einer größeren Finanzautonomie der Hochschulen und hin zu Globalhaushalten. Man kassiert also hier einen ganz wesentlichen Fortschritt, der auch mehr Hochschulautonomie bedeutet, wieder ein und macht das Ministerium sozusagen zur Vergabestelle für Projektmittel.
Damit wird der Hochschulbereich wieder an das Gängelband der Kultusbürokratie gelegt. Dies steht dem Ansatz einer Stärkung der Autonomie diametral entgegen.
Die Vorliebe der Union für Räteorgane, für den „Hochschulsowjet“, den Landeshochschulrat, können wir überhaupt nicht nachvollziehen. Ich habe bereits in der ersten Lesung gesagt: Wenn vergleichbar dazu im Bereich der Agrarpolitik ein Landesagrarrat, besetzt mit Fachleuten, die alle hauptberuflich nicht im Agrarbereich tätig sind, beantragt würde, wenn aber dieser Agrarrat nicht unerhebliche Aufgaben im Hinblick auf die Gestaltung der Agrarpolitik des Landes übernehmen sollte, würde sich Herr Carstensen an die Spitze einer dann aufflammenden Aufstandsbewegung stellen. Die Union ist aus unserer Sicht auf einem von keiner Hochschule des Landes geteilten Weg.