Rainer Schmeltzer

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Last Statements

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! In der Zusammenfassung dessen, was gewesen ist und was gelaufen ist, mit all den Erfahrungen aus den letzten Jahrzehnten, finde ich bei all den Debatten doch eine recht große Übereinstimmung.
Trotzdem schauen wir doch einmal kurz zurück. Wir schauen sicherlich seit einiger Zeit mit Sorge und mit sehr starken Irritationen auf die Entwicklung der Türkei. Der zum Glück vereitelte Putschversuch, die Vielzahl terroristischer Akte, die bewaffneten Konflikte im Osten der Türkei, die massiven Eingriffe in die Pressefreiheit, die Entlassungen vieler Menschen aus öffentlichen Einrichtungen, das lässt uns um die innere Sicherheit und um die Demokratie in dem Land fürchten, in dem die Wurzeln von rund einer Million nordrhein-westfälischer Männer, Frauen und Kinder liegen.
So sehr wir der Republik Türkei inneren Frieden und demokratische Stabilität wünschen, so wenig können wir es akzeptieren, dass innertürkische Konflikte in Nordrhein-Westfalen ausgetragen werden. Das gilt für alle beteiligten Seiten – egal, ob es um parteipolitische, ethnische oder innerislamische Konflikte geht.
Für die Landesregierung ist deshalb klar, dass die Spitzelaktionen gegen tatsächliche oder auch vermeintliche Anhänger des Predigers Gülen nicht hingenommen werden können. Die Opfer der Denunziationen und Nachstellungen können unseren uneingeschränkten Schutz beanspruchen. Deshalb, Herr Dr. Stamp, hat die Landesregierung kurzfristig bzw. sofort und umsichtig Vorkehrungen getroffen, um die von den Spitzelaktionen betroffenen Personen zu informieren und ihnen die entsprechende Unterstützung anzubieten.
Welche Konsequenzen gegenüber der DİTİB – dem Bundesverband, der auch seinen Sitz hier in Nordrhein-Westfalen hat, aber auch dem Landesverband Nordrhein-Westfalen und den dazugehörigen Moscheegemeinden – zu ziehen sein werden, ist natürlich zum einen von den Ergebnissen der bundesanwaltlichen Ermittlungen abhängig. Das ist schon angesprochen worden. Ich freue mich darüber, zur Kenntnis nehmen zu können, dass die Durchsuchungen am heutigen Tag ein deutliches Signal geben, dass der Generalbundesanwalt hier auch tätig ist. Wir sind auf die Erkenntnisse gespannt. Zum anderen ist das aber natürlich auch vom weiteren Verhalten der DİTİB, und zwar auf allen Ebenen, abhängig.
Die betroffenen Ministerien, die in Kooperationsverhältnissen mit der DİTİB und anderen muslimischen Verbänden stehen, stimmen sich bezüglich des Umgangs mit der DİTİB kontinuierlich eng ab. Auch ich führe immer entsprechende Gespräche, Herr Dr. Stamp – aber sicherlich nicht immer vor der Landespressekonferenz.
Aktuell ist gewährleistet, dass die DİTİB bis auf Weiteres an keiner Beschlussfassung und verbindlichen Vereinbarung mit der Landesregierung beteiligt ist. Das gilt auch für die Arbeit des Beirats für den Islamischen Religionsunterricht in NRW, in dem die DİTİB ihren Sitz ruhen lässt. Das gilt ebenfalls für den Prozess der Statusfeststellung unter Leitung der Staatskanzlei.
Derzeit werden hier die Ergebnisse des erweiterten Gutachtens, das wir im August letzten Jahres in Auftrag gegeben haben, über die Staatsnähe der DİTİB und natürlich auch der anderen islamischen Verbände sowie über die Folgen der türkischen Entwicklungen für den Statusprozess abgewartet. Wir wollen wissen: Wie gibt es definitive Einflussmöglichkeiten, und wie ist die Abhängigkeit tatsächlich vor Ort verankert?
Damit ist insgesamt gewährleistet, dass die Einführung und Gestaltung des islamischen Religionsunterrichts gesetzeskonform und auch in Umsetzung der Integrationsoffensive Nordrhein-Westfalen ge
schieht. Dies ist ein Gebot der Religionsfreiheit, aber auch ein Baustein für gelingende Integration.
Spätestens jetzt erweist es sich als gut und richtig, dass der Prozess der Statusfeststellung nicht übers Knie gebrochen worden ist, sondern der juristischen und religionswissenschaftlichen Begutachtung aller Verbände angemessener Raum gegeben worden ist.
Ebenso gut und richtig ist es, dass alle Fraktionen des Landtages in diesem Prozess mitwirken. Sie sind ja im August letzten Jahres auch direkt über das erweiterte Gutachten informiert worden. Für Ihre Fraktion, die CDU, sitzen Herr Prof. Sternberg und Frau Güler sowie für die FDP Sie selber, Herr Dr. Stamp, in diesem Kreis.
Auch Rheinland-Pfalz und Hessen lassen derzeit die Frage des Einflusses türkisch-staatlicher Stellen auf die DİTİB in besonderen Gutachten untersuchen.
Hessen – es ist gerade schon angesprochen worden – hat allerdings anders als Nordrhein-Westfalen die DİTİB bereits als Religionsgemeinschaft anerkannt. Hier möchte ich – da ergänze ich den Kollegen Mostofizadeh – an Folgendes erinnern: Es war der FDP-Justiz- und -Integrationsminister Hahn, der damals die Anerkennung der DİTİB dort vorangetrieben hat. Er hat meinen Vorgänger, Herrn Kollegen Schneider, für das Vorgehen beschimpft, das wir in Nordrhein-Westfalen gewählt haben. – Auch das müssen Sie bei Ihren Einlassungen hier berücksichtigen, Herr Dr. Stamp.
Meine Damen und Herren, auch in Niedersachsen ruhen derzeit die Gespräche zwischen der Landesregierung und dem DİTİB-Landesverband. Auch dort wird die Unabhängigkeit eingefordert.
Ebenso unumstritten ist aber, dass die DİTİB in den vergangenen Jahrzehnten gute und wichtige Dienste für Hunderttausende nordrhein-westfälische Musliminnen und Muslime erbracht hat und wiederholt auch als Brückenbauerin zwischen dem Staat und den Muslimen agiert hat. Das darf bei allen weiteren Diskussionen und Planungen, aber auch bei anstehenden Entscheidungen nicht vergessen werden.
Ich habe in den letzten Wochen bei vielen meiner Besuche vor Ort auch Angehörige von örtlichen DİTİBGemeinden getroffen, die sich deutlich und auch glaubhaft von den Spitzelaktionen distanziert haben und die sich unmissverständlich als deutsche Muslime verstehen.
In Würdigung all dieser Aspekte ist es kein Widerspruch, von der DİTİB einerseits klare Konsequenzen aus dem Vorgefallenen zu erwarten, andererseits aber weiterhin mit ihr im Gespräch zu bleiben.
Frau Kollegin Güler, es gibt definitiv keinen Generalverdacht gegen alle DİTİB-Gemeinden. Zumindest an dieser Stelle teile ich Ihre Meinung ausdrücklich. Sie sind im Interesse der vielen Menschen, die in den Moscheegemeinden der DİTİB Seelsorge erfahren, Gebetsräume Moscheen besuchen, Beerdigungsdienste in Anspruch nehmen und viele soziale Dienstleistungen nutzen. Das ist ein Fakt, den wir auch zur Kenntnis nehmen müssen und gerne zur Kenntnis nehmen.
Der Bundesverband, aber auch der Landesverband der DİTİB haben sich in den letzten Wochen mehrfach zu den Vorfällen und zur öffentlichen Debatte geäußert. Das nehmen wir wahr. Wir nehmen aber auch wahr, dass Diskussionen innerhalb der DİTİB stattfinden. Auch das erkennen wir durchaus an.
Um verloren gegangenes Vertrauen wiederzugewinnen, bedarf es aber mehr. Ich erwarte von der DİTİB, in erster Linie vom Landesverband in NordrheinWestfalen, den ernsthaften Willen zur Loslösung vom direkten Einfluss türkisch-staatlicher Institutionen. Entsprechende Signale müssen erfolgen, und zwar direkt uns gegenüber, nicht gegenüber den Medien. Ich bin für DİTİB jederzeit erreichbar, meine Damen und Herren.
Richtig ist: Die Umsetzung jeglicher Form der Verselbstständigung hingegen benötigt Zeit und nachhaltige Konzepte.
Wir wissen uns als Landesregierung von NordrheinWestfalen im Ziel mit der Bundesregierung und anderen Landesregierungen einig. Auch die Bundeskanzlerin hat gut daran getan, das in den Türkei-Gesprächen zur Sprache zu bringen.
Es ist gut und richtig, wenn wir populistische Schnellschüsse vermeiden, jeglicher Form der Spionage entschieden Einhalt gebieten und den rund 1,5 Millionen Muslimen und Aleviten in unserem Land deutlich machen, dass sie zu uns gehören und bei uns das Grundrecht auf freie Religionsausübung uneingeschränkt wahrnehmen können.
Die Landesregierung hat großenteils in enger Abstimmung mit dem Landtag in der zu Ende gehenden Legislaturperiode den Dialog und die Kooperation mit Muslimen und ihren Organisationen verstetigt und ausgebaut. Sie hat damit eine gute Grundlage für die weitere Konsolidierung des Verhältnisses zwischen Staat und Muslimen geschaffen.
Zu den wesentlichen Aufgaben der nächsten Landesregierung wird es gehören, gemeinsam mit den Muslimen und ihren Organisationen daran zu arbeiten, dass die organisatorische Unabhängigkeit von anderen Staaten realisiert werden kann. Unverzichtbar ist, dass sich DİTİB und die anderen Verbände alsbald zum Ziel der Unabhängigkeit bekennen.
Meine Damen und Herren, gehandelt haben wir an vielen Stellen, insbesondere seit August 2016 durch die Erweiterung des Gutachtens. Alle beteiligten Ressorts haben immer zeitnah reagiert – ich auch, Herr Dr. Stamp. Wenn Ihnen das diesmal zu leise war: Geschenkt! Sonst bin ich Ihnen immer zu laut. Sie müssen sich irgendwann entscheiden. – Herzlichen Dank.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte insbesondere auf Frau Kollegin Güler eingehen.
Natürlich; das bleibt nach Ihren Wortbeiträgen ja gar nicht aus, das liefert ja genügend Stoff.
Wenn Frau Ministerin Löhrmann gerade gesagt hat, das sei „etwas durcheinander“ gewesen, möchte ich das „Etwas“ ein bisschen zurücknehmen. In Ihrem ersten Wortbeitrag war alles durcheinander, Frau Güler.
Sie haben doch gerade geredet. Es ist doch alles gut. – Das hat vielleicht damit etwas zu tun, dass im
Pressespiegel vom 9. Februar dieses Jahres ein sehr interessantes Interview mit Ihnen veröffentlicht wurde. Dazu sage ich: Mindestens an vier Punkten stimme ich da mit Ihnen überein. Dumm nur, dass in dem gleichen Pressespiegel drei Seiten vorher mein Pressegespräch wiedergegeben wurde, an dem Sie überhaupt nichts aussetzen können, weil Sie all das, was ich schon gesagt habe, nachgeredet haben.
Ja, das ist diese bekannte Unruhe, wenn man sich ertappt fühlt. Aber das ist alles okay, meine Damen und Herren.
Deswegen müssen Sie ja – und das ist das, was die Kollegin Löhrmann angesprochen hat – irgendetwas heranziehen, das nicht der Wahrheit entspricht, Frau Kollegin Güler.
Wenn Sie hier sagen, ich hätte, egal in welchem Gespräch – ich weiß ja, was ich sage – …
doch, doch –, das „dialog forum islam“ ausgesetzt, dann hätte ich von Ihnen gerne einmal die Quelle gewusst, wo ich das gesagt haben soll. Der O-Ton von mir lautet: Seitens des Integrationsministeriums steht in den nächsten Wochen kein „dialog forum islam“ an.
Es ist natürlich richtig, Frau Kollegin Güler, dass wir im „dialog forum islam“ mit allen Verbänden zusammenarbeiten. Versuchen Sie doch nicht, in irgendeiner Form darzulegen, dass wir nicht mit allen Verbänden zusammenarbeiten würden.
Wir werden auch weiterhin mit allen islamischen Verbänden zusammenarbeiten. Das belegt schon die Tatsache, dass wir derzeit – ich habe das „dialog forum islam“, wie gesagt, überhaupt nicht ausgesetzt, sondern es steht derzeit keines an – das nächste „dialog forum islam“ zusammen mit allen Verbänden sehr konstruktiv vorbereiten.
Aber hier kommt der Einschub: DİTİB hat von sich aus an der Vorbereitung des nächsten „dialog forum islam“, das noch terminiert werden muss, nicht teilgenommen. Man muss also, wenn man schon zitiert und ein Haar in der Suppe finden will, bei der Wahrheit bleiben und dann auch richtig zitieren.
Hier ist in den Raum geworfen worden, wir hätten überhaupt kein Konzept, wenn es darum geht, dass Religionslehrer für den islamischen Religionsunterricht ausgebildet werden sollen, und wir wüssten nicht, wie wir damit umgehen sollten. Doch auch das entspricht so nicht der Wahrheit.
Gemeinsam mit der Bundesregierung haben wir einen Standort gerade hier in Nordrhein-Westfalen ins Leben gerufen, nämlich an der Universität Münster,
wo wir Religionslehrer für den islamischen Religionsunterricht ausbilden. Das muss man doch auch zur Kenntnis nehmen und nicht versuchen, hier am Redepult irgendetwas darzustellen, was nicht den Tatsachen entspricht. Das ist nicht der richtige Umgang im Rahmen einer Diskussion, bei der wir uns doch in den Zielen eigentlich einig sein sollten.
Herr Kollege Schatz, eine letzte Anmerkung zu Ihrer Feststellung, wir sollten uns Gedanken machen, wenn Sie mit Frau Güler einer Meinung sind. Ich bin der festen Überzeugung: Wenn Sie sich mit Frau Güler inhaltlich einig sind über das, wozu ich gerade Ausführungen gemacht habe, dann müssen nicht wir uns Gedanken machen, sondern dann muss sich insbesondere die CDU-Fraktion Gedanken machen. – Herzlichen Dank, meine Damen und Herren.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Herr Kollege Sommer, ich habe das so entgegengenommen, dass das nach der Sommerpause angestoßen werden soll. Ich bin mir si
cher, dass alle Vorredner – ich habe bei keinem etwas Negatives gehört – das auf dem Schirm haben. Es ist ja auch ein berechtigtes Anliegen.
Der digitale Wandel, meine Damen und Herren, ist ein Teil unserer Lebenswirklichkeit. Er verändert deutlich unsere Art, zu kommunizieren, zu lernen, zu wirtschaften und natürlich auch zu arbeiten. Bildung in der digitalen Welt umfasst deshalb selbstverständlich die gesamte Bildungskette.
Auch die Weiterbildung hat sich auf den Weg gemacht, digitales Lernen in ihre Angebote zu integrieren. Digitale Angebote können die bestehenden Formen gut ergänzen. Sie können sie aber – das ist auch die Mehrheitsmeinung innerhalb der Weiterbildung – in der Regel nicht komplett ersetzen. Aber das haben auch Sie eben zum Ausdruck gebracht. Das liegt auch daran, dass die meisten erwachsenen Teilnehmerinnen und Teilnehmer die persönliche Ansprache der Lehrenden und den direkten Austausch mit anderen Teilnehmenden suchen und auch als deutlich bereichernd erleben.
Für sogenannte – das ist eben schon einmal angesprochen worden – bildungsferne Erwachsene ist der persönliche Kontakt oft der entscheidende Faktor für den Lernerfolg. Das trifft so auch auf die Angebote im Rahmen des Arbeitnehmerweiterbildungsgesetzes zu. Diese Weiterbildung erfolgt danach in NordrheinWestfalen – ich zitiere aus dem Arbeitnehmerweiterbildungsgesetz –
„über die Freistellung von der Arbeit zum Zwecke der beruflichen und politischen Weiterbildung … bei Fortzahlung des Arbeitsentgeltes.“
Im Übrigen, Herr Kollege Sommer, natürlich beinhaltet dieses Arbeitnehmerweiterbildungsgesetz auch einen Rechtsanspruch der Kolleginnen und Kollegen, weil Sie eben darauf hingewiesen haben, dass das oft sehr schwierig ist.
Dabei behält das Gesetz die Qualität der Weiterbildung deutlich im Auge. Nur anerkannte Veranstaltungen von anerkannten Einrichtungen der Arbeitnehmerweiterbildung können eben zu einer Freistellung führen. Auch müssen Bildungsveranstaltungen in diesem Sinne in der Regel täglich acht Unterrichtsstunden umfassen.
Die Anhörung von Sachverständigen im Landtag hat noch nicht die umfassende Informationsbasis für eine mögliche Gesetzesänderung erbracht. Wesentliche Qualitätskriterien, wie zum Beispiel die Fragen der didaktischen Qualität von Online-Angeboten, des Zugangs und der Überprüfung des Kompetenzerwerbs, müssen noch solide geklärt werden, vor allem aber auch die Frage, wie die Ortsgebundenheit ersetzt werden soll.
Derzeit hält es die Landesregierung noch nicht für angebracht, bei der Freistellung im Rahmen des Ge
setzes Online-Weiterbildungen den Präsenzveranstaltungen in jeder Hinsicht gleichzustellen. Das Arbeitnehmerweiterbildungsgesetz schließt keineswegs aus, dass solche Angebote in einem integrierten Lernen – das englische „Blended Learning“ – stattfinden, das virtuelle und nichtvirtuelle Lernsettings und Methoden miteinander kombiniert, also sowohl Präsenz- als auch Onlinephasen umfasst.
Nach Ansicht der Landesregierung wären weitergehende Konzepte jedoch zunächst in der Fachwelt und eben auch mit den Tarifpartnern sorgfältig zu prüfen. So bedürfen etwa völlig neue Veranstaltungsformen auch neuer Qualitätskriterien. Dabei sollte aus Sicht der Landesregierung natürlich ein Konsens angestrebt werden.
Abschließend möchte ich an dieser Stelle daran erinnern, dass das Gesetz im Jahr 2014 geändert und die Auszubildenden in den Kreis der Anspruchsberechtigten aufgenommen wurden. Dieser Schritt, wir erinnern uns, wurde in einem konstruktiven Diskurs mit den beteiligten Sozialpartnern gemeinsam erarbeitet. Doch wir sollten uns auch bewusst sein, wenn wir uns zurückerinnern, dass sich sowohl Arbeitgeberverbände als auch Gewerkschaften damals zu Zugeständnissen durchgerungen haben.
Auch angesichts dessen bedarf eine weitere Ausweitung des Arbeitnehmerweiterbildungsgesetzes neben der fachlichen Prüfung und all den Kriterien, die ich gerade angesprochen habe, einer intensiven Abstimmung mit allen Beteiligten. Schnellschüsse – aber so habe ich Sie auch nicht verstanden, Herr Kollege Sommer – passen nicht in unsere sorgfältig erarbeitete Konsensstruktur. Ich bin mir sicher, wir werden das Thema wieder haben, und ich würde mich freuen, wenn wir Sie dann zur Beratung in den nordrhein-westfälischen Landtag als Zuschauer einladen dürfen. – Herzlichen Dank.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Im Laufe der Debatte hat man festgestellt – Herr Dr. Stamp hat es aufgegriffen –, dass die Morgenandacht heute doch an der einen oder anderen Stelle gewirkt hat. Das wird auch mit der guten Chormusik zusammenhängen.
Aber mein Chor aus MAIS. Daher war das so gut. – Wenn ich das richtig mitbekommen habe von Herrn Körfges und Frau Beer, ist es mittlerweile so auf den Weg gebracht worden, dass der Antrag an die entsprechenden Ausschüsse überwiesen wird.
Meines Erachtens ist das die Grundlage, auf der wir in die Diskussion – hier die Diskussionspunkte von Frau Brand und von Herrn Dr. Stamp; von Frau Güler kam noch nicht ganz so viel – eintreten und darüber reden können, was tatsächlich Fakt ist.
Fakt ist – da gebe ich Frau Brand recht, aber ich denke, das wird jeder hier im Hause tun –: Deutschland ist ein Einwanderungsland. Auch NordrheinWestfalen ist definitiv ein Einwanderungsland. Nordrhein-Westfalen ist immer ein Einwanderungsland gewesen.
In all den 70 Jahren – dieses Jahr ist ja der 70. Geburtstag gewesen – können wir darauf zurückblicken: Vertriebene in den späten 40er-Jahren und frühen 50er-Jahren, Arbeitsmigranten seit 1955, Familiennachzug seit den 60er-Jahren, Spätaussiedler, EUMigration – immer hat es hier in unserem Bundesland bereits Migration, Einwanderung gegeben.
Für die Landesregierung darf ich an dieser Stelle deutlich sagen: Wir nehmen die Tatsache, dass wir Einwanderungsland sind, nicht nur hin, sondern wir sind sogar stolz darauf, dass Menschen zu uns kommen, zu uns nach Nordrhein-Westfalen kommen. Sie machen dieses Land nicht nur vielfältiger, sondern sie machen unser Land – da greife ich gern die Beispiele von Frau Brand auf – auch stärker.
Blicken wir doch einmal auf die Zahlen. Das vergangene Jahr allein war stärker als je zuvor von Migration geprägt. Insgesamt 485.000 Menschen wanderten aus dem Ausland nach Nordrhein-Westfalen. 211.000 Menschen wanderten ab. Das ist ein Wanderungsplus in der Summe von insgesamt 274.000 Menschen – das größte Wanderungsplus, das wir seit 1995 verzeichnet haben.
Wir brauchen Einwanderung. Wir brauchen sie aus ökonomischen Gründen, und wir brauchen sie aus demografischen Gründen.
Es ist zwar erfreulich, dass die Anzahl der geborenen Kinder in Deutschland wieder leicht ansteigt. Aber es ist auch klar, dass dies nicht reichen wird, um den Rückgang der Bevölkerung hier bei uns zu verhindern.
Ist Einwanderung letztendlich die Lösung aller Probleme? Selbstverständlich – das wissen wir alle – sicherlich nicht. Aber das ändert nichts an der Tatsache, dass wir hier definitiv – und ich glaube, darüber sind wir uns alle einig – auf Einwanderung angewiesen sind. Entscheidend dabei ist doch, dass wir diese Einwanderung gut organisieren müssen, dass Einwanderungs- und Integrationspolitik Hand in Hand gehen, dass es Deutschkurse von Beginn an geben
muss und gern auch, wie es in den Eckpunkten dieses Papiers aufgeführt ist, schon im Ausland gefördert werden sollte, dass Lohndumping verhindert wird – Frau Düker, natürlich habe ich sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze im Blick –, dass wir das inländische Erwerbspotenzial konsequent qualifizieren, dass Arbeitgeber nicht nur immer wieder Einwanderung fordern, sondern die Eingewanderten auch einstellen und weiterbilden und dass Einwanderung schließlich auch in Einbürgerung münden kann.
An diesen Stellen haben wir nichts dagegen, wenn die Einbürgerung unter Hinnahme von Mehrstaatlichkeit – also mit Doppelpass – geschieht. Das schadet nämlich der Integration nicht. Im Gegenteil: Der Doppelpass unterstützt den Integrationsprozess.
Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, wir benötigen – ich glaube, ich höre das nirgendwo anders mehr heraus – dringend ein modernes Einwanderungsgesetz, weil das bestehende Recht viel zu kompliziert ist. Das Aufenthaltsgesetz kennt mittlerweile mehr als 50 verschiedene Aufenthaltszwecke. Besonders unübersichtlich – und darüber reden wir hier in aller ersten Linie – sind die Regelungen zur Arbeitsmigration. Hier brauchen wir dringend mehr Klarheit und mehr Transparenz.
Ich sehe in diesem Antrag der Koalitionsfraktionen von SPD und Bündnis 90/Die Grünen, dass genau dies der Inhalt dieses Antrages ist, der im Übrigen Frau Brand – aber das werden wir dann in den Ausschüssen diskutieren können – kein Gesetz ist und auch kein Gesetzentwurf ist, sondern eine Darstellung der Problemlage und dessen, was aus Sicht der Antragsteller geregelt werden müsste. Das steht auch darüber, nämlich Eckpunkte.
Die Rahmenbedingungen für Einwanderung und die gesellschaftliche Integration und auch die Teilhabe von Eingewanderten müssen klarer und attraktiver gestaltet werden, damit gut ausgebildete Menschen zu uns kommen, damit sie sich integrieren und sich natürlich auch zu unserer Rechtsordnung bekennen und damit sie sich aktiv an der Gestaltung der Gesellschaft beteiligen können.
Aber das wissen wir, und das ist hier schon öfter in der Diskussion angesprochen worden, gefordert ist an allererster Stelle der Bund. Es ist nämlich ein Bundesgesetz, über das wir hier reden.
Klar ist: Ein Einwanderungsgesetz braucht einen breiten Konsens, braucht eine – wie es im Antrag heißt – breit angelegte gesellschaftliche Verständigung. Dieser Konsens fällt nicht vom Himmel. Im Übrigen ist es auch von daher schon richtig, dass der Antrag an die Ausschüsse überwiesen wird, was ich sehr begrüße. Er muss erarbeitet und er muss organisiert werden.
Die Bundesregierung hat hier in der Tat noch nicht sehr viel getan, ist hier noch nicht aktiv geworden. An der Landesregierung wird eine vernünftige Regelung hier nicht scheitern.
Mit dem Oppermann-Papier der SPD-Bundestagsfraktion für eine gesteuerte Einwanderung liegt ein erster ausgewogener Vorschlag für die Weiterentwicklung der Einwanderung in Deutschland vor, der aus meiner Sicht eine gute Diskussionsgrundlage bietet.
Im Übrigen, Frau Kollegin Güler, läuft die Diskussion nicht nur hier bei uns im Land, sondern auf Bundesebene schon permanent. Hinsichtlich des Hinweises auf das Oppermann-Papier – Sie sind da anscheinend nur bis zu Seite 4 gekommen –, wonach das nichts anderes als das Anhängen des Punktesystems an die bestehenden geltenden Regelungen sei, verweise ich auf die Seite 4. Dort wird deutlich, dass dieses Punktesystem nämlich zunächst an die geltenden Rechtsvorschriften angehängt werden soll und wie es – so heißt es im gleichen Absatz – zukünftig weiter ausgearbeitet und wie weiter verfahren werden soll. – Wenn, dann die Texte ganz lesen, und am liebsten, wenn Sie sie ganz gelesen haben sollten, bitte auch richtig zitieren.
Fakt ist: Wir brauchen definitiv ein modernes und transparentes Einwanderungsgesetz, das auch den Menschen hier bei uns erklärt, wie Einwanderung besser funktionieren und wie sie uns allen auch nützen kann.
Ich bin sehr erstaunt darüber – da bin ich ganz nah bei Herrn Dr. Stamp –, dass Frau Güler auf einmal nicht mehr grundsätzlich gegen all diese Dinge ist, dass sie einige Punkte, die sie hier allerdings nicht definiert hat, anders sieht. Wir haben ja die Möglichkeit der Diskussion. Wir diskutieren bereits auf Bundesebene über ein Papier der SPD-Bundestagsfraktion. Die Landesregierung Nordrhein-Westfalen diskutiert über einen Bundesratsantrag, der im Januar des nächsten Jahres, also im nächsten Monat, im Bundesrat wieder neu aufgerufen wird.
Ich bin der festen Überzeugung, dem größten Bundesland der Bundesrepublik Deutschland, Nordrhein-Westfalen, steht es – mit der Erfahrung, die wir aus 70 Jahren haben – gut zu Gesicht, sich mit der Diskussion ordentlich zu beschäftigen. Wir sind das Einwanderungsland Nummer eins in Deutschland. Deswegen ist es auch gut, wenn wir dieses Gesetz intensiv Seit‘ an Seit‘ mit einer gemeinsamen Zielvorstellung diskutieren. – Herzlichen Dank.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Unser großes Ziel von der Beteiligung aller und einer im umfassenden Sinne inklusiven Gesellschaft prägt insgesamt den Einzelplan 11.
Dies ist ein bewährtes Ziel, das sowohl die Arbeits- und die Integrations- als auch die Sozialpolitik dieses Landes in den letzten Jahren stark geprägt hat.
Die Herausforderung ist durch die Flüchtlingszuwanderung natürlich größer geworden, was sich in unserem Haushalt aber auch widerspiegelt. Insofern hätten Sie ruhig schon etwas dazu sagen können, Frau Brand. Der Einzelplan wird hier ja insgesamt diskutiert.
„Barrieren abbauen“ wäre unter anderem auch ein passender Titel gewesen. Barrieren sind nicht nur die fehlenden Rampen an der Treppe, sodass der Rollstuhlfahrer nicht zu seiner Ärztin kommt. Es kann auch die Sprachhürde sein, die einen Arbeitgeber davon abhält, zum Beispiel eine geflüchtete Frau einzustellen. Oder es kann die Barriere im Kopf sein, die dazu führt, dass ein Langzeitarbeitsloser keine Chance auf den beruflichen Wiedereinstieg erhält.
Wir wollen und werden das nicht einfach hinnehmen, sondern wir wollen weitere Veränderungen zu dem, was wir alles schon in der Vergangenheit getan haben. Genau dorthin fließen viele Mittel des Einzelplans 11.
Die uns zur Gestaltung zur Verfügung stehenden Gelder setzen sich zusammen aus Landesmitteln, aber in der Tat auch aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds. Unser Haushalt umfasst – Frau Brand, das ist richtig – daneben natürlich auch noch Bundesmittel. Insgesamt liegt der Etat des MAIS bei 4,5 Milliarden €. Das sind 270 Millionen € mehr als im Vorjahr. Dabei handelt es sich vorwiegend um Steigerungen im gesetzlichen Bereich.
Einige Schwerpunkte möchte ich Ihnen näher vorstellen und mit dem Thema – ich spreche jetzt schon davon, Frau Brand – „Integration“ beginnen. Nicht neu, aber in einen besonderen Fokus ist die Aufgabe der Integration gerückt. Mit der Flüchtlingszuwanderung kamen und kommen auch noch in kurzer Zeit Menschen zu uns. Sie zu integrieren und ihnen einen Zugang in die Gesellschaft, in das Bildungssystem, in den Arbeitsmarkt zu geben, sind besondere Herausforderungen. Zusätzlich dürfen wir natürlich nicht diejenigen vergessen, die vorher schon hier waren und dieselben Ansprüche haben.
Integration ist und bleibt eine Querschnittsaufgabe, zu der alle Ressorts der Landesregierung wichtige Beiträge leisten. Allein im Etat des MAIS stehen dafür in diesem Jahr über 55 Millionen € zur Verfügung – eine Summe, von der Integrationspolitiker noch vor zwei, drei Jahren nicht einmal zu träumen wagten. Wir setzen das Geld da ein, um in Nordrhein-Westfalen eine vielfältige und leistungsfähige Infrastruktur zu fördern, die sich vor allem im letzten Jahr bewährt hat und die große Aufgabe mit Tatkraft und mit beherztem Optimismus angepackt hat.
Lassen Sie mich etwas zu der Infrastruktur mit den Kommunalen Integrationszentren sagen. Dies ist eine Infrastruktur für Integration, die einzigartig in der Bundesrepublik Deutschland ist und die sich an dieser Stelle auch bewährt hat. Die Kommunalen Integrationszentren haben sich in den letzten Monaten als wandlungsfähig und leistungsstark erwiesen. Sie haben in diesem Jahr eine Reihe neuer Aufgaben gemeistert und sind ein gutes Angebot für die Kommunen, um die Zusammenarbeit der jeweiligen Akteure
zu verbessern, aber auch einen Überblick über Angebot und Nachfrage nach Integrationshilfen zu haben. Darüber hinaus unterstützen sie die Kommunalpolitik bei der strategischen Steuerung der Integrationsarbeit vor Ort.
Am 1. Januar 2017 nimmt das dann 53. Kommunale Integrationszentrum im Kreis Viersen seine Arbeit auf. Damit haben wir nur noch im Kreis Kleve einen schwarzen Fleck in dieser Struktur in NordrheinWestfalen.
Ab 2017 fördert das MAIS in den Kommunalen Integrationszentren der Kreise je eine zusätzliche Stelle, um der besonderen Koordinierungsanforderung im ländlichen Raum gerecht zu werden. Dazu kommen Sachmittel in allen Kommunalen Integrationszentren in Höhe von 50.000 €, um Sprach- und Kulturvermittler zu finanzieren. Insgesamt stehen somit den Kommunalen Integrationszentren Mittel in Höhe von 15,1 Millionen € zur Verfügung.
Natürlich wird wie im Vorjahr das Aktionsprogramm „KOMM-AN NRW“ in Höhe von 13 Millionen € weiter gefördert. Mit diesem Geld werden wir auch im kommenden Jahr vielfältige Maßnahmen fördern, die ein Beweis der Hilfsbereitschaft und der Kreativität der vielen freiwilligen Helferinnen und Helfer sind. Zudem läuft im Jahr 2017 die befristete Förderung der Personalstellen im Rahmen von „KOMM-AN NRW“ natürlich in vollem Umfang weiter.
Zu unseren Vorhaben gehört auch eine weitere Stärkung der Integrationsagenturen der Freien Wohlfahrtspflege in Höhe von 8,8 Millionen €. Neu dabei ist, dass wir im Jahr 2017 die Zahl der Antidiskriminierungsstellen von fünf auf zehn verdoppeln.
Ich möchte mich insbesondere bei Ihnen, liebe Kolleginnen und Kollegen, vor allem für die im Rahmen des zweiten Nachtragshaushalts eingebrachten Änderungen bedanken, die wir mit unserer Ergänzungsvorlage fortgeschrieben haben. Dies wäre sicherlich nicht ohne die konstruktive Diskussion des Integrationsplans des Landtags möglich gewesen. NRW stellt sich eben den großen Herausforderungen. Und langfristig wird unser Land von der Integration der Flüchtlinge profitieren.
Meine Damen und Herren, ich komme zur Arbeitsmarktpolitik. Wie bereits erwähnt, muss Politik für alle Bürgerinnen und Bürger da sein. Die Flüchtlinge sind im Blickpunkt der Öffentlichkeit. Das lässt aber andere mitunter aus dem Kegel der Scheinwerfer rücken.
Herr Kerkhoff, ich habe mir eben ein Schmunzeln nicht verkneifen können. – Wo ist er denn? Gar nicht mehr da.
Wenn Sie sagen, jetzt komme kurz vor Weihnachten der Minister mit der Idee eines sozialen Arbeitsmarktes, und es würden wieder ein paar Millionen Euro für ein Projekt in den Haushalt eingespeist, dann frage ich mich, wo Sie in den letzten Jahren gewesen sind.
ÖgB, öffentlich geförderte Beschäftigung, finanzieren wir hier in Nordrhein-Westfalen bereits seit 2013 – im Übrigen mit Erfolg, mit einer Vermittlungsquote in einzelnen Gebietskörperschaften von bis zu 59 % in sozialversicherungspflichtige Beschäftigung auf dem ersten Arbeitsmarkt. Das ist Fakt.
Dies haben wir Richtung Berlin gespielt und mitgeteilt. Der überwiegende Teil der Arbeits- und Sozialminister der Bundesrepublik Deutschland aus den einzelnen Ländern – ein oder zwei Minister waren dagegen; ich stelle einmal die Quizfrage: wer mag das wohl gewesen sein? – war dafür, dass gesagt wird: Wir brauchen dringend den Passiv-Aktiv-Transfer. – Dieser wurde vom Kollegen Scheffler schon erwähnt. Es macht keinen Sinn, Arbeitslosigkeit zu finanzieren, obwohl wir in Nordrhein-Westfalen gezeigt haben, dass wir das sinnvoll in Arbeit machen können. Es ist einzig und allein der Bundesfinanzminister, der hier mauert.
Das ist keine Sozialpolitik, die hier vom Bundesfinanzminister ins Feld geführt wird, meine Damen und Herren.
Natürlich steht die Bundesarbeitsministerin zu allen diesen Dingen wie dem Passiv-Aktiv-Transfer und der Abschaffung des Deckels der Jobcenter von 20 %. Aber es nicht machbar. Sie sind doch Koalitionspartner, und zwar der größte Koalitionspartner.
Wenn Sie hier sozialverträgliche Arbeitsmarktpolitik einfordern, dann sehen Sie zu, dass Ihre Kolleginnen und Kollegen in Berlin die Blockaden aufgeben und in die Menschen investieren und nicht in die Arbeitslosigkeit.
Das sind natürlich Menschen, die es schwer haben, eine Beschäftigung aufzunehmen. Ein wesentlicher Faktor, der die Beschäftigungsaufnahme erschwert, ist der fehlende Berufsabschluss.
Darum haben wir in Nordrhein-Westfalen – so viel zu dem Thema, man höre nichts von der Landesregierung; machen Sie einfach die Augen auf, und lesen Sie die Zeitung – „Kein Abschluss ohne Anschluss“, ein Übergangssystem für alle Jugendlichen, geschaffen. 39 Millionen € stellen wir hierfür aus ESF-Mitteln zur Verfügung. Hinzu kommen die Maßnahmen der Berufs- und Studienorientierung für rund 14 Millionen € aus Landesmitteln.
Im September haben wir die flächendeckende Ausweitung von KAoA auf alle Schülerinnen und Schüler der 8. Jahrgangsstufe zum Anlass für eine Zwischenbilanz genommen. Diese Zwischenbilanz kann sich sehen lassen, liebe Kolleginnen und Kollegen. Das Fazit lautet: KAoA wirkt. Im Vergleich zum NRWDurchschnitt lassen sich gerade in den sieben Referenzkommunen positive Entwicklungen in Bezug auf eine Steigerung der neu abgeschlossenen Ausbildungsverträge, aber auch die zur Verfügung gestellten Ausbildungsstellen, eine Verringerung der unversorgten Bewerber und eine Reduzierung unbesetzter Ausbildungsstellen feststellen. Das ist also gut investiertes Geld.
Herr Kollege Alda, so viel sage ich zu den Fakten. Wir investieren in die Jugendlichen, und zwar auch für ihre berufliche Zukunft. Das können Sie nicht verdrängen. Diese Fakten sind da. Im Übrigen wird das demnächst auch in den Gebietskörperschaften, in denen Sie beheimatet sind, der Fall sein, weil wir flächendeckend KAoA eingeführt haben.
Flankiert wird KAoA mit 26 Millionen € für Ausbildungsvorhaben wie Verbundausbildung, Starthelfende, Teilzeitberufsausbildung und kooperative Ausbildung an Kohlestandorten. Eine erfolgreiche Ausbildung ist ein ganz wesentlicher Beitrag. Daher investieren wir in diesen Bereich ganz massiv. Das werden wir auch in Zukunft tun.
Meine Damen und Herren, damit junge Menschen gute Startbedingungen ins Berufsleben haben, ist Prävention eine wichtige Sache. Darüber hinaus haben wir uns um die Menschen gekümmert, die aktiv eingegliedert werden müssen. Wir investieren in Prävention sowie in Bekämpfung von Armut und Ausgrenzung knapp 67 Millionen €.
Dazu gehören Projekte zur Bekämpfung von Langzeitarbeitslosigkeit mit öffentlich geförderter Beschäftigung, wie ich gerade ausgeführt habe. Dazu gehören auch Projekte zur Integration wie „Jugend in Arbeit plus“ und Inklusionsprojekte gegen die Ausgrenzung von Menschen mit Behinderung. Sie alle wurden erfolgreich in diesem Land durchgeführt. Das werden wir weiter fortführen.
Dazu gehören nicht zuletzt auch Basissprachkurse zur Arbeitsmarktintegration für Flüchtlinge und Projekte im Rahmen des Aufrufs „Starke Quartiere – starke Menschen“.
Meine Damen und Herren, flankierend stellen wir für Projekte, die pragmatisch und unmittelbar die Lebenssituation von bedürftigen und benachteiligten Kindern und ihren Familien verbessern, auch 2017 natürlich wieder 4 Millionen € zur Verfügung. Den Aufruf „Starke Quartiere – starke Menschen“ und das 4-Millionen-€-Programm habe ich gerade erwähnt.
Das soziale Netz umfasst im Einzelplan 11 weitere Hilfen. Vorgesehen sind etwa Mittel für den Härtefallfonds „Alle Kinder essen mit“, der bis Mitte 2020 verstetigt werden konnte. Das freut mich sehr; denn dabei handelt es sich um gut angelegte Gelder. Natürlich gibt es leider immer noch Kinder, die zwar von Armut betroffen sind, aber nicht unter das Bildungs- und Teilhabepaket fallen.
Auch beim Programm der zentralen Fachstellen für Hilfe in Wohnungsnotfällen verstetigen wir die investierten Mittel auch in Zukunft. Damit geben wir Menschen, die – oft ohne eigenes Verschulden – an den Rand unserer Gesellschaft gerutscht sind, die Möglichkeit, wieder in die Mitte der Gesellschaft zurückzukehren. Diese Aufgabe ist eigentlich in den Kommunen verortet. Aber das Land hilft trotzdem, innovative Ansätze auszuprobieren, die vor Ort weitergeführt werden.
Meine Damen und Herren, da ich mit der Inklusion gestartet bin, möchte ich noch kurz auf ausgewählte Punkte der Inklusionspolitik eingehen.
Seit diesem Jahr haben wir in Nordrhein-Westfalen eine flächendeckende Infrastruktur der trägerunabhängigen Beratung mit den sechs Kompetenzzentren Selbstbestimmt Leben aufgebaut. Das ist ein gutes Angebot für die Menschen mit Behinderung und ein wichtiger Baustein auf dem Weg zu einer inklusiven Gesellschaft.
Einen Haushaltsposten darf ich in diesem Kreis hier in diesem Parlament in Nordrhein-Westfalen nicht unerwähnt lassen. Morgen werde ich in Lübeck im Rahmen der Arbeits- und Sozialministerkonferenz einen weiteren wichtigen Schritt beim Aufbau der Stiftung „Anerkennung und Hilfe“ gehen. Wir werden morgen die Verwaltungsvereinbarung in Lübeck unterzeichnen.
Ich möchte hier die Gelegenheit nutzen und herausstellen, dass alle Abgeordneten dieses Hauses und besonders der Vorsitzende des Ausschusses für Arbeit, Gesundheit und Soziales, Günter Garbrecht, eine ganz entscheidende Rolle dabei gespielt haben, dass es überhaupt zu einer solchen bundesweiten Vereinbarung gekommen ist. Dafür gebührt Ihnen unser Dank seitens der Landesregierung an den Landtag Nordrhein-Westfalen. – Herzlichen Dank.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Vielleicht einmal kurz zur Interpretation dieses Antrages, so wie ich ihn lese: Herr Kollege Sommer, der Landtag fordert die Landesregierung auf, zu prüfen, wo es Lücken gibt. Diese Prüfung steht, wenn überhaupt, dann diesem Bundesland als Mitbestimmungsland Nummer eins zu, weil wir nämlich hier in Nordrhein-Westfalen das Land mit den meisten Betriebsräten sind. Ich denke, diese Prüfung werden wir auch genauso durchführen, wie dieser Antrag es vorsieht. Dann werden wir natürlich die entsprechenden Wege einleiten, damit eben Lücken geschlossen werden.
Das sogenannte Union Busting und das sogenannte Union Bashing sind eben keine Randphänomene. Ganz im Gegenteil, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die systematische Bekämpfung und Unterdrückung von Arbeitnehmervertretern und ihren Mitgliedern ist nach einer gerade erschienenen Studie des WSI, der Hans-Böckler-Stiftung, gang und gäbe.
So wurden zum Beispiel von 835 im Bereich der IG BCE und der IG Metall erstmals durchgeführten Betriebsratswahlen über 16 % seitens der Unternehmen behindert. Wie wurden die Betriebsratswahlen gestört?
Das liegt nicht in der Natur der Sache der Auseinandersetzung, lieber Herr Kollege Herr Preuß. Das würde ich gerne einmal an Ihrer Stelle in den Reihen
der CDA diskutieren, wie Sie das gerade definiert haben.
Wie wurden Sie gestört? – In 71 % der Fälle durch Einschüchterung von Kandidatinnen und Kandidaten, in 66 % der Fälle durch die Verhinderung der Bestellung eines Wahlvorstandes, in 43 % der Fälle durch Unterstützen eines dem Arbeitgeber nahestehenden Kandidaten, in 20 % der Fälle wurden Kandidatinnen und Kandidaten sogar gekündigt. In einem Drittel der Fälle ist die Betriebsratswahl tatsächlich aus Sicht der Arbeitgeber erfolgreich verhindert worden.
Aber auch gegen gewählte Betriebsräte gibt es Störungen in erheblichem Umfang, zum Beispiel durch Versuche, Betriebsratsmitglieder zum Rücktritt zu drängen oder durch gezieltes Mobbing, durch Kündigung oder Begehren, die Arbeitsverträge aufzulösen. Etwa die Hälfte der Arbeitgeber nimmt sogar bei ihren Störungen externe Hilfe durch Anwaltskanzleien oder Unternehmensberatungen in Anspruch.
Wer kennt sie nicht, die vielerorts angebotenen Fachseminare mit Titeln wie „Die Kündigung von Unkündbaren“? Die gesetzliche Hürde, Betriebsräte dürfen nur außerordentlich, das heißt mit wichtigem Grund, gekündigt werden, ist offenbar schnell genommen. Dieser falsche Eindruck soll eben in solchen Seminaren vermittelt werden.
Ich sagte es eingangs schon: Nordrhein-Westfalen ist das Land der Mitbestimmung. Wir sind besorgt über diese Entwicklung und unternehmen gemeinsam mit anderen Akteuren wie den Gewerkschaften alles, um diesem Gebaren Einhalt zu gebieten. Natürlich, Herr Kollege Sommer, finden sich die Gewerkschaften auch im § 119 Betriebsverfassungsgesetz wieder, sodass nicht nur die Betriebsräte dort angesprochen sind.
Frühzeitiges Aufgreifen dieses Themas erfolgt zum Beispiel in der Landesinitiative „Faire Arbeit – Fairer Wettbewerb“. Im Rahmen des Projekts „Fair im Betrieb“ werden von Union Busting Betroffene beraten und unterstützt. Und es erfolgt die Analyse zu den Erscheinungsformen und Hintergründen von Union Bauting und auch die Erarbeitung gezielter Handlungsstrategien zur Eindämmung von Union Busting.
So müssen wir uns angesichts der vorgenannten besorgniserregenden Zahlen zum Beispiel mit der Frage beschäftigen: Wieso kommen nur so wenige Fälle von Missachtung der Informationsrechte der Betriebsräte und des systematischen Union Busting bei dem für die Verfolgung von Strafverstößen zuständigen Bezirksregierungen und Staatsanwaltschaften an? – Und genau dies gilt es zu untersuchen und zu prüfen, wie es der Antrag vorsieht.
Die bisherigen Zahlen, soweit sie erhoben wurden, gehen selbst über mehrere Jahre gerechnet in NRW von einer eher kleinen einstelligen Fallzahl aus. Aber
jede einzelne Fallzahl, liebe Kolleginnen und Kollegen, ist eine zu viel, weil das Betriebsverfassungsgesetz klar formuliert: Ist zu wählen, wenn … – So wurde es eben schon einmal dargelegt.
Die zuständigen Behörden sind für eine Verfolgung von Verstößen auf Hinweise bzw. auf einen Strafantrag von Betriebsräten oder Gewerkschaften angewiesen. Alle eingehenden Hinweise bzw. Strafanträge werden sachgerecht und adäquat bei den Staatsanwaltschaften in aller Regel durch besonders erfahrene Staatsanwälte in Sonderabteilungen bearbeitet.
Die Landesregierung wird sehr wohl im Sinne der Antragsteller weiter prüfen, inwieweit gesetzliche Regelungslücken bestehen, und gegebenenfalls auch Reformbedarfe identifizieren. Insbesondere wird geprüft werden, inwieweit die bestehenden Straftatbestände in § 119 des Betriebsverfassungsgesetzes zum Schutz gegen Behinderung oder Störung der betrieblichen Mitbestimmung strukturelle Defizite aufweisen und wie diese gegebenenfalls behoben werden können.
Herr Kollege Preuß, weil Sie ja immer sagen, es gäbe keine Vorschläge: Da braucht es gar nicht viel Gehirnschmalz, um darüber nachzudenken, was man ändern könnte. Ich denke da zum Beispiel daran, ob eine Versuchsstrafbarkeit gemäß § 119 infrage kommt, dass also schon der Versuch der Behinderung strafbewährt wird. All dies sollte tatsächlich dabei bedacht werden.
Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, das Wort „betriebsratsverseucht“ …
Ja, habe ich gesehen.
Das Wort „betriebsratsverseucht“ wurde im Jahr 2009 zum Unwort des Jahres gewählt, nachdem Journalisten seinen üblichen Gebrauch in der Personalabteilung einer großen Baumarktkette aufgedeckt hatten.
Wir dürfen nicht zulassen, dass die wertvolle Arbeit, die die vielen Betriebsräte in Nordrhein-Westfalen jeden Tag für Ihre Kolleginnen und Kollegen sowie für ihr Unternehmen leisten, verhindert, behindert oder auch abgewertet wird.
Lassen Sie uns deshalb gemeinsam alles daran setzen, dass die gesetzlichen Mitbestimmungsmöglichkeiten für Betriebsräte als wesentlicher Grundpfeiler einer funktionierenden Sozialpartnerschaft und erwiesenermaßen auch als produktivitätssteigernder Wettbewerbsfaktor angemessen gewürdigt und unterstützt werden.
Ich danke dem Parlament mit der Verabschiedung dieses Antrages für eben diese Unterstützung. – Herzlichen Dank.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Die Anhörung des Ausschusses für Arbeit, Gesundheit und Soziales hat uns gezeigt, wie intensiv und wie vielfältig der Entwurf des Bundesteilhabegesetzes tatsächlich diskutiert wird. Auch bei einer Vielzahl von Terminen, die ich in den vergangenen Wochen wahrgenommen habe, erst heute hier im Hause wieder, war das BTHG natürlich ein zentrales Thema. Es hat immer wieder einen regen Austausch zwischen den Betroffenen, den Verbänden, aber auch den kommunalen Spitzen gegeben.
Das ist für mich sehr erfreulich, denn die Qualität eines Gesetzes hängt oftmals von der Vielfalt und Qualität der vorhergehenden Diskussionen ab.
Der Landtag in Nordrhein-Westfalen hat schon frühzeitig Leitplanken markiert und die zentralen Elemente festgelegt, für die wir als Landesregierung eintreten sollen. Insofern begrüße ich natürlich die erneute Initiative der Regierungsfraktionen, eine Bestandsaufnahme des bisherigen Prozesses vorzunehmen.
Ich empfinde den Antrag aber auch als Rückenwind für die weiteren Verhandlungen gegenüber der Bundesregierung. Ich muss an dieser Stelle wohl nicht extra darauf hinweisen, wie zäh und wie schwierig die Verhandlungen sind, insbesondere dann, wenn es darum geht, den Bund in die finanzielle Verantwortung für die Mehrkosten des BTHG zu nehmen.
Ich möchte auf einige wenige Punkte des Antrages eingehen, die die Landesregierung offensiv im Bundesrat vertreten hat; das ist zum einen der von meinen Vorrednern schon angesprochene § 43a.
Die geplante Erweiterung des § 43a SGB XI ist abzulehnen. Denn diese Regelung, meine Damen und Herren, ist nicht nur ungerecht, sondern sie gefährdet auch massiv den großen Erfolg Nordrhein-Westfalens bei der sogenannten Ambulantisierung. Über den weithin positiv verlaufenden Prozess des Ausbaus ambulanter Wohnformen habe ich erst kürzlich dem Sozialausschuss berichtet. Diese positive Entwicklung darf nicht durch die Bundesgesetzgebung konterkariert werden.
Zur Eingliederungshilfe, Hilfe zur Pflege: Wir sehen es als großes Problem an, dass im Entwurf der Bundesregierung keine eindeutige und rechtssichere Lösung gefunden wurde. Wir brauchen aber eine klare Abgrenzung der Leistungen. Ohne eine klare Abgrenzung wären diejenigen, die eben auf die Leistungen angewiesen sind, die Leidtragenden. Deshalb haben wir eine Alternative entwickelt, die sich an den
Lebenslagen der Menschen orientiert und somit eine klar definierte Abgrenzung ermöglicht. Dieser Antrag hat eine deutliche Mehrheit im Bundesrat erhalten.
Drittens, die Evaluationsklausel. Keiner der heute Leistungsberechtigten darf durch das Netz des BTHG fallen. Das ist unser erklärtes Ziel. Wir haben hierzu eine sogenannte Evaluationsklausel entwickelt, mit der schon im nächsten Jahr, also vor dem endgültigen Inkrafttreten der vollständigen Reform der Eingliederungshilfe im Jahr 2020, festgestellt werden soll, ob einer der heute Leistungsberechtigten zukünftig ab 2020 aus dem Leistungskatalog herausfällt. Sollten wir eine solche Fallkonstellation feststellen, dann haben wir die Möglichkeit, hier entsprechend gegenzusteuern.
Ich halte diese Lösung für weitsichtig und zugleich pragmatisch, denn wir brauchen ein modernes Gesetz der Teilhabe, das eben keinen ausspart, der heute Leistungen erhält. Hier müssen wir dafür sorgen, den Betroffenen ihre Ängste und ihre Sorgen zu nehmen. Zudem haben Bund und Länder immer auch eine beliebige Ausweitung des Personenkreises ausgeschlossen.
Viertens, der Finanzausgleich. Die Evaluationsklausel hat auch eine zweite, sehr wichtige Funktion. Wir wissen heute nicht verlässlich, welche zusätzlichen Kosten insbesondere auch für die Kommunen durch das BTHG entstehen. Auch die Finanzübersicht des Bundes ist hier unzureichend und kann zum gegenwärtigen Zeitpunkt keine seriöse Aussage treffen. Schlicht gesagt, wir können heute nicht mit Sicherheit sagen, welche Kosten für uns morgen entstehen.
Für uns steht fest, das BTHG darf nicht zu einem Kostenrisiko sowohl für das Land als auch für die Städte und Kommunen hier in Nordrhein-Westfalen werden. Deshalb ist an die Überprüfungsklausel auch ein robuster Finanzausgleich gekoppelt. Ergo, wird das BTHG teurer als vom Bund geplant, so hat auch dieser die Mehrkosten zu tragen. Da der Bund von keinen Mehrkosten ausgeht, liebe Kolleginnen und Kollegen, könnte er also ohne Bedenken diesem Vorschlag eines Finanzausgleiches zustimmen.
Meine Damen und Herren, das BTHG gehört mit Sicherheit zu den größten sozialpolitischen Reformvorhaben des letzten Jahrzehnts. Es wird zu einer deutlichen Verbesserung der Lebenssituation der Menschen mit Behinderung beitragen.
Das erkennen auch die betroffenen Verbände ganz genauso an. Ich kann mich an die Landesdelegiertenversammlung der Lebenshilfe Nordrhein-Westfalen am letzten Samstag erinnern. Dieser Lebenshilfe Nordrhein-Westfalen sitzt der CDU-Bundestagsabgeordnete Schummer vor. Ich wäre sehr dankbar, wenn nicht nur die Zustimmung auf der Landesdelegiertenversammlung dort von ihm sehr deutlich zutage tritt, sondern wenn er sich auch genauso mit die
ser Zustimmung aus der Landesdelegiertenversammlung in der CDU-Bundestagsfraktion für dieser Belange einsetzt.
An den Stellen, an denen wir in der Tat Schwächen festgestellt haben, wirken wir sehr massiv über den Bundesrat auf entsprechende Verbesserungen hin, sodass auch im Sinne des Antrags von SPD und Grünen am Ende ein gutes Gesetz stehen wird. Und das, lieber Kollege Preuß, hat nichts mit In-PanikVerfallen zu tun, vielmehr mit einer sehr verantwortungsvollen Interessenvertretung des größtes Landesparlaments für die betroffenen Menschen mit Behinderung. – Herzlichen Dank.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Das Thema, dass die Fraktion der CDU mit ihrem Antrag anspricht, ist ja nicht neu – Sie haben das hier eben schon mehrfach gehört –, sondern taucht bereits seit Jahren in den energiepolitischen Diskussionen immer wieder auf.
Ich freue mich aber ganz besonders darüber, dass nun auch die CDU darauf aufmerksam geworden ist. Dies mag daran liegen – das ist ja auch angesprochen worden –, dass TenneT vor wenigen Tagen angekündigt hat, seine Netzentgelte im nächsten Jahr um 80 % anheben zu wollen. Aber das kann ich nur vermuten.
Noch mehr freut es mich, dass sich die CDUFraktion, Herr Hovenjürgen, zu der Forderung nach bundeseinheitlichen Netzentgelten im gleichen
Sinne positioniert, wie es die Landesregierung und der zuständige Minister Duin in den erwähnten Diskussionen schon sehr lange tun. Insofern ist die mit dem Antrag verbundene Forderung überflüssig, weil das durch tägliches Handeln schon im Fluss ist.
Die vier Übertragungsnetzbetreiber erheben in ihren Regelzonen Netzentgelte in unterschiedlicher Höhe. Amprion, in deren Regelzone Nordrhein-Westfalen fast vollständig liegt, hat die günstigsten Netzentgelte. In den Regelzonen von TenneT und 50Hertz liegen sie für einen durchschnittlichen Industriekunden um etwa das Doppelte höher.
Das liegt an den unterschiedlichen Kostenstrukturen der Unternehmen, die durch die Anreizregulierung zum möglichst effizienten Betrieb ihrer Netze angehalten werden. Es liegt aber auch an der unterschiedlichen Leistungsfähigkeit der Netzinfrastrukturen, die durch zunehmende volatile Einspeisungen immer mehr beansprucht werden. Dies erfordert zunehmend mehr Eingriffe aus Gründen der Netzstabilität, sogenannte Redispatch-Maßnahmen, deren Kosten im Jahr 2015 auf rund 1 Milliarde € bundesweit gestiegen sind. Etwa 70 % dieser Kosten sind in der TenneT-Regelzone angefallen.
Hierzulande, also in der Amprion-Regelzone, sind Redispatch-Maßnahmen im wesentlich geringeren Maße notwendig; denn Amprion hat in den Jahren 2009 bis 2015 kumuliert fast 2,4 Milliarden € in sein Übertragungsnetz investiert, während es bei TenneT und 50Hertz mit rund 1,2 Milliarden € etwa die Hälfte war.
Diese Investitionen werden schon heute über die Amprion-Netzentgelte refinanziert. Das heißt, die Netzkunden in der Amprion-Regelzone zahlen schon jetzt für den Netzausbau der letzten Jahre.
Käme es zu einer Vereinheitlichung der Übertragungsnetzentgelte, beispielweise ab 2017, würden die Netzkunden in der Amprion-Regelzone anschließend noch einmal für den Netzausbau in den anderen Regelzonen bezahlen, obwohl die dortigen Netzkunden nichts zum Netzausbau in der Amprion-Regelzone beigetragen haben. Dies zeigt schon, dass eine Vereinheitlichung der Netzentgelte weder verursachungsgerecht noch überhaupt gerecht wäre.
Es kommt hinzu, dass mit vereinheitlichten Netzentgelten jeglicher Anreiz zum effizienten Netzbetrieb für die Betreiber entfiele; denn jegliche Kosten würden unter ihnen so lange umgelegt, bis das Netzentgelt überall gleich wäre. Kostenbewusstes Verhalten würde nicht mehr belohnt. Es darf angenommen werden, dass in wenigen Jahren das dann einheitliche Netzentgelt deutlich oberhalb des heutigen Mittelwertes liegen würde.
Zu Recht weist der Antrag darauf hin, dass die Regionen, die jetzt eine Vereinheitlichung der Übertragungsnetzentgelte fordern, schon von der EEGUmlage profitieren; denn dünn besiedelte ländliche Gebiete eignen sich besser für den Bau von Windkraft- und Fotovoltaikanlagen als Städte. Die EEGUmlage-Bilanz für Nordrhein-Westfalen ist deshalb negativ. Das heißt, die Stromkunden hierzulande bringen mehr EEG-Umlage für andere Länder auf, als EEG-Anlagen hier an Umlage erhalten.
Nicht vergessen sollten wir auch, dass Errichtung und Betrieb von EEG-Anlagen regionale und lokale Wertschöpfung erzeugen, die ohnehin vor Ort bleibt. Werden die Übertragungsnetzentgelte vereinheitlicht, käme ein weiterer Umverteilungsmechanismus hinzu, der zulasten Nordrhein-Westfalens ginge.
Aus diesem Grunde sagt die Landesregierung schon bisher bei jeder Gelegenheit klar und deutlich, dass sie eine Vereinheitlichung der Netzentgelte auf der Übertragungsebene für verfehlt hält.
Sie wird das auch weiter tun und geht davon aus, dass auch Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU, Herr Hovenjürgen, Ihre politischen Kontakte in Berlin entsprechend nutzen. – Herzlichen Dank.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! In Ihrer Regierungserklärung Anfang vergangenen Jahres hat Ministerpräsidentin Kraft die strategischen Eckpunkte definiert, mit denen die Landesregierung die Digitalisierung erfolgreich bewältigt. Sie nutzt den digitalen Wandel dazu, die Standortvorteile Nordrhein-Westfalens mit seiner vielfältigen Produktions- und Dienstleistungswirtschaft weiter auszubauen.
Es geht auch darum, den Wandel so zu gestalten, dass möglichst viele Bürgerinnen und Bürger ökonomisch davon profitieren und gesellschaftlich daran teilhaben können. Wie die Landesregierung die Weichen dazu gestellt hat, haben wir bereits im Fortschrittsbericht Nordrhein-Westfalen detailliert beschrieben. Wirtschaftspolitisch setzt die Landesregierung auf den Dreiklang Ausbau der Breitbandinf
rastruktur, Strategie zur Stärkung junger Unternehmen der digitalen Wirtschaft und Unterstützung von Industrie und Mittelstand bei der Transformation zur Industrie 4.0.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir haben bereits viel erreicht. 77,4 % der NRW-Haushalte können heute – Stand Mitte dieses Jahres – schnelles Internet von mindestens 50 Mbit/s nutzen. Damit liegt Nordrhein-Westfalen nach wie vor an der Spitze aller Flächenländer, und dabei soll es auch bleiben. Wir treiben diesen Ausbau konsequent voran, vor allem auf dem Lande und in Gewerbe- und Industriegebieten.
Herr Wüst, egal wie viele Dutzend weitere Anträge Sie dazu schreiben, wir bleiben führend, und jedes Mal wird Ihnen der Wirtschaftsminister hier neue, steigende Zahlen präsentieren. Sie tun uns eigentlich nur einen großen Gefallen damit.
Bis 2018 versorgen wir das Land mit Breitband von einem Downloadvolumen von mindestens 50 Mbit/s. Daneben hat Glasfaser natürlich Priorität: für rund 3.000 Gewerbegebiete mit mehr als 50 Mbit/s im Up- und Download. Dies ist nur ein Zwischenschritt auf dem Weg zur Gigabit-Gesellschaft, den wir bis zum Jahr 2026 verfolgen. Bis dahin legen wir überall in Nordrhein-Westfalen Glasfaserkabel mit mehr als 100 Mbit/s im Up- und Download.
Ende 2015 hat die Landesregierung dem Runden Tisch Breitband ihre Eckpunkte zur Förderung des Breitbandausbaus in NRW dargelegt. Danach stellt Nordrhein-Westfalen bis 2018 eine halbe Milliarde Euro zur Verfügung, um das Ziel der Versorgung mit schnellem Internet für alle zu erreichen. Dies ist keine Luftbuchung. Dies ist tatsächliche Förderung, im Gegensatz zu Bayern, das seit Jahren Milliarden Euro in seinem Haushalt dafür hat, die aber nach wie vor auch nicht annähernd abgerufen werden.
Nordrhein-Westfalen ist Vorreiter mit einer digitalen Strategie. Wir haben als erstes Bundesland eine umfassende Strategie zur Förderung und zur Stärkung junger Unternehmer der digitalen Wirtschaft entwickelt. Und Nordrhein-Westfalen ist bereits heute Standort für zahlreiche erfolgreiche Start-ups. Mehr als 400 junge Unternehmen der Internetwirtschaft sind ein Beleg für das positive Gründerklima. Wir setzen auf die weitere Förderung von Start-ups als den zentralen Baustein und Schlüssel zum Erfolg der digitalen Revolution.
Unsere Initiative Digitale Wirtschaft NRW hat Nordrhein-Westfalen zu einem dynamischen Internetland entwickelt, das Fahrt aufgenommen hat, und das hat zu einer Aufbruchsstimmung geführt. Gemeinsam mit dem Beirat Digitale Wirtschaft NRW haben wir konkrete Unterstützung mit einem Fördervolumen von bis zu 42 Millionen € für die Zeit von 2016 bis 2020 entwickelt. Schlüssel späteren Erfolgs sind sechs DWNRW-Hubs, die als Drehscheibe für die
Zusammenarbeit zwischen Start-ups, Industrie und Mittelstand fungieren werden. Demnächst eröffnen wir sie in Aachen, in Bonn, in Düsseldorf, in Köln, im Münsterland und an der Ruhr.
Weitere Bestandteile der DW-Initiative sind der Aufbau von Netzwerken, die Unterstützung von Messeauftritten für Start-ups sowie ein Beteiligungsprogramm der NRW.BANK mit Startkapital für digitale Gründungen. Mit der Initiative HochschulStartup.NRW stellt das Land rund 70 Millionen € für Patente, Kooperationen und Gründungen von technologiebasierten Unternehmen bereit.
Meine Damen und Herren, zur Stützung der digitalen Transformation von Industrie und Mittelstand haben wir bereits geeignete Strukturen aufgebaut. Das Kompetenzzentrum Mittelstand 4.0 bietet den mittelständischen Unternehmen eine völlig neuartige Innovations- und Transferplattform an. Dahinter steht ein Konsortium unter Führung des Fraunhofer-Instituts für Materialfluss und Logistik aus Dortmund, der RWTH Aachen, den Forschungseinrichtungen in Ostwestfalen „it’s OWL“ und dem EffizienzCluster Management in Mülheim.
Mit den Kompetenzagenturen Mittelstand 4.0 – Handel in Köln und Prozesse in Dortmund – haben zwei weitere wichtige Informationsplattformen ihre Arbeit aufgenommen. Die Landescluster ProduktionNRW, Logistik.NRW, Kunststoff.NRW und Creative.NRW haben ihr Leistungsportfolio auf die Digitalisierung neu ausgerichtet.
Meine Damen und Herren, der Gestaltung der Arbeitswelt durch Organisation, Qualifizierung und Mitbestimmung kommt eine Schlüsselrolle zu, um die Chancen der Digitalisierung für wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Fortschritt zu nutzen. Die Landesregierung lädt Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, Betriebsräte und Gewerkschaften ein, den digitalen Wandel mitzugestalten.
Es geht eben darum, die Grundsätze guter, fairer Arbeit unter den Bedingungen einer digitalisierten und vernetzten Wirtschaft in der Welt von Arbeit 4.0 durchzusetzen.
Ja, aber ich rede noch zu Ende. Das ist ja eine Große Anfrage, Herr Präsident.
Ich mache auch weiter. –
Mit der NRW-Allianz Wirtschaft und Arbeit 4.0 wurde eine gemeinsame Plattform für die Landesregierung, für Gewerkschaften, Wissenschaft und Wirtschaft geschaffen, um die digitalen Entwicklungsprozesse in NRW im Zusammenhang zu gestalten. NRW setzt auf digitale Bildung und auf Forschung.
Durch Koordination, Bündelung und Vernetzung von Institutionen, Forschungskapazitäten, Netzwerken und Aktivitäten soll das vorhandene Know-how bestmöglich genutzt werden. Gleichzeitig wird die Forschung gestärkt, vor allem im Bereich der ITSicherheit.
Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, ich widerspreche ganz klar dem Vorwurf der Fraktion der FDP in ihrer Großen Anfrage 20, dass ein Jahr nach der Regierungserklärung wenig in Gang gekommen sei. Mit unserer Digitalisierungsstrategie sind wir auf dem richtigen und auch auf dem erfolgreichen Weg. Das belegen die Fakten eindeutig. Der Kurs stimmt.
Wir werden gleich zu einer Abstimmung kommen. Anschließend wird, wenn der Zeitpunkt gekommen ist, der Präsident die Sitzung für den heutigen Tag schließen. Und, Herr Hafke, Sie können dann das viele Papier, was sich auf Ihrem Schreibtisch befindet, in Ihr Büro tragen. – Herzlichen Dank.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Eigentlich könnte man das abkürzen und sagen: Die Fraktionen von FDP, CDU, SPD und
Grünen haben schon alles dazu gesagt. – Aber ich will das, weil Frau Kollegin Brand auch Daten und Fakten angezweifelt hatte, an der einen oder anderen Stelle doch noch etwas konkretisieren.
Das erscheint mir dringend notwendig zu sein, weil ich mich nach Lektüre des flott formulierten PiratenAntrags tatsächlich gefragt habe: Wissen Sie eigentlich, wovon Sie hier reden? Kennen Sie eigentlich die Probleme vor Ort – einige Vorredner haben schon das eine oder andere angesprochen –, die uns letztlich dazu veranlassen, eine Wohnsitzzuweisung einzuführen?
Oder ist schon wieder vergessen, welche integrationspolitischen Aufgaben wir jetzt und in Zukunft in allen 396 Städten und Gemeinden in NordrheinWestfalen zu schultern haben? Und was soll in diesem Zusammenhang eigentlich der im Antrag immer wieder geäußerte Vorwurf, wir würden bei der Wohnsitzzuweisung mit unbegründeten Unterstellungen arbeiten und etwas verschleiern wollen?
Im Übrigen, Frau Brand: Nennen Sie mir bitte nur eine Stelle in allen Verordnungen und Erlassen sowie allem, was jetzt in der Diskussion ist, an der wir von Gettoisierung sprechen.
Gerne. Ich habe das gesehen.
Liebend gern.
Ich habe ja noch gar nicht richtig angefangen. Insofern kennen Sie weder mein Redemanuskript noch die Inhalte, die ich Ihnen gleich alle noch entgegenhalten werde.
Hohe Hürden und Urteile nehmen wir natürlich nicht nur zur Kenntnis, sondern berücksichtigen sie. Ansonsten wäre es grob fahrlässig, Verordnungen auf den Weg zu bringen. Daher seien Sie gewiss, dass wir das natürlich auch rechtlich zu allen Seiten abgeklopft haben.